Heinrich Schütz


Ausarbeitung, 1999

20 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

- Biographie

- Thema

- Leben und Schaffen

- Gesellschaftliche Stellung

- Zeitgeschichtliche Einteilung

- Werkeverzeichnis

- Werk näher beschreiben

- Quellenverzeichnis

Heinrich Schütz wurde am 08.10.1585 in Köstritz bei Gera geboren. Getauft wurde er am 09.10.1585. Die Taufpaten waren der Apotheker und spätere Bürgermeister Hans Hörel aus Gera, die Mägdlein-Schulmeisterin Ägina Stahn und eine nicht näher bezeichnete Verwandte. Die Eltern von Christoph Schütz waren Christoph und Euphrosyne Schütz (waren beide protestantisch). Die Geschwister waren Johann (aus erster Ehe), Christoph, Georg, Heinrich und Valerius.

Nach dem Umzug nach Weißenfels (1590) wurden noch drei Mädchen und drei Jungen geboren. Darunter Benjamin, der bei seiner Geburt am 13.12.1596 bei seiner Mutter große Kindsnot verursacht haben soll, und am 13.11.1598 die Tochter Justina, die Heinrich im Alter nahestand. Den Eltern Schütz wuchs eine Kinderschar heran, die mit einer ungleich verteilten Mischung aus Talent, hoher Intelligenz, Bravheit und Unternehmungslust gesegnet war. Und es blieben für die damaligen Verhältnisse erstaunlich viele Kinder am Leben. Der Landgraf Moritz von Hessen-Kassel hatte sich 1598 entschlossen, auf einer mehrtägigen Reise nach Dresden zum kurfürstlich-sächsischen Hof, in der kleinen Saalestadt Weißenfels Station zu machen und mit seinem Gefolge in einem Gasthof, kurz hinter dem Stadttor, zu übernachten. Warum gerade in diesem? Es ist nicht ausgeschlossen das er schon einmal dagewesen war, entweder zwei Jahre zuvor oder bereits 1588 im Alter von sechzehn Jahren, als Weißenfels anläßlich der sächsisch-hessischen "Erbverbrüderung" seinem Vater, dem Landgrafen Wilhelm, gehuldigt hatte. Erbverbrüderung, das bedeutete soviel wie die heilige Erneuerung eines Freundschaftsbündnisses: Christine, Wilhelms Mutter, die Frau Philipps des Großmütigen, unter dem Hessen protestantisch geworden, war eine geborene Herzogin zu Sachsen gewesen, und der Kurfürst Christian von Sachsen hatte dem Landgrafen Wilhelm zwei Erbverbrüderungen-Kanonen nach Kassel gesandt. Aber wieder in das Jahr 1598 und zur Reise von Landgraf Moritz nach Dresden zurück. Landgraf Moritz rastete abermals auf dem Weg nach Dresden, das genaue Datum ist nicht überliefert. Der Gasthof hieß "Zum Goldenen Ring" und gehörte dem Vater von Heinrich Schütz, Christoph Schütz. Er war erst acht Jahre zuvor aus Köstritz bei Gera hier hergezogen, um das väterliche Erbe anzutreten.

Unter den Kindern aus zweiter Ehe , die teils in Köstritz bei Gera teils aber auch schon in Weißenfels das Licht der Welt erblickt hatten, stand Heinrich als viertältester ungefähr in der Mitte. Er war beim Besuch des hessischen Landgrafen, falls der im Sommer durch Weißenfels kam, zwölf Jahre alt, im Oktober wurde er dreizehn, und auch danach kann sich das Folgende durchaus noch abgespielt haben.

Der Landgraf Moritz war erst sechsundzwanzig. Er wurde der Gelehrte genannt, weil er fünf oder acht Sprachen gesprochen haben soll. Manche Quellen behaupten, daß er sogar elf Sprachen gesprochen haben soll, obwohl sein Deutsch nicht das Beste war.

Er muß sich ein wenig in den schmalen, blonden Heinrich mit den auffallend großen und träumerischen-sanften Augen verliebt haben, was gewiß durch die Musik noch besser vermittelt wurde, denn dieöffnet bekanntlicht Schleusen und läßt jeden Singenden noch schöner singen.

Das der junge Heinrich eine sensible, etwas anfällige Konstitution besaß, verrät mit einer einzigen Bemerkung sein erster Biograph D. Martin Geier aus Dresden, als er im Anhang seiner Leichenpredigt 1672 aufschrieb, was er wußte: Heinrich habe eine "schwache Kindheit" gehabt. War er lange krank gewesen? Blieb er empfindlich, von zartem Körperbau? Vermutlich sang und musizierte, rechnete und rezitierte der junge Heinrich lieber, als das er Speisen auftrug oder Pferde anschirrte. Er wird es auch besser gekonnt haben, und so wurde der Landgraf auf ihn aufmerksam. Denn Landgraf Moritz war nicht nur gelehrt er war auch hochmusikalisch und von einem kulturell-pädagogischen Ehrgeiz besessen, der allerdings mit einer aufwendigen Hofhaltung gepaart war.

Das Ohr von Landgraf Moritz registrierte alle Klänge, die sich im Schatten des Vaterunser entfalteten. Er habe Heinrich "lieblich singen" hören, heißt es. Landgraf Moritz war so dermaßen entzückt vom Gesang und vom Diskant des jungen Heinrich Schütz, daß er dem Vater sofort anbot den begabten Jungen auf dem Rückweg mit nach Kassel zu nehmen und ihn in eines der besten Internate zu geben, ins Kasseler Mauritianum, mit dem Versprechen, "daß er zu allen guten Künsten und löblich Tugenden sollte auferzogen werden".

Heinrich wird von dem Angebot sehr überrascht gewesen sein. Was mag er gedacht haben ? Es war abzusehen, daß aus seiner musikalischen Weiterbildung in der kleinen Stadt nicht mehr viel werden würde, nachdem der Kantor und Komponist Georg Weber drei Jahre zuvor Weißenfels in Richtung des benachbarten Naumburg verlassen hatte.

