Elektro-Offensive und Online-Direktvertrieb in der Automobilbranche. Die Zukunft des stationären Autohauses


Bachelorarbeit, 2020

109 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ausgangslage und Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Methodik
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Bestandsaufnahme: Der Automobilhandel
2.1 Überblick und finanzielle Situation
2.2 Five-Forces-Analyse nach Porter
2.2.1 Verhandlungsmacht der Lieferanten
2.2.2 Verhandlungsmacht der Kunden
2.2.3 Bedrohung durch neue Wettbewerber
2.2.4 Bedrohung durch Substitutionsprodukte- und Services
2.2.5 Wettbewerbsintensität in der Branche
2.3 Elektromobilität: Fluch oder Segen?
2.3.1 Status Quo und Prognose
2.3.2 Potenziale und Problemfelder
2.3.3 Herausforderungen für die Automobilhändler

3. Vertriebssysteme in der Automobilwirtschaft
3.1 Begriffsverortung und -definition
3.2 Vertriebsstrukturen und Gestaltungsmöglichkeiten
3.3 Indirekter Vertrieb
3.3.1 Das Vertragshändlersystem
3.3.1.1 Aufbauorganisation
3.3.1.2 Franchising vs. Vertragshändlersysteme
3.4 Direkter Vertrieb
3.5 Mischformen
3.6 Einflussfaktoren und Trends
3.7 Händlerkonzentration und -konsolidierung

4. E-Commerce in der Automobilbranche
4.1 Merkmale und Stellenwert des E-Commerce
4.2 Einordnung des Automobils in die Internetökonomie
4.2.1 Kaufbereitschaft und Kundenbedürfnisse
4.2.2 Vom Single- zum Omni-Channel-Retailing
4.2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen
4.3 Internetbasierte Vertriebsmodelle
4.3.1 Additives Online-Vertriebsmodell durch OEM
4.3.1.1 Additives Online-Vertriebsmodell am Beispiel von Mercedes-Benz
4.3.2 Substitutives Online-Vertriebsmodell durch OEM
4.3.2.1 Substitutives Online-Vertriebsmodell am Beispiel von Tesla
4.3.3 Online-Vertrieb durch Händler
4.3.4 Online-Vertrieb durch Intermediäre
4.3.5 Online-Vertrieb durch branchenfremde Akteure
4.4 Customer Journey beim Fahrzeugkauf
4.4.1 Traditioneller Kaufentscheidungsprozess
4.4.2 Digitaler Kaufentscheidungsprozess
4.4.3 Bewertung

5. Konsequenzen und Handlungsmaßnahmen
5.1 Bewertung der vom OEM initiierten Online-Vertriebsmodelle
5.1.1 Substitutives Online-Vertriebsmodell
5.1.2 Additives Online-Vertriebsmodell
5.2 Auswirkungen und Handlungsfelder
5.2.1 Neue Organisations- und Standortstrukturen
5.2.2 Neue Mitarbeiterstrukturen
5.2.3 Digitale Gestaltungsoptionen der Autohäuser

6. Schlussteil
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
6.2 Fazit

Anhangsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das traditionelle Autohaus im Umfeld der Megatrends Digitalisierung und Elektrifizierung

Abbildung 2: Umsatzverteilung des Kraftfahrzeuggewerbe im Jahr 2019

Abbildung 3: Der deutsche Automobilmarkt

Abbildung 4: Verteilung des Deckungsbeitrag III der Markenautohäuser im Kraftfahrzeuggewerbe

Abbildung 5: Entwicklung und Verteilung der Umsatzrendite im Markenhandel

Abbildung 6: Neuzulassungszahlen von BEV- und Hybrid-Fahrzeugen in Deutschland

Abbildung 7: Strukturen automobilwirtschaftlicher Vertriebssysteme

Abbildung 8: Einflussfaktoren und Veränderungstreiber auf die automobilwirtschaftlichen Vertriebssysteme

Abbildung 9: Chancen/Risken & Vorteile/Nachteile von E-Commerce aus Anbieter- und Nachfragersicht

