Vielseitige Bewegungserfahrungen mit Alltagsmaterialien

Durchgeführt in einer Unterrichtseinheit eines 1. Jahrganges


Examensarbeit, 2007

58 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Vorüberlegungen
2.1 Spielen und Bewegen mit Alltagsmaterialien
2.2 Alltagsmaterialien und Kleine Spiele / Bewegungsgeschichten
2.3 Vorteile von Alltagsmaterialien

3 Praktische Umsetzung
3.1 Planung der Unterrichtseinheit
3.1.1 Ziele der Unterrichtseinheit
3.1.2 Situation der Klasse
3.1.3 Überlegungen zum Stundenthema (Sachanalyse) Didaktische Überlegungen
3.1.4 Methodische Überlegungen
3.2 Darstellung der Unterrichtseinheit
3.2.1 Erste Stunde: Vielseitige Bewegungserfahrungen mit Luftballons
3.2.2 Zweite Stunde: Bewegungsgeschichte mit Zeitungsblättern
3.2.3 Dritte Stunde: Bewegungsgeschichte mit Teppichfliesen - Ausführliche Darstellung
3.2.4 Vierte Stunde: Bewegungsspiele mit Bierdeckeln
3.2.5 Fünfte Stunde: Bewegungsspiele mit Besen
3.2.6 Sechste Stunde: Stationen mit allen 5 Alltagsmaterialien

4 Gesamtreflexion

5 Anhang

6 Literaturverzeichnis

„Tief versunken spielt das Kind.

Immer wieder das gleiche Spiel.

Tief versunken

spielt das Kind.

Es entstehen neue Ideen es entstehen neue Rollen es entstehen neue Spiele,

neue Begriffe, neue Erfahrungen.

Begeistert

spielt das Kind

mit Vertrautem und doch Unbekannten.

Mit einigen Stecken, zwei Tüchern und einer Schnur.

Der Erwachsene weiß vieles.

Er überlegt sich vieles.

Er zeigt dem Kind, wie es Spielen lernt, und mit was es sich verbessern kann.

Verunsichert

spielt das Kind.

Es benötigt ständig neue Spiele, es benötigt ständig neues Material, es benötigt ständig neue Ideen.

Auch eine Erfahrung.

Der Erwachsene weiß vieles.

Das Kind zeigt dem Erwachsenen, wie es spielt und wie es lernt.

Beide - tief versunken und begeistert.“1

1 Einleitung

„Was ist mit unseren Kindern los?“ Diese oder ähnliche Fragen stellen sich viele Eltern, Lehrkräfte, Erzieher, Politiker und Polizisten in letzter Zeit immer häufiger. In der Gesellschaft wird von „Veränderter Kindheit“ gesprochen.2 Die Lebensbedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen, haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Ihre Lebenswelt ist gekennzeichnet durch den zunehmenden Verlust an Eigentätigkeit, durch den Mangel an unmittelbaren körperlich-sinnlichen Erfahrungen. Technik und fortschreitende Motorisierung haben den Körper an den Rand gedrängt, Leistungen scheinen vor allem über den Kopf erreicht zu werden. Durch die Medienwelt strömt auf die Kinder eine Vielfalt an Informationen ein, die sie kaum mehr verarbeiten können.

Die Abnahme an unmittelbaren körperlich-sinnlichen Erfahrungen, der Mangel an Möglichkeiten, sich über den Körper aktiv die Umwelt anzueignen, führt unweigerlich zu einer Beeinträchtigung kindlicher Entwicklung. Die Folgen physischer und psychischer Art sind unverkennbar.

Auch die Schule muss sich auf die veränderten Gegebenheiten einstellen und sich an den derzeitigen Lebensverhältnissen der Schüler orientieren. Als Sportlehrerin kann ich im Unterricht darauf reagieren, indem ich den Kindern möglichst viele Gelegenheiten biete, bei denen sie vielfältige Bewegungserfahrungen auf unterschiedliche Art und mit allen Sinnen sammeln können.

