Hochschule im Wandel?

Vergleich der Ansätze von Karl Jaspers und Peer Pasternack zu universitärer Bildung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Karl Jaspers: „Die Idee der Universität“

3 Zur Person Karl Jaspers

4 Jaspers Vorstellung universitärer Bildung

5 Die Situation der Universität nach

6 Peer Pasternack

7 Zu den Begriffen Komplexität und Risiko

8 Pasternack: Der spezialisierte Generalist

9 Aktuelle Situation der Hochschulen

10 Pasternack und Jaspers im Kontext ihrer Zeit

11 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die vermehrten öffentlichen Diskussionen über den Reformbedarf deutscher Universitäten weisen darauf hin, dass scheinbar die Diskrepanz zwischen der von Gesellschaft und Politik gesetzten Zielen und den von den Universitäten gelieferten Ergebnissen ins unerträgliche gewachsen ist. Darin, dass eine Reform überfällig ist, sind sich alle Fronten einig. Nur die Vorstellungen über das, was Universitäten leisten sollen, gehen auseinander.

Betrachtet man die geschichtliche Entwicklung der Hochschulen, so finden sich in zyklischen Abständen immer wieder Diskussionen dieser Art. Während nach dem ersten Weltkrieg der erleichterte Zugang zum Studium Befürchtungen über eine Proletarisierung und Bildungserosion aufkommen ließ[1], ängstigte man sich in den 60er Jahren vor einer Bildungskatastrophe aufgrund unzureichender Absolventen[2], um gleich wieder die schlechten Bedingungen und zu hohen Kosten der Massenuniversitäten anzuprangern. Reformbedarf, so könnte man meinen, scheint auf dem Gebiet der Ausbildung immer zu bestehen, da die Anforderungen an Ausbildungseinrichtungen sich stetig verändern. Was zu der These Anlass gibt, dass Hochschulreformgedanken sich im Kontext der Geschichte und aktueller Situationen entwickeln und somit gesellschaftliche Problemlagen reflektieren. Exemplarisch soll dies anhand zweier Autoren gezeigt werden. Zum einen Karl Jaspers, der im Rückgriff auf neuhumanistische Ideale die deutsche Universität nach der Zeit des Nationalsozialismus neu ausrichten wollte. Und zum anderen Peer Pasternack, der in seinem Konzept die Anforderungen der modernen Zeit mit dem traditionellen Entwurf von Hochschulbildung verbindet. Hierzu bedarf es einer kurzen Erläuterung der jeweiligen Konzepte und geschichtlichen Rahmenbedingungen universitärer Ausbildung. Anschließend soll eine Gegenüberstellung der Theorien zeigen, dass der zeitliche Kontext, in dem diese entstanden sind, einen wichtigen Faktor darstellt.

2 Karl Jaspers: „Die Idee der Universität“

Karl Jaspers „Die Idee der Universität“ wurde erstmals im Jahr 1923 veröffentlicht. Aber nach der „moralischen Vernichtung der Universität“[3] durch die Nationalsozialisten, hielt Jaspers eine Neuauflage, die er als „neuen Entwurf“[4] bezeichnet, für notwendig, da die Wiedererrichtung der Universität als die „Schicksalsfrage unseres geistigen Lebens“[5] verstand.

Seine Vorstellungen sind stark durch den Neuhumanismus geprägt und von Humboldt[6] beeinflusst. Die Universität darf seines Erachtens nicht einzelne Ausbildungsinhalte vermitteln, sondern soll den Menschen ganzheitlich bilden[7].

