Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Vorläufer von Online-Diensten
1. Audiotex
2. Fax-Dienste
III. Bestandsaufnahme interaktive Zeitungen
1. Zeitungen Online - Stärken, Grenzen, Motivationen
2. Erfolgsfaktoren der Online-Zeitungen
3. Der Weg zur Online-Präsenz
3.1. Content Provider
3.2. Eigenständige Online-Angebote
3.3. Zugangsvermarkter für das Internet
4. Unterschiedliche Angebote
4.1. PR-Websites
4.2. Content-Websites
4.3. personalisierte Websites
5. Finanzierung der online Zeitungen
5.1. Werbung
5.2. Abonnements
5.3. Pay-per view
5.4. Kleinanzeigen
6. Beispiele
6.1. Lokale Zeitungen in Deutschland
6.2. Überregionale Zeitungen in Deutschland
6.3. Zeitungen in den USA
IV. Weiterentwicklungen
1. Neuartige Darstellungsweisen
2. Die Multimedia-Zeitung
3. Persönliche Zeitungen
4. Zusammenschluß regionaler Zeitungen
5. Finanzierung über Werbung
6. Der Online-Redakteur
7. Der Online-Leser
8. Die Zukunft der Printzeitung
V. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Online-Dienste finden zur Zeit immense Verbreitung, die Popularität von Datennetzen wie dem Internet und das Engagement der ganz großen Firmen im Computerbusiness tragen ihren Teil dazu bei. Zeitungen haben früh die Chancen und die Risiken des neuen Mediums und des sich eröffnenden neuen Marktes erkannt. Ein überraschender Innovationswille ist in den oft konkurrenzlos arbeitenden Zeitungsverlagen Deutschlands aufgekommen. Was die Motivation zu einem oft kostspieligen Engagement auf ungewissem Terrain war und noch ist, soll Teil dieser Arbeit sein.
Im weiteren Verlauf soll dargestellt werden, welche verschiedenen Möglichkeiten sich für Verlage bieten, ihren Online-Dienst zu betreiben. Hier sind formale und inhaltliche Unterschiede aufzuzeigen, aus denen sich weitreichende Konsequenzen für die Art der Online-Präsenz und der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Verlag ergeben. Die Finanzierung der zeitungsergänzenden Angebote (wie sie in der Regel konzipiert sind) ist ein weiterer Themenbereich, wobei lediglich erste Ansätze und Tendenzen darstellbar sind. Wohin dies einmal führen könnte, welche Konsequenzen die Entwicklung für alle Beteiligten hat, vom Werbetreibenden über die Verlage und Redakteure bis hin zu den Lesern soll in gebotener Kürze im letzten Teil dieser Arbeit vorausgedacht werden. Ergänzt wird der hiermit vorgelegte Text durch aktuelle Beispiele aus der Welt der Online-Zeitungen. Um den Rahmen nicht zu sprengen, werden die auffälligsten Deutschen und Amerikanischen Angebote kurz vorgestellt.
Die Quellenlage war, durch die Aktualität des Themas bedingt, bruchstückhaft mit auffallender Dominanz einiger weniger Experten, die zudem auf dem beschriebenen Gebiet beruflich tätig sind. Es sollte hier vermieden werden, zu sehr die verkaufsfördernde Brille aufzusetzen, auch ist der Versuch unternommen worden, den Schwerpunkt mehr auf Entwicklungen der Online-Zeitungen denn auf derzeitige Handlungsdirektiven zu legen. Inwieweit dies gelungen ist und eine Übersicht über den Stand und den Gang der OnlineZeitungen erstellt wurde, kann im folgenden beurteilt werden.
Zunächst einige Worte zu Vorläufern von Online-Diensten, die noch immer ihre Verwendung finden, allerdings in Zukunft auf das für sie zugeschnittene Betätigungsfeld zu reduzieren sind. Wie es mutmaßlich der allgemeine Verlauf bei Aufkommen eines neuen Mediums ist - die alten und die neuen Karten werden gemischt und wieder verteilt.
II. Vorläufer von Online-Diensten
1. Audiotex
Audiotex und Fax-Dienste (siehe 1.2.) sind weitverbreitete1 Dienstleistungen, die oft von Verlagen zur zusätzlichen Information ihrer Leser eingesetzt werden. Sie stellen die einfachsten elektronischen Ergänzungsdienste zur Tageszeitung dar. Ihr Vorteil liegt im geringen finanziellen Aufwand, der hohen Aktualität und der großen Reichweite, da beide über gängige Telefone nutzbar sind.
Audiotex ist ein Telefondienst, der in Deutschland meist über eine 0190-Nummer der Telekom erreicht wird. Die Kunden können dort Informationen zu aktuellen Ereignissen wie Sportveranstaltungen, Gerichtsentscheidungen oder Wahlen aber auch Wettervorhersagen, Ausgehtips oder die Lottozahlen abhören. Sie zahlen diesen Dienst über eine erhöhte Telefongebühr, den sich die Telefongesellschaft und der Anbieter des Dienstes aufteilen. Daß diese Dienste für die Zeitungen höchst lukrativ sind, gibt auch Uzal Martz, Verleger des amerikanischen Pottsville Republican zu. Er nannte Audiotex ein "Goldei" für seinen Verlag.2 Interaktiv gestaltete Audiotex-Systeme eignen sich besonders für den Kleinanzeigenmarkt. Der Anrufer kann über Tonwahlsignale eine Vielzahl individueller Kriterien übermitteln, um die für ihn passende Anzeige zu finden. Gebrauchtwagen-, Immobilien-, Stellen- oder Partnerschaftsanzeigen können auf diese Weise in nahezu unbeschränkter Menge aufgenommen und zielgenau ohne seitenlanges Lesen abgerufen werden. Die Audiotex-Technik kann die Leser-Blatt-Bindung entscheidend stärken. Mit Hilfe einer Ideen-Box beispielsweise können Redaktion und Leser näher zusammenrücken. Meinungsumfragen oder Beschwerdedienste sind auf diesem Wege höhere Rückläufe gesichert.
Regional besonders wichtig sind Angebote wie ausführliche Terminkalender, Ergebnisdienste für Sportereignisse sowieöffnungszeiten medizinischer und sozialer Hilfsdienste. Als Vorreiter in Deutschland gilt die Neue Westfälische aus Bielefeld. Seit dem Sommer 1995 werden Börsenkurse, Meinungsumfragen, Gewinnspiele, ein Sportergebnisdienst, Wettervorhersage und Partnerschaftsanzeigen angeboten. Langfristig soll bei der Zeitung Audiotex als Ergänzung der redaktionellen Inhalte, im Vertrieb, im Anzeigenbereich sowie als Service- und Unterhaltungsangebot eingesetzt werden. "Aus Sicht der Zeitungsverlage besticht an diesem Modell die enge Verbindung zur gedruckten Zeitung, denn in der aktuellen Ausgabe wird auf entsprechende Audiotex-Dienste verwiesen und umgekehrt."3 Auch andere Zeitungen bieten Audiotex-Angebote an, so die Augsburger Allgemeine (Börsendienst), die Frankfurter Neue Presse (Meinungsumfragen, Börsenkurse, Bekanntschaften, die Mittelbayerische Zeitung (Gewinnspiele, Sportergebnisdienst) oder die Süddeutsche Zeitung (Umweltnachrichten).