Durch Bewegung beim Betasten, Begreifen und Behandeln erwerben Kinder schon von klein auf den Zugang zu ihrer unmittelbaren Umwelt, um sich dann später durch eigene Handlungsmotivation die Welt zu erschließen.3 Wie bereits einleitend erwähnt, lässt es unsere Industrie- und Leistungsgesellschaft immer weniger zu, motorische Fähigkeiten und Bewegungserfahrungen in einer natürlichen Bewegungswelt zu erfahren. Sinnesreize sind in unserer Zeit oft auf optische und akustische Wahrnehmungen, meist in Form von Reizüberflutung an Bildschirmen, reduziert. Geschmacks-, Tast-, Muskel-, Geruchs- und Hautsinn werden hingegen kaum noch beansprucht. Dieser Aspekt ist alarmierend, wenn man bedenkt, dass die Qualität der Informationsaufnahme und -verarbeitung durch die Sinnesorgane entscheidend für die Entwicklung der koordinativen Fähigkeiten ist. Bewegung ist somit unabdingbar für die Entwicklung der Leistungsfähigkeit der vestibulären, kinästhetischen und taktilen Analysatoren. Handlungsgebundene Bewegungssituationen sowie der experimentelle Umgang mit Spielgegenständen liefern weiterhin den entscheidenden Impuls für die kognitive Entwicklung 4 (siehe auch 3.1.4)

In dieser Hausarbeit werden Übungen und Spielideen mit Alltagsmaterialien am Beispiel einer Unterrichtseinheit mit einer Lerngruppe des 1. Jahrganges vorgestellt. Alltagsgegenstände und Gebrauchsmaterialien finden schon seit längerem große Beliebtheit in der Bewegungserziehung im Kindergarten sowie in der psychomotorischen Entwicklungsförderung der Grundschule. Es gilt herauszufinden, ob die Kinder mit ihnen zwar bekannten, jedoch für den Sportunterricht noch nicht verwendeten Materialien zu einer Bewegungshandlung zu motivieren sind.

Die in dieser Arbeit dargestellten sportlichen Aufgaben erfordern vielfältige Fähigkeiten und Fertigkeiten von Seiten der Kinder. Dabei spielt die Förderung der Geschicklichkeit eine große Rolle. Beim Durchführen der einzelnen Übungen werden jedoch nicht nur die motorischen Fähigkeiten trainiert, sondern überdies soziale und kognitive Kompetenzen geschult.

Anmerkung:

Im Folgenden werden aus Gründen der besseren Lesbarkeit für „Lehrerin“ und „Lehrer“ sowie für „Schülerinnen“ und „Schüler“ etc. die generalisierenden Begriffe „Lehrer“ und „Schüler“ im Sinne fachspezifischer Termini verwendet.

2 Theoretische Vorüberlegungen

Im Folgenden wird ein Überblick über den Bereich des Spielens mit Alltagsmaterialien geschaffen.

2.1 Spielen und Bewegen mit Alltagsmaterialien

Wenn man die Kinderzimmer der heutigen Kinder und Jugendlichen betrachtet, findet man eine Unmenge an Spielsachen, die nur begrenzte oder normierte Bewegungserfahrungen zulassen. In vielen Fällen vernachlässigen die Spielgegenstände den wichtigen Erfahrungsbereich des Erkundens, Ausprobierens, Verwerfens, Änderns und des Neubeginnens. Beim Einsatz von Alltagsmaterialien hingegen existieren keine festen Zuordnungen oder normierte Bewegungen. Die unkonventionelle Nutzung der Alltagsgegenstände fordert und fördert die Kreativität, Fantasie und Flexibilität, die in der heutigen Kindheit immer weniger ausgebildet werden. Neben der Kreativität bieten die alternativen „Sportgeräte“ vielseitige Bewegungsherausforderungen und gewährleisten so eine vielfältige sportmotorische Entwicklungsfähigkeit.5

Alltagsmaterialen sind sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen durch einen hohen Aufforderungscharakter gekennzeichnet und ermöglichen die Leistungssteigerung des Bewegungsapparates und die positive Entwicklung der Organsysteme. Bei den verschiedenen Übungsformen werden sowohl die konditionellen Fähigkeiten (Ausdauer, Kraft- und Schnelligkeitsfähigkeit) ausgebildet sowie die sensomotorische Leistungsfähigkeit trainiert. Eine besondere Rolle spielen die feinmotorischen Bewegungsaufgaben zur Weiterentwicklung der koordinativen Fähigkeiten.

