Digitalisierung und Soziale Arbeit. Welche Herausforderungen Cybermobbing, Handywahn und Co. für die Soziale Arbeit bedeuten


Bachelorarbeit, 2020

50 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Digitalisierung
2.1 Entwicklung der Digitalisierung der letzten 50 Jahren
2.1.1 Entstehung des Internets
2.1.2 Soziale Netzwerke
2.2 Gesellschaftliche Relevanz
2.3 Positive/negative Faktoren der Digitalisierung

3 (Cyber)Mobbing
3.1 Interpersonale Kommunikation
3.2 Bedeutung von Klatsch in der sozialen Gesellschaft
3.3 Auswirkungen von Cyber-Mobbing
3.3.1 Internalisierende Auffälligkeiten
3.3.2 Externalisierende Auffälligkeiten
3.4 Rechtliche Grundlagen

4 Lebensphase Jugend
4.1 Übergang vom Kind zum Erwachsenen
4.2 Sozialisation in der Lebensphase Jugend
4.3 Generation Z
4.4 Medienkompetenz

5 Handynutzungsverhalten bei Jugendlichen
5.1 Suchtverhalten von Jugendlichen beim Handykonsum
5.2 Folgen von übermäßigem Handykonsum

6 Herausforderungen im Zuge der Digitalisierung in der Sozialen Arbeit
6.1 Offene Kinder- und Jugendarbeit
6.2 Schulsozialarbeit
6.3 Sozialisationsprozess im Zuge der Digitalisierung in der Sozialen Arbeit
6.4 Weiterbildungsmaßnahmen für Sozialarbeiter*innen
6.5 Handreichung für Fachkräfte der Sozialen Arbeit

7 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Wer in exponentiellen Zeiten seine Leistung nur schrittweise verbessert, fällt exponentiell zurück “ (Curt Carlson, CEO des Stanford Research Institut)

Die Gesellschaft befindet sich mit der Digitalisierung in einem starken Wandel. „Ohne iPhone oder Smartphone ist es heutzutage kaum mehr möglich, seinen Alltag zu bewältigen“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 36). Speziell Jugendliche sind von dieser Entwicklung stark betroffen.

Ob Facebook, Instagram oder Twitter; Soziale Netzwerke sind ein fester Bestandteil des Alltags von Jugendlichen geworden. Knapp 95 Prozent der Jugendlichen in der Altersgruppe der 12- bis 18-jährigen sind im Besitz eines Smartphones (Statista, 2019b) mit einer täglichen Dauer der Internetnutzung von knapp 205 Minuten (Statista, 2020d). Oft sind Jugendliche sich nicht bewusst, welche Gefahren und Risiken sich bei einer dauerhaften Nutzung des Smartphones einstellen können.

Auch in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit, hat die Digitalisierung in den letzten Jahren Einzug gehalten. Diese Entwicklungen werden „durch die zunehmende Bedeutung der digitalen Medien im Alltag der Adressat*innen und der Fachkräfte der Sozialen Arbeit befördert“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 52). Fachkräfte sehen sich hier mit neuen Herausforderungen konfrontiert; Cyber-Mobbing sowie das Sucht- und Sozialverhalten von Jugendlichen durch die Smartphone Nutzung sind zwei Bereiche, die im Verlauf der vorliegenden Arbeit näher untersucht werden.

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit soll beantwortet werden, mit welchen Herausforderungen die Soziale Arbeit sich im Zuge der Digitalisierung konfrontiert sieht und wie die Fachkräfte der Sozialen Arbeit jene Herausforderungen bewältigen können. Dabei wird ein besonderer Fokus auf die Offene Kinder- und Jugendarbeit sowie die Schulsozialarbeit gelegt.

Daraus entwickelt sich folgende Fragestellung:

„Mit welchen Herausforderungen sieht sich die Sozialarbeit im Zuge der Digitalisierung konfrontiert?“

Die vorliegende Bachelorarbeit baut auf einer Literaturrecherche auf. Hierfür wurden Bücher sowie Internetquellen verwendet.

