Erstellung eines Regelkatalogs zu den Big-Five-Persönlichkeitscharakteristika


Einsendeaufgabe, 2014

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Allport und Odbert stellten sich 1936 die Frage, welche Charakteristika zur Beschreibung der gesamten Persönlichkeit herangezogen werden können. Insgesamt wurden rund 17.953 Begriffe gefiltert, auf denen Norman (1963) mittels einer neuen Studie aufbaute. Durch inhaltliche Reduktionen wurden diese Persönlichkeitsbegriffe anschließend auf fünf wesentliche Faktoren zusammengefasst, welche später von Goldberg als „Big Five“ bekannt wurden.1 „Aus der englischen Bezeichnung der Big Five – O penness to experience, C onscientiousness, E xtraversion, A greeableness und N euroticism – ergab sich das Kürzel OCEAN.“2

Inhaltliche Bedeutung der Big Five:3

Offenheit

= instabilster Trait des Fünf-Faktoren-Modells. Bezieht sich auf die intellektuelle Neugier, die geistige Beweglichkeit, korreliert positiv mit Kreativität, Intelligenz und Bildung.4 Individuen mit hoher Offenheit für Erfahrungen sind unkonventionelle und unabhängige DenkerInnen. Niedrige Werte weißen auf konventionelles Verhalten hin.

Gewissenhaftigkeit

= stabilster Trait des Fünf-Faktoren-Modells. Bezieht sich auf die Zuverlässigkeit, Ordentlichkeit, korreliert positiv mit Intelligenz und Bildung. Hohe Werte deuten auf Selbstdisziplin und Selbstorganisation hin, wohingegen niedrige Werte für ein sorgloses Verhalten sprechen und diese Individuen leicht ablenkbar sind.

Extraversion

= bezieht sich auf die Durchsetzungsfähigkeit, Abenteuerlustigkeit, korreliert mit ungezwungener Geselligkeit. Extraversion bezeichnet die Stärke der Tendenz der Zuwendung nach außen und ist ein Maß für Geselligkeit eines Individuums. Der Gegenpol dieses Traits ist die Introvertiertheit (schweigsam, zurückhaltend,…).

Verträglichkeit

= bezieht sich auf Freundlichkeit, zwischenmenschliches Entgegenkommen, korreliert mit hilfsbereitem Verhalten. Verträglichkeit bezeichnet ein Verhalten, das dazu neigt sich anzupassen und Konformität zu erzielen. Menschen mit niedriger Ausprägung im Bereich Verträglichkeit sind misstrauisch, skeptisch und unkooperativ.

Neurotizismus

= wird auch als negative Emotionale Stabilität (Emotionale Labilität) bezeichnet und erfasst die individuellen Unterschiede im Bereich der emotionalen Stabilität. Hohe Werte weisen auf Nervosität, Wehleidigkeit und Ängstlichkeit hin, niedrige Werte auf Ausgeglichenheit, Entspanntheit und körperliche Stabilität. Neurotizismus korreliert somit negativ mit der allgemeinen Lebenszufriedenheit und mit Wohlbefinden. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass sich die Eigenschaften von neurotischen Personen wie ein Ratgeber mit dem Titel „Anleitung zum Unglücklichsein“ liest.5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neurotizismus wird auch als Gegenpol von emotionaler Stabilität bezeichnet. Personen mit geringer Ausprägung in Neurotizismus tendieren zu stabilem emotionalen Verhalten (sind ruhiger, zufriedener, entspannter, sicherer,…). Jedoch sind niedrige Werte in diesem Trait nicht zwangsläufig mit dem Erleben von Positiven Gefühlen verbunden.6

Als Neurotizismus bezeichnen wir die letzte Skala, weil wir bei unseren Überlegungen von dem hierarchischem Persönlichkeitsmodell, dem „PEN-Modell“ von Eysenck ausgegangen sind. Hierbei geht Eysenck auf die individuellen Differenzen in den beiden Dimensionen Extraversion und Neurotizismus ein.7 Der Trait Neurotizismus im Big-Five-Modell kann als Parallele zu Eysencks Dimension gesehen werden.

Die Benennung der Big-Five-Traits orientiert sich ebenso an der Formulierung der TestautorInnen Costa und McCrae und resultiert aus Studien zur Selbst- als auch zur Fremdeinschätzung.8 Die Bezeichnung Emotionale Stabilität kann zwar als gleichwertiger und anerkannter Trait verstanden werden, jedoch sind wir bei unserer Recherche darauf aufmerksam geworden, dass in den meisten Definitionen des Fünf-Faktoren-Modells der Begriff Neurotizismus eines der fünf Merkmale bildet und somit als gängigerer Trait verstanden werden kann.

