Das Problem der Menschenrechte im Utilitarismus. Eine Gegenüberstellung von Bentham und Mill und den allgemein anerkannten Menschenrechten


Hausarbeit, 2019

15 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Der Utilitarismus

3. Das Problem der Menschenrechte im Utilitarismus
3.1 Was sind Menschenrechte?
3.2 Die Menschenrechte im Utilitarismus
3.3 Erwiderungen des Utilitarismus
3.4 Was spricht für und gegen die Menschenrechte gegenüber dem Utilitarismus?

4. Fazit

5.Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Als Moraltheorie mit politischen Konsequenzen wird der Utilitarismus oft ethischen Dilemmas entgegengestellt, um zu beweisen, dass diese Theorie entweder vertretbar oder unmoralisch ist. Dabei wird oft getestet, in wie weit diese Theorie mit unserem persönlichem Gerechtigkeitsempfinden übereinstimmt. Ein Kritikpunkt, der beim Utilitarismus immer wieder angesprochen wird, sind die Menschenrechte. Da uns der Wert dieser als einleuchtend erscheint, wirkt der Utilitarismus schnell unmoralisch, wenn er diesen nicht gerecht werden kann. Der Utilitarismus scheint Menschenrechte recht simpel zur Nutzenmaximierung übergehen zu können, was schnell auf Kritik stößt.1 Die meisten Vertreter utilitaristischer Theorien, wie ihr Begründer Jeremy Bentham, glauben nicht, dass Utilitarismus und Menschenrechte überhaupt vereinbar sind.2 Einzelne Vertreter wie David Lyons glauben hingegen an diese Symbiose.3 Diese Arbeit wird die Begriffe Utilitarismus und Menschenrechte definieren und im Anschluss klären, in wie weit die Menschenrechte von der Theorie gestützt werden können. Abschließend wird die Frage gestellt, ob Menschenrechte wirklich bedeutend für unsere Gesellschaft sind und ob der Utilitarismus nicht doch eine gute Alternative zu diesen wäre.

2. Der Utilitarismus

Der Utilitarismus ist eine Form der Moralphilosophie, in der die moralische Richtigkeit oder Falschheit einer Handlung allein nach ihrem Nutzen definiert wird. Dabei besteht der Nutzen aus dem allgemeinen Glück, also der Erfüllung der Interessen aller von der Handlung beeinträchtigten Personen.4 Der Utilitarismus gibt also vor, dass „Handlungen in dem Maße richtig sind, wie sie dazu tendieren, das Glück zu befördern, und falsch in dem Grade, wie sie dazu tendieren, das Gegenteil von Glück hervorzubringen.“5. Da die Interessen aller Personen im Utilitarismus gleichwertig sind, wird das größte Glück für die größte Zahl erstrebt, es erfolgt also ein doppelte Maximierung.6 Weil der Utilitarismus allein dem Glück einen intrinsischen Wert zuspricht, handelt es sich um eine hedonistische Theorie.7 Dieses hedonistische Grundgerüst ist Basis der Arbeit von Jeremy Bentham und wird später von John Stuart Mill erweitert.8 Benthams Nachfolger übernimmt den Hedonismus, sieht aber nicht länger jedes ´Glück´ also jedes Verlangen einer Person als intrinsisch wertvoll an. Obwohl er sich stark an Bentham orientiert, unterscheidet sich seine Moraltheorie von der seines Vorgängers, da er den Begriff der ´höheren´ und ´niederen´ Freuden einführt.9 Beide Arten von Freude steigern zwar weiterhin den Gesamtnutzen, die höheren, geistigen Freuden haben jedoch einen höheren Wert und fallen somit bei der Nutzensumme stärker ins Gewicht.