Abbildung 10: Omni-Channel-Retailing auf Basis des Agentursystems beim „VW ID.3“

Abbildung 11: Additives Online-Vertriebsmodell am Beispiel von Mercedes-Benz

Abbildung 12: Substitutives Online-Vertriebsmodell am Beispiel von Tesla

Abbildung 13: Intermediäre Akteure in der Automobilbranche

Abbildung 14: Traditioneller Kaufentscheidungsprozess beim Fahrzeugkauf

Abbildung 15: Digitaler Kaufentscheidungsprozess beim Fahrzeugkauf

Abbildung 16: Beispiele künftiger Handels- und Herstellerformate in der Automobilbranche

Abbildung 17: Identifizierte Optimierungspotenziale und Lösungsansätze

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gesamtüberblick zum deutschen Kraftfahrzeuggewerbe im Zeitverlauf

Tabelle 2: Umsatzverteilung nach Geschäftsfeldern im Jahresvergleich

Tabelle 3: Vergleich der deutschen PKW-Bestände nach Antriebsarten zum Jahresbeginn

Tabelle 4: Gefährdete Komponenten und Servicearbeiten bei konventionellen sowie batterieelektrischen Antriebskonzepten

Tabelle 5: Top 10 der deutschen Automobilhandelsgruppen im Jahr 2018

Tabelle 6: Stagnation der stationären Handelsformate

Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung

Abs. Absatz

ADAC Allgemeiner Deutscher Automobil-Club

AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen

BAFA Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft

BEV Battery Electric Vehicle

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

bspw. beispielsweise

bzw. beziehungsweise

ca. circa

CO² Kohlenstoffdioxid

d.h. das heißt

DAT Deutsche Automobil Treuhand GmbH

DSGVO Datenschutz-Grundverordnung

etc. et cetera

EU Europäische Union

FCEV Fuel Cell Electric Vehicle

ff. fortfolgende

g. Gramm

GVO Gruppenfreistellungsverordnung

HGB Handelsgesetzbuch

i.d.R. in der Regel

IfA Institut für Automobilwirtschaft

inkl inklusive

KBA Kraftfahrt-Bundesamt

Kfz Kraftfahrzeug

km Kilometer

MEB Modularer E-Antriebs-Baukasten

Mio. Millionen

Mrd. Milliarden

OEM Original Equipment Manufacturer

ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr

PHEV Plug-In Hybrid Electric Vehicle

PKW Personenkraftwagen

POS Point of Sale (Einkaufsstätte)

PwC PricewaterhouseCoopers GmbH

s. siehe

sog. sogenannt

Tab. Tabelle

TCO Total Cost of Ownership

TMG Telemediengesetz

u.U. unter Umständen

UrhG Urheberrechtsgesetz

usw. und so weiter

vgl. Vergleiche

z.B. zum Beispiel

ZDK Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe

1. Einleitung

1.1 Ausgangslage und Problemstellung

Derzeit erleben wir die größte Transformation in der Geschichte der Automobilindustrie, in der sich das Produkt Auto so stark verändern wird wie nie zuvor. Dieser wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Transformationsprozess wird Veränderungen nach sich ziehen und die traditionellen Akteure in der Automobilbranche vor diverse Herausforderungen stellen. Aktuelle Megatrends wie die Digitalisierung, Elektrifizierung, Urbanisierung oder veränderte Kundenbedürfnisse sind in aller Munde und betreffen Automobilhersteller sowie Automobilhändler gleichermaßen. Sie sehen sich beide einem Umbruch gewohnter Wertschöpfungsprozesse ausgesetzt.

