Bin ich unsterblich?

Darstellung der sokratischen, christlichen, naturwissenschaftlichen und soziologischen Sichtweise


Seminararbeit, 2005

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Unsterblichkeit der Seele und Reinkarnation bei Platon
2.1 Sokrates Beweis für die Unsterblichkeit der Seele
2.2 Leibliche Reinkarnation nach Sokrates Darstellung

3 Das Christentum und die Unsterblichkeit

4 Naturwissenschaft: Seele oder nicht Seele
4.1 Der Naturglaube und seine Grundsätze
4.2 Die Quantenphysik und die Unsterblichkeit

5 Soziologische Sichtweise

6 Vergleich der Sichtweisen

7 Fazit

Literatur

1 Einleitung

Diese Arbeit im Rahmen des Seminars „Platon - Metaphysik der Erziehung“ soll die Unsterblichkeit der Seele und die Reinkarnation zum Inhalt haben. Beginnend mit der sokratischen Lehre werden verschiedene Sichtweisen und Erklärungs-ansätze dargestellt. Die zentrale Fragestellung hierbei wird die Erörterung der Frage sein, was mit dem materiellen Teil und dem immateriellen Teil unseres Körpers nach dem Tod geschieht, ob sich diese überhaupt trennen lassen und ob wir – in welcher Form auch immer – unsterblich sind. Als Tod wird in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt definiert, an dem der Körper eines Menschen nicht mehr lebt.

Zunächst werden hierfür die sokratischen Unsterblichkeitsbeweise der Seele und die Aussagen des Sokrates zur leiblichen Reinkarnation näher beleuchtet.

Im Anschluss daran werden, da sie bei großen Teilen der Weltbevölkerung nach wie vor eine sehr große Rolle spielen, die christlichen und biblischen Auffassungen zu diesen Themengebieten angeführt.

Desweiteren soll, aufgrund der Tatsache, dass sie in der heutigen Zeit unverzichtbar und nicht mehr weg zu denken ist, die naturwissenschaftliche Darstellungsweise, die eine Art Glaube an die zwingend erforderliche Nachweisbarkeit als einziges mögliches Beweismittel für die Existenz von Sachverhalten verkörpert, vorgestellt werden. In diesem Punkt wird auch auf die Quantenphysik eingegangen, die in den Naturwissenschaften eine Sonderrolle einnimmt.

Als letzter Punkt in dieser Arbeit findet eine Ansicht Berücksichtigung, die nahezu so alt ist, wie die Menschheit selbst. Man könnte sie als Unsterblichkeit durch Unvergessenheit bezeichnen. Hierbei wird auch der Frage nachgegangen inwieweit der individuelle Wunsch nach Unsterblichkeit zu selbiger beitragen kann. Diese Sichtweise der Unsterblichkeit wird im Allgemeinen von Soziologen untersucht, weshalb sie in dieser Arbeit auch soziologische Sichtweise genannt wird.

Abschließend werden die Sichtweisen miteinander verglichen und mögliche Übereinstimmungen bzw. Unterschiede zusammenfassend dargestellt.

Durch die Tatsache bedingt, dass Begriffe wie Seele und Geist nicht gänzlich einheitlich gebraucht wurden und werden, ergaben sich bei der Bearbeitung einige Schwierigkeiten, aufgrund derer ich zu dem Entschluss gekommen bin Geist und Seele als die immateriellen Teile des Menschen zu betrachten.

2 Unsterblichkeit der Seele und Reinkarnation bei Platon

Das Werk in dem Platon viel über die Unsterblichkeit der Seele schreibt ist Phaidon. Das Buch beschreibt die letzten Stunden des Sokrates vor seinem Tode durch den Schierlingsbecher. Er führt ein letztes Gespräch mit seinen Schülern und dabei geht es auch um die Unsterblichkeit der Seele und Reinkarnation.

2.1 Sokrates Beweis für die Unsterblichkeit der Seele

Wie für die meisten Beweise des Sokrates werden auch für den Nachweis der Unsterblichkeit der Seele Kausalketten benutzt, dass bedeutet eine Reihe von Argumenten werden angeführt, die von einander abhängig sind. Formal betrachtet stellt der Text einen Frage-Antwort-Dialog zwischen dem Sokrates auf der einen und den Schülern Kebes und Simmias auf der anderen Seite dar. Diese Form bietet die Möglichkeit eine aufgestellte Behauptung sogleich bestätigen zu können. Um die Übersichtlichkeit zu wahren, werden bloße Bestätigungen der Schüler im Folgenden nicht jedesmal erwähnt. Eine Frage mit einer positiven Antwort wird als ein Glied der Kausalkette betrachtet.