Der Utilitarismus ist in allen seinen Unterarten konsequentialistisch, da er die moralische Wertung einer Handlung allein an ihren Folgen festmacht.10 Es ist also stets die Handlung richtig, die mindestens genauso gute Folgen hat wie jede andere mögliche Handlung, die der Handelnde hätte wählen können.11 Der bekannteste Utilitarismus ist wohl der Handlungsutilitarismus. Dieser gibt wie die meisten utilitaristischen Theorien keine allgemeingültigen Normen vor, sondern wählt situationsbedingte Handlungsnormen zur Maximierung der Nutzensumme.12 Besonders diese Form des Utilitarismus hat mit vielen Einwänden zu kämpfen. So zum Beispiel der fraglichen interpersonellen Vergleichbarkeit von Glück, der Umwandlung von Glück in einen festen Wert und der nur scheinbaren Absehbarkeit der Folgen einer Handlung. Auch wird oft kritisiert, dass kein Individuum alle Folgen absehen kann und so überfordert werden würde. Jeder Mensch hat zudem eine eigene Wertvorstellung, die bei der moralischen Beurteilung einer Handlung miteinfließt und zu verschiedene Wertungen führen würde. Neben diesen methodischen Mängeln kommt jeder Kritiker dann auf den Punkt der Gerechtigkeit zu sprechen. Durch die Maximierung des Gesamtnutzens kann schnell eine Verteilungsungerechtigkeit entstehen.13 Diese kann weiter dazu führen, dass das Interesse einer Minderheit völlig zum Nutzen der Gesamtheit ignoriert werden könnte. Der fehlende Minderheitenschutz zeigt auf, dass die hedonistische Basis des Utilitarismus nur schwer mit unseren Gerechtigkeitsvorstellungen vereinbar ist.14 Eine Moraltheorie, die sich allein auf die Mehrung des Gesamtglücks stützt, wird von vielen als zu primitiv angesehen und bietet, so die These, keine stabile Basis für eine Gesellschaft.15 Dieser äußerst interessante Punkt der Gerechtigkeit spitzt sich in der Frage um die Menschenrechte im Utilitarismus besonders zu und wird im Folgenden weiter untersucht werden. Dabei wird vor allem auf den Charakter der Menschenrechte und ihre Bedeutung eingegangen, um sie in einem folgenden Schritt dann dem Utilitarismus entgegen zu stellen.

3. Das Problem der Menschenrechte im Utilitarismus

3.1 Was sind Menschenrechte?

Als Menschenrechte werde jene Rechte definiert, die universell jedem Menschen zustehen und unantastbar sind. Dabei müssen diese nicht von Staat oder Gesellschaft anerkannt sein, um zu bestehen.16 Der Begriff Menschenrecht wird auch mit Grundrecht oder Naturrecht gleichgesetzt und ist historisch in den meisten Verfassungen festgeschrieben. Objekt der Menschenrechte sind als besonders wertvoll deklarierte Güter wie persönliche Freiheit, Recht auf Eigentum und Meinungsfreiheit.17 Subjekt der Menschenrechte sind alle rationalen Personen, die fähig sind, eigenständige, informierte Entscheidungen zu treffen.18 Den Menschen werden diese Rechte durch ihre Spezieszugehörigkeit zugesprochen, da das menschliche Leben oft in sich als intrinsisch wertvoll angesehen wird.19 Um wirksam von der Gesellschaft anerkannt zu werden muss ein Grundrecht den Personen explizit zugesprochen werden, diese müssen tatsächlichen, sicheren Zugang zu diesem haben und müssen über die nötigen Mittel verfügen, um das recht ausüben zu können.20 Ein Recht auf etwas zu haben bedeutet dabei stets auch, die Pflicht zu haben etwas zu tun beziehungsweise zu unterlassen.21 Das Recht auf Eigentum gibt Person A die Freiheit über Besitz zu verfügen, legt ihr aber auch die Pflicht auf, nicht das Eigentum von Person B zu stehlen.