Koordination bezeichnet das Zusammenspiel von Sinnen, Nerven und Muskulatur zu einer zielgerichteten, harmonischen Bewegung.6 Die koordinativen Fähigkeiten werden neben den konditionellen Fähigkeiten zu den motorischen Fähigkeiten gezählt. Meinel und Schnabel gehen von sieben grundlegenden koordinativen Fähigkeiten aus: Differenzierungs-, Koppplungs-, Reaktions-, Orientierungs-, Gleichgewichts-, Umstellungs- und Rhythmisierungsfähigkeit.7 Zwischen dem 7. und 12. Lebensjahr ist eine besondere Lernfähigkeit im Bereich der koordinativen Fähigkeit gegeben. Grund dafür ist die in diesem Alter beschleunigte Ausreifung grundlegender Funktionen des zentralen Nervensystems sowie der Analyatoren.8 (siehe 3.1.4)

Betrachtet man einige Untersuchungen der letzten Jahre, die belegen, dass die heutige Gesellschaft nur noch über eine geringe sportmotorische Leistungsfähigkeit verfügt, wird die immense Wichtigkeit der motorischen Entwicklung deutlich.9 Neben dem motorischen Gesichtspunkt werden über Bewegung außerdem Beziehungen zu Mitmenschen aufgenommen und Emotionen, Motive, soziale Verhaltensweisen und Sachkompetenzen ausgebaut und erweitert. Die kontinuierliche Steigerung der Bewegungserfahrungen und eine Förderung der Wahrnehmungsfähigkeit bildet somit die Basis für eine ganzheitliche Erziehung.

Die folgende Aufzählung zeigt den vielfältigen Einsatz und die Verwendungsmöglichkeiten von Alltagsmaterialien im Sport auf:

„Verbesserung sportmotorischer Fähigkeiten

- Kräftigung der Muskeln
- Schulung der Ausdauer
- Training der Beweglichkeit
- Weiterentwicklung der koordinativen Fähigkeiten

Schulung der Wahrnehmungsfähigkeiten

- Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Analysatoren
- Initiierung vielfältiger materialer Erfahrungen
- Erschließung sinnlicher Wahrnehmung und Emotionen

Weiterentwicklung kreativen Handelns

- Variation des Materialgebrauchs
- Kombination mit anderen Materialien
- Veränderung bzw. Entwicklung von Spielideen

Förderung sozialer Fähigkeiten

- Weiterentwicklung der Kooperations- und Teamfähigkeit beim gemeinsamen Lösen von Aufgaben
- Förderung der Kommunikationsfähigkeit beim gemeinsamen Verständigen von Zielen und Vorgehensweisen
- Verbesserung der Konfliktfähigkeit und Toleranz

Motivationsaufbau und Einstimmung

- Unkonventionelle Nutzung, um miteinander in Bewegung zu kommen
- Verwendung zum Kennenlernen der Gruppe

Nutzung als Hilfsmittel

- Verwendung als spieltragendes Objekt
- Markierung, Begrenzung und Strukturierung von Spielräumen

Förderung der ästhetischen Erziehung

- Nutzung als musikalische Erziehung
- Schöpferischer, gestalterischer Einsatz als Requisite / Bauteil“10

Um der Hauptintention, das Sammeln vielseitiger Bewegungserfahrungen mit Alltagsmaterialien gerecht zu werden, empfiehlt sich für diese Unterrichtseinheit im ersten Schuljahrgang neben den Bewegungsaufgaben, der Zugang durch die Kleinen Spiele und Bewegungsgeschichten, die im Folgenden näher erläutert werden.