In Kassel konnte Heinrich erheblich mehr hinzulernen, oder lag ihm überhaupt weniger an der Musik als an der Aussicht, die Welt zu sehen und es darin ein Stück weiterzubringen ? Träumte er? Bot Kassel die Voraussetzung zu einer akademischen Ausbildung, zu Ehr und Ruhm?

Die Eltern, Christoph Schütz und seine Frau Euphrosyne, berieten sich - und lehnten ab. Sie wollten den Jungen in seinem schwachen Alter nicht weggeben. Vielleicht fürchteten sie um seine Gesundheit. Der Landgraf Moritz zog unverrichteter Dinge davon.

Manche Gelegenheiten kommen eigentlich nur einmal. Landgraf Moritz muß aber Heinrich in so starker Erinnerung geblieben sein, daß er im Jahr darauf sein Angebot schriftlich erneuerte, ja sogar mehrmals "anderweit in Schriften um seine Person angehalten" hat!

Das ist, den Standesunterschied bedacht, ganz und gar ungewöhnlich. Und nun dämmerte den Eltern etwas, so das sie sprachen oder dachten: Ab nach Kassel - obwohl es diese Redensart noch nicht gab. Sie sagten sich vielmehr: Heinrich soll seinen Willen haben, den sie bemerkten, daß er "Lust und Beliebung trüge, in die Welt zu ziehen". Sein Leben stand ohnehin in Gottes Hand, Schutz gegen die Krankheit gab es nicht, und die Pest wütete gerade im nahegelegenen Leipzig, so daß der Oberhofgericht 1598 in die Weißenfelser Burg hätte umquartiert werden müssen.

Längst war den Eltern auch klar geworden, was es in diesen Zeiten bedeutete, mit den Söhnen des deutschen Adels und einigen Auserwählten des gehobenen Bürgertums auf Kosten des Landgrafen die Kassler Hofschule besuchen zu dürfen, die jetzt erweitert werden sollte und deren erfolgreiche Absolvierung die Universitätslaufbahn eröffnete, wenn nicht mehr. Christoph Schütz verfügte zwar über ein nicht unbeträchtliches Vermögen, hatte aber auch noch acht weitere Kinder zu versorgen. Er wollte jedoch auch mit eigenen Augen sehen, wohin er seinen Sohn Heinrich gab, weshalb er den Dreizehnjährigen selber nach Kassel brachte. Am 20. August 1599 ist Heinrich von seinem Vater an den Landgrafen übergeben worden.

Die Würfel waren zum ersten Mal gefallen, und man kann nicht behaupten, daß sich die beteiligten Personen allzu begriffsstutzig angestellt hätten.

Bis zum Jahre 1608 ging Heinrich auf die Kassler Hofschule. Für diese Schuljahre scheint dreierlei bei Heinrich bestimmend gewesen zu sein und ihn geformt zu haben:

1. die freie, unvoreingenommene Vermittlung von Musik von verschiedener Herkunft (von der strengen Lasso-Schule bis zu dem das Wort skandierenden neuen Vortragsstil;
2. am Hof gab es kein Glaubensdogma, so daß sowohl lutherisches als auch calvinistisches Liedgut vermittelt wurde und
3. die Begabten wurden niemals gedrängt und von ihnen mehr verlangt, als sie geben wollten.

Wahrscheinlich 1607 beendete er das Studium in Kassel und schrieb sich am 27. September 1608 an der Philippina zu Marburg an der Lahn für ein Jura-Studium ein. Damit gab er dem Drängen seiner Eltern und auch seiner eigenen Zukunftsvision auf eine „ordentliche Profession" nach, denn er dachte vorerst nicht im entferntesten an eine musikalische Laufbahn.

Im Juni 1608 kam der Landgraf Moritz mit seinem Hof nach Marburg und hielt einen Vortrag an der Universität. Dabei blickte der Landgraf ein zweites Mal auf seinen jungen Schützling und griff wiederholt folgenreich in sein Leben ein:

Weil derzeit in Italien ein zwar hochberühmter, aber eben doch schon alternder Musiker und Komponist lebe, solle er, Heinrich Schütz, es nicht versäumen, zu ihm zu gehen, ihn zu hören und „etwas von ihm zu ergreifen". Ein Stipendium von 200 Taler jährlich stehe ihm zur Verfügung.

So wurden alle Vorsätze bei Heinrich verrückt und gleichsam wider seiner Eltern Wille machte er sich 1609 auf nach Venedig zu Giovanni Gabrieli.

Die genaue Reiseroute nach Norditalien ist nicht bekannt. Man nimmt an das er unter anderem in Padua, Vicenza, Brescia und anderen damaligen großen italienischen Städten war. Dort wurde Heinrich auch mit der Musik der florentinischen Camerata, obwohl Florenz in der mittelitalienischen Toscana liegt, bekannt. 1611 schrieb Heinrich sein erstes Werk die "Il primo libro de Madrigali. Opus primum.", eine italienische Madrigale. Dieses Werk bestand aus 19 Teilen und ist vollständig in Italienisch.

1612 kehrte Heinrich aus Venedig nach Kassel, von dort nach Leipzig dann nach Weißenfels und von dort wieder nach Kassel zurück.

Bei Heinrichs Aufenthalt in Kassel, nach der Rückkehr aus Italien, hatte ihm der Landgraf Moritz 200 Gulden ausgeschrieben, eine Art Wartegeld in Höhe des Italien-Stipendiums, und nun sollte Heinrich frei entscheiden, wie es mit ihm weitergeht.

Bleibt er beim für damalige Verhältnisse als zweifelhaft empfundenes Dasein des Künstlers und Musikers oder sollte er wieder sein unterbrochenes Jurastudium aufnehmen, wie es der Vater wollte.

Heinrich verabschiedete sich von den ehrgeizigen Plänen seines Vaters - oder auch seinen Eigenen, wenn er welche gehabt hat - und entschied sich für das risikoreiche Leben des Künstlers.

Was kann ihn dazu veranlaßt haben? Was lies ihn wissen, daß er mit 28 Jahren die in so große Nähe gerückte "Profession" plötzlich drangeben und sich ganz der Musik verschreiben sollte? Vielleicht die in Spuren nachgewiesene Kompositionsarbeiten ab 1613, oder das größere Vorhaben in seinem Kopf, oder das Echo seines ersten Buches "Italienischer Madrigale", das die Kapellmeister jetzt überall eifrig studierten, oder der Landgraf Moritz, der nicht locker ließ, oder aber all dies Zusammen?