So wird das Prinzip der Nachhaltigkeit mit den Themenfeldern Klimawandel, Ressourcenschonung und Umweltschutz zunehmend bedeutsam. Insbesondere bei nachfolgenden Generationen ist eine Bewusstseinsveränderung feststellbar (bspw.„Fridays for Future“). Zur Erreichung der gesetzten Klimaziele wird in Deutschland eine Revolution im Verkehrssektor notwendig. Der Elektromobilität kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu, da ihr unter ökologischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten ein gewaltiges Entwicklungspotenzial zugetraut wird.1 Die Wandlung von konventionellen hin zu alternativen Antriebstechnologien wird seine Opfer fordern und stellt die Unternehmen, explizit die Autohäuser, vor weitere Herausforderungen. Insbesondere der drohende Einbruch im After-Sales Geschäft sowie die von den Herstellern geforderten Investitionen bereiten den Autohändlern Existenzängste. Allerdings ergibt sich im Rahmen der Elektromobilität auch weiterhin ein entsprechender Bedarf an Beratung und Information. Somit eröffnen sich für die Autohändler auch Chancen, die sie erkennen, ergreifen und zur Festigung ihrer Position nutzen sollten.

Neben der steigenden Elektrifizierung ist es überwiegend die Digitalisierung, die für das stationäre Handelsnetz eine gewaltige Bedrohung darstellt. Digitale Player versuchen ein Stück vom Kuchen zu ergattern und die Schnittstelle zum Kunden zu besetzen. Den Gebrauchtwagenbörsen ist dies schon gelungen. Sie sind bereits seit Jahren die erste Anlaufstelle der Kunden im automobilen Kaufprozess bei Gebrauchtfahrzeugen.2

Darüber hinaus stellen auch die Automobilhersteller die traditionellen Geschäftsmodelle mit dem stationären Handel zunehmend auf den Prüfstand. Sie selbst setzen ihren Schwerpunkt künftig im Bereich alternativer Mobilitätsdienstleistungen (bspw. Mobility-On-Demand-Services). Den sich wandelnden Kundenbedürfnissen und der Generation der „Digital Natives“ möchten sie mit online-basierten Vertriebsformaten Rechnung tragen. Dass der Online-Vertrieb funktionieren kann, zeigt der US-Elektrofahrzeughersteller Tesla bereits seit Jahren. Mit der aktuellen Corona-Krise wird die Notwendigkeit digitaler Technologien für Wirtschaft und Gesellschaft nochmals allgegenwärtig. So rücken auch für die deutschen Automobilhersteller Online-Vertriebsmodelle stärker in den Vordergrund. Dabei wird von Seiten der Händler insbesondere der Online-Direktvertrieb als größte Bedrohung angesehen. Bleibt das traditionelle Autohaus mit den Geschäftsfeldern Neu- und Gebrauchtwagen, Service, Teile und Zubehör sowie Finanzdienstleistungen außen vor, ist die Abdeckung der physischen Kundenschnittstelle gefährdet. Dies könnte dazu führen, dass neue und digital affine Wettbewerber die Gunst der Stunde nutzen und diese Lücke besetzen. In anderen Branchen haben Unternehmen wie Amazon oder Zalando die stationäre Handelslandschaft bereits revolutioniert und zeigen, dass physische Geschäftsmodelle durch digitale Lösungen ersetzbar sind.3 Ob das bei einem so hochpreisigen, komplexen und emotionalen Produkt wie dem Automobil so einfach zu bewerkstelligen ist, bleibt abzuwarten. Fakt ist aber, dass eine weiter steigende Beteiligung der Hersteller in der eigenen Vertriebsorganisation die künftige Situation der Autohäuser weiter verschärfen und ihre Rolle nachhaltig verändern dürfte. Die auferlegten Investitionserfordernisse gegenüber dem vertragsgebundenen Automobilhandel erscheinen dahingehend ebenfalls als widersprüchlich.

Zusammenfassend wird deutlich, dass die Marktakteure immer stärker durch vorhandene Trends beeinflusst werden. Dieser Entwicklung kann sich auch der stationäre Automobilhandel nicht entziehen. So sollte es auch in einem intensiven und dynamischen Wettbewerbsumfeld das Primärziel der Händler sein, den Platz an der Kundenschnittstelle in der automobilen Wertschöpfungskette zu verteidigen. Die Entwicklung sowie Etablierung innovativer Geschäftsmodelle, die dem Kunden einen Mehrwert bieten und ein Alleinstellungsmerkmal darstellen, bilden dafür die Grundvoraussetzung und untermauern die Daseinsberechtigung des stationären Handels gegenüber den Automobilherstellern.