2.2 Alltagsmaterialien und Kleine Spiele / Bewegungsgeschichten

Spiele gehören seit eh und je zur menschlichen Entwicklung und bilden einen elementaren Bestandteil unserer Kultur.11 Bewegungsspiele haben im Sportunterricht eine große Bedeutung, da durch das Spielen Spaß in die Turnstunde kommt. Die Anforderungen an Kleine Spiele sind vielschichtig. Mit ihnen sollen Kinder auf abwechslungsreiche Weise Fähigkeiten und Fertigkeiten trainieren. Hierzu gehören neben den konditionellen Fähigkeiten wie Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer auch die koordinativen Fähigkeiten. Zusätzlich können der visuelle, auditive und taktile Sinn mit Hilfe Kleiner Spiele trainiert werden. Richtig eingesetzt wirken sich Kleine Spiele auch positiv auf soziales und kreatives Verhalten aus.

Innerhalb der Kleinen Spiele sind die genannten Aspekte jedoch nicht einzeln erlernbzw. schulbar, denn bei jedem Kleinen Spiel werden immer mehrere Fähigkeiten, Fertigkeiten und Sinne trainiert.

Spiele können im Sportunterricht unterschiedlich eingesetzt werden, sei es zum Stundeneinstieg, zum Aufwärmen, als Hauptteil, zur Auflockerung zwischendurch oder zum Stundenausklang (siehe 3.1.5). Des Weiteren können Spiele unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden, wie z. B. Lauf-, Fang- und Transportspiele, Staffeln, Spiele mit Aufgabenkarten etc.12 Einige Spielformen werden sich als roter Faden durch die Unterrichtsstunden ziehen.

Eine weitere kindgerechte Möglichkeit, vielseitige Bewegungserfahrungen zu sammeln, bietet der Einsatz von Bewegungsgeschichten (siehe z. B. 3.2.2). Über leicht nachvollziehbare Geschichten soll die Lerngruppe die anscheinende Sinnhaftigkeit der einzelnen Bewegungsaufgaben und Handlungen entdecken. Da Kinder einen direkten Zugang zu anderen Welten, Märchen und Geschichten haben, sollte es ihnen gelingen, sich fallen zu lassen und sich in eine andere Rolle hinein zu denken.13 Ich, als Erzähler, werde versuchen, den Spannungsbogen über die ganze Unterrichtsstunde zu führen.

2.3 Vorteile von Alltagsmaterialien

Abschließend werden die Vorteile, die für den Einsatz von Alltagsmaterialien im Schulsport sprechen, in Form einer Aufzählung zusammengefasst.14

- Alltagsgegenstände sind meist sehr preiswert und leicht zu besorgen. Mit etwas Verhandlungsgeschick bekommt man sie in Geschäften und Betrieben sogar kostenlos.
- Jedes Alltagsmaterial lässt entsprechend seiner signifikanten Eigenschaften die Umsetzung differenzierter Förderschwerpunkte zu. Neben der Verbesserung der physiologischen und motorischen Leistungsfähigkeit wird auch das sensorische Potential ausgebaut und die soziale Kompetenz gefördert.
- Alltagsmaterialien lassen sich vielseitig kombinieren und anwenden. Sowohl neue als auch bereits bekannte Spiel- und Sportformen lassen sich gut integrieren.
- Die alternativen „Sportgeräte“ wecken Fantasie und Kreativität, da bestimmte Bewegungsmuster oder Handlungen nicht durch das Material, wie es beispielsweise beim Ball der Fall ist, vorgegeben sind. So kann der spielerische Umgang mit ihnen immer wieder neu erfahren, erprobt und erweitert werden. + Alltagsmaterialien eröffnen dem Kind oft völlig unerwartete Spiel- und Handlungsmöglichkeiten und heben eine Trennung zwischen Schule und außerschulischem Leben auf.
- Durch ihren Reiz und ihre Attraktivität erzielen sie bei den Kindern einen hohen Aufforderungs- und Motivationscharakter der zum Entdecken, Begreifen und Anwenden auffordert.
- Obwohl die Kinder mit ihnen aus dem Alltag vertraut sind, ist der Einsatz von ihnen im Sportunterricht neuartig.
- Das Verletzungsrisiko ist beim Spielen und Bewegen mit den (meisten) Alltags- materialien sehr gering.
- Eine große Sporthalle ist nicht unbedingt notwendig. Man kann mit dem Alltags- material überall spielen, sei es Zuhause in der Wohnung, im Klassenzimmer, draußen im Garten oder auf Reisen.