Jeder Mensch ist "terrae caeloque natus", für die Erde und den Himmel geboren.

Heinrich ging nach Kassel wo er der Privatsekretär des Landgrafen war. Darüber hinaus wurde er noch als Prinzenerzieher und als zweiter Organist nach Georg Otto beschäftigt. Das klingt bedeutender, als es ist. Musikalisch hieß das ein Wartestand. Heinrich zog die kontinuierliche Arbeit in der Stille einer schnellen Karriere an ihm fremden Höfen vor.

Landgraf Moritz nahm Heinrich mit auf eine Reise zum Dresdner Hof, wo seit 1611 Kurfürst Johann Georg I von Sachsen die Fäden in der Hand hielt. Und eben dieser wollte Heinrich an seinen Hof holen. Dadurch ergab sich ein über Jahre hinziehender Streit um Heinrich, der sich selbst nie in diesen Streit einmischte, das Schicksal über sich richten ließ und es eröffnete ihm eine verantwortungs- und segensreiche, wenn auch schwierige, Laufbahn.

In Kassel, wir schreiben das Jahr 1614, erprobte Heinrich indessen sich selbst und sein Können. Es ist die Stunde der Außerordentlichen, der Selbstentdeckung, für die es kein Zeugnis gibt, erst recht nicht bei Heinrich, dem Verschwiegenen, und nicht in dem an überlieferten Bekenntnissen so armen Jahrhundert.

Heinrich hat die Jahre zwischen 1613 und 1615 zweifelsohne für komponistische Experimente genutzt, da ihn die übrigen Aufgaben kaum ausfüllten.

In dieser kurzen Schaffensperiode wurden Heinrich und der Landgraf durch einen Brief vom 27. August 1614 von Johann Georg I überrascht. Der erbat sich aus einem dringenden Anlaß, nämlich der Taufe seines zweiten Sohns August, leihweise den Musiker Heinrich Schütz, aus. Landgraf Moritz erlaubte Heinrich an der Kindstaufe teilzunehmen.

Nach der Kindstaufe kam erst am 25. April 1615 wieder Nachrichten aus Dresden. In dieser bat Kurfürst Johann Georg den Kurfürsten Moritz ihm Heinrich wieder auszuleihen beziehungsweise er wollte Heinrich ganz haben. Landgraf Moritz mußte ihn wiederwillig hergeben, weil er Politisch im Nachteil gegenüber Hessen-Darmstadt, dem sich Sachsen enger verbunden fühlte, als dem kalvinistischen Kassel, war. So saß Moritz immer am kürzeren Hebel.

Am 2. Mai 1615 bestätigte der Kurfürst dankend Moritz' Zusage. Am 28. August 1615 sandte Landgraf Moritz seinen Organisten, Prinzenerzieher und Geheimsekretär Heinrich Schütz nach Dresden. Bis 13. Dezember 1616 gab es einen regen Briefverkehr zwischen Kassel und Dresden. Aber richtig interessant wird es erst wieder ab eben jenem 13. Dezember 1616. Der Kurfürst Johann Georg schrieb seinem Vetter dem Landgrafen Moritz, daß er Heinrich für sich behalten wollte.

Zu diesem Zeitpunkt meldete sich überraschend auch der Betroffene, Heinrich, selbst zu Wort und erläuterte am 16. Dezember dem Landgrafen Moritz brieflich, warum der Kurfürst seine Dienste gerade jetzt nicht entbehren könne:

Er, Heinrich, habe keine Zweifel, daß der Kurfürst ihn schließlich doch nach Kassel zurück entlassen würde, und ohne Gottes Gewalt wolle er niemals der landgräflichen Befehle entzogen sein. Dies klingt vorerst wie eine Entschuldigung seines treuesten Dieners.

Aber was bedeutet hier Gottes Gewalt?

Betrachtet man das restliche Schreiben, bleibt nicht viel übrig; Heinrich schien sich mit allem abzufinden und den Dingen seinen Lauf zu lassen.

Am 12. Februar 1617 war das Ringen um Heinrich endgültig zu Gunsten des kurfürstlichsächsischen Hofes entschieden, denn an diesem Tag wurde er zum kurfürstlich-sächsischen Hofkapellmeister ernannt. Aber er durfte noch einmal nach Kassel zurückkehren.

Johann Georg gab ihm am 17. Februar einen Dankesbrief an den Landgrafen mit auf die Reise. Zum Abschied schenkte der Landgraf ihm ein Medaillon an einer Kette (siehe Bild 3).

Im Amt als Kapellmeisters leitete Heinrich einige Reformen ein. Er ließ Noten kaufen, stellte Musiker ein, nahm eine umfangreiche Lehrtätigkeit auf, die von vielen seinen Komponistenschülern und Kapellknaben sehr gelobt wurde. Kurz nach 1617 komponierte Heinrich dreistimmige Tischgebete, die für zwei Hohe und eine tiefe Stimme waren.

Dies alles geht aus einem aufgefundenen Werk "Aller Augen warten auf dich", einer Frühform der in den "Cantiones sacrae" (SWV 88-93) und dann noch einmal in den "Zwölf Geistlichen Gesängen" (SWV 420-431) enthaltenen Vertonung, hervor.

1618 wurde Heinrich gemeinsam mit Michael Preatorius und Samuel Scheidt beauftragt, die Konzertmusik für den Magdeburger Dom einzurichten, wobei Heinrich in dem zwei Jahre jüngeren Scheidt einen neuen verläßlichen Freund fand.

Im April 1619 erschienen die "Psalmen Davids". Heinrich nahm damit eine Tradition auf, die sich vom königlichen Sänger David herleitete, dem die Psalmen zugeschrieben sind. Exemplare der "Psalmen Davids" gelangten bis nach Breslau, Königsberg und Danzig.

Heinrich war von jetzt an der Erste. Er war berühmt. Und es ist erstaunlich, wie wenig diesen Mann der Ruhm berührt, verändert oder beirrt hat.