Ziel der Arbeit ist es, Fachkräfte der Sozialen Arbeit die Herausforderungen einer sich rasant entwickelnden Digitalisierung aufzuzeigen. Anhand verschiedener Theorien können anschließend Adressat*innen (Jugendliche) der Sozialen Arbeit auf die Gefahren und Risiken der Digitalisierung aufmerksam gemacht und geschützt werden.

Die Bachelorarbeit beginnt mit einer kurzen Einleitung des Forschungsproblems und der Vorstellung, welche Ziele erreicht werden sollen.

Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels steht die Geschichte der Digitalisierung, mit einem besonderen Fokus auf die Entwicklung des Internets und der sozialen Netzwerke, welche einen prägenden Einfluss auf Jugendliche haben.

Gegenstand von Kapitel 3 ist eine Beschreibung des Themengebiets Cyber-Mobbing. Hier wird die Entstehung jenes Phänomens beschrieben und welche Auswirkungen Cyber-Mobbing auf Jugendliche haben könnte.

Im vierten Kapitel wird zunächst die Sozialisationstheorie nach Hurrelmann erläutert. Hierbei wird die Phase vom Kind zum Erwachsenenalter betrachtet, um anschließend auf die Lebensphase Jugend einzugehen.

Das fünfte Kapitel thematisiert das Handynutzungsverhalten bei Jugendlichen. Es werden Statistiken aufgezeigt und in einen Kontext mit den Folgen übermäßigem Handykonsums gebracht.

In Kapitel 6 erfolgt schließlich eine Synthese der gewonnenen Erkenntnisse der Literaturrecherche sowie ein Ausblick auf weitere Forschungsansätze. Hier wird die Sozialisationstheorie nach Hurrelmann mit der heutigen (digitalen) Lebensphase der Jugendlichen verglichen und anschließend werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Herausforderungen für Fachkräfte der Sozialen Arbeit bewältigt werden können, mit einem besonderen Fokus auf die Offene Kinder- und Jugendarbeit sowie der Schulsozialarbeit. Dafür wurde eine Handreichung für die Fachkräfte der Sozialen Arbeit angefertigt, welche als Orientierungshilfe dienen kann.

Zum Schluss bietet das Fazit eine Antwort auf die Forschungsfrage und zeigt Lösungsvorschläge auf, wie die Herausforderungen im Zuge der Digitalisierung bewältigt werden können, mit einem Blick für mögliche, zukünftige Vorgehensweisen.

2 Digitalisierung

„Seit mehr als zwanzig Jahren befinden wir uns in einem beschleunigten gesellschaftlichen Wandel, der auf globaler, nationaler und individueller Ebene nachhaltig unser Leben verändert“ (Wittpahl, 2016, S. 5). Der Alltag wird geprägt von „zunehmender Automation und Vernetzung“ (Wittpahl, 2016, S. 181). Dieser Prozess wird auch Digitalisierung genannt.

Technisch gesehen ist die Digitalisierung die Umwandlung von analogen Werten in digitale Formate (Luber & Litzel, 2019). Diese Daten werden informationstechnisch verarbeitet. Zudem bezeichnet die Digitalisierung den zunehmenden Einsatz vernetzter, digitaler Technologien in unserer Gesellschaft.

Digitale Medien sind heutzutage allgegenwertig sowie allverfügbar. „Was ursprünglich mit der Miniaturisierung von Walkman, Disc-Playern, Handys und MP3-Playern begann, findet mit der Entwicklung von Smartphones in den vergangenen zehn Jahren einen vorläufigen Höhepunkt“ (Hammerschmidt, Sagebiel, Hill, & Beranek, 2018, S. 11).