Mit Hilfe des Audiotex-Systems kann mit geringem finanziellen Aufwand und geregelter Finanzierung ein Höchstmaß an Aktualität bei sehr spezifischen, für den lokalen Leser interessanten Themen erreicht werden.
2. Fax-Dienste
Fax-Dienste können als Abruf oder als Abonnementdienste organisiert werden. Interessant sind diese Angebote vielerorts für Wirtschaftsnachrichten. Aktuelle Börsenkurse oder Firmeninformationen können mit höchster Aktualität Abonnenten zugesandt oder von Interessenten abgerufen werden. Hier ist es möglich, die individuellen Interessen zu berücksichtigen und beispielsweise einen Börsen-Service mit speziell auf die Wünsche des Lesers hin ausgewählten Kursinformationen zu übermitteln. Allgemein weiterführende Informationen wie Hintergrundberichte, Archivmaterial oder ausführliche Grafiken können als Serviceleistung bereitgestellt werden. Die Finanzierung läuft in der Regel wie bei Audiotex-Diensten über erhöht kostenpflichtige Telefonnummern.
Zu den gefragtesten Online-Zusatzdiensten in Amerika gehört die Basketball-Faxzeitung des Kansas City Star, in der jeden Morgen nach einem Spiel des Basketball-Teams der Universität von Kansas über Sieg und Niederlage berichtet wird.
III. Bestandsaufnahme interaktive Zeitungen
1. Zeitungen Online - Stärken, Grenzen, Motivationen
"Wozu noch Wälder abholzen, aus den Baumstämmen in einem umweltschädlichen Prozeß Papier erzeugen, das dann mit Druckerschwärze beschmieren, nur um ein Produkt zu haben, das nach einem Tag weggeworfen wird - wenn man die Nachrichten genausogut mit ein paar Klicks der Computermaus zu den Leuten bringen kann? Wozu braucht es noch Verleger und Journalisten, wenn im Grunde alle Menschen Verleger und Journalisten sein können?"4 Wieso das alles, wo es jetzt dank der vielen Privatcomputer, der schnellen Datenleitungen und der frei verfügbaren Informationen möglich ist, Zeitungen mit mengenmäßig unbegrenztem Inhalt praktisch ohne Transport- und Druckkosten zu jedem einzelnen nach Hause zu schicken? Was sind die Stärken und die Grenzen der elektronischen Zeitungen? Unschlagbare Qualität der Computernetzwerke sind Aktualität,Individualisierungsmöglichkeiten der Nutzung und Interaktivität.5 Die Verlage erkennen in dem neuen Medium Chancen und Risiken für das eigene Unternehmen. Obwohl die erreichbare Leserschaft momentan verschwindend gering ist und sich zu einem Großteil aus einer elitären männlichen Clique zusammensetzt, zudem die Werbeeinnahmen nur spärlich fließen und die Zukunft des Netzes unabsehbar ist - sie ziehen fast alle mit, auf die eine oder andere Art. Die mittelfristigen Perspektiven sind es, die locken. "Wer etwas auf sich hält, ist schon im Netz" heißt ein Artikel der Zeitung Parlament. Das ist vielfach die Motivation deutscher Verlage für ihr Engagement im Online-Bereich.6 Zu den oberflächlichen Prestigegründen, die weite Teile der Unternehmenswelt erfaßt haben, kommt bei den Verlagen ein als Zwang des Marktes empfundener Antrieb hinzu, der sie zu den Investitionen auf unbekanntem Gebiet antreibt.
"Die meisten Zeitungsverlage wollen mit ihrem Online-Engagement regionale Informationsund Kommunikationszentren schaffen, um das Eindringen branchenfremder Anbieter in ihre angestammte Leser- und Anzeigenmärkte zu verhindern. Sie setzen auf regionale Inhalte, optisch attraktive Gestaltung, aktuelle Nachrichten, maßvolle Unterhaltung und größtmöglichen Service."7 Die Angst vor Branchenfremden ist insofern begründet, als daß Verlage schon bald mit riesigen Telefongesellschaften und Softwarefirmen in direkter Konkurrenz um Werbeeinnahmen und Konsumenten stehen werden.
Slate, eine neugegründete Zeitung, die nur digital erscheint, ist da ein Beispiel. Für dieses von Microsoft initiierte Projekt wurden amerikanische Top-Journalisten verpflichtet. Zusätzlich bedarf es nur vergleichsweise minimale Anschaffungen, um eine Zeitung für das weltweite englischsprachige Publikum herzustellen. Großen Firmen bietet sich über die online-Wege die Möglichkeit, ohne Rotationsmaschinen oder Sendeanlagen eine Zeitung quasi als eigene Werbemaßnahme zu produzieren.
"Wir müssen die Kontrolle über die neuen Technologien haben, wenn wir nicht untergehen wollen", sagt denn auch George Schlukbier, Direktor für neue Medien beim News and Observer, bekannt durch die digitalen NandO News. Seine Hoffnungen hängt er gleich an: "Durch die neuen Technologien können Zeitungen live berichten und mit Fernsehen und Rundfunk konkurrieren"8 - Multimedia impliziert verschwimmende Grenzen zwischen den Medien und Konkurrenz allerorten. "Wir müssen ganz einfach unsere Werbeumsätze verteidigen" gibt John Haile, Vizepräsident des Orlando Sentinel als Motivation an. Mit 'Wir' begreift er die Verlegerschaft seines Landes, die durch die neuen Marktstrukturen mehr denn je gemeinsame Interessen feststellen, gerade jetzt, zu Beginn eines neuen Informationsmarktes an den weltweiten elektronischen Zeitungskiosken.