Die Menschenrechte werden oft als ethisches und zivilisatorischen Minimum angesehen, das nötig ist, um eine Nationen-übergreifende Weltmoral zu kreieren.22 Vertreter dieser Rechte behaupten, die Menschenrechte, besonders Freiheit und Wohlergehen, sind notwendig um handlungsfähig zu sein und das Ziel seines Handelns erreichen zu können und stehen somit jedem Menschen zu.23 Dabei teilen sich die Menschenrechte in drei Untergruppen auf: Die basic goods, wie Recht auf Leben und Gesundheit, sind notwendig um körperlich in der Lage zu sein, handeln zu können. Die nonsubstractive goods, wie Vertragssicherheit und Recht auf Eigentum, sind erforderlich, um ausreichende Umstände zur Zielerreichung zu schaffen. Und zuletzt die additive goods, unter anderem Selbstwert und Bildung, sind nötig, um sich überhaupt ein Ziel setzen zu können und Fähigkeiten zu dessen Erreichung ausbilden zu können.24 Jedes Recht dieser Untergruppen zählt als notwendig, jedoch nicht als absolut. Zwar darf kein Menschenrecht zu Gunsten von finanziellem Gewinn oder ähnlichem geopfert werden, jedoch können sich die Rechte gegenseitig überwiegen, sollten es zum Konflikt zwischen ihnen kommen.25 Diese Konflikte treten häufig auf und sind deshalb auch im deutschen Grundgesetz vermerkt, unter anderem in Klauseln über Notwehr und Notwehrexzess.

3.2 Die Menschenrechte im Utilitarismus

Da nun Utilitarismus und Menschenrechte definiert wurden, fällt schnell auf, wo sich diese Konzepte widersprechen. Da der Utilitarismus allein auf die Maximierung der Nutzensumme ausgelegt ist, lassen sich ´nützliche´ Menschenrechtsverstoße nach dieser Theorie leicht rechtfertigen. Soziale Normen und Moralgesetze werden im Utilitarismus nur befolgt, wenn sie das allgemeine Glück maximieren und missachtet, wenn sie dies nicht tun.26 Dieses Problem wird auch Utility-Rights Dilemma genannt. Rechte können im Utilitarismus nur entweder als Welfare Komponente gelten oder nicht. Als Welfare Komponente würden sie mit anderen Komponenten zusammenwirken, um das allgemeine Glück zu steigern, können aber auch von diesen anderen überwogen werden. Wenn die Rechte jedoch gar nicht erst als Komponente auftreten, sind sie für den Utilitarismus nicht weiter von Bedeutung.27 Ob der Utilitarismus Menschenrechte also überhaupt stützen oder miteinbeziehen könnte, ist fraglich.28 Jeremy Bentham selbst sieht es als unmöglich an.29

Die Diskriminierung oder gar Eliminierung einer zahlenmäßig unterlegenen Gruppe kann also nach dem Utilitarismus mit dem Anstieg des Nutzens, oder Glücks, einer größeren Gruppe gerechtfertigt werden, solange die Nutzensumme insgesamt durch diese Handlung anwächst.30 Nicht nur spezifische Gruppen, wie Ethnizitäten oder Religionsgemeinschaften wären von diesem Problem betroffen, sondern jede Ansammlung von Menschen oder Einzelperson die zur Nutzenmaximierung allgemein benachteiligt werden würde. Es gibt im Utilitarismus also weder Minderheitenschutz noch einen Schutz der Menschenwürde. Die individuellen Interessen werden stets der Gesamtsumme untergeordnet. Ein Beispiel für eine solche Situation ist das Transplant Beispiel: In einem Krankenhaus befinden sich sechs Patienten. Fünf davon sind todkrank und benötigen jeweils ein anderes Organ, um am Leben zu bleiben. Der sechste Patient, Patient X, hingegen ist kerngesund und nur zur Routineuntersuchung dort. Patient X ist zufällig mit allen anderen Patienten kompatibel und hat die gesunden Organe, die die anderen fünf zum Überleben benötigen. Würde man nun Patient X ermorden, um seine Organe in die anderen Patienten zu transplantieren, würden fünf Patienten gerettet werden. Tut man dies nicht, überlebt nur einer, Patient X.31 Voraussetzung für dieses Beispiel ist natürlich, dass alle Transplantationen reibungslos funktionieren und die fünf kranken Patienten nicht anders am Leben erhalten werden könnten. Der Utilitarismus hätte hier kein moralisches Dilemma zu bewältigen, da das Interesse der fünf am Leben zu bleiben das einzelne Interesse von Patient X am Leben zu bleiben überwiegt. Zur Nutzenmaximierung ist es also nötig, Patient X zu opfern und es wäre moralisch falsch, dies nicht zu tun. Ein Menschenrechtsverstoß kann so also nicht nur legitimiert werden, sondern wird sogar als moralisch richtig dargestellt. Utilitaristisch ist im Transplant Beispiel also der Mord an Person X moralisch richtig, die Menschenrechte würden den Mord an einer unschuldigen Person jedoch als moralisch falsch werten. Das Recht auf Leben darf nach den grundlegenden Menschenrechten als intrinsisches Gut nicht verletzt werden und kann nicht durch das Retten einer zahlenmäßig überlegenen Gruppe gerechtfertigt werden. Die Menschenrechte würden dies nicht zulassen, da sie anders als der Utilitarismus nicht sumerisch, sondern distributiv wirken. Diese erkennen die moralische Wichtigkeit der Getrenntheit von Individuen an, die der Utilitarismus zum Wohl des Gesamtnutzens übersieht.32 Intuitiv würden wohl die meisten Menschen in diesem Fall die Position der Menschenrechte annehmen, da diese sich an unseren Gerechtigkeitsvorstellungen und Moralempfinden orientierten.33 Utilitarismus und Menschenrechte sind also nicht vereinbar. Ihre grundlegende Moralvorstellung ist zu verschieden, um die Menschenrechte in den Utilitarismus einzubeziehen. Eine Symbiose ist schwierig, wird aber von David Lyons vorgeschlagen, welcher behauptet, nur äußerst starke Nützlichkeiten könnten Moralgesetze wie die Menschenrechte außer Kraft setzen und minimale Nützlichkeiten, wie sie in Alltagssituationen vorkommen, könnten dies nicht.34 Diese Symbiose ist jedoch nicht standhaft, da sie den intrinsischen Wert der Menschenrechte ignoriert, sie opfert diese ja für starke Nützlichkeiten, keinen Minderheitenschutz bietet und durch die fehlende Definition von ´äußerst starken Nützlichkeiten` weiterhin nicht erklären kann, wie der Utilitarismus die Menschenrechte unterbringen könnte.