Als übergreifende Aufgabe der Universität definiert er die Wahrheitssuche[8], die nur durch Wissenschaft erfassbar wird, denn:

„Das ursprüngliche Wissenwollen ist eins und geht auf das Ganze. Wenn es sich stets nur im besonderen verwirklichen kann, im Handwerk der Spezialitäten, so haben diese doch ihr geistiges Leben erst dadurch, dass sie Glieder eines Ganzen sind.“[9]

Um Wahrheit erfassbar zu machen, braucht es drei wesentliche Dinge, die die Universität leisten soll: Forschung, Unterricht und Bildung. Forschung ist die wesentliche Aufgabe, da Wahrheit nur durch Wissenschaft zu suchen ist[10]. Um Wahrheit zu überliefern, ist die Lehre unentbehrlich. Doch bloßes Wissen reicht Jaspers Ansicht nach nicht aus, da das Erfassen von Wahrheit „vielmehr eine geistige Formung des Menschen verlangt“[11]. Somit ist der Sinn von Forschung und Unterricht die Bildung.

Dem fügt er zwei weitere wichtige Prinzipien hinzu: die Freiheit der Universität, sowohl in Forschung, Lehre und Lernen und die Gleichheit zwischen Lehrenden und Lernenden.

Die Rolle des Staates beschränkt Jaspers auf die Versorgung der Universität, ohne jegliche Weisungsbefugnis, die der Suche nach Wahrheit Grenzen setzen könnte. Dem gleichen Zweck dient auch das zweite Prinzip. Autorität würde der Selbstständigkeit der Studenten, die für das Erkennenkönnen Voraussetzung ist, im Wege stehen.

Nach Jaspers sind die Aufgaben Forschung, Unterricht und Bildung Teile eines Ganzen, das nicht in seine Einheiten aufgelöst werden kann, da sie zwingend einander bedürfen. Daher kommt er zu der Schlussfolgerung: „Ein Zweck lässt sich nicht vom anderen lösen, ohne die geistige Substanz der Universität zu vernichten und zugleich sich selbst verkümmern zu lassen. (…) In der Isolierung dieser Zwecke tritt ein Absterben der Geistigkeit ein.“[12]

Da sich Jaspers Begrifflichkeiten überwiegend auf philosophischer Grundlage aufbauen, bedarf es zunächst einer näheren Erklärung ihrer Verwendung.

3 Zur Person Karl Jaspers

Karl Jaspers wird als der „bedeutendste Vertreter der Existenzphilosophie in Deutschland“ bezeichnet[13]. Obwohl er sich erst in der zweiten Hälfte seines Lebens der Philosophie zuwand, machte er sich vor allem auf den traditionellen Feldern der Philosophie einen Namen[14]. Im Wiederaufgreifen von Kant beschäftigte sich Jaspers vor allem mit den Grundfragen nach Wissenschaft, Wahrheit, Kommunikation, Transzendenz und der Frage nach dem menschlichen Sein[15]. Seine Philosophie ist geprägt von ambivalenten Faktoren, die er im Begriff des Umgreifenden zusammenführt[16]. Den Begriff der Existenz versteht er eine nie abgeschlossene Entwicklung, die jeder Mensch „in existenzieller Kommunikation mit anderen Menschen“[17] schaffen muss, weshalb er auch von „möglicher Existenz“ spricht, in der Freiheit ein zentrales Moment bildet[18].

In seiner praktischen Philosophie – seiner Ethik - schlägt sich seine humanistische, liberale Erziehung nieder, die ihn bei der Machtergreifung Hitlers in Konflikt mit dem nationalsozialistischen System geraten lässt. Die Erfahrungen während der NS-Zeit regten ihn zu politischen Engagement beim demokratischen Neuaufbau Deutschlands, im Besonderen der westdeutschen Universitäten, an[19]. In diesem Zusammenhang griff er seine Schrift „Die Idee der Universität“ von 1923 wieder auf, als er in Heidelberg an die Universität zurückkehrte. Seiner Position zur Neuausrichtung der deutschen Universitäten gibt er in seinem Vortrag „Vom lebendigem Geist der Universität“[20] Ausdruck, in dem er den Verlust der „alten Idee“, der Einheit der Universität, bemängelt, die sich in Massenabfertigung, Verschulung und Niveausenkung durch Spezialisierung manifestiere und in Rückbesinnung auf die Humboldtzeit eine „konservative Revolution“ fordert[21].