Da die beiden Faktoren als gleichwertig zu sehen sind und Neurotizismus als auch Emotionale Stabilität als Hauptdimensionen der Persönlichkeit postuliert werden können, ist lediglich bei der Formulierung der Fragestellungen, als auch bei der Interpretation der Skala auf die unterschiedliche Namensgebung zu achten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Der Persönlichkeitsfaktor Neurotizismus wird im Gegensatz zu Emotionaler Stabilität mit negativen Fragebogenfragen angeführt.
2. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass niedrige Werte im Trait Neurotizismus (z.B. wenig ängstlich) zugleich solide Werte im Bereich der Emotionale Stabilität bedeuten (z.B. sicher).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Es herrscht zwar zunehmend Einigkeit darüber, dass es fünf Faktoren gibt, hinsichtlich der genauen Natur jedes dieser Faktoren besteht jedoch nach wie vor Dissens.“9 Die Hauptbezeichnungen der Big Five Taits können nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden, durch das hohe Abstraktionsniveau lassen die Eigenschaften der Big Five kaum Spielraum für feinere Unterscheidungen.10 Aufgrund der spezifischen Facetten der einzelnen Traits ist es jedoch Möglich die fünf Persönlichkeitsfaktoren zu differenzieren. Die Facetten unterscheiden sich sowohl in der Anzahl als auch in der Benennung. „Die Facetten wurden so ausgewählt, dass die Konstrukte und theoretische Ansätze aus der Persönlichkeitsforschung berücksichtigt wurden. Zudem sollten die Konstrukte inhaltlich sinnvoll voneinander abgrenzen.“11 Es kann somit festgehalten werden, dass die Facetten die Wichtigkeit von Komponenten unterhalb der globalen Big Five Ebene unterstreichen und gleichzeitig die Verbindung zwischen den Konstrukten abbilden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Durch den Einsatz von Facetten können die einzelnen Persönlichkeitsmerkmale voneinander abgegrenzt werden und somit inhaltliche Überschneidungen vermieden werden.

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Damit ein Item eindeutig nur eines der Big Five Konstrukte misst, ist es sinnvoll vor der konkreten Itemgenerierung festzulegen, wie die diese formuliert werden sollen. Hierzu existieren unterschiedliche Kategorien.12

Direkte Items sprechen interessierende Merkmale direkt an (Beispiel für Neurotizismus: „Fühlen Sie sich in der Nähe von autoritären Personen unwohl?“) und vermeiden somit inhaltliche Überschneidungen.

Ebenso liefern personalisierte Items sehr zuverlässige Informationen und lassen einen besseren Rückschluss auf die zu messende Eigenschaft zu13 (Beispiel für Offenheit: „Kaufen Sie Produkte, welche auf dem neuesten Stand sind?“).

Um zu gewährleisten, dass die Antworten entsprechend der individuellen Ausprägung des interessierenden Merkmals gegeben werden, müssen die Items sprachlich eindeutig formuliert werden. Die Items sollen verständlich aufbereitet sein, um Verzerrungen in den Antworten zu vermeiden.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Die Formulierung der Items soll so aufgebaut sein, dass direkte spezifische Fragestellungen zu jedem einzelnen Persönlichkeitsmerkmal der Big Five verfasst werden.
2. Die Items sollen sich auf das subjektive Verhalten der Person beziehen, ohne jedoch die Privatsphäre zu verletzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Welches Antwortformat bzw. welche Antwortformate sind Ihrer Meinung nach für die hier vorliegende Konstrukte optimal? Wie müssen die Antworten, die Testpersonen mit einem solchen Antwortformat geben, verrechnet werden, um die zu messenden Konstrukte optimal erfassen zu können?

Um die Konstrukte Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus bzw. Emotionale Stabilität optimal messen zu können, eignet sich das Antwortformat der Beurteilungsaufgaben in Form von Skalenstufen am besten für die Erfassung. Hierfür werden die bipolaren Antwortskalen und die verbalen Ratingskalen herangezogen15.