3.3 Erwiderungen des Utilitarismus

Die Erwiderungen des Utilitarismus auf die scheinbare Unvereinbarkeit dieser Theorie mit den Menschenrechten sind zweierlei: Einige Philosophen kritisieren die Wichtigkeit der Menschenrechte und sehen somit kein Problem darin, dass der Utilitarismus diesen keine Universalität zuspricht. Andere meinen jedoch, dass der Utilitarismus sehr wohl die Menschenrechte beinhalten kann und sich die Positionen nicht automatisch ausschließen Ein Punkt, der gegen die Menschenrechte angeführt wird, ist, dass unsere Konzeption von Gerechtigkeit subjektiv ist.35 Diese Meinungsunterschiede werden deutlich, wenn man die Gesetze verschiedener Länder vergleicht. So ist in vielen afrikanischen Ländern die Ehe homosexueller Paare nicht möglich, während sie in vielen anderen Ländern wie den Vereinigten Staaten erlaubt ist.36 Die Verfasser und Anhänger dieser Gesetze sehen diese sicher als fair und gerecht an, während ihre Gegner diese als menschenrechtswidrig betiteln würden. Da aber beide Meinungen subjektiv sind, ist es schwer für die absolute Richtigkeit einer Position zu argumentieren. Ein anderer Einwand gegenüber den Menschenrechten ist, dass diese anders als der Utilitarismus kein Gesetz zur Wohltätigkeit enthalten. Es wäre nach den Menschenrechten moralisch falsch, jemanden zur Wohltätigkeit zu zwingen, da dies gegen das Recht auf Eigentum steht. Der Utilitarismus würde ein solches Gesetz jedoch fördern, da durch die Verteilung von Gütern in Form von erzwungener Wohltätigkeit die Nutzensumme gesteigert werden könnte.37

