Neuer Wandel der Familienverläufe und Lebensformen

Entwicklung der Heirats- und Geburtenneigung


Referat (Ausarbeitung), 2008

23 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1. Problemexposition

2. Definition – Die moderne Kleinfamilie

3. Lebensformen
3.1 Die „neuen privaten Lebensformen“
3.1.1 Nichteheliche Lebensgemeinschaften
3.1.2 Kinderlosigkeit und kinderlose Ehen
3.1.3 Alleinerziehende Eltern – Ein-Eltern-Familien
3.1.4 Alleinlebende und „Singles“
3.1.5 Lebensformen im europäischen Vergleich

4. Familie und Ehe im Wandel
4.1 Tendenzen zur Eheschließung
4.1.1 Heiratsalter
4.1.2 Endgültige Heiratsneigung
4.1.3 Anteil der Geschiedenen
4.2 Geburtenentwicklung
4.2.1 Erstgeburtsalter
4.2.2 Die zusammengefasste Geburten- und Fertilitätsziffer
4.2.3 Entwicklung der endgültigen Kinderzahl
4.2.4 Nichteheliche Geburten
4.2.3 Mythos Ein-Kind-Familie

5. Fazit

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

1. Problemexposition

Die dieser Ausarbeitung zugrunde liegende Fragestellung ist die, ob die Institution Ehe in den letzten Jahrzehnten in Europa einen auffälligen Bedeutungsverlust erlitten hat, oder ob andere, als modern bezeichnete Lebensformen lediglich als Ausnahmeerscheinungen und bestenfalls als Ergänzung zur traditionellen Ehe zu sehen sind.

Durch empirische Daten lässt sich belegen, dass sich seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts die Einstellung zur Ehe und zur Familiengründung gewandelt hat. Dies ist kein Prozess, der sich auf Deutschland beschränkt. Vielmehr ist es ein Phänomen, das in unterschiedlich starker Ausprägung in allen europäischen Industriestaaten zu beobachten ist.

Die folgende Ausarbeitung ist wie folgt strukturiert und gegliedert: Nach der Erläuterung der grundlegenden Definitionen, werden die Wichtigsten der so genannten Neuen Lebensformen vorgestellt. Im Anschluss daran wird der Wandel der Familie – insbesondere die Heiratsneigung und die diachrone Entwicklung der Geburtenziffern – mit Hilfe unterschiedlicher empirischer Daten dargestellt und analysiert. Das Fazit fasst abschließend die gewonnenen Erkenntnisse zusammen, und versucht die zu Anfang gestellte Frage zu einem möglichen Bedeutungsverlust der Institution Ehe zu klären.

2. Definition – Die moderne Kleinfamilie

Zum Verständnis der folgenden Ausführungen ist es erforderlich erst einmal den Begriff Familie zu klären, und zu hinterfragen, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Eine einführende, allgemeine und aussagekräftige Definition der Familie stammt von Rosemarie Nave-Herz.

Im weitesten Sinne ist die Familie eine nach Geschlecht und Generation differenzierte Kleingruppe mit einem spezifischen Kooperations- und wechselseitigen Solidaritätsverhältnis, dessen Begründung in allen Gesellschaften zeremoniell begangen wird. Aufgabe der Familie ist es unter anderem, Schutz zu gewähren und das Sexualverhalten ihrer Mitglieder zu regulieren.“ (Nave-Herz, 1989, S. 193)[1]

Dieser allgemeinen Definition fehlt jedoch der exakte Bezug zur typischen Gesellschaftsform in den europäischen Industriegesellschaften. Aus diesem Grund ist es erforderlich, die gängigste Lebensform, die moderne Kleinfamilie näher zu definieren.