Um zu verstehen, wie Sokrates zu seinen Überzeugungen kommt, ist es wichtig zu wissen, dass er Seele und Körper nicht als Einheit betrachtet. Er geht davon aus, dass sich die Seele nach Tode vom Körper trennt und im Idealfall, d.h. bei einem Leben als Philisoph, auch nicht wieder in einen Körper hinein kommt. Die Seele ist für Sokrates im Gegensatz zum Körper unsterblich, seinen Beweis dafür gilt es nun darzustellen.

Den Beweis leitet Sokrates von einer alten Sage ab. Dieser zufolge gelangen die Seelen der Toten „dorthin“ (in den Hades) und kehren von dort zurück.

[70c3: „Eine alte Rede gibt es nun freilich, die, deren wir erwähnt haben, daß, wie sie von hier dorthin gekommen sind, sie auch wieder hierher zurückkehren und wiedergeboren werden aus den Toten.“]

Daraus folgt, dass die Seelen dort in irgendeiner Form sein müssen. Denn wenn sie nicht wären, könnten sie ja nicht wiederkommen.

[70d1: „Denn sie könnten nicht wiedergeboren werden, wenn sie nicht wären.“]

Nun gilt es zu beweisen, dass Lebende wirklich von den Toten herkommen und nicht irgendwo anders her.

Zu diesem Zwecke bedient sich Sokrates Beispielen aus der alltäglichen Beobachtung. Er stellt die These auf, dass alles, was eine Entstehung hat, aus seinem Gegenteil entsteht, sofern dieses überhaupt ein Gegenteil hat.

[70d6 & 70e1: „Betrachte es nun […] an allem, was eine Entstehung hat, laß uns zusehen, ob etwa alles so entsteht, nirgend anders her als aus seinem Gegenteil, was nur ein solches hat,[…].“]

Nachfolgend werden mehrere Beispiele herangezogen, bei denen es sich so verhält. So muss etwas Größeres notwendigerweise aus einem vorher Kleinerem hervorgehen und umgekehrt.

[70e9: „So wie, wenn etwas größer wird, muß es doch notwendig aus irgend vorher kleiner Gewesenem hernach größer werden? - Ja. - Nicht auch wenn es hernach kleiner wird, wird es aus vorher Größerem hernach kleiner? - So ist es, sagte er.“].

Genauso verhält es sich mit einem Stärkeren, welches aus einem Schwächeren und einem Langsamen, welches aus einem Schnelleren heraus entstehen muss. In dieser Reihe fügen sich auch die Entstehungen eines Schlechteren aus einem Besseren, sowie Gerechtes aus Ungerechtem an. Diese Tatsachen erscheinen dem Sokrates als ausreichend für den Beweis, dass Dinge notwendigerweise immer aus ihrem Gegenteil entstehen.

Im nächsten Schritt wird dargestellt, dass zwischen den beiden jeweiligen Gegenteilen immer Phasen des Werdens sind. So gibt es zwischen dem Großsein und dem Kleinsein Wachstum, bzw. Abnahme .

[71a8 / 71b2: „Gibt es nicht […] zwischen jeglichem Entgegengesetzten […] ein zwiefaches Werden […]? Wie zwischen dem Größeren und Kleineren Wachstum und Abnahme ist[…].“ ]

Weitere Paare von Werde-Phasen werden nun aufgezählt, darunter aussondern und vermischen, abkühlen und erwärmen. Nimmt man nun die beiden Zustände und die beiden dazugehörigen Werde-Phasen, dann könnte man es als Kreislauf bezeichnen. Auf diesen Zusammenhang werde ich im Verlauf noch einmal eingehen.

Aus den erwähnten Sachverhalten folgert Sokrates nun, dass immer zwei Gegenteile auseinander entstehen und dass zwischen diesen auch immer zwei Phasen des Werdens liegen, welche sich auch gegensätzlich verhalten. Er gibt jedoch zu bedenken, dass nicht immer Bezeichnungen dafür vorhanden sind.