Am 1. Juni 1619 heiratete Heinrich Magdalene Wildeck. Der Vater von Magdalene war der angesehene Dresdener Beamte und kurfürstlich sächsische Land- und Tranksteuer Buchhalter Christian Wildeck, die Mutter war Anna (geborene Hanitzsch), die Tochter eines Land- Rentmeisters. Magdalene wurde am 20. Februar 1601 geboren und war 16 Jahre jünger als Heinrich. Es wird angenommen, daß die "Psalmen Davids" als eine Art Heiratsantrag genutzt wurden. Für die Hochzeit bekam Heinrich insgesamt 173 Rheinische Gulden, 4 Schock, 76 Groschen, 6 Pfennig und eine Goldmedaille im Wert von 24 Talern aus verschiedenen Städten und Regierungsgebieten, unter anderem aus Zeitz, Dresden, die mit 168 Gulden und 6 Groschen das Meiste gaben, Chemnitz und Magdeburg.

Nach seiner Hochzeit reiste Heinrich nach Bayreuth. Aus dieser Zeit gibt es nichts nennenswertes zu berichten.

Die nächste nennenswerte Jahreszahl in Heinrichs Leben ist das Jahr 1625.

In eben diesem Jahr schrieb Heinrich die "Cantiones Sacrae. Opus Quartum. Opus Ecclesiasticum Primum. - Cantiones sacarae -". Dieses Werk bestand aus 40 Pars und war wie schon bei der 1611 entstandene "Il primo libro de Madrigali" vollständig in Italienisch. Weiterhin entstanden 1625 die "De Vitae Fugacitate. Aria" und die " Ultima verba Psalmi 23.". Das erste war eine Trauermusik und das andere war eine sechsstimmige Trauermotette mit Coninuo, anläßlich des Todes seines Studenten Jakob Schultes und Magdalenas jüngeren Schwester Anna Maria, die am 15. August an Typhus verstarb.

Wenig später starb dann auch Heinrichs Frau Magdalena nämlich am 6. September an Blattern. Heinrichs Ehe hatte ganze 6 Jahre und 14 Tage angedauert.

1626 begannen die Arbeiten an der Übersetzung der Italienischen Oper "Daphne" ins Deutsche, die aber durch den Thronwechsel in Darmstadt durch den Tod des damaligen Landgrafen von Hessen Ludwig V. (sein Sohn Georg wurde Thronfolger und bekannt als Georg II. von Hessen) um ein Jahr verschoben werden mußten. Als Heinrich die Arbeit 1626 wieder aufnahm, wurde die Suche nach einem Dichter, der die Oper ins Deutsche umschreibt, forciert. Er konnte Martin Opitz, der als mittelmäßiger Dichter galt, gewinnen. Opitz schrieb die Oper wegen formaler Unzulänglichkeiten von Rinuccinis Libretto kurzerhand neu. So wurde sie zu einem fünfaktigen Drama ohne Verzierungen.

Die erste Aufführung fand am Abend des 13. Aprils im Schloß Hartenfels bei Torgau statt. Man nimmt an, daß sie im Tafelsaal, wo auch die Fürstenhochzeit war, stattfand. Und damit endet die dreißigjährige Geschichte der beiden Daphne-Opern, die jeweils als die "Erste" gelten. Seltsam ist nur, daß beide Opern, die von Peri (1597) bis auf einen Rest und die von Heinrich (1627), verlorengegangen sind. So, als sollten wir über die wirklichen Anfänge der Opern im Dunkeln gelassen werden.

Der Versuch von Heinrich eine deutsche Oper zu etablieren, ist im Ganzen vergeblich gewesen. Anläßlich des „Mühlhauser Fürstentages" vom 4. Oktober bis 5. November 1627 in Dresden komponierte Heinrich die Begrüßungsmusik, "Da pacem, Domine", eine doppelchörige Motette. Es war die erste Kongreßmotette.

Außerdem komponierte Heinrich in diesem Jahr noch die Aria "Glück zu dem Helikon". Den Text dazu schrieb Martin Opitz bereits vor 1627. Diese Werk war vollständig in Deutsch.

1627 war auch das Jahr in dem Heinrich unbedingt noch einmal Italien bereisen wollte, weil es Gerüchten nach dort eine neue Musikrichtung geben sollte. Erst im Spätsommer 1628 war es soweit, daß ihn Johann Georg nach Italien reisen ließ.

Es ist anzunehmen, daß Heinrich 1627 in Parma Claudio Monteverdi traf und sich von ihm für die "Symphoniae sacrae I" (1629 entstanden), für die "Symphoniae sacrae II" (1647 entstanden) und für die "Symphoniae sacrae III" (1650 entstanden) inspirieren ließ.

Am 29. Juni schrieb Heinrich dem Kurfürsten, daß er sich auf den Heimweg nach Dresden machen will, aber es ihm am nötigen Kleingeld fehlt.

Das sichtbare Ergebnis seiner zweiten Italienreise war die am 1. September 1629 erschienene "Symphoniae sacrae I", die lateinische geistliche Gesänge beinhaltet. Erst am 20. November 1630 kam Heinrich zurück nach Dresden.

Im September 1633 wollte Heinrich nach Kopenhagen aufbrechen, wo er bei den bevorstehenden Festlichkeiten anläßlich der Vermählung des dänischen Kronprinzen dringend benötigt wurde. Aber Heinrich reiste von Hamburg nicht nach Kopenhagen, sondern erst nach Amsterdam. Dort lernte er den jungen erst 27-jährigen Maler Harmensz van Rijn, später unter dem Namen Rembrandt bekannt geworden, kennen. Schütz saß Rembrandt zu einem seiner bedeutendsten Porträts, dem in alle Kataloge und Gesamtausgaben aufgenommenen, 1633 datierten und signierten „Bildnis eines Musikers", Modell. (siehe Bild 2),

Im November 1633 war Heinrich wieder in Hamburg und begab sich von dort aus auf kürzestem Wege nach Hadersleben am Kleinen Belt, von der aus Schütz gemeinsam mit dem Kronprinzen Christian am 6. Dezember die Reise nach Kopenhagen fortsetzte.

