Die germanische Kultur vor der Romanisierung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die antiken literarischen Quellen

3. Germanische Kultur
3.1 Religion, Götter und Kulte
3.2 Militär, Bewaffnung und Strategie
3.3 Alltag und Lebensweise

4. Schlussbemerkungen

5. Literaturverzeichnis
5.1 Primärliteratur
5.2 Sekundärliteratur

1. Einleitung

Ziel dieser Arbeit soll eine Darstellung der germanischen Kultur vor der Romanisierung sein. Sicherlich bedarf es bei dieser Zielsetzung einiger Klarstellungen in Hinblick auf Zeit und Raum der Betrachtung. Wenn diese Arbeit die Kultur der Germanen zum Gegenstand hat, so ist dies ein äußerst weites Feld. Daher werden vornehmlich die Bereiche Religion, Militär und Alltag untersucht.

Natürlich darf nicht davon ausgegangen werden, dass es eine germanische Kultur als Ganzes gibt. Allein der Raum, in dem die germanischen Stämme angesiedelt werden, ist zu groß und in seiner Beschaffenheit zu unterschiedlich, als dass es eine völlig einheitliche Kultur geben könnte.[1] Man muss viel eher annehmen, dass es starke Differenzierungen zwischen den verschiedenen gentes gab, da gerade die an der Peripherie zu anderen Kulturen gelegenen Stämme mehr Möglichkeiten zum kulturellen Austausch hatten. Den regionalen und stammesabhängigen Unterschieden soll da, wo es möglich ist, Rechnung getragen werden, wobei hier die oft pauschalisierenden Aussagen der antiken Quellen hinderlich sind. Der Raum der Betrachtung wird, wie im antiken Verständnis Germaniens, die Stämme zwischen Rhein und Weichsel, Alpen und Nordsee umfassen.

Die zeitliche Begrenzung wird deutlich schwieriger, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die germanischen Stämme vor der römischen Eroberung nie in Kontakt zu ihren keltischen[2] oder römischen Nachbarn gestanden hätten.[3] Einen Archetyp einer germanischen Kultur zu beschreiben ist daher nicht möglich, da man davon ausgehen kann, dass ständig ein Kulturtransfer zwischen den Ethnizitäten Europas stattgefunden haben muss. Nur in Ausnahmefällen bleibt eine kulturelle Einheit völlig isoliert. Daher wird in dieser Arbeit nicht die ursprüngliche germanische Kultur beschrieben, sondern lediglich eine Momentaufnahme vieler verschiedener, sich ständig verändernder kultureller Gruppen in einem bestimmten Raum gemacht. Der Beginn der betrachteten Zeit lässt sich also nicht festlegen, da jedes kulturelle Element, das in der Zeit der Betrachtung vorfindbar ist, ein Produkt der vorherigen kulturellen Entwicklungen ist. Lediglich der Endpunkt der Betrachtung lässt sich fixieren, da mit dem militärischen Eindringen der Römer in das germanische Kernland ein intensiverer Kulturaustausch beginnt, der auf beiden Seiten beträchtliche Veränderungen mit sich brachte. Aus diesem Grund wird die Betrachtung der germanischen Kultur in dieser Arbeit mit dem 1. Jahrhundert nach der Zeitenwende enden.

2. Die antiken literarischen Quellen

Zusammen mit der Archäologie sind die Aussagen antiker Schriftsteller unsere ergiebigste Quelle. Schriftliche Selbstzeugnisse der Germanen gibt es leider kaum. Daher baut diese Arbeit in erster Linie auf den Überlieferungen der römischen und griechischen Literatur auf, die wir in den verschiedensten literarischen Genres antreffen. Ob Caesars commentarii oder die Germania des Tacitus – jedem Werk liegt seine eigene Intention und Methodik zugrunde. Bei der vermeintlich objektiven ethnographischen Darstellung trifft man nur allzu oft auf Deutungen, die nur durch die spezifisch römische Sichtweise verständlich werden. Denn die Römer und Griechen sahen sich selbst als Zentrum der Welt, der Ökumene, an, weshalb es auch nicht verwundert, dass ihre Beschreibungen der „Randvölker“ oft nur mit griechisch-römischen Kategorien arbeiten und hauptsächlich die Unterschiede zur römisch-griechischen Kultur herausstellen.[4] In der Literatur sind die abwertenden Barbarentopoi und die typischen Klischees vom Wilden weit verbreitet. Natürlich kann auch das Gegenteil der Fall sein und die „Randvölker“ werden zu „edlen Wilden“, zum nicht-degenerierten Naturvolk, zum Idealvorbild für eine dekadente Zivilisation.[5] Es gilt festzuhalten, dass die Germanen, die uns in der antiken Literatur begegnen, nicht dieselben sind, wie die, mit denen die römischen Händler und Diplomaten im Alltag handelten oder verhandelten. Man muss zwischen literarischem Barbarenklischee und dem realen germanischem Individuum unterscheiden.[6]

An dieser Stelle sollen stellvertretend für die Vielzahl schriftlicher antiker Quellen die zwei bedeutendsten Germanendarstellungen lateinischer Sprache kurz vorgestellt werden.