[71b5: „[…] wenn wir auch bisweilen die Worte dazu nicht haben, muß sich doch der Sache nach überall so verhalten, daß eines aus dem anderen entsteht und daß es ein Werden von jedem zu dem anderen gibt.“]

Es folgt nun die Übertragung dieser Zusammenhänge auf das Leben und das Totsein. So wird als erstes festgestellt, dass das Leben das Gegenteil vom Totsein ist.

[71c1: „Wie nun, fuhr er fort, ist dem Leben auch etwa entgegengesetzt […]? - Gewiß, sagte er. - Und was? - Das Totsein, sagte er.“]

Weiter wird deutlich gemacht, dass das Tote tatsächlich aus dem Lebenden entsteht.

[71d3: „Aus dem Lebenden also, was entsteht? - Das Tote, sprach er.“ ]

Folglich muss das Lebende aus dem Toten entstehen.

[71d5: „Aus dem Gestorbenen also […] entsteht das Lebende […]? - So zeigt es sich, sprach er.“]

Um diesen Kreislauf jedoch zu gewährleisten müssen die Seelen der Toten irgendwo sein, denn sonst könnten sie ja nicht wieder lebend werden.

[71d9: „Also sind, sprach er unsere Seelen in der Unterwelt. - So scheint es.“]

Die Phasen, welche sich zwischen dem Leben und dem Totsein befinden, werden nachgewiesen durch die Tatsache, dass das Sterben deutlich sichtbar existiert und der Regel entsprechend sich ein entgegengesetztes Werden finden lassen muss.

[71e2: „[…] von dem Werden, was hierzu gehört, ist das […] Sterben […] doch deutlich genug, oder nicht? - Freilich, sagte er.“]. Dieses wird als Aufleben bezeichnet [71e9: „Oder müssen wir nicht notwendig auch ein dem Sterben entgegengesetztes Werden annehmen? - Auf alle Weise, sagte er. - Und was für eines? - Das Aufleben.“]

Zusammenfassend werden die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal rekapituliert. Als am wichtigsten wird dabei die Tatsache betrachtet, dass die Seelen der Toten irgendwo sein müssen, denn wenn dies nicht so wäre, dann könnten sie auch nicht wieder aufleben.

Um die Theorie der Kreisläufe von Zuständen, welche über Werde-Phasen miteinander verbunden sind, zu untermauern führt Sokrates nun aus, dass, wenn es sich nicht so verhalten würde, dass alles im Kreislauf ist, alle Dinge irgendwann sich nur noch in einem Zustand befinden würden. Gäbe es zwar ein Einschlafen, aber kein Aufwachen aus dem Schlaf, so müsste gezwungenermaßen alles irgendwann schlafen.

[72c1: „[…] wenn das Einschlafen zwar wäre, ein Aufwachen aber entspräche ihm nicht, […] [wäre] Endymion […] nur eine Posse und nicht Besonderes, weil es auch allem anderen so erginge, daß es schliefe […].“ ]

So würde es sich auch mit dem Tod und dem Leben verhalten. Wäre dies nämlich kein Kreislauf, d.h. würde nach dem Tod nicht wieder Leben folgen, sondern wäre dies ein einmalig ablaufender Prozess, dann wäre irgendwann alles tot und folglich würde nichts mehr existieren.

[72c4: „würde […], wenn alles zwar stürbe, was am Leben Anteil hat, nachdem es aber gestorben wäre, das Tote immer in dieser Gestalt bliebe und nicht wieder auflebte, ganz notwendig zuletzt alles tot sein und nichts leben?“]

Zum weiteren Beweis der Präexistenz der Seele wird nun die Lehre von der Wiedererinnerung herangezogen. Diese besagt, dass Lernen nur ein Wiedererinnern an schon vorher Wahrgenommenes ist.

Sokrates verweist zuerst darauf, dass wir Dinge, die wir wahrnehmen, mit ähnlichen Dingen aus unserer Erinnerung assoziieren.

[73d3: „sie erkennen die Leier, und in ihrer Seele nehmen sie zugleich auf das Bild des Knaben, dem die Leier gehört.“]

Sokrates stellt fest, dass auch durch das Erblicken von unähnlichen Dingen Erinnerungen hervorgerufen werden.

[74a2: „in allen Fällen entsteht uns Erinnerung, das eine Mal aus ähnlichen Dingen, da andere Mal aus unähnlichen.“]

Sokrates zeigt uns, dass es uns möglich ist zu erkennen wie ähnlich ein Ding dem anderen ist.

