Im Jahr 1986 übernahm ich auf Bitten der Theaterleitung hin die Verantwortung für die Jugendabteilung im “Theater die Käuze” in Karlsruhe. Ein Jahr zuvor war ich aus Interesse am Theater allgemein und am Darstellen im besonderen zu diesem Theater gekommen. Mehr als ein Jahrzehnt (bis 1997) war ich als aktives Mitglied1 Leiterin des Jugendreferates. In diversen Rollen und als Regisseurin lernte ich die Bühnenarbeit aus unterschiedlichen Positionen kennen.
Im März 1998 begann ich in Linkenheim-Hochstetten mit einer neuen Theatergruppe - genannt “Sammelsurium” - im Rahmen der Kinder- und Jugendarbeit in der evangelischen Kirchengemeinde. Ich arbeite, wie zuvor bei den sogenannten “Jungkäuzen”, mit zwei Altersgruppen: einerseits Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren, andererseits Jugendliche ab zwölf Jahren. Im Theater und in der neuen Gruppe gehörten bzw. gehören rund fünfzig Teilnehmer zum aktiven Kreis.
Neben dieser aktiven Arbeit im Theater konnte ich meine Erfahrungen auch in den von mir verfaßten Bühnenversionen Grimm´scher Märchen verwerten. Diese Stücke, allesamt im “Theater Die Käuze” uraufgeführt und in bis zu jeweils fünfzig Vorstellungen gegeben, zeigten mir, daß Märchen neben aller Bekanntheit und Beliebtheit vor allem eines können: sie bieten den Kindern die Möglichkeit zur Identifikation.
Ich habe die Geschichten entsprechend gestaltet. Neben den allen Kindern bekannten Figuren und Situationen habe ich vorsichtig adaptierte neue Figuren oder Schauplätze eingefügt, die zwar den Inhalt des Märchens unangetastet lassen, aber die Beteiligung der Kinder am Geschehen fördern.
Vor allem aber ist in allen meinen Stücken die Mitarbeit der Kinder notwendig, um alles zum “guten Ende” zu bringen. Die Figuren aus dem Märchen nehmen mit den Kindern Kontakt auf. Die Zuschauer sind aktiv in das Bühnengeschehen eingebunden2.
Vor nunmehr fünf Jahren begann ich auf Anfrage der Volkshochschule im Landkreis Karlsruhe, Theaterkurse und Workshops für Kinder anzubieten unter dem Motto: "Wir machen Theater!" Auch hier waren die Reaktion der Kinder - im Alter von 8 bis 14 Jahren - durchweg positiv. Die langjährige Arbeit in zwischenzeitlich mehr als dreißig verschiedenen Kursen und Workshops3 mit den Kindern in den Theatergruppen läßt mich deshalb folgern:
Offensichtlich ist es ein Bedürfnis der Kinder, in Rollen zu schlüpfen, sich zu verwandeln und dann vor einem interessierten Publikum aufzutreten. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Anmerkungen zur Literatur
- Theater und Philosophie
- Formen der Theaterarbeit
- Vorgehensweisen
- Der richtige "Einstieg"
- Philosophieren mit Kindern?
- Staunen, Wundern, Fragen, Denken
- Kinder-Fragen: philosophische Fragen?
- Philosophische Gespräche mit Kindern
- Phantasie: Vermittlerin zwischen Verstand und Gefühl
- Kreativität
- Emotionalität
- Spiel und Sprachspiel
- Eugen Fink: Der Mensch als Mensch ist Spieler
- Kinder sind auch Menschen
- Was macht das Kind zum Kind?
- Die Sprache des Körpers: Pantomime
- Darstellung mit Worten: der Horizont erweitert sich
- Märchen: Bilder und Symbole
- Ethische Orientierung
- "Und was lernen wir daraus?"
- Ort der Erkenntnisse: “gespielte” Märchen
- Täuschung oder nicht?
- Märchen selbst spielen: Der Weg ist das Ziel!
- Werte, Normen und Moral
- Demokratie als Chance und Verpflichtung
- Erziehung zur Demokratie
- Begriff und Aufgaben der Erziehungsphilosophie
- Praktische Erziehung ohne pädagogischen Zwang
- Effekte und Ziele der Theaterarbeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit philosophischen Aspekten in der Theaterarbeit mit Kindern und untersucht anhand empirischen Materials aus der Praxis die Bedeutung des Theaters für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
- Die Bedeutung des Theaters für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
- Die Rolle der Phantasie und Kreativität in der Theaterarbeit
- Die Bedeutung des Spiels und des Sprachspiels im Kontext der Theaterarbeit
- Die Bedeutung von Märchen und Symbolen für die Bildung von Werten und Normen bei Kindern
- Die Verbindung von Theater und Philosophie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den persönlichen Hintergrund der Autorin und ihre Erfahrungen in der Theaterarbeit mit Kindern dar. Sie erläutert die Entstehung und Entwicklung ihrer Theaterprojekte und den Motivationshintergrund ihrer Arbeit.
Das zweite Kapitel beleuchtet die Schnittmenge von Theater und Philosophie, untersucht verschiedene Formen der Theaterarbeit und diskutiert die Frage, ob und wie mit Kindern philosophiert werden kann.
Das dritte Kapitel widmet sich der Phantasie als Vermittlerin zwischen Verstand und Gefühl und geht auf die Rolle von Kreativität und Emotionalität in der Theaterarbeit ein. Der Einfluss des Spiels und des Sprachspiels auf die Entwicklung von Kindern wird anhand der Philosophie Eugen Finks betrachtet.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit der Sprache des Körpers, speziell der Pantomime, und deren Bedeutung für die Erweiterung des Horizonts.
Das fünfte Kapitel behandelt die Bedeutung von Märchen und Symbolen für die ethische Orientierung von Kindern. Die Möglichkeiten der Selbsterfahrung und Identifikation durch das "gespielte" Märchen stehen im Fokus.
Das sechste Kapitel beleuchtet die Themen Werte, Normen und Moral im Kontext der Theaterarbeit und setzt sich mit dem Begriff der Demokratie und der Erziehung zur Demokratie auseinander.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen der Theaterpädagogik, Philosophie und Kinderentwicklung. Die Schlüsselbegriffe umfassen Phantasie, Kreativität, Spiel, Sprache, Körpersprache, Märchen, Werte, Normen, Moral, Demokratie, Erziehung, und die Verbindung von Theater und Philosophie.
- Arbeit zitieren
- Jutta Braun-Wingert M.A. (Autor:in), 1999, Philosophische Aspekte in der Theaterarbeit mit Kindern (exemplarisch erläutert an empirischem Material), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9434