2. Erfolgsfaktoren der Online-Zeitungen
Was die wesentlichen Erfolgsfaktoren für ein Onlineangebot sind, ist mittlerweile weitgehend absehbar. Zu einem erfolgreichen Angebot zählen
- Übersichtlichkeit des Informationsangebotes mit der Möglichkeit gezielter Selektion auf individuelle Interessen
- Kurzinformation mit der Möglichkeit der Vertiefung bei Bedarf
- Einbettung multimedialer Elemente wie Bild, Video, Ton
- Spezielle Angebote mit speziellen Recherchen für bestimmte Zielgruppen
- Hoher Aktualitätsgrad (Ereignisaktualität statt Tagesaktualität)
- Umfassende Lokalinformationen mit angeschlossener Buchungsmöglichkeit
- Anzeigenwerbung mit der Möglichkeit multimedialer Darstellung und vertiefender Information bei Bedarf9
3. Der Weg zur Online-Präsenz
Welcher Weg zur Online-Präsenz richtig und damit zusammenhängend, welcher Aufwand angemessen ist, steht als vieldiskutierte Frage im Raum. Bei herkömmlichen Printmedien sind es bislang die Verlage, die die Aufgaben Informationsrecherche, Informationsaufbereitung und Informationsdistribution aus einer Hand organisieren. Im Bereich der online-Medien ist es zu einer Aufsplitterung der Aufgabenfelder gekommen. Für die Informationsdistribution stellen in der Regel die Telefongesellschaften die physikalische Infrastruktur bereit. Die logische Distribution wird von Netzprovidern und lediglich die Recherche und Aufbereitung der Informationen wird von den Verlagen übernommen.10
Hier ergeben sich vielfältige Kooperationen und Spannungen zwischen den unterschiedlichen Unternehmenstypen. Einige Verlage versuchen mittlerweile, über ihr Engagement im Internet alle drei Felder wieder zu vereinen und treten als Zugangsvermarkter auf. Gleichzeitig drängen neue Informationsanbieter auf den Markt, die über die Online-Publikation den bislang zwischengeschalteten Verlag übergehen.
3.1. Content Provider
Als Content Provider beschränken sich die Verlage auf ihre Rolle als Informationssammler und -aufbereiter. Sie stellen die Inhalte ihrer Zeitung für einen kommerziellen Provider bereit, der alle technischen Abläufe übernimmt. Je nach Provider sind die Verlage auf diesem Weg in ihrer Seitengestaltung grundlegend eingeschränkt. AOL oder Compuserve geben das Aussehen weitgehend vor, so daß das Layout der Printausgabe im Online nicht reproduziert werden kann. Vorteil ist jedoch der minimale Kostenaufwand. Einnahmen aus Werbung oder Abonnements müssen gleichsam geteilt werden.
Um als Content Provider im Internet vertreten zu sein, ist der Kauf von Speicherplatz auf einem fremden Server möglich. Im Haus werden dann lediglich Inhaltliches und die Seitengestaltung geleistet, den technischen Bereich übernimmt eine Fremdfirma. Auf diese Weise ist der Gestaltungsspielraum nicht eingeschränkt, der Aufwand dafür etwas höher.
3.2. Eigenständige Online-Angebote
Das Internet wird immer mehr zum bevorzugten Verbreitungsnetz für Online-Dienste.11 War Anfang 1995 noch kaum eine Onlineausgabe einer deutschsprachigen Publikation im Word Wide Web zu finden, sind es heute unzählige Fachzeitschriften, ein Dutzend Wochen- und rund 50 Tageszeitungen. Hierunter finden sich fast alle namhaften, von Zeit bis Bild, den größten Anteil stellen regionale Zeitungen.12
Auch lokale Online-Dienste, die vereinzelt von Verlagen aufgebaut wurden,öffnen sich gegenüber dem Internet. In vielfältiger Weise sind in den vergangenen Jahren abgeschlossene Mailboxen entstanden, die ähnliche Dienste wie die heutigen Internet-Zeitungen anbieten. Elektronische Zeitungsversion, Kleinanzeigen, Kontakt mit Redaktion und Vertrieb oder Online-Konferenzen. Mit dem Unterschied, daß der Nutzerkreis auf die lokale Bevölkerung begrenzt ist. Mit deröffnung zum weltweiten Datennetz geben Sie nun einerseits ihr Angebot zum Zugriff frei, wodurch sich der potentielle Leserkreis rasant vergrößert, andererseits eröffnen sie ihren Abonnenten Zugangsmöglichkeiten in das Netz, wodurch sich die Attraktivität ihres Dienstes beträchtlich steigert.
Diesen Weg ging auch der Dänische Politiken, der mit 5.000 Abonnenten zur Zeit wohl größte von einer europäischen Zeitung betriebene Online-Dienst. Politiken vermarktet seine Mailbox auf der Computerseite im Printprodukt, verkauft Zugangssoftware und die Zugangsberechtigung zum hauseigenen Dienst. Genutzt wurden vor allem lokale Dienste und Diskussionsforen, der Wunsch nach Anbindung zur restlichen Welt stieg aber. Schließlich wandelte sich das geschlossene Politiken On Line zu einem Zugangsvermarkter zum Internet.
3.3. Zugangsvermarkter für das Internet
Um als Zugangsvermarkter auftreten zu können, sind Investitionen in ganz anderem Ausmaß notwendig. Serverarchitektur, Software, Leitungen und Personalkosten belaufen sich auf eine sechsstellige Startinvestition13. Die Verlage haben dann die Möglichkeit, ihren Lesern zum Printabonnement den Zugang zur online-Ausgabe und darüberhinaus den Eintritt ins Internet zu verkaufen. Das weltweite Netz dient als Zugpferd für das eigene Online-Angebot und die Providerfunktion hilft, die Bindung der Leser an die Zeitung zu verstärken. Lokale Zeitungen sind mit diesem Service besonders erfolgreich, da ihre Leser oft keine Möglichkeit haben,einen Internet-Provider zum Ortstarif zu erreichen.
Als Zugangsvermarkter treten beispielsweise die Rhein-Zeitung aus Koblenz und Donau online auf. Die Rhein-Zeitung hatte Mitte Oktober 1500 Abonnenten und hat kürzlich mit derörtlichen Sparkassenorganisation eine Vereinbarung getroffen, die ihren 15.000 Kunden über die Rhein-Zeitung Online-Banking anbieten will.14 Donau online wurde Anfang 1996 von der Mittelbayerische Zeitung auf den Weg gebracht. Über eine spezielle 0180-Nummer zahlen Nutzer nur ein Ortsgespräch, um im Internet zu surfen, den Rest übernehmen die Firmen, die sich unter Donau online versammelt haben.15 In Bayern wiederum haben sich 18 Tageszeitungsverlage, die 90 Prozent der bayerischen Tageszeitungsauflage herausgeben, zur Kooperation in der mbt online KG entschlossen.16 Projektleiterin Katja Riefler weist darauf hin, daß es günstiger ist, den Mantel der online-Ausgabe zentral zu erstellen, wie auf dem Printsektor bereits üblich. Das größere Einzugsgebiet wird sich ihrer Ansicht nach auch positiv auf die Nutzerquoten der Kleinanzeigenmärkte und der Diskussionsforen auswirken.17
4. Unterschiedliche Angebote
Die Angebote sind qualitativ höchst unterschiedlich, längst nicht alle Zeitungen sind mit einem ausführlichen Angebot vertreten. Drei verschiedene Ansätze lassen sich unterscheiden.