Zuerst begegnen uns die Germanen in C. Julius Caesars (100-44 v. Chr.) commentarii de bello gallico.[7] Dieses Werk ist historisch problematisch, da Caesar[8], der spätere Diktator, beabsichtigte, seinen Krieg in Gallien zu legitimieren, durch den er seine eigene Machstellung im Triumvirat auszubauen suchte. Der Stil der commentarii ist äußerst knapp und die Wortwahl puristisch. Caesar schreibt von sich selbst in der dritten Person. Dadurch versucht er, seine Darstellungen objektiv wirken zu lassen und sie als Tatsachenbericht darzustellen.

Caesar nimmt als erster eine Differenzierung der Germanen von den Kelten vor und lokalisiert die Germanen als Völkerverbund zwischen den Kelten im Westen und den Skythen im Osten. Die germanischen Stämme werden allerdings nicht weiter untereinander differenziert. Ferner beschreibt er sie als barbarischer und gefährlicher als die Kelten.[9] Damit beabsichtigt er möglicherweise, ein weiteres Vordringen in das germanische Gebiet als Verschwendung von Mensch und Material darzustellen, da es nicht möglich sei, dieses barbarische Volk im Sinne der Römer zu zivilisieren.[10] Dennoch unternahm Caesar in den Jahren 55 und 53 v. Chr. Strafexpeditionen in das rechtsrheinische Gebiet.

Der zweite lateinische Autor, dessen Werk hier skizziert werden soll, ist P. Cornelius Tacitus (ca. 55-116 n. Chr.). Er widmete ein ganzes, aber relatives kleines, Werk der Ethnographie der Germanen: d e origine et situ Germanorum entstand vermutlich im Jahre 98 n. Chr. und wird oft als „Sittenspiegel“ für die dekadente römische Gesellschaft gedeutet. Die Germanen würden hier als idealisiertes Gegenbeispiel zur römischen Gesellschaft fungieren: Treue statt Korruption, Sittenstrenge anstelle von Ausschweifungen.

Tacitus nimmt in Gegensatz zu Caesar eine differenziertere Nennung der einzelnen germanischen Stämme vor. Schließlich dürften knapp 150 Jahre nach Caesars Germanen-Exkurs weitaus mehr Informationen die Grundlage seines Materials gebildet haben. Simek sieht erst mit dieser Binnendifferenzierung die Entstehung der Germanen in definitorischer Hinsicht.[11]

Außerdem liefert Tacitus eine etymologische Erklärung des Namens Germani, der auf einen Stamm zurück gehe, der den Rhein überschritt. Nach diesem Stamm seien nachfolgend alle rechtsrheinischen Völker benannt worden.[12]

Man sieht, dass man die Schriften der antiken Autoren kritisch betrachten muss und gegebenenfalls die römischen und griechischen Topoi in der ethnographischen Darstellung herausfiltern muss. Aus der Eigenart der antiken Ethnographie folgt, dass nur das beschrieben wird, was den antiken Ethnographen anders als der Normalfall zu sein schien.[13] Dinge, die damals selbstverständlich waren, uns heute aber fremd sind, kommen nicht zur Sprache. Bei diesen Dingen kann uns nur die Archäologie helfen, die auch anderenorts falsche Aussagen aufdeckt und wahre Ausführungen bestätigt.

[...]


[1] Vgl. Todd 2000, 23-25. Todd beschreibt hier die Beschaffenheit der verschiedenen Böden im mitteleuropäischen Raum nach der Eiszeit. Es seien wegen dieser verschiedenen Böden verschiedene Techniken und Methoden zum Ackerbau entstanden.

[2] Vgl. Todd 2000, 25-27.

[3] Vgl. Franke 1980, 19-29. Franke bemerkt, dass schon im Jungpaläolithikum (ca. 35000 v. Chr.) Kontakte zwischen Kulturen auch bei weiten Entfernungen bestanden. Auch später sind solche interkulturellen Beziehungen greifbar: zur Zeit der mykenischen Kultur importierte man Bernstein aus Jütland und es existierten eheliche Verbindungen dorthin. Man kann also durchaus eine gegenseitige kulturelle Beeinflussung der Römer und Germanen lange vor den ethnographischen Berichten der antiken römischen und griechischen Autoren hypothetisch voraussetzen.

[4] Vgl. Lund 1990, 38-41.

[5] Vgl. Timpe 2006, 58-62.

[6] Vgl. Timpe 2006, 48.

[7] So genannte commentarii waren eigentlich keine eigene Gattung, sondern der „Rohstoff“ für einen Literaten, der diesen weiter ausformt. Sie sollten durch ihren schlichten Stil Objektivität vortäuschen.

[8] Für eine kurze Darstellung des Lebens und des Werkes Caesars: Riemer 1998, 173f.

[9] Vgl. Simek 2006, 8f.

[10] Vgl. Wolfram 2005, 30.

[11] Vgl. Simek 2006, 10.

[12] Tac., Germ . 2, 3.

[13] Vgl. Lund 1990, 35f.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die germanische Kultur vor der Romanisierung
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Veranstaltung
Römisches Germanien
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V94305
ISBN (eBook)
9783640101023
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kultur, Romanisierung, Römisches, Germanien
Arbeit zitieren
Timo Castens (Autor:in), 2008, Die germanische Kultur vor der Romanisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94305

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