„Unter der modernen Kleinfamilie wird die auf der Ehe gegründete Gemeinschaft der Eltern mit ihren Kindern verstanden.“ (Meyer, 2006, S. 331)[2]

Ein zentrales Merkmal dieses Familientypus ist die Bedeutungszunahme von Emotionalität, Liebe und affektiver Solidarität. Die Familie wird zu einem „Bollwerk“ der Privatheit in einer strukturell andersartig verfassten Öffentlichkeit und dient der Befriedigung von Sicherheit und Geborgenheit. Weitere Primärfunktionen sind die biologische und soziale Reproduktion, die Sozialisation durch die Vermittlung von Werten und Normen sowie ihre Platzierungsfunktion, die der Vermittlung gesellschaftlicher Positionen dient. Damit ist die Familie weniger eine Einheit aus Vater, Mutter und Kindern, sondern vielmehr eine Kopplung von Partnerschaft (Ehe) und Elternschaft.[3]

3. Lebensformen

Um der Differenzierung privater Lebensformen Rechnung zu tragen, reicht es nicht mehr aus, die Normalfamilie als typische Organisationsform der Industriegesellschaften anzusehen wie dies beispielsweise noch von Talcott Parsons praktiziert wurde. Unter Lebensformen sind „relativ stabile Beziehungsmuster“ zu verstehen, die sich in verschiedene Formen des Zusammen- und des Alleinlebens ausdifferenzieren. Diese nehmen einen stetig wachsenden Stellenwert in den Gesellschaften Europas ein. Die Familie ist demnach dem Oberbegriff Gesellschaft unterzuordnen.[4]

3.1 Die „neuen privaten Lebensformen“

Im Folgenden werden vier typische Vertreter der neuen privaten Lebensformen dargestellt und analysiert. Neben nichtehelichen Lebensgemeinschaften (NELG), kinderlosen Ehen sowie dem Phänomen der Kinderlosigkeit und dem alleinerziehender Eltern finden auch Einpersonenhaushalte Beachtung. Lebensformen, die lediglich einen marginalen Bestandteil der Privatheit in der Gesellschaft darstellen, wie zum Beispiel homosexuelle Partnerschaften, Wohngemeinschaften und Partnerschaften in unterschiedlichen Haushalten, werden aus der Darstellung ausgeklammert.[5]

3.1.1 Nichteheliche Lebensgemeinschaften

Eine etablierte und mittlerweile gesellschaftlich durchaus anerkannte Lebensform ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Da die traditionelle Ehe an Dominanz verloren hat, erfreuen sich nichteheliche Lebensgemeinschaften einer großen Beliebtheit. Sie werden häufig als Ehe auf Probe angesehen, da sie ein Zusammenleben ermöglichen, ohne einen zwangsläufigen Übergang in die Ehe darzustellen, wie vormals die Verlobung, die ebenfalls stark an Bedeutung eingebüßt hat.[6]

Die Schlussfolgerung, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft eine generelle Distanzierung vom Modell der Ehe darstellt, ist jedoch nicht tragbar. Vielmehr bedeutet sie eine Vorstufe die gewählt wird, um zum Beispiel die Option einer reibungslosen Trennung zu bewahren. Vor allem nach gescheiterten Partnerschaften und bei gehobenen Bildungsschichten ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft eine bevorzugte Lebensform, da sich die Partner auf diese Weise erweiterte Handlungsspielräume offen halten können.[7]

3.1.2 Kinderlosigkeit und kinderlose Ehen

Kinderlosigkeit ist ein weit verbreitetes Phänomen in den westlichen Industriegesellschaften und speziell in der Bundesrepublik sowie dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik.[8]

Auffällig ist, dass der Anteil der zeitlebens kinderlosen Frauen in den letzten Jahren drastisch angestiegen ist. So bleiben rund ein Viertel der Frauen des Geburtenjahrgangs 1966 kinderlos. Diese Zahl erhöht sich bei den Akademikerinnen auf 45%. Diese Zahlen werden durch den Trend zur späteren Heirat einen leichten Abwärtstrend erfahren, da die Frauen des entsprechenden Jahrganges noch im gebärfähigen Alter sind. Kinderlosigkeit ist ein weit verbreitetes gesellschaftliches Phänomen, das eine breite soziale Akzeptanz erfahren hat. Galten als Ursache der Kinderlosigkeit früher medizinische Indikatoren, die nicht selten bei der Frau gesucht wurden, sind es nun ökonomische und soziale Faktoren, die Menschen dazu bringen, kinderlos zu bleiben.[9]

