Erst im Jahr 2005 gedachte man wieder des 50. Jahrestages der endgültigen Unabhängigkeit Österreichs. Im Jahre 1955 ging die 10jährige Besatzungszeit der Befreier Österreichs zu Ende. Befreit werden musste Österreich von der Herrschaft des Nationalsozialismus, welcher sich seit Anfang der 1930er Jahre in Deutschland und Österreich ausbreitete und dem nach und nach europäische Länder zum Opfer fielen bis schließlich 1939 der zweite Weltkrieg die Folge einer Expansions- und Vernichtungspolitik war. Viel wurde und wird diskutiert über die Gründe, warum die Bevölkerung den politischen Führern folgte und diese Ideologie entweder nicht durchschaute oder gar mittrug. Zwei Szenarien sind denkbar: Entweder musste die Angst vor Sanktionierung derart groß gewesen sein, dass man sich nicht auffällig verhal-ten oder gar etwas am System kritisieren wollte. Oder, man erhoffte sich Vorteile durch das neue aufkommende Gesellschaftssystem, mit dem ja auch ein neues Wirtschaftssystem einherkam. Und die schlechte Wirtschaftslage gegen Ende der 1920er Jahre wird, neben den politischen Konsequenzen für Europa nach dem ersten Weltkrieg, als eine der Hauptursachen für die Entwicklungen der 1930er Jahre in Deutschland (und auch Österreich sowie anderen Ländern, die in unterschiedlich stark ausgeprägten Formen des Faschismus ihr Heil suchten) angesehen.
So gab es lt. Karner (2005, S. 193-195) in weiten Teilen des Landes einen massiven Anstieg der Arbeitslosenquote. Es kam regelrecht zu einer Verarmung von ganzen Bevölkerungstei-len. Man sprach gar von einer Bettlerplage. Zudem kam es auch zu einer Vergrößerung des Unterschiedes zwischen Arm und Reich. So war es nicht verwunderlich, dass die neue Politik des NS-Regimes verlockend für einen großen Teil der Bevölkerung war. Dies sollte sich mit Erkenntnissen der RC-Theorie, der Soziobiologie und der Systemtheorie decken: Das vorrangige Ziel ist das Überleben (der Gene, des Systems oder wie immer man das untersuchte Subjekt auch bezeichnen mag). Nach Abraham Maslow stehen zum Überleben notwendige Grundbedürfnisse (Essen, Kleidung, Wohnmöglichkeit, usw. – also in modernen Gesellschaft vor allem Geld, welches meist durch Arbeit verdient wird) an erster Stelle, erst wenn diese befriedigt sind, macht sich das Individuum Gedanken um soziale Kontakte, persönliche Entfaltung, Moral, usw.
Inhaltsverzeichnis
- Teil 1-Literatur als Soziologie?
- Einleitung
- Der Roman
- Analyse ausgewählter Textpassagen
- Schlussfolgerungen
- Teil 2 - Ein Analyseversuch mit Hilfe der Grounded Theory
- Einleitung und Problemstellung.
- Über Buch und Autor
- Offenes Kodieren
- Die Methode
- Anwendung am Buch
- Benennen der Kategorien
- Eigenschaften und Dimensionen der Phänomene
- Axiales Kodieren
- Die Methode
- Anwendung am Buch
- Interpretation der Ergebnisse
- Schlussfolgerungen und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Forschungsarbeit untersucht die Ursachen für das Erstarken des Nationalsozialismus am Beispiel eines jungen Mannes, dargestellt im Roman "Ein Kind unserer Zeit" von Ödön von Horvath. Ziel ist es, durch eine literatursoziologische Analyse ausgewählter Textpassagen mit Hilfe der Grounded Theory ein besseres Verständnis für die psychischen und sozialen Faktoren zu gewinnen, die die Akzeptanz und Unterstützung des NS-Regimes in der Bevölkerung begünstigten.
- Die Rolle des Nationalismus und die Präsenz deutschnationaler Grundtendenzen in der Gesellschaft
- Die Auswirkungen der wirtschaftlichen und sozialen Krisen der Zeit auf die Stimmung und das Verhalten der Bevölkerung
- Die Rolle von Identifikationsfiguren und Führungspersönlichkeiten
- Die Einflussnahme von Propaganda und Medien
- Die individuellen Erfahrungen und die psychologischen Mechanismen, die zur Akzeptanz und Unterstützung des NS-Regimes führten
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und inwiefern Literatur als Quelle für soziologische Analysen dienen kann. Der Roman "Ein Kind unserer Zeit" wird als Beispiel herangezogen, um die psychischen und sozialen Prozesse aufzuzeigen, die einen jungen Mann dazu brachten, sich dem NS-Regime bereitwillig zu unterwerfen. Die Analyse des Romans erfolgt im Kontext historischer und soziologischer Erkenntnisse, die den Aufstieg des Nationalsozialismus beleuchten.
Der zweite Teil der Arbeit setzt die Analyse mit Hilfe der Grounded Theory fort. Die Methode wird vorgestellt und ihre Anwendung am Roman "Ein Kind unserer Zeit" erläutert. Die Analyse fokussiert auf die Herausarbeitung von Kategorien, Eigenschaften und Dimensionen der Phänomene, die im Roman dargestellt werden.
Schlüsselwörter
Nationalsozialismus, Literatursoziologie, Grounded Theory, "Ein Kind unserer Zeit", Ödön von Horvath, Identifikationsfiguren, Propaganda, wirtschaftliche und soziale Krisen, psychische und soziale Prozesse, Akzeptanz und Unterstützung des NS-Regimes.
- Quote paper
- Bakk. Bakk. Mag. Manfred Hammerl (Author), 2006, Das Erstarken des Nationalsozialismus am Beispiel eines Kindes seiner Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94629