Bereits am 10. Dezember wurde Heinrich zum dänischen Hofkapellmeister ernannt und am 18. Dezember wurde die Ernennung vom König publik gemacht. Damit trat er die seit 1632 verwaiste Stelle eines Praeceptor musicalis danius an. Er erhielt die Vollmachten, die Kapelle zu reformieren, die Verantwortlichkeiten neu festzusetzen und Musiker zur Vervollständigung von Chor und Orchester zu verpflichten. Innerhalb kürzester Zeit stellte er ein Ensemble zusammen, das bereits im April 1634 mit den Proben für die Oktober - Festlichkeiten beginnen konnte. Auf Grund der Nachricht vom Tode seiner Mutter, die am 5. Februar 1636 in Weißenfels gestorben war, kehrte Heinrich, mit für damalige Verhältnisse großen Geschenken bedacht, nach Dresden zurück.

Heinrich überraschte im Herbst 1636 mit einem Werk über den Verfall der Kunst und kommunizierenden Gesellschaft "Erster Theil Kleiner Geistlicher Conzerte" mit 1, 2, 3, 4, und 5 Stimmen in der Musik, übersetzt durch "Heinricum Sagittarium".

Wegen der großen Kriegswirren im Sächsischen, verließ er Dresden wieder, um zum 2. Mal nach Dänemark zu reisen. Dort stellte er die Partitur von „Orfeo und Euridice", einer BallettOper, her. Das Szenarium und die Liedtexte dazu stammten von dem Wittenberger PoesieProfessor August Buchner, mit dem Heinrich seit 1626 in enger brieflicher Verbindung stand. Buchner hat diese Arbeit nach genauen Anweisungen von Heinrich realisiert. Heinrich kehrte im Frühjahr oder Sommer 1638 zurück nach Dresden.

Am 2. Juni 1639 schloß Heinrich die Arbeiten an "Anderer Theil Kleiner Geistlicher Concerte" ab.

Nach einem Abstecher nach Hildesheim im Januar 1640, wo er Andreas Möring kennenlernte, kehrte er zum Jahreswechsel 1640/41 wieder zurück nach Dresden.

Direkt nach seiner Rückkehr wurde er von einer schweren Krankheit Heimgesucht, die ihn für mehrere Wochen außer Gefecht setzte. In einem Brief vom 7. März 1641 schrieb Heinrich dem Kurfürsten, daß er Dank der Hilfe Gottes dem Tod von der Schippe gesprungen war.

Trotzdem hatte Heinrich in diesem Jahr zwei Neuvorstellungen in seinem Komponistendasein zu vermelden. Erstens die "Teutoiam dudum belli atra pericla molestant", eine Huldigung der schlesischen Stände und zweitens "Ich beschwöre euch, ihr Töchter zu Jerusalem".

Im Frühjahr 1642 machte er eine weitere, die dritte Dänemarkreise, weil zu Hause nichts zu tun war und er sich wieder fit fühlte. Am 3. Mai 1642 wurde er in Kopenhagen offiziell als "Oberkapellmeister" empfangen. Aber bereits kurz danach verließ er Kopenhagen wieder in Richtung Dresden, zur Geburt und zur Taufe des ersten Kurfürstlichen Kindes, Sibylla Maria, die fünf Monate später am Kindstod starb.

Kurz nach derTaufe von Sibylla Maria verließ er Dresden wieder, zu seiner vierten Dänemarkreise. Mit im Gepäck nach Kopenhagen hatte Heinrich mehrere Musiker. Die eineinhalb Jahre in Dänemark zählten zu den ruhigsten in seinem Leben; er vollendete den zweiten Teil der "Symphoniae sacrae" und konnte deren Reinschrift dem Kronprinzen Christian im Mai 1644 zum Abschied überreichen. Seine letzte dänische Besoldung erhielt er am 30. April 1644.

Zwischen dem 22. Oktober 1644 und dem 17. März 1645 soll sich Heinrich mit Unterbrechungen in Braunschweig aufgehalten haben. Es ist aber nichts genaueres darüber bekannt. Nur das er irgendwann nach Leipzig reiste und dort auch bis 1648 vielleicht aber auch bis 1650 bis auf wenige Reisen blieb.

Aus dem Jahr 1646 ist nicht allzuviel bekannt nur das er das Konzert "O du allersüßester und liebster Herr Jesu" schrieb.

Zwischen dem 7. und 15. Februar 1647 war Heinrich entweder auf eigenen oder auf Wunsch des Kurfüstens in Weimar zum Geburtstag von der Frau vom weimarischen Herzog Wilhelm.

Als einziges Zeugnis von dieser Veranstaltung und Heinrichs Teilnahme haben wir heute nur noch das "Danck-Lied".

Als seinen Beitrag zum Friedensjahr 1648 veröffentlichte er die "Musicalia ad Chorum Sacrum" was eine geistliche Chormusik ist und auch unter dem Namen der "Geistlichen Chormusik" bekannt wurde. Dieses Werk widmete er "den Bürgermeistern und Ratsleuten Leipzigs aber auch den einfach singenden und betenden Menschen im Lande".

Bis zum Jahr 1650 sind die Überlieferungen Heinrichs sehr wage und unvollständig. Und deswegen beginne ich auch erst wieder Anfang 1650 weiter über Heinrich zu schreiben, weil ich mich nicht an Spekulationen über Heinrich beteiligen will und kann.

Anfang 1650 kehrte Heinrich wegen einiger Anlässe zurück nach Dresden. Unter anderem soll er bei der Gründung der kurprinzlichen Kapelle geholfen und am 22. Juli beim MariaMagdalenen-Tag gesungen haben.

Weiterhin beendete Heinrich 1650 seine Arbeiten an der "Symphoniae sacrae III", die aber erst am 14. Januar 1651 uraufgeführt wurden.

Am 11. April 1651 wandte sich Heinrich an den Geheimsekretär Christian Reichbrodt, mit dem Begehren nach Ruhestand! Diese Begehren wurde abgelehnt. Bis Anfang 1652 gab es noch weitere solcher Begehren, die jedoch alle abgelehnt wurden.