[74a4: „Aber wenn nun einer bei änlichen Dingen sich etwas erinnert, muß ihm nicht auch das noch dazu begegnen, daß er innewird, ob diese etwas zurückbleiben in der Ähnlichkeit oder nicht hinter dem, dessen er sich erinnert?“]

Im Anschluss folgt ein wichtiger Schritt. Es wird uns gezeigt, dass wir nur etwas ähnlich nennen können, wenn wir wissen, was gleich zu sein bedeutet.

[74a7: „Wir nennen doch etwas gleich? ich meine nicht ein Holz dem andern […], sondern […], das gleiche selbst, sagen wir, daß das etwas ist oder nichts?“]

Gleiche Dinge können uns ab und zu als nicht gleich erscheinen, nur die Gleichheit selber nicht.

[74b4 bis 74c1: „Erscheinen dir nicht gleiche Steine oder Hölzer, ganz dieselben bleibend, bisweilen als gleich und dann wieder nicht? […] etwa auch die Gleichheit als Ungleichheit? Nimmermehr wohl, Sokrates.“]

Damit wir nun beim allerersten Mal, wenn wir gleiche Dinge mit unseren Sinnen wahrnehmen, erkennen können, dass sie gleich sind, müssen wir schon vorher erfahren haben, was Gleichheit ist.

[75a1 bis 75b2: „Notwendig also kennen wir das Gleiche schon vor jener Zeit, als wir zuerst gleiches erblickend bemerkten.“ & „Ehe wir also anfingen zu sehen oder zu hören […], mußten wir schon irgendwoher die Erkenntnis bekommen haben des eigentlich Gleichen, was es ist.“]

Sokrates macht deutlich, dass wir jedoch unsere Sinne von Geburt an gebrauchen, was heißt, dass wir schon vorher erfahren haben müssen, was Gleichheit bedeutet.

[75b6: „Nun aber haben wir doch gleich von unserer Geburt an gesehen, gehört und die anderen Sinne gebraucht?“ & 75b7: „Und wir mußten, sagen wir, schon ehe dieses geschah, die Erkenntnis des Gleichen bekommen haben?“]

Dies bedeutet, dass wir schon vor der Geburt etwas bekommen haben müssen. In Folgenden verallgemeinert Sokrates nun von der Gleichheit auf andere Erkenntnisse, wie etwa das Größere und das Kleinere. Er sagt aus, dass wir alle Erkenntnisse dieser Art vor der Geburt erhalten haben müssen.

[75c3: „so erkannten wir auch schon ehe wir wurden und sobald wir da waren nicht das Gleiche nur und das Größere und Kleinere, sondern alles dieser Art insgesamt.“]

Sokrates bringt wissen und die vor der Geburt erhaltenen Erkenntnisse in Zusammenhang.

[75d4: „Denn das heißt ja wissen, eine empfangene Erkenntnis besitzen und nicht verloren haben? oder heißt das nicht vergessen, o Simmias, Verlust einer Erkenntnis? – Auf alle Weise […].“]

Weiter legt er nun das „lernen“ als das „Wiederaufnehmen einer uns schon angehörigen Erkenntnis“, die wir zwar „bei der Geburt verloren haben, hernach aber beim Gebrauch unserer Sinne […] wiederaufnahmen“ fest [75e1]. Statt lernen nennt er dieses nun wiedererinnern. Zusammenfassend werden nun zwei Möglichkeiten aufgezeigt. Entweder sind wir „wissend geboren worden, und wissen es unser Leben lang alle, oder die, von denen wir sagen daß sie hernach erst lernen, erinnern sich dessen nur, und das Lernen ist eine Erinnerung [76a19].“

Von diesen beiden Möglichkeiten wird nun die eine ausgeschlossen. Denn sollten wir wissend geboren worden sein, so müsste es möglich sein, dieses Wissen, bzw. diese Kenntnisse auch weiter zugeben oder es wenigstens zum Ausdruck zu bringen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Bin ich unsterblich?
Untertitel
Darstellung der sokratischen, christlichen, naturwissenschaftlichen und soziologischen Sichtweise
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
28
Katalognummer
V94513
ISBN (eBook)
9783640103461
Dateigröße
598 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Darstellung, Sichtweise
Arbeit zitieren
Henning Mertens (Autor:in), 2005, Bin ich unsterblich?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94513

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