3 Praktische Umsetzung

3.1 Planung der Unterrichtseinheit

Zunächst wird die Planung der Unterrichtseinheit beschrieben. Hierzu zählen die Ziele der Einheit, Angaben zur Situation der Klasse, Bemerkungen zum Sachaspekt sowie die didaktischen und methodischen Überlegungen zur Unterrichtseinheit. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass in Kapitel 1 und 2 bereits einige Erklärungen und Begründungen genannt wurden. Um inhaltliche Wiederholungen möglichst zu vermeiden, werden entsprechende Stellen mittels Verweisen gekennzeichnet.

3.1.1 Ziele der Unterrichtseinheit

Hauptintention

Die Schüler sollen zu grundlegenden Körper- und Materialerfahrungen; Bewegungserfahrungen im Umgang mit verschiedenen Alltagsmaterialien gelangen. Dabei sollen sie die vielseitige und individuelle Nutzbarkeit hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeiten der Materialien erfahren.

Feinlernziele

Die Schüler sollen …

- beim Ausführen der Bewegungsaufgaben ihre koordinativen und konditionellen Fähigkeiten verbessern.
- lernen, vorgezeigte Bewegungen nachzumachen.
- durch vielfältige Bewegungserfahrungen ihr Können erweitern und zunehmend Bewegungssicherheit erlangen.
- Freude an der Entwicklung eigener Ideen finden.
- Rücksichtnahme und kooperatives Arbeiten entwickeln und erweitern.
- neue Spiel-, Organisations- und Unterrichtsformen kennen lernen.
- lernen, sich selbst, andere und Bewegungssituationen einzuschätzen.

- lernen, sich zu artikulieren und ihre Erfahrungen in den Reflexionsgesprächen zu schildern.
- Spaß am Sich-Bewegen haben.

In der folgenden Tabelle wird die Beziehung zum Niedersächsischen Kerncurriculum für Sport dargestellt, wobei nur die Kernkompetenzen erwähnt werden.15

Erwartete inhaltsbezogene Kompetenzen Erwartete prozessbezogene Kompetenzen

Kompetenzbereich: Kompetenzbereich:

Erfahrungs- und Lernfeld Spielen Bewegungskönnen entwickeln -

Erkenntnisse gewinnen

Die Schüler sollen…

- eine Spielidee erfassen, erklären und umsetzen;
- Spielregeln vereinbaren und einhalten
- miteinander und gegeneinander fair spielen.

Die Schüler sollen…

- sich geschickt und situativ angemessen bewegen;
- den Sinn des Sich-Bewegens verstehen,
- sich durch Bewegungen selbst wahr- nehmen und erfahren;
- sich durch Bewegung gesund halten,
- Bewegungsfreude erhalten.

Interaktionen Herstellen

Die Schüler sollen…

- mit anderen Menschen befriedigende Bewegungsbeziehungen eingehen und aufrechterhalten;
- in Bewegungssituationen auftretende Konflikte bearbeiten;
- sich über Bewegung ausdrücken und darstellen.

3.1.2 Situation der Klasse

Seit Beginn des Schuljahres 2007/08 erteile ich im Rahmen des eigenverantwortlichen Unterrichts zwei Wochenstunden Sport in der Klasse 1b. Die Lerngruppe setzt sich aus 7 Mädchen und 10 Jungen im Alter zwischen sechs und sieben Jahren zusammen. Der allgemein hohe Anteil an Familien mit Migrationshintergründen und sozialer Benachteiligungen im Hildesheimer Stadtteil „Drispenstedt“ findet sich auch in dieser Klasse. Etwa die Hälfte der Kinder hat einen Migrationshintergrund und der Großteil der Lerngruppe stammt aus einem sozial schwachen Milieu. Es sind jedoch kaum Sprach- und Verständnisprobleme vorhanden.