Ein wichtiger Faktor ist dabei die Vernetzung. Das größte, weltweite nutzbare Netzwerk ist das Internet. Die Bestandteile des Begriffs Internet setzen sich zusammen aus den Wörtern Inter = zwischen und Net = Netz und „verweisen darauf, dass es bei dem Terminus um den Austausch von Daten zwischen Computern über Telekommunikationsnetze geht“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). Genauer gesagt handelt es sich hierbei um ein „dezentral organisiertes, globales Rechnernetz […] das aus einer Vielzahl miteinander verbundener Einzelnetze gebildet wird und in dem die Kommunikation zwischen den einzelnen Rechnern auf der Grundlage des TCP/IP1 erfolgt“ (Gabler Wirtschaftslexikon, 2018). Dank des Internets ist es möglich, auf schnellere und unkompliziertere Weise untereinander in Kontakt zu treten. Genutzt werden dabei Computer/Laptops, sowie die bei Jugendlichen äußerst beliebten Smartphones.

Die Nutzung der Smartphones ist in den letzten Jahren rapide angestiegen und die Gerätesättigung hat bei den Kindern und Jugendlichen bereits fast 100 Prozent erreicht (Hammerschmidt et al., 2018, S. 11). Smartphones dienen „nicht nur der Kommunikation und Informationsgewinnung“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 12), sondern verdrängen allmählich auch die bisher analoge Unterhaltungselektronik2 sowie Zeitungen und Bücher.

2.1 Entwicklung der Digitalisierung der letzten 50 Jahren

Im geschichtlichen Kontext gibt es mehrere industrielle Revolutionen. Angefangen mit der ersten industriellen Revolution (ca. 1760-1840), welche die „Inbetriebnahme der Eisenbahn und die Erfindung der Dampfmaschine“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 16) prägte und der sich anschließenden zweiten industriellen Revolution (Ende 19. Jahrhundert), mit der „effektiven Nutzung der Elektrizität als Antriebskraft […] sowie der Erfindung des Verbrennungsmotors“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 18).

Die Digitalisierung findet ihren Platz in der dritten industriellen Revolution, auch besser bekannt als Industrie 3.0 (Stüwe & Ermel, 2019, S. 21). Sie datiert etwa um das Jahr 1970 und „kennzeichnet die Weiterentwicklung der Elektronik und den Beginn der Informations- und Datenverarbeitung“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 21). Zu der wichtigsten und im weiteren Verlauf bedeutendsten Erfindung jener Zeitperiode gehört das Internet.

2.1.1 Entstehung des Internets

Das Internet „besteht aus vielfältigen digitalen Verbindungen in einem Computernetzwerk und erstreckt sich über die gesamte Welt“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 25). Entstanden aus der Vernetzung von zunächst vier Rechnern in US-Forschungseinrichtungen mit dem Namen ARPANET3 (Becker, 2013, S. 7), deren Zweck allein zur militärischen Kommunikation bestimmt war (Stüwe & Ermel, 2019, S. 25) entwickelt sich das Internet zu einem „weltweiten Leitmedium seit der Jahrtausendwende“ (Becker, 2013, S. 7). In dieser Zeit hat das Internet bereits mehrere Wandlungen durchlaufen.

Die erste zivile Nutzung beginnt in den 1980er Jahren, indem verschiedene amerikanische Universitäten zum ARPANET erschlossen werden. Zu dieser Zeit sind knapp 4000 Rechner mit dem ARPANET verbunden. 1983 wird der militärische Teil ausgegliedert und der universitäre Teil geht „in die Verantwortung der National Science Foundation“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 26).

Im Jahre 1987 finanziert die US-Regierung den Ausbau einer neuen Datenübertragungsleitung. „Das bisherige ARPANET wird durch das NSFNet4 ersetzt“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 26) und das Internet entsteht.

Die gängigste Möglichkeit, um auf das Internet zuzugreifen, ist die Benutzung eines sogenannten Browsers5. Für die gesellschaftliche Verbreitung des Internets stellt die Einführung des ersten grafischen Browsers einen der zentralen Startpunkte dar. Der erste entwickelte Webbrowser trägt den Namen NCSA Mosaic und wurde 1993 „am National Center for Supercomputing Applications entwickelt“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 26). Zur gleichen Zeit gibt das europäische Kernforschungszentrum CERN6 das entstandene World Wide Web kostenfrei für die Öffentlichkeit frei.