4.1. PR-Websites
Typische Angebote in PR-Websites sind das Unternehmensportrait, der Verlagskatalog, das Zeitschriftenportrait, Bestellformulare, Surftips oder e-mail-Kontaktmöglichkeiten. Bei weitergehenden Seiten findet sich auch noch kurze Meldungen, Pressetexte, Inhaltsvorschauen oder Leseproben. Diese Art der Websites machen heute rund drei Viertel aller Verlagsangebote aus. Sie dienen dort als zusätzliche Marketingmethode oder unter Umständen als neuer Vertriebsweg.18
4.2. Content-Websites
Content Websites bieten einen gezielten Informationszugewinn für den Nutzer. Mit Volltextartikeln, Recherchemöglichkeiten, Zugriff auf Kleinanzeigen, Datenbanken, Chats, aktuelle Fachmeldungen und links zu themenverwandten Seiten gehen sie weit über das Angebot der PR-Websites hinaus.19 Zeitungen bieten in aller Regel Content Websites an, in denen sie Teile ihres Printangebotes oder speziell für das neue Medium aufbereitete Informationen veröffentlichen.
4.3. personalisierte Websites
Das Stichwort ist hier Daily me. Die von dem Leiter des Medienlabors am Massachusetts Institute for Technology Nicholas Negroponte propagierte persönliche Tageszeitung bringt jedem Leser die von ihm bestellten Informationen jeden Morgen auf seinen Bildschirm. "Ich sage dem PC, daß ich mich für Frankreich, Baseball und Kochrezepte interessiere, und schon habe ich jeden Morgen die perfekte Zeitung auf dem Bildschirm."20
Zusätzlich sollen die Computersysteme über die angeforderten Artikel die Wünsche der Leser erlernen, dadurch die Auswahl verfeinern und mit der Zeit exakt die Artikel liefern, die dem Themenwunsch des Lesers entsprechen.
Amerikanische Verlage unternehmen zur Zeit erste Versuche in diese Richtung. Das Wall Street Journal und die New York Times bieten vorrangig für Geschäftsleute ausgewählte Meldungen an. Netscape hat Inbox gestartet, einen Dienst, der angeblich schon eine Million Nutzer hat und von zahlreichen Verlagen beliefert wird, demnächst auch vom Axel Springer Verlag und Gruner&Jahr.21
Zu den ersten interaktiven Angeboten deutscher Verlage kann man den Stern e-mail-Dienst zählen, der auf Wunsch über Heftinhalte informiert, oder, stärker personalisiert, die Zeit mit ihrem vorsortierten Stellenmarkt.22
Technisch möglich ist ein derartiger Dienst bereits, die inhaltliche Ausdifferenzierung ist noch recht grobschlächtig. Hier sehen auch Kritiker die Gefahren einer persönlichen Zeitung auf dem Computer. Bisher hat jeder Leser, der sich für die Fußballergebnisse interessierte, den Politikteil gleich dazubekommen, er hatte die Chance, über neue Themen zu stolpern und nebenbei über Wichtiges informiert zu werden. Die vorsortierenden Computerprogramme führen ihrer Ansicht nach zur Verengung des Horizontes, zur Entpolitisierung und weiteren Spezialisierung.
5. Finanzierung der online Zeitungen
Zur Zeit sind sämtliche Online-Engagements Zuschußgeschäfte, ledigleich kleine Wirtschaftsdienste oder exklusive Datenbanken fahren ihre laufenden Kosten wieder ein. Wie einmal die Leser für ihre Online-Zeitung zahlen werden, über Werbung, Abonnement oder Abrufgebühren ist noch nicht absehbar. Einige Hürden und Tendenzen sind auf diesem Gebiet bislang erkennbar.
5.1. Werbung
Für Werbung im Netz wird zur Zeit noch verschwindend wenig Geld bereitgestellt. Sehr oft laufen Tauschgeschäfte zwischen Firmen, die eher den Zweck haben, Erfahrung mit Online-Werbung zu sammeln, denn ernsthaft Nutzer zu umgarnen. Einzig die ganz großen und häufig angewählten Online Dienste haben nennenswerte Werbeeinnahmen zu verbuchen: Netscape (1,8 Mio. Dollar), Lycos (1,3 Mio) oder InfoSeek (1,2 Mio).23 Zeitungsverlage stehen nicht auf der Liste der digitalen Großverdiener, zu gering sind ihre Nutzerzahlen. Die Preise für Online-Werbung bei deutschen Zeitungen sind dementsprechend gering: Die Berliner Zeitung verlangt 140 bis 750 Mark pro Monat, die Rhein-Zeitung 100 bis 300, taz 3.200 bis 5.400 und Bild 2.400 bis 30.000 Mark, alle je nach Größe und Serviceleistung24.
Zudem war bislang kein Standard festgelegt, nach dem Nutzerzahlen ermittelt werden. Ab April 1997 soll die Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) die Nutzerzahlen prüfen und veröffentlichen, wie dies zur Zeit bei klassischer Werbung schon der Fall ist, um Werbetreibenden verläßliche und vergleichbare Zahlen zu liefern.25
5.2. Abonnements
Abo-Gebühren für Inhalte stehen die Internetnutzer erfahrungsgemäß zurückhaltend gegenüber, dazu stehen zu viele gute Informationen kostenlos im WWW zur Verfügung. Sie sind es in Kabelfernsehmentalität gewöhnt, für den Zugang zu zahlen, danach aber nur noch für Telefongebühren aufzukommen.
Chancen auf zahlende Abonnenten ergeben sich eventuell aus personalisierten Zeitungen. In diesem Fall würden Leser für die ganz spezifische Auswahl der Nachrichten zahlen, die ihnen als Zeitung gebündelt täglich zugemailt wird. Sie würden auf diese Weise den gewünschten "exklusiven Service, echten Mehrwert und die tiefergehenden, aktuellen Informationen in ausgewählten Themenbereichen erhalten"26, die Online-Zeitungen für Leser erst interessant werden lassen.
Zugangsprovider können natürlich auf die Abonnementgebühren für den online-Zugang zurückgreifen. Inwieweit fünf (Rhein-Zeitung) oder sechs (WAZ, Essen) bis Mark pro Monat kostendeckend sind, kann jetzt noch nicht abgesehen werden. Beachtet werden muß aber, daß die Verlage ihre Angebote an Zeitungsabonnements knüpfen, wodurch sie die Auflage der Printausgabe zu steigern suchen. Zeitungen, die ihren Weg über technische Provider nehmen (Go On, Springer, T-Online, zwanzig Mark pro Monat), können auf einen Teil ihrer dort erzielten Zugangsgebühren zurückgreifen.
5.3. Pay-per view
Es wäre auch denkbar, von Nutzern Gebühren für einzelne abgerufene Seiten oder für übermittelte Artikel zu kassieren, ein dem Fernsehen vergleichbares Pay-per-view Verfahren.