Seit Beginn des Schuljahres konnte ich in den bisherigen sieben gemeinsamen Sportstunden beobachten, dass sich die Schüler sehr auf den Sportunterricht freuen und sie den verschiedenen Inhalten gegenüber aufgeschlossen und leicht zu motivieren sind. Die Lernbereitschaft und das daraus resultierende Arbeitsverhalten können im Allgemeinen als gut bezeichnet werden. Meinem momentanen Eindruck nach entspricht der Entwicklungsstand der meisten Schüler durchweg der Altersstufe. Bei manchen Kindern habe ich jedoch Verhaltensauffälligkeiten im psychischen, physischen oder motorischen Bereich beobachtet. Für meinen Unterricht bedeutet das, dass ich mittels gezielter Differenzierungsangebote versuche, der Heterogenität der Lerngruppe gerecht zu werden. Die Vorerfahrungen der Kinder werden im Unterrichtsgeschehen berücksichtigt und es wird versucht, jeden Schüler zu fördern und zu fordern.

Ich habe das Gefühl, dass sich die Schüler in der kurzen Zeit schon gut an die Schule und an ihre Mitschüler gewöhnt haben. Auch mir bringen sie von Anfang an ihr Vertrauen entgegen und es kann somit von einem guten Lehrer-SchülerVerhältnis gesprochen werden.

Es gibt jedoch noch sehr viel Neues, was auf die Kinder einwirkt. Manche Erstklässler müssen sich erst an den Schulalltag gewöhnen und lernen, sich an gewisse Regeln zu halten, wie z. B. in Erklärungsphasen ruhig und aufmerksam zuzuhören. Auch das soziale Miteinander muss noch geübt werden. Es kommt regelmäßig zu Beschimpfungen und Raufereien innerhalb der Lerngruppe.

Bei Fehlverhalten reicht häufig ein Blick, eine kurze Berührung oder eine gezielte Ermahnung meinerseits aus. Sollte es dennoch zu Unterrichtsstörrungen einzelner Kinder kommen, werden diese für eine gewisse Zeit vom Sportunterricht der betreffenden Unterrichtsstunde ausgeschlossen, indem sie das weitere Geschehen sitzend auf der Bank verfolgen müssen. Um den Umgang miteinander zu verbessern, werde ich in den geplanten Sportstunden Phasen der Partner- und Gruppenarbeit einfließen lassen (siehe z. B. 3.2.1).

Da wir aufgrund von Renovierungsarbeiten im Sporttrakt derzeit nur eine Halle zur Verfügung haben und diese wegen Doppelbelegung nur einmal pro Woche in Anspruch nehmen können, hatte ich bisher noch keine Gelegenheit, die Kinder im Umgang mit Geräten bzw. bei der Umsetzung von bestimmten Spielformen, wie beispielsweise Staffeln, Stationsarbeit etc. zu beobachten.

Im Rahmen des bisherigen Unterrichts hatten die Schüler infolgedessen bislang nur die Möglichkeit, Kleine Spiele in Form von Lauf- und Fangspielen kennen zu lernen. Der Einsatz von Alltagsmaterialien im Sportunterricht ist somit neu für die gesamte Lerngruppe. Es wurden bereits folgende Organisations- und Unterrichtsformen eingeführt: Das Ritual „Sitzkreis“ (siehe 3.1.5), Partnerarbeit, verschiedene kleine Laufund Fangspiele und Arbeitsanweisungen in mündlicher Form bzw. das Lernen durch Vorbild.

Im Laufe der Unterrichtseinheit werden die Kinder mit weiteren Spielformen, Möglichkeiten der Gruppenarbeit / -einteilung sowie mit Arbeitsanweisungen verschiedenster Art vertraut gemacht.

Des Weiteren ist die Unterrichtseinheit so konzipiert, dass die koordinativen Fähigkeiten der Schüler gefördert und gefordert und die noch geringen Vorerfahrungen der Lerngruppe berücksichtigt werden. Die Spielerklärungen werden kurz und prägnant gehalten und es wird nach dem Prinzip der Kleinschrittigkeit vorgegangen.

Abschließend halte ich eine Schülerin der Klasse für besonders erwähnenswert. Dieses Mädchen leidet von Zeit zu Zeit an epileptischen Anfällen. Ich wurde als Sportlehrerin über das Krankheitsbild informiert und werde darauf achten, dass es bei diesem Kind zu keinen Überanstrengungen bei den sportlichen Aktivitäten kommt.