2.1.2 Soziale Netzwerke

Wenn wir heutzutage der Begriff „soziales Netzwerk“ hören, denken wir an Facebook, Snapchat, Twitter oder Instagram. Doch wie sind soziale Netzwerke entstanden und was macht ein soziales Netzwerk aus?

Anfang der 1980er Jahre wurde bereits der Grundstein für soziale Netzwerke gelegt, indem Ward Christensen das CBBS7 System veröffentlicht. Hierbei handelt es sich um ein elektronisches schwarzes Brett, welches die Möglichkeit bietet, Nachrichten zu hinterlassen oder Dateien hochzuladen (Miller, Vandome & McBrewster, 2009).

Diese CBBS Systeme bieten die Basis für die darauffolgenden Online Foren sowie Chatprogramme. Es folgte ICQ8 (1996), welches für lange Zeit die meistgenutzte Chat-Software der Welt war. Durch die benutzerfreundliche Oberfläche erreichte die Software jede Altersgruppe, so dass bis zum Jahr 2009 knapp 470 Millionen Nutzer bei ICQ registriert waren (Götze, 2019). 2004 wurde Facebook gegründet, ursprünglich „in Anlehnung an Jahrbücher von amerikanischen Highschools“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 31) und von Mark Zuckerberg zu kommerziellem Erfolg geführt.

Das Konzept von Facebook umfasst die Möglichkeit, „wie in Tagebucheintragungen […] Ereignisse und Aktivitäten zu posten9 oder Aktivitäten anderer Nutzer*innen zu kommentieren“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 31) und zu bewerten. Dafür stellt Facebook jedem angemeldeten Nutzer und Nutzerin eine Profilseite zur Verfügung, auf der sich die einzelnen Personen, aber auch Institutionen oder Unternehmen, vorstellen können. Es wird die Möglichkeit geboten Videos, Texte und Fotos von sich hochzuladen, so dass diese für alle anderen Nutzer*innen einsehbar sind.

Laut statistischem Bundesamt umfasst die Anzahl der monatlich aktiven Facebook Nutzer weltweit vom 1. Quartal 2020 knapp 2,6 Milliarden (Statista, 2020a), was bei einer Weltbevölkerung von 7,77 Milliarden (Statista, 2020b) einen Anteil von 33% ausmacht.

Ein häufig erklärtes Ziel ist es, vor allem bei Jugendlichen, „viele virtuelle Freunde als Maßstab der eigenen Beliebtheit zu haben“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 31). Dabei sind „über die Hälfte der Heranwachsenden und jungen Erwachsenen im Alter von 12-24 Jahren online mit Personen vernetzt, die sie noch nie persönlich getroffen haben“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 32). Und genau mit dieser Gruppe von Freunden teilt die Mehrheit der Jugendlichen ihre Profilinformationen. Fremde Personen bekommen somit (ungewollt) einen Einblick in die Privatsphäre.

Soziale Netzwerke bieten den Nutzer*innen die Gelegenheit, sich medial frei zu äußern, „ohne dass die Inhalte durch Medien und ihre Redaktionen gefiltert werden“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 17). Wichtig anzumerken ist, dass wenn einmal ein Bild oder Kommentar gepostet wurde, dieser im Internet bleibt und es selbst bei einer Löschung des Accounts möglich ist, jene Postings nachzuverfolgen, da alle Nutzer*innen die Möglichkeit des Teilens oder eines Screenshots10 für sich beanspruchen können. Dadurch besteht die Gefahr, im Internet mit seinen Posts „diskriminiert oder lächerlich gemacht zu werden“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 31). Diese Diskriminierungen äußern sich in „Falschmeldungen, Hassbotschaften und Mobbing“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 17). Ebenfalls besteht die Gelegenheit, dass es im Bereich von Schule und Beruf zu negativer Beeinflussung kommen könnte.

