Leseprobe
Inhalt
1. Einleitung
2. Das „Revolving Door“ Prinzip in der Politikberatung
3. Die RAND Corporation
3.1. Organisation und Selbstverständnis der RAND Corporation
4. Umsetzung von Vorschlägen seitens RAND in konkrete Politik
5. Schluss
6. Literaturliste
7. Abstract / Zusammenfassung
Abstract
1. Einleitung
Deutsche Politikberatung unterscheidet sich grundlegend von ihrer Schwesterdisziplin in den Vereinigten Staaten. Trotz der bewussten Orientierung an US-amerikanischen Think Tanks haben es deutsche Politikberatungsinstitute, seien es staatliche oder aber auch private, (noch) nicht zu ähnlicher Perzeption gebracht. Die Unterschiede in der Praxis der Politikberatung hängen vor allem mit den unterschiedlichen politischen Systemen zusammen. Zudem kommt, anders als hierzulande, den Think Tanks die Aufgabe der Rekrutierung politischer Eliten zu. Dieser Umstand ermöglicht es sowohl Politikern als auch Wissenschaftlern, leichter als in Deutschland zwischen dem politischen und dem wissenschaftlichen Feld zu wechseln. Dieses Prinzip nennt sich „Revolving Door“ Prinzip, benannt nach dem englischen Begriff für „Drehtür“.
Es stellt sich die Frage, wie groß der Einfluss solcher Think Tanks auf die aktive Politik ist und ob dieser überhaupt erkennbar ist. Im Rahmen dieser Arbeit wird gezeigt, welche Möglichkeiten sich amerikanischen Think Tanks aufgrund dieser Methode bieten, auf die US-Politik Einfluss zu nehmen. Als Beispiel wird die „RAND Corporation“ (im Folgenden nur „RAND“) gewählt, da sie zu den bedeutendsten amerikanischen Think Tanks zählt. RAND verfügt nicht nur über das höchste Budget, sondern auch über den größten Forscher- und Mitarbeiterstab im Vergleich zu anderen Think Tanks. Hieraus resultiert für die vorliegende Arbeit die Frage: Gelingt es der RAND Corporation durch das Prinzip der „Revolving Door“ erkennbaren Einfluss auf die aktive Politik der USA auszuüben? Anhand eines Fallbeispiels soll die Möglichkeit der Einflussnahme im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik aufgezeigt werden. Zum einen deshalb, weil seit der Amtsübernahme George W. Bushs in diesem Bereich die wichtigsten Entscheidungen getroffen wurden, und zum anderen, weil RAND überwiegend in diesem Forschungsbereich tätig ist.
Da es relativ wenig Literatur über RAND, dagegen eine ganze Menge von RAND publiziertes Material gibt, war ich bei der Recherche oftmals auf Internetquellen angewiesen. Hierbei achtete ich darauf, die vor allem bei Internetquellen noch wichtigere kritische Distanz zu wahren.