3.1.3 Überlegungen zum Stundenthema (Sachanalyse)∗

„Bewegung, Spiel und Sport sind für die Gesundheit des Menschen wertvoll, wenn nicht unverzichtbar. Bewegung ist eine Grundfunktion menschlichen Lebens - Bewegung ist Leben…“16

Da es in dieser Arbeit um das Sammeln vielfältiger Bewegungserfahrungen mit Zuhilfenahme von (Alltags-) Materialien geht, möchte ich zunächst den Begriff Materialerfahrung definieren. Unter Materialerfahrung versteht man im Allgemeinen das Wahrnehmen (Sinnesschulung), das Begreifen (Bewegungsschulung) von Material und die Einordnung des Erlebten in bisherigen Erfahrungen (Integration).17 Der Einsatz von Material fördert u. a. folgende Bereiche: sensomotorische Entwicklung, Körpererfahrung, Handlungs- und Planungsfähigkeit, Sachkompetenz, Kreativität, Umweltbewältigung.

Mit Alltagsmaterialien sind all jene Materialien gemeint, die uns aus dem Alltag vertraut sind und zweckentfremdet im Sportunterricht ihren Einsatz finden. Dazu gehören neben Zeitungsblättern, Luftballons, Besen, Teppiche, Bierdeckel auch Joghurtbecher, Bettlaken, Handtücher etc.. Sie stellen weder den Anspruch zur Hinführung sportmotorischer Fertigkeiten, noch sind sie durch bestimmte Handlungsund Bewegungsmuster im Umgang mit dem Material besetzt.18

Jedes Material unterscheidet sich alleine durch seine Beschaffenheit, Größe und Benutzbarkeit von den anderen Materialien. Es betont differenzierte schwerpunktmäßige Förderziele, auch wenn die meisten Spiele eine Förderung von Gesamtkörperkoordination, von Material- und Körpererfahrung beinhalten. Die Liste von einsetzbaren Materialien ist lang und abwechslungsreich. Bei der Auswahl der Alltagsmaterialen dieser Unterrichtseinheit habe ich auf ein breites Spektrum unterschiedlicher Materialeigenschaften Wert gelegt. Durch die stark voneinander abweichenden Formen, Größen und die Beschaffenheit der einzelnen Materialen sollen die Kinder viele verschiedene Bewegungsmöglichkeiten erfahren. Ein weiteres Kriterium spielt der Kostenfaktor. Die Materialien sollten möglichst preiswert und leicht zu beschaffen sein. (siehe 2.3)

[...]


1 Borgmann 2004, S.7

2 Vgl. z. B. Dordel 2003, S. 26 ff

3 Vgl. Mertens 2005, S. 6

4 Vgl. Mertens 2005, S. 8

5 Vgl. Mertens 2005, S. 8

6 Vgl. Dannhauer in Tips u. Tops 1, 2005, S. 53

7 Vgl. Dordel 2003, S109 ff

8 Vgl. ebd.2003, S. 268 ff

9 Vgl. Dordel 2003, S. 72 ff

10 Mertens 2005, S. 9, 10

11 Vgl. Schnelle 2005, S. 8

12 Vgl. Schnelle 2005, S. 11

13 Vgl. Borgmann 2004, S. 17

14 Vgl. ebd. 2004 S. 13 / Mertens 2005, S. 7

15 Vgl. Nds. Kerncurriculum 2006, S. 9 ff

16 Dordel 2003, S. 11

17 Vgl. Borgmann 2004, S. 13

18 Vgl. Borgmann 2004, S. 17 /18

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Vielseitige Bewegungserfahrungen mit Alltagsmaterialien
Untertitel
Durchgeführt in einer Unterrichtseinheit eines 1. Jahrganges
Veranstaltung
2. Staatsexamen
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
58
Katalognummer
V94404
ISBN (eBook)
9783640177790
Dateigröße
693 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vielseitige, Bewegungserfahrungen, Alltagsmaterialien, Staatsexamen
Arbeit zitieren
Elke Seisenbacher (Autor:in), 2007, Vielseitige Bewegungserfahrungen mit Alltagsmaterialien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94404

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Titel: Vielseitige Bewegungserfahrungen mit Alltagsmaterialien



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