Ein Vertreter der Symbiose von Utilitarismus und Menschenrechten ist, wie bereits erwähnt, David Lyons. In seiner Theorie werden die Menschenrechte nur von ´starken Nützlichkeiten´ bedroht, obwohl er diese leider nicht weiter definiert.38 Er beruft sich hier auf die legal rights inclusion thesis, die behauptet, dass der Utilitarismus Rechte stützen kann, da dieser selbst normative aufgebaut ist.39 Diese Behauptung macht wohl am meisten Sinn, wenn man sich auf den Regelutilitarismus bezieht. Der Regelutilitarismus besagt, dass jede Handlung insoweit richtig ist, wie sie einer Regel folgt, deren allgemeine Befolgung das Glück in der Gesamtsumme steigern würde.40 Anders als der Handlungsutilitarismus gibt der Regelutilitarismus also Gesetze vor, an die sich der Handelnde halten muss. Ein weiterer wichtiger Punkt, welcher von verschiedenen Autoren angeführt wird, ist, dass es der Nutzensumme nicht dienen würde Menschenrechte zu verletzen, auch wenn eine solche Verletzung theoretisch nicht moralisch falsch sein muss. Das Leid oder Opfer einer Minderheit trägt meist nicht positiv zum allgemeinen Glück bei und ist somit auch nach dem Utilitarismus moralisch falsch. Vor allem die langfristigen Folgen sind in einem solchen Fall meist negativ. Bei einem rassistischen Großteil der Bevölkerung wäre es zum Beispiel nützlicher, diese Gruppe entsprechen weiterzubilden, um sie toleranter zu machen, da die Elimination der gehassten Minderheit keine langfristige Lösung ist.41 Es wird schließlich immer Unterschiede zwischen den Menschengeben, eine Unterstützung des Hasses gegen die Anderen´ würde also nur weiter den Konflikt anheizen. Auch Mill glaubt, dass der Utilitarismus die Menschenrechte auf langfristiger Basis unterstützt.42

3.4 Was spricht für und gegen die Menschenrechte gegenüber dem Utilitarismus?

Kritiker, die nicht von David Lyons Symbiose von Utilitarismus und Menschenrechten überzeugt sind, stehen nun vor der Frage, ob die Menschenrechte tatsächlich ein gutes Moralgesetz abgeben. Wer für die Menschenrechte argumentiert, baut seine These oft auf der Annahme auf, dass diese dem Menschen zustehen, eben weil er ein Mensch ist und sein Leben somit einen intrinsische Wert besitzt.43 Dabei wird oft vorausgesetzt, dass eine Person Autonomie, Rationalität und Fähigkeit zu entscheiden besitzt, um einen intrinsischen Wert zu haben.44 Durch unsere Spezies und Verwandtschaften sind wir anderen gegenüber zu einigen moralischen Handlungen und Unterlassungen verpflichtet.45 Diese Pflichten müssen befolgt werden, um die soziale Ordnung zu erhalten, welche durch die Wechsellaunigkeit utilitaristischer Entscheidungen gefährdet werden würde.46 Durch die Festlegung bestimmter Regeln und Werte, die nicht verletzt werden dürfen, gewinnt die gesellschaftliche Ordnung an Stabilität und die Mitglieder befolgen diese Regeln, auch wenn es nicht in ihrem unmittelbaren Interesse liegt.47 Feste Regeln machen Handlungen zudem leichter nachvollziehbar und verständlicher.48 Die Menschenrechte fungieren des Weiteren als Gleichmacher. Sie werden jedem ohne Ausnahme zugesprochen und tragen so dazu bei, dass sich die Mitglieder einer Gesellschaft als gleichwertig ansehen, was zu einer produktiveren Gemeinschaft führt.49 Ein festes Regelwerk bietet zudem auch Schutz und Handlungsorientierung für Individuen.50 Eine situationsbedingt ausgerichtete Staatsführung würde hingegen zu einem konstant angespannten Klima führen, da die Mitglieder stets fürchten müssen, wie im Transplant Beispiel zum Wohle der Gesamtheit geopfert zu werden.51 Dies könnte leicht zu aggressiven und irrationalen Handlungen führen, welche weder gut noch nützlich wären.