Hiergegen sprechen praktische Hindernisse. "Ein 'virtueller Einzelverkauf', bei dem man beispielsweise zehn Pfennig für das Lesen einer digitalen Zeitung bezahlt, ist technisch heute zwar schon möglich, aber es hat sich noch kein Verfahren durchgesetzt. Kreditkarteninstitute sind bislang nicht bereit, solche Minimalgeschäfte abzuwickeln."27
Zur Zeit wird dieses Verfahren lediglich bei exklusiven Recherchen oder auf dem Sektor der Wirtschaftsinformationen umgesetzt. "Allenfalls für Premiumdienste lassen sich bislang Gebühren abrechnen: Archivrecherchen, "Softwareagenten", die auf Informationssuche geschickt werden können, Datenbankabfragen aller Art"28, hier werden dem Nutzer nach Einzelzugriffen nicht geringe Gebühren in Rechnung gestellt.
Einen Sonderweg geht die Berliner tageszeitung. Nur sie setzt auf freiwillige Überweisungen der Nutzer, was zur Zeit aber nicht die entstehenden Kosten deckt.29
5.4. Kleinanzeigen
Beim Thema Kleinanzeigen zeigt sich ein ungewöhnlicher Verlauf. Branchenfremde drohen über das Internet den Verlagen ihr angestammtes Betätigungsfeld und ihre traditionelle Erwerbsquelle streitig zu machen. Dies wäre für die Verlage höchst gefährlich, nehmen sie doch jährlich sechs Milliarden Mark über Stellen-, Immobilien- und lokalen Geschäftsanzeigen ein, gut zwei Drittel des gesamten Anzeigen-Umsatzes.30 Aus dieser Furcht getrieben, verstärken einige Zeitungen ihr Engagement im Netz. Zum einen, um fremde Konkurrenz im Kleinanzeigenmarkt fernzuhalten, zum anderen aber auch, um das Geschäft im Printbereich zu stützen. Wie in den USA schon verbreitet, beginnen auch in Deutschland, die ersten digitalen Immobilien- und Stellenmärkte auf den Schirm zu kommen. Hierzulande ist mit der Zeit ein renommierter Verlag Vorreiter, der die Stellenanzeigen der Wochenzeitung im Netz veröffentlicht. Das Used-Car-Net in den USA ist dahingegen ein völlig unabhängiger Gebrauchtwagenmarkt, bei dem der Händler das kostenpflichtige Werbemedium ausgeschaltet hat.
In den USA haben sich mehrere Zeitungsverlage zusammengeschlossen, um die absehbare nationale Digitalisierung des Kleinanzeigenmarktes weiterhin mitbestimmen zu können. Ad one classified network heißt ein Kleinanzeigenmarkt im Web, den etliche kleinere US- Zeitungen aufgebaut haben. career web ist das entsprechende Angebot für den Stellenmarkt. Im New Century Network haben sich 255 Tageszeitungen aus neun Verlagsgruppen zusammengeschlossen, die Anfang nächsten Jahren gemeinsame Web-Aktivitäten starten wollen. Werden diese Dienste interaktiv gestaltet, leisten sie mehr als die Printausgabe jemals könnte. Bei der elektronischen Variante der Virginia Pilot im Internet können die Auswahlkriterien für ein Eigenheim eingegeben werden. Trifft die entsprechende Anzeige ein, meldet sich der Rechner, zeigt eine Karte, auf der zu sehen ist, wo das Haus steht und bietet einen Maklertermin an, der per e-mail vereinbart werden kann.
6. Beispiele
6.1. Lokale Zeitungen in Deutschland
Die große Zahl der Lokalzeitungen im weltweiten Datennetz überrascht zunächst ein wenig, relativiert sich jedoch im Verhältnis zur Zahl der Printausgaben. Der Grund für das offensive Engagement ist mutmaßlich in der Expansionsmöglichkeit auf dem neuen Areal zu finden. Kleine Zeitungen treten plötzlich bundesweit auf und bieten ihren Lokalkunden neuartigen Service an.
Die erste Lokalzeitung im Internet war die Schweriner Zeitung, die ihren Weg des trial and error auch ging, um heute diesen Titel tragen zu können. Sie konzentrierte sich von Anfang an auf regionalen Service, ist heute dank des frühen Starts aber auf Expansionskurs mit einem Hansenet genannten Angebot für die Norddeutschen Geschäftstreibenden. Sie ist auch als technischer Dienstleister im Geschäft und hilft anderen bei dem Gang in das Internet. Ein gutes Beispiel für eine aktive Lokalzeitung ist die Koblenzer Rhein-Zeitung, die mit eingenem regionalem Konzept und als Zugangsvermarkter auftritt. Die Nachrichten sämtlicher Regionalausgaben werden dort eingestellt, was ausgiebig von Ausländern genutzt wird, die über die Entwicklung in ihrem Heimatdorf Bescheid wissen wollen.31 Statt dem aufwendigen Modell der Rhein-Zeitung, die eine eigene online-Redaktion unterhält, wählte Berlin online den kostenneutraleren Weg. Der Ableger der Berliner Zeitung hat einen fast vollautomatischem Informationsdienst aus dem Nachrichtentickermit zusätzlicher Lokalberichterstattung und Veranstaltungsteil aus der Datenbank aufgebaut.32 Rheinische- Post-Online bietet außer Kleinanzeigen keine Zeitungstexte sondern ein virtuelles Bürgerhaus, in dem Formulare eins zu eins abgerufen werden können. Damit und einem speziellen redaktionelles Angebot zu Nachrichten und Sport verzeichnet die Zeitung 1 mio Abrufe pro Monat.33
6.2. Überregionale Zeitungen in Deutschland
Die überregionalen Zeitungen Deutschlands zeigten sich gegenüber digitalen Diensten weitgehend zurückhaltend. Sie kamen erst spät mit Angeboten Online, wichtige Zeitungen wie die FAZ sind noch immer nicht mit fundierten Seiten im Internet vertreten. Im ganzen legten sie, bis auf die tageszeitung, ein höchst ambivalentes und konservatives Verhalten dem neuen Medium gegenüber an den Tag.
Die erste überregionale Tageszeitung im Netz war die tageszeitung aus Berlin. Sie stellt ihre Ausgabe des nächsten Tages vollautomatisch jeweils ab 21 Uhr ins Internet, ein einmaliger Service, der ihnen nach eigenen Angaben keine Leser gekostet, sondern Publizität eingebracht hat.
Die Welt veröffentlicht einen Teil ihres Printproduktes im Netz. Mehr als 30 Artikel des folgenden Tages sind ab 20 Uhr verfügbar, um 22.30 Uhr wird der Börsenteil auf den neuesten Stand gebracht. Alle seit dem 17.5.95 erschienenen Artikel können im Archiv der Welt abgerufen werden.