Um diesem Zustand entgegenzuwirken, setzt Bundesjustizminister Heiko Maas im Jahre 2017 das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gegen Hass und Beleidigungen im Internet durch. Mit Hilfe des Gesetzes werden die Anbieter der größten sozialen Netzwerke verpflichtet, die geposteten Inhalte zu kontrollieren und entsprechende Inhalte zu löschen (Hammerschmidt, 2018, S.17).

Neben Facebook folgte dann ein weiteres soziales Netzwerk mit Namen Twitter. Das besondere bei den Postings (auch Tweets11 genannt) ist die begrenzte Zeichenanzahl von 280. Hier werden aus der Ich-Perspektive persönliche Ansichten von sich und der Welt wiedergegeben. Auch hier gilt, „wer die größte Anzahl von Followern12 aufweist, kann sich als bedeutsam und beliebt fühlen“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 32).

Mit Einführung des ersten iPhones im Jahr 2007 ist es schließlich möglich, zu jeder Zeit auch mobil ins Internet zu gehen. Es folgen andere Anbieter wie Samsung und der taiwanische Hersteller HTC (Startmobile, 2020). Diese Telefone werden auch Smartphones genannt und bieten die Möglichkeit, neben dem Zugang zum Internet, auch zahlreiche Apps13 zu installieren.

Zu einer der wohl zurzeit beliebtesten und meist installierten Apps zählt WhatsApp. Dieser populärste Nachrichtendienst geht 2009 online und hat bis heute knapp 2,3 Milliarden Nutzer*innen (Statista, 2020c). WhatsApp ist eine Plattform, auf der Bilder, Videos und vor allem Nachrichten ausgetauscht werden können. Gerade bei Jugendlichen gilt diese App als primäres Kommunikationsmedium. Es werden „nicht nur individuelle Informationen ausgetauscht und Verabredungen getroffen […] auch dient es als Gruppenforum für Cliquen, Familien, Vereine und schulische sowie betriebliche Zusammenschlüsse“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 34). Viele Kinder und Jugendliche, die sich in solch einer Gruppe befinden, entwickeln einen Zwang, „ständig auf neue Informationen zu reagieren“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 34). Dies hat bereits dazu geführt, dass einige Heranwachsende auch über Nacht auf WhatsApp-Nachrichten reagieren. Ähnlich wie bei Facebook, wird WhatsApp „gleichermaßen als Plattform für Mobbing benutzt“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 35). Im Jahr 2014 wurde WhatsApp von Facebook für eine Summe von 19 Milliarden Dollar aufgekauft und übernommen (Statista, 2020).

Weitere, zu erwähnende soziale Netzwerke sind der zu Facebook gehörende Online-Dienst Instagram und der kostenlose Online-Dienst Snapchat. Beide verfolgen eine ähnliche Politik wie WhatsApp, indem sich das Hauptaugenmerk auf das Hochladen von Fotos und Videos richtet - mit dem Unterschied, dass bei Snapchat jenes hochgeladene Material nach 24 Stunden gelöscht wird. Es handelt sich also hierbei „um ein temporäres Tagebuch, welches mit Freunden geteilt werden kann“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 35). Jedoch haben Computer-Expert*innen festgestellt, dass es relativ einfach ist, die übermittelten Daten zu rekonstruieren (Stüwe & Ermel, 2019, S. 35).

2.2 Gesellschaftliche Relevanz

Die Gesellschaft befindet sich mit der Digitalisierung in einem starken Wandel. Durch die Verbreitung digitaler Technologien, durchdringt dieser Wandel nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche. „Dies geschieht in Form von Geräten (Computer, Smartphones), Infrastrukturen (Netzwerke) und Anwendungen (Software) und verändert […] die alltäglichen Kommunikationen, die Arbeitswelt, den Warenverkehr, die Finanzwelt etc.“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 9).