Abschließend ergeben sich auf Basis des oben aufgeführten thematischen Umrisses folgende Forschungsfragen, die sich wiederum in einzelne Teilfragen aufgliedern lassen:

1. Welche Auswirkungen ergeben sich durch vom Hersteller initiierte Online-Vertriebsmodelle auf die stationären Handelsnetze der deutschen Automobilbranche?

- Welche neuen Rollenbilder und Funktionsverteilungen sind denkbar?
- Welche Veränderungen gehen damit einher?

2. Wie kann der stationäre Handel seine Wettbewerbsfähigkeit sichern und seine Daseinsberechtigung in der automobilen Wertschöpfungskette gegenüber Kunde und OEM untermauern?

- Welche Optimierungspotenziale sind vorhanden?
- Welche Gestaltungsoptionen und Lösungsansätze sind zu empfehlen?

1.2 Zielsetzung und Methodik

Rückblickend auf die erste Forschungsfrage besteht das Primärziel dieser wissenschaftlichen Arbeit darin, die Auswirkungen von Online-Vertriebsmodellen auf das stationäre Handelsnetz aufzuzeigen. In diesem Kontext sollen insbesondere online-basierte Gestaltungsmöglichkeiten der Automobilhersteller den Kern der Arbeit abbilden. Es soll deutlich werden, welche Konsequenzen mit dem vom Hersteller initiierten Online-Vertrieb einhergehen. Außerdem soll aufgezeigt werden, wie sich die Rollen und Funktionen der traditionellen Autohäuser wandeln könnten und welche Herausforderungen und Veränderungstreiber damit verbunden sind.

Bei der zweiten Forschungsfrage ist es das übergeordnete Ziel, vorhandene Optimierungspotenziale auf der Handelsebene zu identifizieren. Darauf aufbauend sollen Gestaltungsoptionen aufgezeigt und passende Lösungsansätze für die stationären Händler erarbeitet werden, mit denen sie ihre Position an der Kundenschnittstelle verteidigen und ihre Existenzberechtigung gegenüber Kunden und Automobilherstellern gleichermaßen manifestieren können. Dabei sollen auch Möglichkeiten im Rahmen der fortschreitenden Elektrifizierung aufgegriffen und gezeigt werden.

Im Rahmen der Abschlussarbeit lässt sich der zu bearbeitende Themenbereich im Marketing verankern. So können die ausgewählten Schwerpunkte der Distributions- und Produktpolitik im Marketing-Mix zugeordnet werden.

Die Beantwortung der Forschungsfragen soll im Rahmen einer qualitativen Inhaltsanalyse erfolgen, bei welcher vorhandene Daten analysiert, verglichen und ausgewertet werden. Um komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge nachvollziehbar und vereinfacht abbilden zu können, wird bei der weiteren Ausarbeitung auf Analyseverfahren des strategischen Managements zurückgegriffen. So sollen eine Branchenstruktur- und Prozessanalyse angewandt werden.

Zu Beginn wird anhand der Five-Forces-Analyse nach Porter die Branchenstruktur der Automobilhändler systematisch analysiert. Auf Basis vier verschiedener Marktkräfte soll die aktuelle Situation und Wettbewerbsintensität des Kraftfahrzeuggewerbes für den Leser greifbar werden. Im weiteren Verlauf soll eine Analyse des automobilen Kaufprozesses grundlegende Unterschiede im Hinblick auf die Mediennutzung sowie die Inanspruchnahme digitaler und analoger Leistungsbestandteile aufzeigen. Für den Leser soll nachvollziehbar werden, wie sich der Kaufprozess beim Automobil verändert und welche Risiken mit dem Verlust des physischen Kundenkontakts für die stationären Handelsnetze verbunden sind.

Grundsätzlich wird bei der wissenschaftlichen Ausarbeitung auf die Sekundärdatenforschung zurückgegriffen. Um eine qualitativ hochwertige und wissenschaftlich fundierte Datenbasis zu erhalten, wird eine intensive Auseinandersetzung mit relevanter Fachliteratur sowie verschiedenen Studien zu diesen Themenschwerpunkten notwendig. Aufgrund des großen Forschungsinteresses werden zusätzlich Internetquellen genutzt, da diese eine hohe Aktualität aufweisen und fast täglich neue Informationen und Erkenntnisse zu dem Themenkomplex liefern.