Ein Vertreter der Menschenrechte und Gegner des Utilitarismus ist John Rawls. Seine Moraltheorie, welche hier nur kurz erwähnt werden soll, baut auf einem Gerechtigkeitssystem auf, dass von freien, rationalen Menschen gemeinsam beschlossen wird.52 Da die Akteure beim Vertragsschluss nicht wissen welche Position sie später in der Gesellschaft haben werden, wird fair entschieden und auch die unglücklichste Position in der Gesellschaft entsprechend berücksichtigt. Aus dieser Unwissenheit heraus, meint Rawls, würden stets die grundlegenden Menschenrechte beschlossen werde, wenn auch nur, um sich selbst abzusichern.53 Daher würde auch keiner die Nutzenmaximierung über die eigenen Interessen und Rechte setzen.54 Da sich also eine Gemeinschaft freier, rationaler Menschen gegen die Nutzenmaximierung entscheiden würde, kann das Opfern der Menschenrechte zum Wohl utilitaristischer Maßnahmen nicht legitim sein.55

[...]


1 Vgl. Sen 1979, S. 473.

2 Vgl. Gibbard 1984, S. 92.

3 Vgl. Lyons 1982, S. 109.

4 Vgl. Kühn 2006, S. 18.

5 Kühn 2006, S. 12.

6 Vgl. Cargile 1969, S. 84.

7 Vgl. Kühn 2006, S. 58.

8 Vgl. Kühn 2006, S. XVII.

9 Vgl. Brink 2018.

10 Vgl. Cargile 1969, S. 83.

11 Vgl. Eggleston 2014, S. 125.

12 Vgl. Kühn 2006, S. XVIII.

13 Vgl. ders. 2006, S. XXV.

14 Vgl. ders. 2006, S. XXIV.

15 Vgl. Kühn 2006, S. 12.

16 Vgl. Klingst 2017, S. 40.

17 Vgl. ders. 2017, S. 2.

18 Vgl. Gewirth 1982, S. 150.

19 Vgl. ders. 1982, S. 44.

20 Vgl. Pogge 1994, S. 108.

21 Vgl. Hart 1955, S.179.

22 Vgl. Klingst 2017, S. 30.

23 Vgl. Gewirth 1982, S. 68.

24 Vgl. ders. 1982, S. 149.

25 Vgl. ders. 1982, S. 151.

26 Vgl. Gibbard 1984, S. 99.

27 Vgl. Gewirth 1982, S. 144.

28 Vgl. Gewirth 1982, S. 143.

29 Vgl. Gibbard 1984, S. 92.

30 Vgl. Sen 1979, S. 473.

31 Vgl. Nye 2014, S.433.

32 Vgl. Hart 1979, S. 829.

33 Vgl. Kühn 2006, S. XXIV.

34 Vgl. Lyons 1982, S. 117.

35 Vgl. Kühn 2006, S. 84.

36 Vgl. Klingst 2017, S. 26.

37 Vgl. Kühn 2006, S. 76.

38 Vgl. Lyons 1982, S. 117.

39 Vgl. ders. 1982, S. 109.

40 Vgl. Eggleston 2014, S. 130.

41 Vgl. Lamont 2017.

42 Vgl. Gibbard 1984, S. 92.

43 Vgl. Gewirth 1982, S. 44.

44 Vgl. Wenar 2015.

45 Vgl. Clark 1988, S. 242.

46 Vgl. Eggleston 2014, S. 137.

47 Vgl. Pogge 1994, S. 60.

48 Vgl. ders. 1994, S. 126.

49 Vgl. ders. 1994, S. 127.

50 Vgl. Gibbard 1984, S. 92.

51 Vgl. Fishkin 1984, S. 106.

52 Vgl. Rawls 1999, S. 10.

53 Vgl. ders. 1999, S. 11.

54 Vgl. ders. 1999, S. 13.

55 Vgl. ders. 1999, S. 25.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Problem der Menschenrechte im Utilitarismus. Eine Gegenüberstellung von Bentham und Mill und den allgemein anerkannten Menschenrechten
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
15
Katalognummer
V944285
ISBN (eBook)
9783346278616
ISBN (Buch)
9783346278623
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Philosophie, Bentham, Utilitarismus, Menschenrechte, Mill
Arbeit zitieren
Aileen Ramm (Autor:in), 2019, Das Problem der Menschenrechte im Utilitarismus. Eine Gegenüberstellung von Bentham und Mill und den allgemein anerkannten Menschenrechten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/944285

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