Die FAZ ist für den Computerleser komplett verfügbar - jedoch nur über kommerzielle Datenbanken wie GBI oder Genios. Im Internet tritt die FAZ mit einer PR-Seite auf. Eine Mitarbeiterin äußerte sich zum Web-Engagement des Verlages wie folgt: "Wir sind der Ansicht, daß die FAZ ein Printmedium ist. Wir lesen unsere Zeitung auch nicht im Radio vor. Über das Internet bieten wir Serviceleistung wie Abonnementsänderungen an." Nach anderen Informationen bereitet die FAZ ein Engagement bei AOL vor. Gerhard Semar meint, die FAZ wird digitale Dienste "auf allen Transportkanälen anbieten, die der Kunde wünscht."34
Bei der Frankfurter Rundschau führt der Weg zum Archivmaterial über DBI. Sie stellt aber Auszüge aus der aktuellen Zeitung, zum Teil in englischer Übersetzung, im Netz zur Verfügung, die vorerst aus den Bereichen Wissenschaft und Computer stammen. Die Bild-Zeitung hat mit ihrem Gang auf das online-Parkett bewiesen, daß sich die Popularität eines Printproduktes bestens auf das neue Medium übertragen läßt. Mit Meldungen aus der gedruckten Zeitung, Spielen und dem Mädchen des Tages ist das Angebot höchst populär.35 dpa präsentiert seit Herbst 1996 einen speziell auf die Bedürfnisse von Onlinenutzern abgestimmten Dienst, der für die Übernahme in die Onlineangebote der Verlage ohne weitere redaktionelle Bearbeitung geeignet ist.36 Die heutige Praxis, Tickermeldungen von dpa als Serviceangebot von Verlagen ins Netz zu geben, toleriert die Nachrichtenagentur bislang, vorausgesetzt dies wird ihnen angezeigt.
6.3. Zeitungen in den USA
Die Entwicklung in den USA ist wie immer etwas fortgeschritten; dort haben schon neunzehn Prozent aller Zeitungen elektronische Ausgaben.37 Hier die bekanntesten: Die New York Times bietet Lesern Zugang zu fast allen Inhalten ihrer täglichen Zeitungsausgabe, dazu rubrizierte Anzeigen und zusätzliche Artikel zum Thema Informationstechnologie. Im Archiv sind alle Artikel der letzten sieben Tagen zu finden. Times -Verleger Arthur Sulzberger über die Web-Site: "Wir sehen unsere Rolle im Web ähnlich wie unsere herkömmlich Rolle als Printmedium, nämlich als eine Art kritischen,unparteiischen Filter, der unsere Kunden die Informationen liefert, die sie brauchen und auf die sie sich verlassen können."38 Geplant ist ein Service, der dem Nutzer die Möglichkeit bietet, eine tägliche Auswahl von Artikeln, die seinem persönlichen Interessensprofil entsprechen, über seine Mailbox zu empfangen.
Das Wall Street Journal bietet ein kostenpflichtiges Personal Journal an, das für eilige Geschäftsleute gedacht ist, die sich rasch einen Überblick über die für sie wichtigen Ereignisse verschaffen wollen. Gemäß aktueller Nachrichtenlage und persönlicher Interessengebiete wird für jeden Kunden eine ganz individuelle Zeitung zusammengestellt, die per elektronischer Post geliefert wird.39
Die zukünftige Konkurrenz der Verlage erscheint heute schon auf dem Bildschirm. Die Software Pointcast, die jeder im Internet frei nutzen kann, ist ein Bildschirmschoner, der in den Arbeitspausen selbständig aus dem Netz aktuelle, auf die individuellen Interessen des Nutzers zugeschnittene Nachrichten holt. Den Stoff liefern unter anderem Zeitungen und Agenturen, die mit ihrem kostenlosen Angeboten dem Konkurrenten zuliefern. Ähnlich arbeitet InfoSage, der kostenpflichtig von IBM angeboten wird und seine Informationen aus einem riesigen Quellenpool bezieht.40
IV. Weiterentwicklungen
1. Neuartige Darstellungsweisen
Ein großes Manko der digitalen Zeitungen ist bislang, daß sie an einen stationären Computer gebunden sind. Ein Kaffehausbesuch mit dieser Zeitung ist unmöglich, mit den neuen Hardwareentwicklungen zumindest denkbar.
Das Digital Tabloid soll nach den Vorstellungen seines Erfinder Roger F. Fiedler bis zum Jahr 2005 die gedruckte Zeitung ablösen.41 Der tragbare Flachbildschirm-Computers in DIN- A4-Größe kann über Telefon in seinen Speicher eine komplette multimediale Tageszeitung laden. Das Umblättern geschieht durch das Antippen eines Symbols mit einem stiftähnlichen Lichtgriffel.
Ähnliches leistet Newspad, die europäische Variante der elektronischen Zeitung. Der Prototyp wiegt gut zwei Kilo, verfügt über einen berührungsempfindlichen Bildschirm, auf dem Text, Ton, Bilder, Videos oder animierte Graphiken dargestellt werden können. Die Informationen werden über Radio- oder Fernsehkanäle an das Newspad übermittelt, wobei der Leser Lieblingsthemen auswählen kann.
Über einen Fernsehkanal wird auch die italienische Wirtschaftszeitung Il sore - 24 ore übermittelt. Sie ist allerdings nicht multimedial, sondern wird als komplette Zeitungsseite versandt, die, über Satelit empfangen, am heimischen Drucker ausgegeben werden kann.42
2. Die Multimedia-Zeitung
Schon heute flimmern in den online-Ausgaben der Zeitungen bewegte und unbewegte Bildchen, technisch ist es nur noch ein kleiner Schrii bis zur Einbindung von Video und Ton. Das Manko ist derzeit, daß Nutzer sie regelmäßig wegen der langen Ladezeiten ausgeschalten werden und dadurch das Seitenlayout zusammenfallen lassen.
Daß Multimedia-Elemente, also Bild, Ton, animierte Grafiken und Video in Zukunft fester Bestandteil einer Online-Zeitung sein werden, daran zweifelt kaum jemand. Hier entwickelt sich ein ganz neues Medium Zeitung, das Fernsehen- und Radioelemente integrierend aufnimmt. Identifizierbar wäre es letztendlich über seine Textlastigkeit - wenn es denn dabei bleibt.
3. Persönliche Zeitungen
Persönliche Zeitungen könnten ein Weg aus dem Dilemma der fast wertlos gewordenen, überbordenden Informationen auf der einen Seite und der schwierigen Finanzlage der Online- Verlage auf der anderen Seite sein. Sie könnte durch ihre Orientierungsfunktion einmal persönlichen Mehrwert bieten, der gerne bezahlt wird. Zeitungen würden Wünsche und Interessensgebiete ihrer Leser aufzeichnen und Computer mit der Zulieferung beauftragen. Denkbar sind auch Dienste, die wie digitale Pressestimmen funktionieren: Ein Online- Zeitungskiosk übernimmt die Bündelung und Distribution aller gewünschten Zeitungen. Leser könnten dann eine Übersicht über alle erschienenen Artikel zu einem bestimmten Thema in ausgewählten Medien anfordern.