1.3 Aufbau der Arbeit

Die Abschlussarbeit beginnt mit der Einleitung, in welcher die Ausgangslage und Problemstellung, die Zielsetzung und Methodik sowie der Aufbau der Arbeit gezeigt werden.

Zu Beginn wird eine Bestandsaufnahme des Kraftfahrzeuggewerbes in Deutschland vorgenommen, um die Ausgangslage nachvollziehen zu können. Hierbei soll die gegenwärtige Situation im Automobilhandel vorgestellt werden. Zur Darstellung der Wettbewerbsintensität der Branche wird das Managementkonzept der Five-Forces-Analyse nach Porter herangezogen.

Auf Basis marktspezifischer Kennzahlen sollen aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen offenbart werden. Abschließend wird der Produkttrend der Elektromobilität aufgegriffen, wobei der Status Quo und die damit einhergehenden Chancen und Risiken für die beteiligten Akteure verdeutlicht werden.

Im darauffolgenden Theorieteil (Kapitel 3) werden grundlegende Inhalte zu den automobilwirtschaftlichen Vertriebssystemen behandelt. Die Basisinhalte konzentrieren sich auf die Gestaltungsmöglichkeiten, Einflussfaktoren sowie Ziele der Distributionssysteme in der Automobilbranche. Unterschiedliche Vertriebsformen werden vorgestellt, Vor- und Nachteile verdeutlicht und aktuelle Trends aufgezeigt. Grundsätzlich soll dem Leser ein Gesamtüberblick über die vertriebspolitischen Optionen und Entwicklungen in der Automobilwirtschaft gegeben werden.

Im Hauptteil erfolgt zunächst eine Charakterisierung des E-Commerce für die Automobilbranche. Es werden Themen wie die Internetfähigkeit des Automobils, sich wandelnde Kundenbedürfnisse, rechtliche Rahmenbedingungen und die steigende Bedeutung des Multikanalvertriebs behandelt. Ebenfalls sollen erste Online-Vertriebsmodelle vorgestellt und mit Beispielen versehen werden. So sind folgende Akteurskonstellationen denkbar: OEM, Automobilhändler, Intermediäre sowie branchenfremde Handelsplattformen. Um das Ziel der wissenschaftlichen Ausarbeitung zu erreichen, soll dem vom Hersteller initiierten Online-Vertrieb eine intensivere Betrachtung gewidmet werden. Darauffolgend wird im Zuge der eingangs erwähnten Prozessanalyse ein traditioneller Kaufentscheidungsprozess einem online-basierten bzw.digitalen Modell gegenübergestellt. Durch den Vergleich können wesentliche Unterschiede untersucht sowie Vor- und Nachteile aufgezeigt werden. Abschließend soll eine Bewertung vorgenommen und ein möglicher Einsatz in der Automobilbranche eingeordnet werden.

In Kapitel 5 werden schließlich die Konsequenzen für die stationären Automobilhändler konkretisiert. Die erste Forschungsfrage soll die Auswirkungen von vom Hersteller initiierten Online-Vertriebsmodellen auf das stationäre Handelsnetz aufzeigen. Zur Beantwortung der zweiten Forschungsfrage sollen den Autohändlern Handlungsoptionen und Lösungsansätze mitgegeben werden, die ihnen zur Stärkung ihrer Position verhelfen können.

Zu guter Letzt werden im Schlussteil die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst, ein Fazit gezogen und darauf aufbauend ein Ausblick gegeben.

2. Bestandsaufnahme: Der Automobilhandel

Anhand der Wertschöpfungskette lässt sich die Automobilwirtschaft in die Bereiche Entwicklung, Produktion, Vermarktung, Instandhaltung und Entsorgung sowie sonstige Dienstleistungen unterteilen. Während die Automobilhersteller den Upstream-Bereich (Entwicklung, Produktion und zunehmend Vermarktung) verantworten, lässt sich das Tätigkeitsspektrum des Kraftfahrzeuggewerbes dem Downstream-Bereich zuordnen. Hierunter fallen alle Tätigkeiten, die nach der Herstellung eines Fahrzeugs notwendig werden. Folglich zählen Unternehmen zum Kfz-Gewerbe, die sich auf Verkauf, Instandhaltung sowie anderweitige Dienstleistungen rund ums Automobil konzentrieren.4 Um die gegenwärtige Situation nachvollziehen zu können, soll in diesem Kapitel vorab ein Gesamtüberblick über die Branche gegeben und nachfolgend eine detaillierte Analyse durchgeführt werden. Abschließend wird der Produkttrend der Elektromobilität aufgegriffen und es werden konkrete Herausforderungen aufgezeigt.

2.1 Überblick und finanzielle Situation

Die klassischen Leistungsfundamente des traditionellen Autohauses bilden die Geschäftsfelder Neu- und Gebrauchtwagen, Werkstatt, Teile und Zubehör sowie Finanzdienstleistungen. Während bei Neu- und Gebrauchtwagen der Schwerpunkt auf der Beratung und dem Verkauf der Fahrzeuge liegt, konzentriert sich der Service auf die Instandhaltung. Das klassische Werkstattgeschäft umfasst die Bereiche Wartung und Reparatur sowie Teile und Zubehör (inkl. Verkauf) und wird häufig unter After-Sales Services zusammengefasst. Da heutzutage die meisten Fahrzeuge finanziert werden, sind auch Finanzprodukte sehr gefragt. So haben sich mittlerweile Financial Services als eigenständige Säule im Autohaus fest etabliert. Ebenfalls gewinnen Mobilitätsdienstleistungen, wie z.B.Car-Sharing oder Flottenmanagement, zunehmend an Bedeutung. Grundsätzlich lässt sich das traditionelle Autohaus einem Fachhandelsbetrieb zuordnen, da es ein gebündeltes Leistungsprogramm aus einer Hand anbietet (sog.Komplettbetrieb).5 Das deutsche Kfz-Gewerbe unterliegt einem strukturellen Wandel, was zu Veränderungen der traditionellen Autohäuser und Werkstätten führen wird.

Die eingangs erwähnten Megatrends der Digitalisierung und Elektrifizierung sind omnipräsent und bedrohen die klassischen Geschäftsfelder der Autohausbetriebe. In diesem Zusammenhang seien auch weitere zahlreiche Megatrends angemerkt, die in Abb.1 nicht aufgeführt sind (bspw. Autonomes Fahren, Connected Car etc.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um den Strukturwandel im Kraftfahrzeuggewerbe nachvollziehen zu können, muss vorab zwischen vertragsgebundenen und freien Betrieben unterschieden werden. Die unabhängigen Betriebe konzentrieren sich verstärkt auf den technischen Service und Gebrauchtwagenhandel, während die gebundenen Händler auf Basis eines Vertragsverhältnisses mit einem Automobilhersteller zumeist in allen Geschäftsfeldern tätig sind (sog. Markenhändler bzw. Komplettbetriebe).6 Aufgrund des identischen Leistungsspektrums lassen sich der letzten Akteursgruppe ebenfalls die werkseigenen Niederlassungen zuordnen (sog. Own-Retail).

Für das Jahr 2019 wurden in Deutschland insgesamt 36.600 Kfz-Betriebe registriert, was einem marginalen Rückgang um 150 Betriebe zum Jahr 2018 entspricht (s.Tab.1). Die Zahl der freien Betriebe sind um 20 Einheiten gestiegen, wohingegen die gebundenen um 170 sanken.

Betrachtet man die Zahlen allerdings über einen längeren Zeitraum, werden die Entwicklungen im Kfz-Gewerbe deutlicher: So zählte der ZDKim Jahr 2000 insgesamt 47.000 Betriebe, was einem Minus von 22 Prozent zum Jahr 2019 entspricht.7,8 Speziell der Einbruch der vertragsgebundenen Betriebe um ca.36 Prozent sticht hierbei heraus und verdeutlicht den fortschreitenden Konzentrations- und Konsolidierungsprozess auf der Handelsebene. Die Gründe liegen in einem weitgehend gesättigten Automobilmarkt und einem dynamischen sowie intensiven Wettbewerbsumfeld.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Gesamtüberblick zum deutschen Kraftfahrzeuggewerbe im Zeitverlauf

Hinzu kommen Netzbereinigungen der Hersteller und Insolvenzen. Insbesondere kann im Zuge der Corona-Krise mit einer weiteren Zunahme von Unternehmensschließungen gerechnet werden. So vermeldete erst kürzlich der Volkswagenhändler Wagenblast die eingetretene Zahlungsunfähigkeit.9 Allen voran sind kleinere Betriebe, die nicht über genügend Finanzreserven verfügen, akut gefährdet. Automobilhandelsgruppen, denen mehr als drei Filialen zugeordnet werden können, verfügen i.d.R.über weitaus mehr Spielraum, um dieser Krise zu trotzen und weiterhin handlungsfähig zu bleiben.10

Allerdings ist das Kraftfahrzeuggewerbe in Deutschland überwiegend von klein- und mittelständischen Unternehmen geprägt, was mit durchschnittlich 12 Beschäftigten je Betrieb für das Jahr 2019 aufgezeigt werden kann. Hier stechen die strukturellen Größenunterschiede zu den internationalen Automobilkonzernen deutlich heraus.11

Dennoch erwirtschaftete die Branche im letzten Jahr einen Gesamtumsatz von 186,1 Mrd.Euro, was einer Verbesserung von vier Prozent zum Vorjahr entspricht. Die genaue Umsatzverteilung der Geschäftsfelder und die prozentualen Anteile können Abb. 2 entnommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vergleicht man diese Zahlen in Abb. 2 wiederum mit denen aus dem Jahr 2018, so konnten in nahezu allen Geschäftsfeldern Zuwächse erzielt werden (s. Tab. 2). Lediglich der Gebrauchtwagenhandel in der Markenwerkstatt hat 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr eingebüßt. In diesem Bereich konnte der freie Handel seine Umsatzerlöse um satte 62,8 Prozent erhöhen. Sehr auffällig und zugleich schmerzhaft für die Betriebe erweist sich der Einbruch im Servicegeschäft um knappe 11 Prozent. Aufgrund der seit Jahren angespannten Ertragslage und der drohenden Herausforderungen sieht somit ein Großteil der Betriebe entsprechend pessimistisch in die Zukunft. Welchen weiteren Schwierigkeiten und Zukunftsaufgaben der Automobilhandel gegenübersteht, soll in der nachfolgenden Analyse aufgezeigt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Umsatzverteilung nach Geschäftsfeldern im Jahresvergleich

[...]


1 Vgl. W. Diez, B. Maier (2017, S. 9).

2 Vgl. W. Diez u.a. (2016a, S. 164 f.).

3 Vgl. B. Maier (2019, S. 1 f.).

4 Vgl. W. Diez u.a. (2016a, S. 4 f.).

5 Vgl. W. Diez (2015, S. 220).

6 Vgl. W. Diez u.a. (2016a, S. 5).

7 Vgl. Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (2020b).

8 Vgl. Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (2019).

9 Vgl. kfz-betrieb (2020).

10 Vgl. W. Diez (2015, S. 220).

11 Vgl. W. Diez u.a. (2016a, S. 5 f.).

Ende der Leseprobe aus 109 Seiten

Details

Titel
Elektro-Offensive und Online-Direktvertrieb in der Automobilbranche. Die Zukunft des stationären Autohauses
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen; Standort Geislingen
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
109
Katalognummer
V948287
ISBN (eBook)
9783346294401
ISBN (Buch)
9783346294418
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Automobilvertrieb, Future Retail, Vertriebssysteme in der Automobilwirtschaft, Elektromobilität, Customer Journey beim Automobil, E-Commerce in der Automobilbranche
Arbeit zitieren
Maximilian Zeller (Autor:in), 2020, Elektro-Offensive und Online-Direktvertrieb in der Automobilbranche. Die Zukunft des stationären Autohauses, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/948287

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