Anders als bei der unipolaren Skala enthält die Bipolare einen negativen Pol, der ein „Nicht-Zutreffen“ ausdrückt, welcher über einen Nullpunkt als Mittelkategorie bis hin zu einem positiven Pol, der ein Zutreffen symbolisiert, verläuft16. Eine verbale Ratingskala enthält zusätzlich zu der Benennung mit Zahlen eine sprachliche Umschreibung. Dadurch erhalten die Testpersonen eine Bedeutung bezüglich der Antwortstufen17.

Ein Beispiel für eine verbale bipolare Skala könnte wie folgt aussehen:

Bei diesem Antwortformat besteht die Gefahr, dass die Testpersonen, aufgrund eventueller Unsicherheiten, oder da die Frage als nicht wichtig empfunden wird, zu einer „Tendenz zur Mitte“ neigen. Die Antworten können auch durch die soziale Erwünschtheit verfälscht werden, indem die ProbandInnen ihre Angaben bewusst verfälschen, um sich positiver darzustellen18.

Um dem entgegen zu wirken, enthält jede Skala ein positiv bzw. negativ gedrehtes Item des jeweiligen Konstruktes. Des Weiteren verzichtet man auf extremere Itemformulierungen wie z.B., „Ich bin jemand, der besonders distanziert Anderen gegenüber ist.“19

Um die Konstrukte optimal erfassen zu können, werden die Antworten der Testpersonen in Zahlen übertragen. Das bedeutet, dass pro Item, welches beantwortet wurde, je nach der Anzahl der Kategorien z.B. 0 bis 4 Punkte zugeordnet werden.

Die Punkte werden den Antworten dementsprechend zugewiesen, dass eine hohe Punktezahl einer hohen Merkmalsausprägung entspricht und eine niedrige Ausprägung erhält eine niedrige Punktezahl. Meistens ist es der Fall, dass eine Zustimmung auf die Antwortfrage für eine hohe Ausprägung steht20.

Regeln:

1. Um der sozialen Erwünschtheit entgegen zu wirken, soll jede Skala ein positiv bzw. negativ gedrehtes Item des jeweiligen Konstruktes enthalten.
2. Extreme Itemformulierungen werden vermieden.

Für welche Zielgruppen könnten die Big Five relevant sein, bzw. in welchen Bereichen fänden Sie einen Einsatz sinnvoll?

Mittels der Big Five besteht die Möglichkeit die gesamte Persönlichkeit einer Person zu messen. Dadurch handelt es sich hierbei um einen Persönlichkeitsfragebogen, der von den ProbandInnen eine Auskunft über das eigene Selbst fordert. Dies bedeutet, dass bei den Testpersonen eine Selbstkenntnis über das eigene Verhalten, die Einstellungen und Meinungen verlangt wird21.

Persönlichkeitstests werden bei der Auswahl von potenziellen MitarbeiterInnen und für die Potenzialanalyse und Entwicklung von Führungskräften eingesetzt.

[...]


1 Bergner/Staudt, 2013, S. 25ff

2 Bergner/Staudt, 2013, S. 28

3 Maltbey/Day/Macaskill, 2011, S.322

4 Ikinger, 2008, S. 5

5 Bergner/Staudt, 2013, S. 22

6 Borkenau/Ostendorf, 1989, S.240ff

7 Bergner/Staudt, 2013, S. 19

8 Maltbey/Day/Macaskill, 2011, S.322

9 Maltbey, Day, Macaskill, 2011, S.325

10 Vgl. Bipp, 2006, S.17

11 Bipp, 2006, S.18

12 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 30

13 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 31

14 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 36

15 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 26f.

16 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 26

17 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 27

18 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 19

19 http://www.researchgate.net/publication/228378218_Zur_Erhebung_der_Big-Five-basierten_Persnlichkeitsmerkmale_im_SOEP/file/79e4150a7a19843714.pdf, Abruf am 12.05.2014 um 18:30

20 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 51

21 Frebort/Khorramdel, 2011, S. 32

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Erstellung eines Regelkatalogs zu den Big-Five-Persönlichkeitscharakteristika
Hochschule
Ferdinand Porsche FernFH
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V948297
ISBN (eBook)
9783346303608
ISBN (Buch)
9783346303615
Sprache
Deutsch
Schlagworte
erstellung, regelkatalogs, big-five-persönlichkeitscharakteristika
Arbeit zitieren
Corinne Reiser (Autor:in), 2014, Erstellung eines Regelkatalogs zu den Big-Five-Persönlichkeitscharakteristika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/948297

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