Noch gibt es zu wenige Leser für gute derartige Angebote, denn "..eine interaktive Zeitung kann nicht von einigen beruflichen oder semiberuflichen Lesern (spezielle Wirtschaftsdienste ausgenommen) leben. Sie braucht den privaten Abonnenten, der sein Informationsbedürfnis über das bleibende Lesen seines Blattes hinaus befriedigen will."43 Solange es diesen Nutzer nicht in großer Zahl gibt und das Lesen einer Online-Zeitung komplizierter als das Programmieren des Videorecorders ist, wird sie der Printausgabe keinerlei substantielle Konkurrenz machen.
4. Zusammenschluß regionaler Zeitungen
Die großen Zusammenschlüsse regionaler Zeitungen bündeln eine Finanz- und Nutzerkraft,mit der sich ihre Providertätigkeiten zu lohnen scheinen. Die Zeitungen können, wenn sie sich weiterhin gut entwickeln, zu zentralen Anlaufstellen und Orientierungspunkten im Internet werden. Gleichzeitig haben sie über das Printprodukt engen Kontakt zu den Menschen vor Ort, können Online vermitteln und Kunden für das neue Medium gewinnen. Die Zeitungen sind es auch, die das Internet regional attraktiv machen können, mit Behördeninfos, Stadtnachrichten oder Veranstaltungstips. Und selbst wenn dies die Städte übernehmen, werden die ortsansässigen Zeitungen die ersten Kooperationspartner sein. Es ist nicht ganz unrealistisch, wenn Ronald Schwärzler, Geschäftsführer der Teleport, einer Tochter der Vorarlberger Nachrichten aus Bregenz visionär meint: "Gemeinsam sind die Zeitungen stark genug, im Internet ein Netz von Online-Diensten zu betreiben, das eine echte Alternative zu Diensten wie 'America Online', 'Compuserve' oder 'Microsoft Network' darstellt."44 In Amerika haben diese Zusammenschlüsse weit größeres Ausmaß angenommen: Dem New Century Network gehören 208 Tageszeitungen an, die, über die USA verteilt, ihre eigenen online-Erfahrungen gesammelt haben und nun gemeinsam im Internet gegenseitige technische Unterstützung aber auch Unterhaltung, Veranstaltungskalender, Home-Shopping, e-mail, chatting und interaktive Werbung für ihre Leser liefern will.45
In Belgien haben sich landesweit Verleger zusammengeschlossen, um ein umfassendes Angebot an Online-Zeitungen und Zeitschriften anzubieten.46
5. Finanzierung über Werbung
Wenn die grundlegenden Probleme der Online-Werbung gelöst sind und die Nutzerzahlen steigen, bietet das Medium Online für die Werbetreibenden lang ersehnte Möglichkeiten.
Konsumenten könnten über gespeicherte Daten sehr gezielt angesprochen werden. (Hier kündigen sich Probleme im Sinne des Datenschutzes an) Die Gruppe der Nutzer wird ohnehin durch die kostenintensive Technik vorselektiert sein. Eine andere Entwicklung bahnt sich ebenfalls an: Rezipienten bekommen Werbung nicht mehr untergeschoben, sondern werden für deren Konsum bezahlt. Sollte sich dieses Verfahren durchsetzen, bliebe den Verlagen die Aufgabe, für Werbung zu Werben.
6. Der Online-Redakteur
In der Online-Welt wird sich nicht nur das Medium ändern, das Medium wird auch die Arbeit der Redakteure beeinflussen. John Browning, verantwortlicher Redakteur der Londoner Ausgabe von Wired, hat einschlägige Erfahrungen gesammelt, was den Schreibstil angeht: "Onlineartikel müssen kürzer sein, schärfer akzentuiert, stärker polarisieren. Wenn ich vor dem Erscheinen einen Onlinekommentar in Print lese, dann denke ich meist: So kann man das aber doch nicht schreiben. Wenn ich den gleichen Text am Bildschirm lese, finde ich ihn völlig in Ordnung"47
Der Arbeitsalltag wird gleichfalls betroffen sein. "Redakteure müssen sich darauf einstellen, mit dem Leser in ständigem Kontakt zu stehen - und ebenso ständig kritisiert zu werden.(...) Generell muß der Redakteur mit zwei Problemen kämpfen: der Größenbeschränkung durch den Bildschirm - und den hohen Erwartungen der User, die durch den Vergleich von internationalen Angeboten entstehen. (...) Online-Redakteure sollten deshalb in verschiedenen Medien denken, Passagen eines Textes in Schrift, andere in Ton oder Bild umsetzen können."48
Überflüssig werden Redakteure aller Voraussicht nach nicht. Schon jetzt läßt sich absehen, daß ihre Arbeit, Informationen zu selektieren, zusammenzustellen und zu werten mit der zunehmenden Datenmenge immer wichtiger wird. Ohne Redakteure "haben wir niemanden, der uns sagt, was es sich lohnt zu lesen" schreibt Clifford Stoll in seinem Buch Silicon Snake Oil.49 Die Orientierung im Nachrichtenüberfluß werden weiterhin Redakteure und Journalisten liefern - die Zeit, Stundenlang im wirren Netz der Daten nach ungesicherten Informationen zu suchen, wird sich langfristig niemand nehmen. Dann wird sich der Wert des Journalismus wieder beweisen, wenn er sich in barer Zeit auszahlt.
7. Der Online-Leser
Online-begeisterte Verleger wie Hubert Burda sind der Ansicht, mit dem neuen Medium, dem Informationshunger der Leser nachzukommen, eine Grundannahme, die nicht alle Experten teilen. Der Kommunikationswissenschaftler William H.Hutton weist darsuf hin, daß "die meisten Multimedia-Visionen von einem Zuschauer ausgehen, der sehr viel aktiver und aufmerksamer ist als der heutige Normalverbraucher. Die Anbieter erwarten, daß die Leute ihre geliebten Gewohnheiten ändern - das ist Wunschdenken und dürfte es wohl auch bleiben."50 Insgesamt fällt auf, das der Rezipient die große Unbekannte im neuen Spiel um Online-Medien ist. Ob er jemals die geforderte Aktivität aufbringen wird, ob sein Informationshunger das Komfortbedürfnis besiegt, Fragen, die noch nicht entscheidbar sind.
8. Die Zukunft der Printzeitung
Erfahrungen mit dem Aufkommen neuer Medien haben gezeigt, daß die Vorläufer nicht verdrängt werden, sondern präziser ihre Aufgabengebiete zugewiesen bekommen, die ihren Leistungen entgegenkommen. Es spricht deshalb auch nichts dafür, daß die gedruckten Zeitungen mittelfristig verschwinden werden.51 Die klassische Zeitung wird ihren Platz in der Medienlandschaft sicher behalten - und sei es nur als Programm- und Hinweiszeitschrift für ein ausuferndes Angebot im Internet und seinen Abkömmlingen.
V. Literaturverzeichnis
Hans-Joachim Fuhrmann, Online-Dienste - sinnvolle Ergänzung zur Zeitung? In: Zeitung '95. Hrsg. vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. Bonn 1995, S.231ff
Hans-Joachim Fuhrmann, Starker Auftritt auf dem Highway. In: Sage&Schreibe Special 5/1996, S.24ff
Stefan Heijnk, Strategie statt Euphorie. Sage&Schreibe 7/1996, S.20
Sabine Holicki, Wie sicher ist das Fundament? Die Zukunft der Zeitung im multimedialen Zeitalter. In: Claudia Mast (Hrsg.), Markt - Macht - Medien. Publizistik zwischen gesellschaftlicher Verantwortung undökonomischen Zielen. Konstanz 1996, S.179-195.
Nikolaus Piper, Chaos am virtuellen Kiosk. In: Die Zeit, 5.5.1996, S.35
Katja Riefler, Zeitung Online. Neue Wege zu Lesern und Anzeigenkunden. Bonn 1995. in: Oliver Bär, Multimedia, Hrsg: Jürgen Wilke, Christiane Imhof, Berlin 1996
Katja Riefler, Immer mehr Zeitungen sind online verfügbar. In: Die Zeitung, Februar 1996, Seite 8
Katja Riefler, in: Die Zeit vom 5.1.1996, Zeitunglesen am Computer ?
Katja Riefler, Zeitungen online - Chance oder Risiko. In: Media Perspektiven 10/96, S.539
Patrick Schmelzer, Wer etwas auf sich hält, ist schon im Netz, in: das Parlament, nr.33-34, S.14
Berndt Schramka, Brezel-Käfer ohne Seitenaufprallschutz, in: Sage&Schreibe Special 5/1996, S.8ff
Hans Georg Schröter, Frankfurter Rundschau, Bei Netscape Communications geht die elektronische Post ab, 10.12.96, S.12
Jules Tewlow und Anton Jolkovski, The New York Times jetzt online im World Wide Web. In: Zeitungstechnik Februar 1996, S.48.
Andreas Vogel, Fachverlage: Behutsame Schritte zum Electronic Publishing, in: Media
Perspektiven 10/96, S.526-536
Interview mit Michael Bogdahn, Bild-Zeitung. In: Sage&Schreibe Special 5/1996, S.16 Robert Boualit/ Wolfgang Clausmeyer, Interaktive Zeitung und Zeitschrift, S.323
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1 Abschnitt I. Soweit nicht anders vermerkt nach: Katja Riefler, Zeitung Online. Neue Wege zu Lesern und Anzeigenkunden. Bonn 1995. in: Oliver Bär, Multimedia, Hrsg: Jürgen Wilke, Christiane Imhof, Berlin 1996
2 Katja Riefler, Immer mehr Zeitungen sind online verfügbar. In: Die Zeitung, Februar 1996, Seite 8
3 Sabine Holicki, Wie sicher ist das Fundament? Die Zukunft der Zeitung im multimedialen Zeitalter. In: Claudia Mast (Hrsg.), Markt - Macht - Medien. Publizistik zwischen gesellschaftlicher Verantwortung undökonomischen Zielen. Konstanz 1996, S.179-195.
4 Nikolaus Piper, Chaos am virtuellen Kiosk. In: Die Zeit, 5.5.1996, S.35
5 Hans-Joachim Fuhrmann, Starker Auftritt auf dem Highway. In: Sage&Schreibe Special 5/1996, S.24
6 Patrick Schmelzer, Wer etwas auf sich hält, ist schon im Netz, in: das Parlament, nr.33-34, S.14
7 Katja Riefler, Zeitungen online - Chance oder Risiko. In: Media Perspektiven 10/96, S.539
8 Nikolaus Piper, a.a.O., S.35
9 Robert Boualit/ Wolfgang Clausmeyer, Interaktive Zeitung und Zeitschrift, S.323
10 Robert Boualit/ Wolfgang Clausmeyer, Interaktive Zeitung und Zeitschrift, S.323
11 Katja Riefler in: Die Zeitung, a.a.O., S.8
12 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.548
13 Betrag der Rhein-Zeitung. In: Parlament, a.a.O., S.14
14 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.539
15 Katja Riefler, in: Die Zeit, 5.1.96
16 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.545
17 Stefan Heijnk, Strategie statt Euphorie. Sage&Schreibe 7/1996, S.20
18 Vgl: Andreas Vogel, Fachverlage: Behutsame Schritte zum Electronic Publishing, in: Media Perspektiven 10/96, S.535
19 Andreas Vogel, ebd, S.535
20 Nikolaus Piper, a.a.O., S.35
21 Frankfurter Rundschau, Bei Netscape Communications geht die elektronische Post ab, .12.96, S.12
22 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.545
23 ebd, S.545
24 Berndt Schramka, Brezel-Käfer ohne Seitenaufprallschutz, in: Sage&Schreibe Special 5/1996, S.8ff
25 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.547
26 Hans-Joachim Fuhrmann, In: Sage&Schreibe Special,a.a.O., S.24
27 Katja Riefler, in: Die Zeit vom 5.1.1996, Zeitunglesen am Computer ?
28 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.547
29 Katja Riefler, in: Die Zeit, 5.1.96
30 Stefan Heijnk, a.a.O., S.21
31 Patrick Schmelzer, a.a.O., S.14
32 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.539
33 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.539
34 Katja Riefler, Die Zeit, 5.1.96
35 Interview mit Michael Bogdahn, Bild-Zeitung. In: Sage&Schreibe Special 5/1996, S.16
36 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.546
37 Nikolaus Piper, a.a.O., S.35
38 Jules Tewlow und Anton Jolkovski, The New York Times jetzt online im World Wide Web. In: Zeitungstechnik Februar 1996, S.48.
39 Vgl:Katja Riefler in Die Zeitung, a.a.O., S.9
40 Vgl:Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.538
41 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.549, Fußnote 10
42 Katja Riefler, Die Zeitung, a.a.O., S.9
43 Robert Boualit/ Wolfgang Clausmeyer, a.a.O., S.323
44 Zit. Nach: Katja Riefler in: Die Zeitung, a.a.O., S.10
45 Hans-Joachim Fuhrmann, Online-Dienste - sinnvolle Ergänzung zur Zeitung? In: Zeitung '95. Hrsg. vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. Bonn 1995, S.231
46 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.538
47 Katja Riefler in: Media Perspektiven, a.a.O., S.546
48 Berndt Schramka, a.a.O., S.6
49 Nikolaus Piper, a.a.O., S.36
50 Hans-Joachim Fuhrmann, Zeitung '95, a.a.O., S.231
51 Hans-Joachim Fuhrmann in: Sage&Schreibe Special, a.a.O., S.24
- Arbeit zitieren
- Philipp Müller (Autor:in), 1996, Online-Zeitungen und elektronisches Publizieren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94923
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