Die Arbeit will versuchen anhand von zwei verschiedenen Fragestellungen die These stützen, dass Homer von dem moralischen Gewissen seiner Zeitgenossen kündet und nicht ausschließlich auf die kriegerische Bewährung der Helden abzielt. Dazu gilt es folgende Fragen zu beantworten: War Gewalt auch in der realhistorischen Gesellschaft des Dichters so allgemein verbreitet, wie die homerischen Epen dies suggerieren? Um dies zu beantworten, werden die sozialen und politischen Strukturen der zeitgenössischen Gesellschaft und ihre materiellen wie ideellen Wertvorstellungen untersucht.
Nach dieser Darstellung des historischen Rahmens, in dem die Ilias entstanden ist, wendet sich der Blick auf die Dichtung selbst: Wie steht die Ilias wirklich zu Gewalt und Krieg, verherrlicht oder verurteilt sie sie? Der Dichter macht hierzu an einigen Schlüsselstellen seine eigene Position deutlich, und wo er dies nicht tut, ist es die Art, wie er die Handlung inszeniert, die dem Publikum den Interpretationsspielraum vorgibt. Eine nähere Betrachtung dieser Stellen im Gesamtzusammenhang wird zeigen, dass die Ilias durchaus kein reines Kriegsepos ist.
Die Auswahl der Quellenstellen ist notwendigerweise selektiv und soll in erster Linie exemplarischen Zwecken dienen. Die systematische Auswertung der gesamten Dichtung kann hier nicht versucht werden. Für das zweite Kapitel wurde neben der Ilias die Odyssee als Quelle herangezogen, im dritten Kapitel beschränkt sich die Quelleninterpretation auf die Ilias. Die Gesänge der Ilias werden dabei in römischen, die der Odyssee in arabischen Zahlen zitiert. Für die Darstellung der zeitgenössischen Gesellschaft wurden ein Einführungsbuch und ein Aufsatz von Latacz sowie die Aufsätze von Gschnitzer und Strasburger herangezogen. Der Teil über die Wertvorstellungen stützt sich vorwiegend auf Adkins, van Wees und Latacz, während das dritte Kapitel im Wesentlichen der Argumentation von Nicolai und Effe folgt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Homerische und historische Gesellschaft
- Soziale und politische Strukturen
- Wertvorstellungen und Umgangsformen
- Die soziologische Funktion der Ilias
- Identifikation und Selbstvergewisserung
- Rezeptionsvorgaben
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Darstellung von Gewalt in der homerischen Gesellschaft und ihrer Relevanz in der Ilias. Sie untersucht, ob die in den Epen dargestellte Gewalt den realhistorischen Gegebenheiten der Zeit entspricht und welche Rolle sie im Kontext der Ilias spielt. Die Analyse betrachtet sowohl die soziale und politische Struktur der homerischen Gesellschaft als auch die Wertvorstellungen und die inszenierte Gewalt in der Ilias. Dabei wird der Frage nachgegangen, ob die Ilias Gewalt verherrlicht oder verurteilt.
- Gewalt in der homerischen Gesellschaft
- Soziale und politische Strukturen der homerischen Zeit
- Wertvorstellungen und Umgangsformen in der homerischen Gesellschaft
- Die soziologische Funktion der Ilias
- Die Darstellung von Gewalt in der Ilias
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Ilias als frühestes literarisches Zeugnis des Abendlandes vor und beleuchtet die große Bedeutung von Gewalt in der Dichtung. Sie führt die These ein, dass die Ilias trotz ihrer Gewaltdarstellung auch von moralischen Überlegungen geprägt ist und dass der Dichter ein tieferes Verständnis von Krieg und Gewalt vermittelt.
Homerische und historische Gesellschaft
Dieses Kapitel beleuchtet die soziale und politische Struktur der homerischen Gesellschaft. Es wird erörtert, wie die in der Ilias dargestellte Gewalt mit der realhistorischen Gesellschaft des Dichters zusammenhängt. Dabei werden die Herausforderungen der Quelleninterpretation aufgrund des großen Zeitabstands zwischen der Handlungszeit der Ilias und der Entstehungszeit des Epos berücksichtigt.
Die soziologische Funktion der Ilias
Dieses Kapitel untersucht die soziologische Funktion der Ilias und beleuchtet, inwiefern die Dichtung für die Identifikation und Selbstvergewisserung des Publikums relevant ist. Es wird analysiert, wie die Ilias Rezeptionsvorgaben setzt und die Wahrnehmung von Gewalt beeinflusst.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Gewalt, homerische Gesellschaft, Ilias, soziologische Funktion der Literatur, Rezeption, Identifikation, Selbstvergewisserung, Wertvorstellungen und moralische Aspekte.
- Citation du texte
- Christoph Kühne (Auteur), 2007, Gewalt und Gesellschaft in homerischer Zeit. Darstellung in der Ilias von Homer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/943062