Ähnlich sieht dies bei der Kinderlosigkeit innerhalb der Ehe aus. Es gibt nicht viele Paare, die sich konsequent gegen ein Kind entscheiden. Lediglich 15% der in den 80er Jahren geschlossenen Ehen sind bisher kinderlos geblieben. Anstatt des vermuteten Verzichts auf Kinder handelt es sich vielmehr um eine temporäre Verschiebung der Familienbildung. In höheren Bildungsschichten bedeutet Kinderlosigkeit meist der vorübergehende (selten vollständige) Verzicht auf Kinder, zugunsten von Karriere, Weiterbildung und Beruf. Hinzu kommt, dass Kinder einen enormen ökonomischen Belastungsfaktor darstellen.[10]

An der Tatsache, dass Ehe und Kinder heute mehr denn je zur individuellen Disposition stehen und Partnerschaft sich von der Elternschaft löst, ist ein Durchbruch des familiären Normalzyklus zu verzeichnen.[11]

3.1.3 Alleinerziehende Eltern – Ein-Eltern-Familien

Das Vorhandensein einer Ein-Eltern-Familie, sprich einer alleinerziehenden Mutter oder eines alleinerziehenden Vaters, bedeutete vor einigen Jahren meist noch, dass ein Partner verstorben war und sich diese Lebensform durch Verwittwung ergeben hat. Heute, da die Scheidung eine legitime Möglichkeit ist, eine Ehe zu beenden, ohne dadurch eine gesellschaftliche Ächtung zu erfahren, hat sich dies geändert.[12]

In einer Ein-Eltern-Familie ist die Beziehung zwischen den Partnern gelöst, sei es durch Scheidung oder durch den Tod eines Beziehungsparts. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass auch die Beziehung zwischen den Eltern und dem Kind abbricht. Im Falle einer Scheidung ist es höchst selten, dass der Kontakt zwischen einem Elternteil und dem Kind (den Kindern) endet. In den letzten Jahren ist die Anzahl der alleinerziehenden Eltern stark angestiegen. Waren es 1970 im Bundesgebiet noch 660.000 Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern erhöhte sich ihre Zahl bis 2000 auf 1,4 Mio. Hierbei handelt es sich zu einem Großteil um Mutterfamilien. Es waren nur 16% Vaterfamilien zu verzeichnen.[13]

Zu beachten ist, dass bei der Lebensform der alleinerziehenden Eltern nicht der Trugschluss aufkommen darf, dass allein erziehend gleichzusetzen ist mit allein stehend. Vielmehr ergibt sich aus dem Getrenntsein eine Vielfalt privater Lebensformen.[14]

[...]


[1] Nave-Herz, „Familiensoziologie“, IN: Endruweit/Trommsdorf (Hrsg.): „Wörterbuch der Soziologie“, Bd.1 Stuttgart, 1989, S. 193

[2] Meyer, „Private Lebensformen im Wandel“, IN: Geißler, R., „Die Sozialstruktur Deutschlands – Zur gesellschaftlichen Entwicklung mit einer Bilanz zur Vereinigung“, Wiesbaden, 2006, S. 331

[3] Vgl. Meyer, 2006, S. 331

[4] Vgl. a.a.O., S. 331f.

[5] Vgl. a.a.O., S. 340 / Vgl. Huinink/Komietzka, „Familinsoziologie – Eine Einführung“, Frankfurt/New York, 2007, S. 91

[6] Vgl. Huinink/Komietzka, 2007, S. 89f. / Vgl. Nave-Herz, „Ehe- und Familiensoziologie“, München, 2004, S. 58f

[7] Vgl. Huinink/Komietzka, 2007, S. 90f. / Vgl. Meyer, 2006, S. 340f

[8] Vgl. a.a.O., S. 342

[9] Vgl. a.a.O., S. 342f.

[10] Vgl. a.a.O., S. 343

[11] Vgl. a.a.O., S. 343

[12] Vgl. a.a.O., S. 344

[13] Vgl. Nave-Herz, „Familie heute“, Darmstadt 2002, S. 94f.

[14] Vgl. Meyer, 2006, S. 344

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Neuer Wandel der Familienverläufe und Lebensformen
Untertitel
Entwicklung der Heirats- und Geburtenneigung
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,9
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V94531
ISBN (eBook)
9783640103553
Dateigröße
751 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neuer, Wandel, Familienverläufe, Lebensformen
Arbeit zitieren
Tobias Meints (Autor:in), 2008, Neuer Wandel der Familienverläufe und Lebensformen , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94531

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