Anfang Mai 1652 erkrankte Heinrich abermals schwer so das er für drei Wochen bettlägerig war. Aber er rappelte sich wieder auf und bat erneut um seine Pensionierung. Er begründete es mit der Abnahme seiner Sehkraft. Nach dem 11. Oktober machte Heinrich noch eine Herbst-und Winterreise nach Halle und Weißenfels.

1652 Veröffentlichte Heinrich ein Trauerlied "O meine Seel, warum bist du betrübet?" für Anna Margaretha Brehm.

Er kehrte erst am 21. August 1653 nach Dresden zurück, trotzdem mußte er feststellen das seine Bitte um die Pensionierung immer noch nicht beantwortet worden war.

Nach dem Tode Johann Georgs I, zwischen Sommer und Herbst 1656, kam sein 43- jähriger Sohn Johann Georg II an die Macht. Er gab sein Einverständnis, daß Heinrich, fast fünfeinhalb Jahre nach seiner ersten Bitte um Pensionierung, endlich in den wohlverdienten Ruhestand gehen dürfte, aber trotzdem zur "besonderen Verfügung des Hofes zu stehen" hat. Nachdem er nun im Ruhestand war, verkaufte er sein Dresdener Haus und mietete sich in der Moritzstraße 10 eine Wohnung. Wenig später zog er sich nach Weißenfels zurück.

Erst 1657 wurde man wieder auf Heinrich mit den "Zwölf Geistliche Gesänge" aufmerksam. Danach wurde es bis 1660 wieder sehr still um ihn. In der zweiten Jahreshälfte war er in Dresden und half bei der Beendigung der "Beckerschen Psalters", die er am 10. April 1661 dem Herzog von Braunschweig übergab. Nur danach scheinen alle biographischen Zeugnisse bis zum Herbst 1662 zu fehlen.

1663 wurde die Arie "Wie wenn der Adler sich aus seiner Klippe schwingt" veröffentlicht.

1664 schickte Heinrich dem Wolfenbütteler Herzog ein "Buch" mit all seinen bis 1661 veröffentlichten Werken. In diesem "Buch" werden aber die "Beckerschen Psalten" als die "Opera Decima Quarta" bezeichnet.

1664/65 waren produktiv gesehen, zwei sehr gutes Jahre für Heinrich. Die "Lukas-Passion", die "Weihnachtshistorie", die "Matthäus-Passion" und die "Johannes-Passion" sprechen Bände, vor allem weil Heinrich immerhin schon 80 Jahre alt war.

Nachdem er die "Matthäus-Passion" 1666 beendet hatte, setzt er sich immer noch nicht endgültig zur Ruhe. Er hatte erst einmal den Tod seines letzten Bruders Benjamin zu verdauen. Vielleicht aus dem Schock vom Tod seines Bruders oder vielleicht doch wegen Erschöpfung setzte er sich bis 1668 zur Ruhe. Danach fing er mit den Arbeiten am "Schwanengesang" an, die er jedoch durch den Weißenfelser Stadtbrand, bei dem er verschont blieb, für kurze Zeit unterbrechen mußte.

Aus meiner Quelle geht hervor, daß Heinrich 1670 wahrscheinlich zum vorletztem Mal nach Dresden reiste, um sich eine Gruft auszusuchen und diese sich dann vorbereiten ließ. Danach fuhr er wieder nach Weißenfels zurück Dort hatte er dann 1671 die Arbeiten am "Schwanengesang" abgeschlossen.

In seinem Testament hinterließ er all seinen Grundbesitz und sein ganzes Geld seiner Schwester Justina, die aber ein halbes Jahr vor ihm starb, und der Enkelin Gertraud Seidel.

Am 6. November 1672 zwischen 9 Uhr und 11 Uhr starb dann auch Heinrich Schütz. Er wurde 87 Jahre alt und hinterließ 631 Werke wovon 524 bis heute gefunden wurden.

Auf Grund dessen, daß es über Heinrich Schütz nur sehr wenig Material gibt, ist es auch äußerst schwierig seine Werke zu interpretieren. Sein Hauptwerk, die 1. deutsche Oper „Daphne" ist verschollen, so daß ich mich mit einem Werk auseinandersetzen will, welches er am Ende seines schaffensreichen Lebens geschrieben hat, nämlich der „Weißenfelser Passionen".

Dabei verwende ich wiederum Aussagen aus dem Werk von Martin Gregor-Dellin: „Heinrich Schütz - Sein Leben, Sein Werk, Seine Zeit". Henschelverlag, Kunst und Gesellschaft, Berlin 1985.

Eine genaue Datierung, wann Heinrich mit der Arbeit an der „Weißenfelser Passionen", auch Weihnachtshistorie genannt, begann, liegt vollkommen im Dunkeln. Wolfram Steude hat mit seinen jüngsten Dresdner Untersuchungen einen brauchbaren Zeitbegriff vermittelt, an den man sich halten kann.

Kurze Zeit nachdem Johann Georg II. (ca.1657) an die Regierung gekommen war, muß Heinrich angeregt worden sein, mit den Vorarbeiten zur Weihnachtshistorie zu beginnen. Eine erste Fassung und Vorübung, „die Geburth Christi, in stilo recitativo", erklang dem Hofdiarium zufolge in Dresden bereits am 25. Dezember 1660. Die Historia von der Geburt Jesu Christi ist ein Werk ohne eigentliche Vorläufer und ohne Vergleich. So reich die Tradition, an die Heinrich mit sienen Passionen anknüpfen konnte, so neuschöpferisch mußte er bei der Vertonung der Weihnachtsgeschichte sein. Das tastende Vorwagen auf unbekanntes Gelände erklärt wohl auch die stufenweis reifende Vollendung bis zum durchkomponierten Großwerk. Für 1662 kann man mit Sicherheit die Aufführung einer Zwischenfassung annehmen. Erst 1664 scheint das Werk, das den Namen Oratorium verdient, in seiner heutigen Gestalt erklungen zu sein.