„Ohne iPhone oder Smartphone ist es heutzutage kaum mehr möglich, seinen Alltag zu bewältigen“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 36). Expert*innen sprechen sogar davon, dass eine allgemeine Angst vorherrscht, ohne Internet zu sein. Offline sein heißt: „totale Isolation und weit weg vom Weltgeschehen“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 37). Aus einer Umfrage geht hervor, dass rund 40 Prozent der Befragten im Alter von 16-24 Jahren mehr als 50 Mal pro Tag auf ihr Smartphone schauen (Statista, 2019a). Dies lässt sich damit begründen, dass die Angst vorherrscht, irgendetwas zu verpassen. Zudem hat das ständige Display schauen etwas mit der „Angst zu tun, sich einsam und leer zu fühlen“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 37).

Auch die Art wie Menschen untereinander kommunizieren und Sozialkontakte pflegen, hat sich im Zuge der Digitalisierung gewandelt. Der Trend verschiebt sich immer stärker in den digitalen Raum und prägt das gesellschaftliche Miteinander (Kollmann & Schmidt, 2016, S. 3). Analoge Kommunikation wird immer stärker ersetzt durch Medial-vernetzte Kommunikation, speziell über soziale Medien. Mündliche Formen werden durch schriftliche Formen oder zeitversetzte Audiobotschaften substituiert (Kreidenweis, 2018). Dieser Wandel in der Kommunikationsstruktur wird auch Mediatisierung genannt. Krotz beschreibt die Mediatisierung wie folgt: „Mediatisierung meint also, dass durch das Aufkommen und durch die Etablierung von neuen Medien für bestimmte Zwecke und die gleichzeitige Veränderung der Verwendungszwecke alter Medien sich die gesellschaftliche Kommunikation und deshalb auch die kommunikativ konstruierte Wirklichkeiten, also Kultur und Gesellschaft, Identität und Alltag der Menschen verändern“ (Krotz, 2008, S. 8).

Ein anderer Bereich, in dem die Veränderungen durch die Digitalisierung besonders wirksam sind, ist der Arbeitsmarkt. In den letzten Jahrzehnten wurden „personalintensive Fertigungen in der Industrie durch Roboter ersetzt […] oder in Niedriglohnländer ausgelagert“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 12). Dies hat zufolge, dass es zu einer Reduktion menschlicher Arbeit gekommen ist. Im Bankensektor haben beispielsweise Geldautomaten und Onlinebanking den Kundenservice ersetzt. Zwar entstehen viele neue Arbeitsplätze, speziell im Rahmen der Nutzung digitaler Technologien, jedoch wurden „Facharbeiter- und Angestelltentätigkeiten durch digitale Systeme verdrängt“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 12).

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Konzept der digitalen Spaltung der Gesellschaft. Charakteristisch für „diesen Ansatz ist die dichotome Unterscheidung von Onlinern und Offlinern“ (Stüwe & Ermel, 2019, S. 48). Nicht alle Menschen verfügen über das technische Knowhow, sowie über einen entsprechenden Zugang zu digitalen Medien. Demnach ist die Gesellschaft gespalten in Nutzer*innen digitaler Medien, die sich dadurch soziale Teilhabe, berufliche Vorteile und Bildung aneignen können und diejenigen, die „mangels entsprechender Kompetenzen von den medial vermittelten gesellschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt sind“ (Hammerschmidt et al., 2018, S. 18). Herangezogen wird hierbei die Privilegierungsthese von Marr, welche als das Fundamentaltheorem der Forschung zur digitalen Spaltung gilt. Diese besagt, dass der fehlende Zugang zum Internet eine Einschränkung von Lebenschancen darstellt und eine Reduzierung der Teilhabe an gesellschaftlichen Ressourcen beinhaltet (Marr, 2005, S. 35). Zusammenfassend wird die digitale Spaltung als Ausdruck sozialer Ungleichheit verstanden.

2.3 Positive/negative Faktoren der Digitalisierung

Die folgende Tabelle zeigt die positiven sowie negativen Faktoren auf, die sich im Zuge der Digitalisierung in der Gesellschaft entwickelt haben. Im weiteren Verlauf dieser vorliegenden Arbeit, werden einige Punkte noch näher beleuchtet.