4 Jaspers Vorstellung universitärer Bildung

Wissen zu wollen ist für Jaspers ein unabweisbarer Drang des Menschen, der an der Universität verwirklicht wird, da sie der Ort der Wissenschaft ist. Zwar ist Wahrheit mehr als wissenschaftliche Richtigkeit, doch durch gegenständliches Forschen ist eine Annäherung an das Umgreifende möglich, welches - an sich nicht erfassbar - die Quelle der Wahrheit darstellt[22]. Deshalb ist für Jaspers die Forschung, als Manifestation des ursprünglichen Wissenwollens, das erste Prinzip der Universität. Um Erkenntnisse erlangen zu können, fordert er unverdrossene Arbeit, die geleitet sein soll durch diszipliniertes Lernen, wachsende Ideen und ein intellektuelles Gewissen[23]. Zur Anregung geistiger Arbeit soll die Universität Inhalte bieten, da „der Erkennende überall des Stoffes in der empirischen Anschauung bedarf“[24]. Als ebenso notwenig wird die Wechselwirkung mit anderen denkenden Menschen beschrieben. Durch sie erfährt der Forscher die unmittelbare Gegenwart, die den schöpferischen Fortgang und die lebendigen Züge des Erkennens bewahren[25].

[...]


[1] Vgl. Jarausch, Konrad H. 1984. S. 138

[2] Vgl. Müller, Rainer A. 1990. S. 106

[3] Jaspers, Karl 1946 S. 5

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Zur Vertiefung der Bildungsreform von Wilhelm von Humboldt in: Engel, Johann J. 1990.

[7] Vgl. Jaspers, Karl 1946. S. 20

[8] Vgl. Jaspers, Karl 1946. S. 9-10

[9] Jaspers, Karl 1946. S. 10

[10] Vgl. Jaspers, Karl 1946. S. 11

[11] Ebd.

[12] Jasper, Karl 1946. S. 40

[13] Brugger, Walter 1976. S. 302

[14] Vgl. Brockhaus 2006. Bd. 13. S. 799

[15] Vgl. Jaspers, Karl 1945/46. S. 28-31

[16] Vgl. Brockhaus 2006. Bd. 13. S. 799

[17] Brugger, Walter (Hg.) 1976. Philosophisches Wörterbuch. Freiburg: Herder. S. 302

[18] Vgl. Brockhaus 2006. Bd. 8. S. 637

[19] Vgl. Gerlach, Hans-Martin 1974. S. 94-98

[20] Jaspers, Karl 1946a.

[21] Vgl. Jaspers, Karl 1946a. S. 227-232

[22] Vgl. Jaspers, Karl 1945/46. S. 38-39

[23] Vgl. Jaspers, Karl 1946. S. 40-41

[24] Vgl. Jaspers, Karl 1946. S. 42-43

[25] Jaspers, Karl 1946. S. 42-43

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Hochschule im Wandel?
Untertitel
Vergleich der Ansätze von Karl Jaspers und Peer Pasternack zu universitärer Bildung
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Universitäten im Umbruch
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
14
Katalognummer
V94438
ISBN (eBook)
9783640106332
Dateigröße
393 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bewertung des Dozenten in Teilnoten: Hypothese/These/Fragestellung 3 Methode 1 Stringenz der Argumentation 1 Angemessene Verarbeitung der Seminarliteratur 2 Angemessene Verarbeitung weiterer Fachliteratur 1 Äußere Form, Rechtschreibung/Grammatik 1,5
Schlagworte
Hochschule, Wandel, Universitäten, Umbruch
Arbeit zitieren
Janine Katzberg (Autor:in), 2006, Hochschule im Wandel?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94438

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