Das reich ausinstrumentierte Werk, nach Texten aus den Evangelien des Lukas und des Matthäus, steht ionisch in F, vordergründig F-Dur, interpretierbar als die alte Pastoral-Tonart. Acht handlungstragende „Intermedien" werden durch einen vom Continuo begleiteteten Evangelisten, einen „hellen Tenor", verbunden und von einer Inroduktion für vierstimmigen Chor und fünfstimmiges Orchester sowie einem Beschluß eingerahmt. Die szenische Folge in „Intermedien"- den Begriff gebrauchte Heinrich im Sinn Monteverdis- erinnerte an alte religiöse Volksschauspiele, und in der Tat läßt sich nicht wiederlegen, daß man die Weihnachtshistorie auch szenisch aufgeführt hat, wie es einst bei den Augsburger Passionsspielen und seit 1634 in Oberammergau mit der Leidensgeschichte Jesu der Brauch war. Die Baßfigur des Kindelswiegens in den Intermedien Nr.1, 7 und 8 lädt geradezu ein, sich ein Krippenspiel vorzustellen. Auch der Zug der Heiligen drei Könige, die Heinrich- auch darin wieder Theologe und eigenwilliger Exeget - instrumental schlicht als „Boten" charakterisiert, läßt sich räumlich gliedern.

Ein schieres Wunder sind die Rezitative. Der Evangelist erzählt in einem Parlando von so großer Natürlichkeit, daß der Komponist in der Vorrede mit Recht behaupten konnte,dergleichen sei „bishero in Teutschland seines Wissens in Druck noch nie hervorgekommen". Der 80-jährige vereint in seinem Werk alle seine Künste und Eigenschaften, von der Aneignung der venezianischen Madrigalkultur bis in die scheinbar einfache, aber schwer zu machende Polyphonie seiner Chormusik. Es wechseln akkordisch-homophone Elemente mit kontrpunktischer Mehrstimmigkeit, und nachdenklicher Ernst wie in dem nun wiederkehrenden Jeremias-Zitat, der Klage Rahels über ihre Kinder, eine jetzt chromatisch absteigende Sequenz auf „viel Klagens, Weinens und Heulens", wird abgelöst von Traulichem, Eingängigem und fast Liedhaftem. Wen niemals sonst eine Note von Heinrich erreicht hat, dessen Ohren hat gewiß einmal jenes vom Himmel absteigende „Ich verkündige euch" der Engel getroffen, unter dem das Kindlein gewiegt wird. Die „Histioria der freuden- und gnadenreichen Geburt Gottes und Mariens Sohnes Jesu Christi" wurde zur klassisch- populärsten Komposition Heinrichs.

Heinrich gab das Werk damals nur teilweise heraus, weil er in Sorge um eine würdige Wiedergabe war. Er ließ nur die Evangelistenstimmen drucken und behielt die Stimmen des „Concertchores" handschriftlich zurück.

Die zeitliche Nähe der Weihnachtshistorie zu den drei Passionen nach Lukas, Matthäus und Johannes könnte dazu verleiten, sie in einem Atemzug zu nennen. Nichts wäre falscher als das.

Der alternde Heinrich wandte sich noch einmal einem ganz anderen Werktypus zu. Was in der Weihnachtshistorie als Neuschöpfung klangprächtig hervortrat, war in den Passionen Abschluß und Vollendung einer in Jahrhunderten gewachsenen Form, in der der große Stoff seine dramatische Verlebendigung erfuhr.

Aus eben demselben Grunde ist auch ein Vergleich mit den Bachschen Passionen unmöglich, da beide Musiker, Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach, in ihrer Zeit eine jeweils andere Entwicklung zu ihrem Ende und Höhepunkt geführt haben.

Für alle drei Schützschen Passionen gilt das gleiche Formgesetz:

- unbegleitetes Rezitativ für Erzähler, Jesus und Einzelpersonen;
- knappe chorische Reden der Menge;
- Verzicht auf jede Art von Zwischenspiel;
- Verzicht auf jede instrumentale Begleitung (dies ist der äußerlich auffallendste Unterschied zur Weihnachtshistorie);
- kurze Chorintroduktion, die praktisch nur den Titel erzählt und
- chorischer Ausklang.

Im Vergleich zu der herben Lukas-Passion ist die Matthäus-Passion mannigfaltiger und die Johannes-Passion leidenschaftlicher und mystischer.

Die Lukas-Passion wurde 1663 oder 1664 an Palmarum in Dresden aufgeführt; die MatthäusPassion 1666 am Sonntag Judica und die Johannes-Passion in der ersten Fassung am Karfreitag 1665 und in der zweiten Fassung nach der Matthäus-Passion des Sonntags Judica am Karfreitag des Jahres 1666. Für die Erstfassung der Johannes-Passion gibt es auch einen authentischen Schlußvermerk: „Weißenfels, d. 10. Aprilis Anno 1665."

Leben und Schaffen

1585 - Heinrich Schütz am 8. Oktober in Köstritz geboren

- 9. Oktober getauft

1598 - Landgraf Moritz von Hessen Kassel entdeckt Heinrich in Weißenfels

1599 - Heinrich geht nach Kassel

1608 - Heinrich studiert Jura in Marburg

1609 - Heinrich geht nach Italien und beginnt in Venedig sein Studium bei Giovanni Gabrieli

1612 - Gabrieli stirbt, Heinrich setzt sein Studium fort

1613 - Rückkehr nach Kassel

1614 - Vorübergehend in Dresden, Beginn des Streites um Heinrich zwischen Johann Georg I. von Sachsen und Moritz von Hessen

1615 - Heinrich de facto kursächsischer Hofkapellmeister

1617 - Endgültige Übersiedlung nach Dresden, Ernennung zum Hofkapellmeister

1619 - Psalmen Davids, Heirat mit Magdalena Wildeck, Orgelprobe in Bayreuth

1623 - Auferstehungshistorie, Geburt der Tochter Euphrosyne

1625 - Cantiones sacrae, Magdalena gestorben

1628 - Zweite Italien- Reise zu Monteverdi

1629 - Symphoniae sacrae I.

1633 - erste Kopenhagen-Reise, Ernennung zum dänischen Hofkapellmeister 1634 - dänische Fürstenhochzeit: Festmusik zur Vermählung

1635 - Rückkehr nach Dresden, Mutter gestorben

1636 - Kleine Geistlichen Konzerte I.