Ein Fokus liegt dabei auf den Punkten Cyber-Mobbing (psychische/physische Belastungen), Suchtverhalten, die Vernetzung untereinander und der Einfluss auf den Sozialisationsprozess von Jugendlichen (Normen- und Werteveränderungen).

Des Weiteren wird die Art der Kommunikation näher betrachtet und in welcher Form sie sich im Wandel der Digitalisierung verändert hat.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 (Cyber)Mobbing

Cyber-Mobbing ist ein Phänomen, welches angesichts der fortschreitenden Digitalisierung immer häufiger auftritt. Dementsprechend liegt es nahe, zunächst einen allgemeinen Überblick über traditionelles Mobbing zu geben.

Mobbing (engl. bullying) ist ein Zustand, wenn ein oder mehrere Schüler „wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler oder Schülerinnen ausgesetzt ist“ (Fawzi, 2015, S. 20). Hierbei wird zwischen physischem, verbalem und psychischem Mobbing.

Beim physischen Mobbing stehen gewalttätige Verhaltensweisen im Vordergrund. Diese äußern sich beispielsweise „durch Verprügeln mit Fäusten oder durch den Einsatz von Tatwerkzeugen“ (Fawzi, 2015, S. 20ff). Weitere Faktoren sind das Stehlen und Zerstören von persönlichen Dingen. Der Begriff des verbalen Mobbings beschreibt den Zustand, wenn eine Person beleidigt, erpresst oder bedroht wird (Fawzi, 2015, S. 20).

Eines der häufigsten Mobbingarten ist das psychische Mobbing. Hier wird das Opfer derartig schikaniert, dass es zu einer Traumatisierung oder einer psychischen Erkrankung kommen kann. Das Opfer wird hierbei „gezielt aus dem Klassenverband oder der Clique ausgeschlossen […] mit Missachtung gestraft […] oder zum Außenseiter abgestempelt“ (Fawzi, 2015, S. 20).

Für Cyber-Mobbing gilt prinzipiell die gleiche Definition, jedoch wirken zusätzlich andere Faktoren mit ein; Ein Element, welches hinzukommt, ist der Gebrauch von digitalen Medien. Eine bestehende Mobbingsituation wird demnach über digitale Medien fortgesetzt (Stüwe & Ermel, 2019, S. 154). Kowalski und Limber definieren Cyber-Mobbing als „bullying through e-mail, instant messaging, in a chat room, on a website, or through a text message sent to a cell phone“ (Kowalski & Limber, 2007, S.24). Cyber-Mobbing findet demnach im digitalen Raum statt. Benutzt werden hierfür Internetseiten, Emails oder Kurznachrichten, die auf das jeweilige Smartphone gesendet werden.

Eine genauere Fokussierung auf die Aggressoren und das Opfer bietet folgende Beschreibung welche besagt, dass Cyber-Mobbing ein „aggressive, intentional act carried out by a group or individual, using electronic forms of contact, repeatedly and over time against a victim who cannot easily defend him or herself“ (Smith, Mahdavi, Carvalho, Fischer, Russel & Tippet, 2008, S. 376) ist. Das Opfer kann sich also nicht selbst gegen die vorsätzliche Handlung der Täter*innen verteidigen. Auch hier kommt der Einsatz von elektronischem Kommunikationsmittel zum Einsatz.

Ein weiteres Merkmal, welches hervorgehoben werden sollte, ist die Anonymität der Täter*innen, die sich leicht hinter einem virtuellen Pseudonym verstecken können. Sie fühlen sich unangreifbar, da sie nicht als Täter*innen identifiziert werden können. Das Opfer weiß somit nicht, „von wem das Mobbing ausgeht“ (Fawzi, 2015, S. 49).

Auf den folgenden Seiten wird ein besonderer Fokus auf die Charakteristika von Cyber-Mobbing gelegt. Wie hängt Cyber-Mobbing mit der Art zusammen wie Menschen miteinander kommunizieren? Welche Rolle erfüllt hier der Begriff Klatsch ? Warum werden Personen gemobbt? Wie sind die Auswirkungen von Cyber-Mobbing und wie ist das Cyber-Mobbing rechtlich einzuordnen?

3.1 Interpersonale Kommunikation

Formen von interpersonaler Kommunikation sind Gespräche, Diskussionen und Klatsch. Sie sind „für soziale Systeme eine notwendige Grundvoraussetzung, denn Individuen entwickeln sich auf der Basis von Kommunikation“ (Fawzi, 2015, S. 17). Daraus wird geschlussfolgert, dass eine Gesellschaft sich nur bilden und erhalten kann, „wenn ihre Mitglieder miteinander kommunizieren“ (Hohm, 2006, S. 16). Wenn zwei oder mehrere Personen wechselseitig interagieren, handelt es sich um interpersonale Kommunikation, welche auch als Face-to-Face-Kommunikation bezeichnet wird. Aufgrund des häufigen Kontrollblicks auf das Handy (Statista, 2019a), verliert die Face-to-Face-Kommunikation zunehmend an Bedeutung (Stüwe & Ermel, 2019, S. 37).

Interpersonale Kommunikation beeinflusst die Lebensqualität von Menschen. Wird eine qualitativ anspruchsvolle Kommunikation geführt, kann sie zu „befriedigenden und produktiven Beziehungen mit Kollegen am Arbeitsplatz, Freunden, Partnern und Familie“ (Stroebe, Hewstone & Stephenson, 1997, S. 331) führen. Wichtig ist, dass die Qualität der Kommunikation in der Interaktion bestimmt wird und dass „jeder einzelne zumindest teilweise für sie Verantwortung trägt“ (Stroebe, Hewstone & Stephenson, 1997, S. 331).

Die vorliegende Arbeit legt einen speziellen Fokus auf die Alltagskommunikation, so wie sie bspw. auf Schulhöfen oder in privaten Unterhaltungen vorkommt. Formale Kommunikation, die bei einem Gespräch zwischen einem Vorgesetzten und Angestellten vorherrscht, wird hier außen vorgelassen.

[...]


1 Transmission Control Protocol/Internet Protocol – Protokolle die verantwortlich für die Vermittlung und den Transport von Datenpaketen sind.

2 Fotoapparat / Radio / TV

3 Advanced Research Projects Agency Network

4 National Science Foundation Net

5 engl. Stöbern, schmökern, sich umsehen

6 Conseil Européen pour la Recherche Nucléaire

7 Computerized Bulletin Board System

8 „I Seek you“ dt. Ich suche dich

9 Einen Beitrag in einem sozialen Netzwerk

10 fotoähnliche Abbildung oder Speicherung dessen, was auf dem Bildschirm zu sehen ist

11 dt. zwitschern

12 Personen, die anderen Personen im Internet über Soziale Netzwerke folgt

13 dt. Applikationen, Anwendungen

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Digitalisierung und Soziale Arbeit. Welche Herausforderungen Cybermobbing, Handywahn und Co. für die Soziale Arbeit bedeuten
Hochschule
Fliedner Fachhochschule Düsseldorf  (Fachhochschule)
Veranstaltung
B.A. Soziale Arbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
50
Katalognummer
V943470
ISBN (eBook)
9783346321060
ISBN (Buch)
9783346321077
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Digitalisierung, Cyber, Mobbing, Handy, Sucht, Soziale, Arbeit, Bachelor, Hurrelmann, Lebensphase Jugend, Sozialisation, Handykonsum, Sozialisationsprozess, Medienkompetenz, Fachkräfte
Arbeit zitieren
Daniel Werner (Autor:in), 2020, Digitalisierung und Soziale Arbeit. Welche Herausforderungen Cybermobbing, Handywahn und Co. für die Soziale Arbeit bedeuten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/943470

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