2. Das „Revolving Door“ Prinzip in der Politikberatung
Mit diesem englischen Begriff der Drehtür wird die Rotation vieler Politiker und Wissenschaftler zwischen aktiver Politik und Wissenschaft bzw. Wirtschaft bezeichnet. Stärker als hierzulande wird diese Praktik in den USA verwirklicht. Gründe für dieses Phänomen gibt es verschiedene. Diese hängen vor allem mit den unterschiedlichen politischen Systemen zusammen. Zum einen unterscheidet sich schon der Ansatzpunkt politischer Beratung. Im politischen System der USA, das die strikte Gewaltenteilung in „checks and balances“ kennt, stellt vor allem der Kongress den erfolgversprechendsten Ansatzpunkt für Politikberatung dar. Anders als im deutschen Bundestag werden dort Entscheidungen nicht nach Parteidisziplin und Fraktionszugehörigkeit gefällt, sondern im harten Wettbewerb meist nicht weiter organisierter Einzelabgeordneter. Diese gilt es nun für die eigenen Ideen zu gewinnen. Der zweite und viel wichtigere Punkt ist jedoch der, dass den Parteien in den USA eine ganz andere Rolle zukommt als in den meisten europäischen Ländern. Während beispielsweise in Deutschland die Parteien fast ausschließlich das Personal der Landesparlamente und des Bundestags stellen, werden die US-Parteien meist als bloße „Wahlkampf- und Spendensammelorganisationen“ (Kreft 2002: 116) gesehen. Zwar bezeichnen sich wohl die wenigsten amerikanischen Abgeordneten als parteilos, dennoch ist der Wahlkampf meist auf die Person und ihre eigene Strategie und nicht auf ein übergeordnetes Parteiprogramm zugeschnitten. Folglich wird die Rolle der Rekrutierung politischer Eliten nicht von den Parteien abgedeckt. Diese Funktion übernehmen in den USA Think Tanks und NGOs. An diesem Punkt wird das „Revolving Door“ Prinzip deutlich. Denn oftmals dienen die Think Tanks „als Personalreservoir für Regierungspersonal und als `Zufluchtsorte´ für Regierungsangestellte, die aufgrund eines Regierungswechsels ihren Arbeitsplatz verloren haben.“ (Kreft 2002: 129). Die von den Think Tanks rekrutierten Eliten strömen nach einem Machtwechsel im Weißen Haus regelrecht an die politisch wichtigen Positionen. Denn anders als in Deutschlands Ministerialbürokratie setzt sich die Administration nicht nur aus auf Lebenszeit ernannten Berufsbeamten zusammen, sondern aus Angestellten, deren Arbeitsplätze an die Legislatur eines Präsidenten gebunden sind. Somit werden nach Machtwechseln 3000 bis 3500 Stellen in Kabinett, Strafverfolgungs- und anderen Behörden frei, die innerhalb kürzester Zeit neu besetzt werden müssen.
Dieses Personal, das aus den Think Tanks stammt, die der Regierungspartei besonders nahe stehen, hat dann die größten Chancen auf lukrative wichtige Regierungsposten. Somit nehmen die Denkfabriken schon früh Einfluss auf die Regierungen. Statt ausschließlich auf mühselige Lobby- und Überzeugungsarbeit angewiesen zu sein, bietet sich den Think Tanks die einfachere Möglichkeit, die neue Administration mit Personal auszustatten. Das Personal der scheidenden Regierung kommt in den meisten Fällen wiederum in anderen Think Tanks unter. Es kommt durchaus vor, dass in Fällen, in denen eine Regierung nur für eine Legislaturperiode an der Macht bleibt, Personal nur kurz in der freien Wirtschaft „überwintert“, um später unter einem anderen Präsidenten wieder einen Job in der Administration zu finden. Aufgrund dieser „hohe[n] Fluktuation [...] werden [Think Tanks] gelegentlich als `Exilregierung´ bezeichnet“ (Kreft 2002: 129).
3. Die RAND Corporation
Die Gründung des wohl bekanntesten amerikanischen Think Tanks geht auf die Zeit nach dem Ende des zweiten Weltkriegs zurück. Die Erfahrung der vorhergegangenen Jahre hatte gezeigt, dass die Bündelung der kompletten wissenschaftlichen Forschung zu Kriegszwecken den größten Technologiesprung aller Zeiten hervorbrachte. RAND als Teil der Douglas Aircraft Company sollte in dieser Tradition Forschung und Entwicklung einerseits mit Rüstung und militärischer Planung andererseits kombinieren. Der Name setzt sich folglich als Akronym aus den Worten „ R esearch an d D evelopment“ zusammen. 1945 als „Project RAND“, gegründet löste sich 1948 die Denkfabrik vom Mutterunternehmen und besteht seitdem als gemeinnützige Organisation.
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