1639 - Kleine Geistlichen Konzerte II.

1641 - schwere Erkrankung

1642 - zweite Kopenhagen- Reise, Rückkehr nach Dresden

1647 - Symphoniae sacrae II.

1650 - Symphoniae sacrae III.

1653 - Lukas-Passion begonnen

1655 - Tod von Euphrosyne, Heinrich wird Wolfenbütteler Hofkapellmeister von Haus aus

1656 - Ernennung zum Oberkapellmeister von Dresden und Gewährung des Ruhestandes

1662 - Weihnachtshistorie

1664 - Lukas-Passion, Weihnachtshistorie 2. Fassung

1666 - Matthäus- Passion

1670 - Reise nach Dresden 1671 - Schwanengesang

1672 - am 6. November in Dresden gestorben, am 17. November beigesetzt

Gesellschaftliche Stellung

Heinrich war im Mittelstand geboren und gestorben, er arbeitete für den Adel. Er galt als angesehener und auch gerngesehener Komponist. Sein Bekanntheitsgrad war sehr hoch, etwa mit dem heutigen Bekanntheitsgrad eines Boris Beckers gleichzusetzen.

Er war der Hofkapellmeister in Dresden und Kopenhagen später war er sogar der Oberkapellmeister in Dresden.

Zeitgeschichtliche Einteilung

Heinrich lebte in der Zeit des Barocks. Er erlebte den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) voll mit. In dieser zeitgeschichtlichen Einteilung sind von Heinrich nur das Geburts- und das Sterbedatum von mir aufgeführt worden.

-1585 Heinrichs Geburt

-1587 Volksbuch vom Dr. Faust erschienen

-1589 Heinrich IV. von Navarra König von Frankreich

-1593 Rudolf II. beginnt seinen Krieg gegen die Türken

-1597 die erste Oper „Dafne" von Jacopo Peri in Florenz uraufgeführt

-1600 Giordano Bruno in Rom als Ketzer verbrannt worden

-1606 Rembrandt geboren

-1607 Monteverdis „L'Orfeo" in Mantua aufgeführt

-1609 Galilei führt das von ihm konstruierte Fernrohr in Venedig vor

-1610 Ermordung von Frankreichs König Heinrich IV.

-1611 Ludwig XIII. König von Frankreich. Adolf König von Schweden

-1612 Deutschlands Kaiser Rudolf II. gestorben, Matthias neuer Kaiser

-1616 Shakespeare gestorben

-1618 Johannes Kepler entdeckt Gesetz der Planetenbewegung. Prager Fenstersturz. Rebellion der Stände. Beginn des Dreißigjährigen Krieges

-1619 Kaiser Matthias gestorben, Ferdinand II. neuer Kaiser

-1624 Kardinal Richelieu Minister unter Ludwig XIII.

-1625 Wallenstein Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen

-1630 Wallenstein entlassen. Schweden landen in Pommern

-1632 Wallenstein zurückberufen. Schwedens König Adolf fällt bei Lützen

-1633 Galilei in Rom zum Widerruf verurteilt

-1634 Wallensteins Ende. die Kaiserlichen siegen bei Nordlingen

-1637 Ferdinand III. deutscher Kaiser

-1642 Die Schweden verwüsten Sachsen

-1648 König Christian IV. von Dänemark gestorben. Ende des Dreißigjährigen Krieges ( Westfälischer Frieden)

-1657 Gründung des Herzogtums Sachsen- Weißenfels

-1658 Leopold I. deutscher Kaiser

-1660 Grundsteinlegung für das Weißenfelser Schloß

-1661 Ludwig XIV. König von Frankreich

-1665 die große Pest in London

-1667 Dresdener Komödienhaus eröffnet

-1672 Heinrichs Tod

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Heinrich Schütz
Autor
Jahr
1999
Seiten
20
Katalognummer
V94933
ISBN (eBook)
9783638076135
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich, Schütz
Arbeit zitieren
Ulma (Autor:in), 1999, Heinrich Schütz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94933

Kommentare

  • Gast am 11.7.2005

    Ulmas Schützarbeit.

    Diese Arbeit ist sehr sehr schlecht und man darf diesen Stil auf keinen Fall kopieren in eigenen Arbeiten.
    Dramatisierungen und rhetorische Fragen sind auf jeden Fall tabu, wenn man ernst genommen werden will ("War er lange krank gewesen? Blieb er empfindlich, von zartem Körperbau?") Das ist einfach grausam.
    Es gibt ein kleines Büchlein von Eggebrecht "H.S. Musicus poeticus" dass sehr gut als Einführung in Schütz geeignet ist, auch wenn es bereits ziemlich alt ist.
    In jedem Fall sollte man in eigenen Arbeiten den biographischen Teil minimieren, es interessiert wirklich keinen Lehrer oder Dozenten/Professor, wie genau man aus den Standardbiographien oder Lexika abgeschrieben hat.
    Eigene Arbeiten können tabellarisch (www.schuetzgesellschaft.de)
    oder im Schnelldurchlauf wichtige Lebensdaten beinhalten, und dann aber auf das eigentlich Interessante zu kommen, die Werke.
    Wenn man ein Werk ausgiebig angeschaut hat und in seiner Arbeit analysiert und vorstellt, dann reicht das schon für eine gute Studienarbeit aus.
    Mailt mir bei Fragen.
    bstock

  • Gast am 27.4.2001

    Biographier Heinrich Schütz.

    Die Biographie ist auf ihre länge gesehen zwar informativ, aber ich denke, störend sind die rhetorischen Fragen. Auch die eigene Meinung, die zwar nicht direkt, aber in meinen Augen indirekt geäußert wurde, ist in einer solchen Biographie fehl am Platz. Mir fehlen auch an einzelnen Stellen erwähnte Bilder (z.B.: "Bildnis eines Musikers"). Diese benannten bilder konnte ich leider nicht finden.
    Ansonsten befinde ich die Biographie für fast gelungen, denn eionzelne Abschnitte, die hier als nicht übermittelt aufgeführt wurden fehlen, denn sie wurden teilweise noch überliefert, denn sonst hätte ich sie nicht gefunden.

Blick ins Buch
Titel: Heinrich Schütz



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden