Insekten als Futtermittel. Umweltwirkungen der Fütterung von Insekten anstelle von Soja in Deutschland


Hausarbeit, 2020

48 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeich

Tabellenverzeichni

Abbildungsverzeichn

1 Einleitun

2 Einsatz von Soja als Futtermittel in Deutschland
2.1 Produktion und Verwendung als Futtermittel
2.2 Import von Sojaprodukten im Jahr 2017/18
2.3 Umweltbelastungen der Sojaproduktion

3 Insekten als Futtermittelalternati
3.1 Aktuelle Rechtslage in Deutschland
3.2 Verwendung als Futtermittel
3.3 Ressourcenverbrauch und Emissionen

4 Ableitung der Forschungsfrage

5 Method
5.1 Theoretischer Rahmen und Grenzen
5.2 Selektierte Insektenarten
5.3 Ausgewählte Lebenszyklusanalysen für die Insektenproduktion
5.4 Kalkulation der Landnutzung
5.4.1 Durch die Produktion von Soja verursachte Landnutzung
5.4.2 Landnutzung durch die Produktion von Insektenprotein
5.5 Kalkulation der CO2 Emissionen
5.5.1 CO2 Emissionen des Sojaanbaus
5.5.2 CO2 Emissionen der Insektenzucht
5.6 Kalkulation des Energieverbrauchs
5.6.1 Energieverbrauch des Sojaanbaus
5.6.2 Energieverbrauch der Insektenzucht

6 Ergebniss
6.1 Landnutzung
6.2 CO2 Emissionen
6.3 Energieverbrauch
6.4 Szenario für den Ersatz von Sojafutter in Deutschland

7 Diskussion und Ausblic

Literaturlis

Abkürzungsverzeichnis

AS = Aminosäure

DM = Dry Mass (Trockenmasse)

eq. = equivalent

exkl. = exklusiv

FAO = Food and Agriculture Organization

ha = Hektar

kg = Kilogramm

LCA = Life Cycle Assessment

LUC = Land Use Change

Mio. = Millionen

MJ = Megajoule

o.D. = ohne Datum

TJ = Terajoule

to = Tonnen

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Sojaimport Deutschland (Oilworld 2017)

Tabelle 2: Verfügbarkeit Sojabohnen und Sojaschrot

Tabelle 3: Nährwerte ausgewählter Insektenarten und Sojaschrot

Tabelle 4: Als Futtermittel verwendetes Sojaschrot nach Herkunftsland

Tabelle 5: Landnutzung des Sojaschrots

Tabelle 6: Ertrag Protein nach Herkunftsland

Tabelle 7: Landnutzung Hermetia illucens. L und Tenebrio molitor. L

Tabelle 8: Anteil konventioneller Landwirtschaftsflächen in den Herkunftsländern

Tabelle 9: CO2 Emissionen des konventionellen und nachhaltigen Sojaanbaus

Tabelle 10: CO2 Emissionen des Sojaanbaus für Futtermittel in Deutschland 2017

Tabelle 11: CO2 Emissionen Hermetia illucens. L und Tenebrio molitor. L

Tabelle 12: Energieverbrauch des Sojaanbaus für Futtermittel in Deutschland 2017

Tabelle 13: Energieverbrauch Hermetia illucens. L und Tenebrio molitor. L

Tabelle 14: Möglicher Ersatz Sojaschrot durch Hermetia illucens und Tenebrio molitor nach aktueller Datenlage

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Landnutzung bei Ersatz von Soja- durch Insektenprotein in ha

Abbildung 2: CO2 Emissionen bei Ersatz von Soja- durch Insektenprotein in to

Abbildung 3: Energieverbrauch bei Ersatz von Soja- durch Insektenprotein in to

Abbildung 4: Ergebnisse bei Ersatz von Soja- durch Insektenprotein nach aktueller Datenlage

1 Einleitung

Das Wachstum der Weltbevölkerung sowie der Mittelschicht führte in den letzten Jahrzehnten zu einem rasanten Anstieg des Fleischkonsums, mit weiter stei­gender Tendenz (van Huis et al., 2013). Bis 2050 wird sich die Nachfrage nach Fleischprodukten nochmals um 75% erhöhen, prognostiziert ist eine Steigerung des Pro-Kopf Konsums von 28 kg im Jahr 2005/2007 auf 42 kg im Jahr 2050 in Entwicklungsländern und von 80 auf 91 kg in entwickelten Ländern (Herrero et al., 2015).

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung rückt die Fleischproduktion immer mehr in den Fokus der Diskussion um die Umweltwirkungen unserer Lebensweise sowie die Endlichkeit der Ressourcen unseres Planeten (Hunter, 2018). Denn die Fleischproduktion verursacht signifikante Landschaftsänderungen und die Zerstö­rung von Ökosystemen (Rockström et al., 2009), ist verantwortlich für 14,5% der weltweiten CO2-Emissionen (Gerber et al., 2013 ) und die Zerstörung der Biodiver­sität (Chaudhary et al., 2016), und weist einen hohen Bedarf an Ressourcen wie Wasser und Energie auf (Mekonnen & Hoekstra, 2012). 70% der gesamten Landwirtschaftsflächen der Erde werden für die Fleischpro­duktion benötigt, wobei nahezu 50% davon für die Erzeugung von Futtermitteln benötigt werden (Steinfeld et al., 2006). Zudem ist die Feed Supply Chain verant­wortlich für 33% der durch Viehzucht verursachten Emissionen (FAO, 2016). Ein Großteil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, denen eine Produktionsmengen­steigerung von etwa 43% bis zum Jahr 2050 prognostiziert wird, wird nicht für den menschlichen Konsum, sondern für die Fütterung von Nutztieren verwendet wer­den (Alexandratos & Bruinsma, 2012).

Diese Entwicklung stellt Produzenten vor dem Hintergrund endlicher Ressourcen vor die Herausforderung, den zukünftigen Bedarf an Lebensmitteln sicherzu­stellen. Neben der Reduzierung des Fleischkonsums kann auch die Optimierung der Fleischproduktion, zu der unter anderem die Herstellung und Verarbeitung von Futtermitteln gehören, zur Reduzierung der Umweltschäden und zur Schonung von Ressourcen beitragen (Hunter, 2018).

Soja gehört wie Raps zu den Eiweißfuttermitteln und wird in Deutschland zu na­hezu 100% importiert, da im Inland nicht ausreichend Flächen für die Sojaproduk­tion zur Verfügung stehen (BLE, 2018). Von allen pflanzlichen Eiweißfuttermitteln ähneln der Proteingehalt und das Aminosäureprofil der Sojabohne denen von tierischem Protein am meisten, so dass Soja vor allem in der Geflügel- und Schwei­neproduktion nahezu unersetzlich ist (Mosse, 1990). Die Nachfrage nach Soja wurde neben dem rasanten Anstieg des Fleischkonsums auch durch den BSE Skandal Anfang der 2000er Jahre verstärkt (Reichert & Reichardt, 2011). Bei ei­nem pro-Kopf Verbrauch von 88,1 kg Fleisch in Deutschland (Statista, 2019) kon­sumiert jede Person indirekt etwa 36 kg Soja (Meretz & Mannigel, 2017). Die Um­weltwirkungen der Verwendung von Soja als Futtermittel sind gravierend - dazu gehören ein hoher Flächenbedarf (Reichert & Reichardt, 2011) und die Zerstörung von Ökosystemen, der Rückgang der Biodiversität, hohe CO2-Emmissionen ent­lang des gesamten Produkt-Lebenszyklus (Morton et al., 2006; Benbrook, 2005; Ibrahim et al., 2010) sowie die Verlagerung von Wasser und Nährstoffen (Grenz et al., 2007). Zudem ist nahezu die gesamte importierte Menge an Soja gentechnisch verändert (BLE, 2018).

Bei der Suche nach alternativen Proteinquellen, die Soja als Futtermittel erset­zen können, rücken Insekten immer weiter in den Fokus der Wissenschaft und Wirtschaft (Van Huis et al., 2013). Interessant ist dies aus mehreren Gründen. Zum einen, weil Insekten eine hohe Reproduktionsgeschwindigkeit besitzen und zum anderen, weil sie bei geringem Flächenbedarf ein hohes Niveau der Substratver­wertung aufweisen (Velten & Liebert, 2018; Ramos-Elorduy, 2008; Looy et al., 2014). Studien zufolge, beispielsweise einer Studie der Georg-Augustus-Universi- tät Göttingen, sind Insekten gut dafür geeignet, Soja als Futtermittel für Nutztiere zu ersetzen, da sie ein ähnliches Aminosäureprofil sowie einen hohen Anteil an Proteinen enthalten und zudem gut verträglich sind (Velten & Liebert, 2018; Mak- kar et al., 2014; De Marco et al., 2015; Miech et al. 2017). Sie benötigen im Ver­gleich zu Soja weniger Landfläche und verursachen weniger Treibhausgase (Thévenot et al., 2017; Salomone et al., 2016). Zudem ist die Akzeptanz von In­sekten als Futtermittel innerhalb der Bevölkerung und insbesondere bei Bauern recht hoch, da sie gerade bei Schweinen und Hühnern als Bestandteil der natürli­chen Ernährung angesehen werden (Verbeke et al., 2015).

Ziel dieser Arbeit ist deshalb, die Umweltwirkungen der Fütterung von Insekten anstelle von Soja in Deutschland zu analysieren, wobei die beiden aktuell viel­versprechendsten Insektenarten Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens) und Mehlkäfer(larve) (Tenebrio molitor) betrachtet werden.

2 Einsatz von Soja als Futtermittel in Deutschland

2.1 Produktion und Verwendung als Futtermittel

Brasilien, Argentinien und die USA sind mit einem weltweiten Anteil von etwa 80% die Hauptproduzenten von Sojabohnen und Sojaerzeugnissen, China und Eu­ropa die beiden größten Importeure. Im Jahr 2017 produzierten die drei Hauptpro­duzenten insgesamt 289 Mio. to Sojabohnen, von denen 55 Mio. to auf Argenti­nien, 114,6 Mio. to auf Brasilien und 119,5 Mio. to auf die USA entfallen (FAOS- TAT, 2017). Im Vergleich dazu erwirtschaftete Deutschland im Jahr 2017 auf einer Fläche von ca. 19.000 ha nur etwa. 66.000 to Sojabohnen (DESTATIS, 2019; EU­ROSTAT, 2017).

Lediglich 6% der weltweiten Sojaproduktion gehen direkt in die Produktion von Lebensmitteln wie Tofu, Sojamilch oder Edamame (Oliveira & Schneider, 2016). 94% werden in Ölmühlen zu anteilig 18,5% Sojaöl und 79,6% Sojaschrot weiter­verarbeitet, wobei 1,9% Abfallprodukte entstehen (Goldsmith, 2008). 98% des so gewonnenen Sojaschrots wird als Tierfutter verwendet (Oliveira & Schneider, 2016), das Sojaöl wird sowohl als Lebensmittel als auch zunehmend für die Erzeu­gung von Biodiesel eingesetzt (Goldsmith, 2008).

Aufgrund seines hohen Proteingehalts von 44%-48%, seines optimalen Aminosäu­reprofils und seiner guten Verträglichkeit ist Soja heute das wichtigste Eiweißfut­termittel und spielt vor allem in der Schweine- und Geflügelfütterung eine nur schwer ersetzbare Rolle (BLE, 2018). Der sehr einfache und günstige Transport über weite Strecken macht Soja als Exportprodukt sehr attraktiv (Westhoek et al., 2011).

2.2 Import von Sojaprodukten im Jahr 2017/18

Für Deutschland spielt der Import von Soja eine wichtige Rolle, da die inländische Erzeugung von Eiweißfuttermitteln den Bedarf nicht decken kann. Die so entste­hende „Eiweißlücke“ muss durch den Import von Eiweißfuttermitteln wie Soja o­der Raps ausgeglichen werden, um die Futterversorgung sicherzustellen. Deutschland bezieht Sojabohnen und Sojaerzeugnisse vorwiegend aus den USA, Brasilien und Argentinien, kleinere Mengen kommen aus Kanada, Paraguay, In­dien und einigen Ländern der EU (BLE, 2018). Im Wirtschaftsjahr 2017/2018 wur­den 1,42 Mio. to verdauliches Eiweiß aus Soja und 0,5 Mio. to verdauliches Eiweiß aus Raps importiert (BMEL, o.D.). Die Eiweißlücke betrug etwa 26% (BLE, 2019).

Tabelle 1: Sojaimport Deutschland (Oilworld 2017)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Oilworld 2017 / * mit geringen Anteilen

Im Jahr 2017 wurden insgesamt 6,16 Mio. to Sojabohnen und Sojaschrot impor­tiert, lediglich 66.000 to wurden in Deutschland erwirtschaftet. Diese Zahlen zeigen die starke Abhängigkeit Deutschlands von Sojaimporten. Etwa 2/3 der Importe stammt aus den drei Haupterzeugerländern USA, Brasilien und Argentinien. Nur ein sehr kleiner Teil wird aus dem EU Ausland importiert (Oilworld, 2017).

Tabelle 2: Verfügbarkeit Sojabohnen und Sojaschrot

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Oilworld (2017), Eurostat (2017), IDH & IUCN NL (2019)

Ein Großteil der Sojabohnen (etwa 90%) wird in Ölmühlen zu Sojaschrot und So­jaöl weiterverarbeitet. Aus 3,2 Mio. to Sojabohnen wurden 2017 2,54 Mio. to So­jaschrot hergestellt. Abzüglich der Exporte standen etwa 0,18 Mio. to Sojabohnen und 3,74 Mio. to Sojaschrot für die Verwendung als Nahrungs- und Futtermittel zur Verwendung (Eurostat, 2017; IDH & IUCN NL, 2019).

2.3 Umweltbelastungen der Sojaproduktion

Durch die steigende Nachfrage nach Soja fand in den letzten Jahrzehnten eine starke Ausweitung von Anbauflächen statt, die mit der Zerstörung der Ökosys­teme in den jeweiligen Produktionsländern einherging. Da die Produktivität der Sojaherstellung kaum noch erhöht werden kann, die Nachfrage jedoch weiterhin steigt, sind die Produktionsländer auch heute noch von direkten und indirekten Landnutzungsänderungen betroffen. Als direkte Landnutzungsänderung wird die Erweiterung von Anbauflächen und als indirekte Landnutzungsänderung die Ver­drängung anderer Anbaupflanzen auf schon bestehenden Ackerflächen bezeich­net (Reichert & Reichardt, 2011).

Folgen der Landnutzungsänderungen in den Produktionsländern sind unter an­derem der Verlust der Biodiversität, eine erhöhte CO2-Freisetzung, Bodendegra­dationen und ein erhöhter Herbizideinsatz aufgrund großflächiger Monokulturen (Morton et al. 2006, Benbrook 2005, Ibrahim et al. 2010). Zudem findet eine Nähr­stoffverlagerung aus dem Produktionsland in das Importland statt, was zur Verar­mung des Bodens auf der einen und zur Anreicherung von Nährstoffen auf der anderen Seite führt. Ebenfalls findet eine Wasserverlagerung statt, die dazu führt, dass dem Produktionsland das für die Sojaherstellung verwendete Wasser in dem entsprechenden Zyklus nicht mehr zur Verfügung steht (Grenz et al., 2007). Simu­lationen zeigen, dass eine fortschreitende Entwaldung des Amazonas Gebietes zum Verlust der Biodiversität, zur massiven Freisetzung von CO2 und zu Klima­veränderungen wie höheren Temperaturen, weniger Niederschlag und einer Häu­fung und Intensivierung ungewöhnlicher veränderter Strömungen des ozeanogra­phisch-meteorologischen Systems (El Nino) führt - mit schwerwiegenden Folgen für das weltweite Ökosystem (Hunter, 2018).

Anbau, Verarbeitung und Transport von Soja verursacht zudem CO2-Emissio- nen, die zu Klimaveränderungen beitragen und sowohl regionale als auch globale Ökosysteme gefährden. Einer Emissionsberechnung von Reichert & Reichardt (2011) zufolge, fielen im Jahr 2008 im gesamten Produktlebenszyklus 0,567 to CO2 je 1 to Sojaschrot an. Hinzu kommen die durch direkte und indirekte Land­nutzungsänderung verursachten CO2-Werte (Reichert & Reichardt, 2011).

Da in den Produktionsländern vorwiegend gentechnisch veränderte Sojaboh­nen angebaut werden, erhöht sich der Anteil des verwendeten Herbizids Gly- phosat. Damit geht ein Verlust an Biodiversität und die Vermehrung resistenter Unkräuter einher (Mertens, 2011).

3 Insekten als Futtermittelalternative

3.1 Aktuelle Rechtslage in Deutschland

Grundsätzlich besteht seit dem BSE Skandal Anfang der 2000er Jahre in der EU nach Art 7 der Verordnung (EG) Nr. 999/20012 das Verbot der Verwendung von tierischen Proteinen (PAP) in Futtermitteln. Diese wurde in den letzten Jahren je­doch durch die Verordnung (EU) Nr. 56/2013 und die Verordnung (EU) 2017/893 im Hinblick auf Tiere in Aquakulturen aufgelockert. Demnach dürfen ganze und verarbeitete Insekten sowie Insektenprotein seit dem 01.07.2017 an Fische in Aquakulturen verfüttert werden, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten wer­den. Zugelassen sind nach Anhang X, Kapitel II Abschnitt 1, A2 der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 nur sieben Insektenarten, zu denen die Soldatenfliege, die Hausfliege, drei Grillenarten und der Mehlkäfer(larve) gehören (BAES, o.D.).

Als Futtermittel für die Aufzucht der Insekten sind nur die gängigen pflanzlichen Futtermittel, Eier- und Milchprodukte, Kollagene, Gelatine, Blut und hydrolisierte Proteine von Nichtwiederkäuern und hydrolisierte Proteine von Hufen, Fellen und Häuten von Wiederkäuern erlaubt. Verboten sind Exkremente jeglicher Art, Haus­halts- und Gastronomieabfälle sowie Proteine von Wiederkäuern (Velten, et al., 2018). Insekten können direkt zu Insektenmehl verarbeitet oder in ihre Bestand­teile wie Öl und Protein aufgespalten werden. Das aus Insekten gewonnene Öl darf aktuell für die Fütterung von Fischen, Hühnern und Schweinen verwendet werden, das Protein lediglich für Fische in Aquakulturen (Hunter, 2018). Die Zu­lassung von Insektenprotein für weitere Nutztiere ist aktuell in Prüfung.

3.2 Verwendung als Futtermittel

Der Mehlkäfer(larve) Tenebrio molitor sowie die Larven der schwarzen Solda­tenfliege Hermetia illucens und der Hausfliege Musca domestica haben nach aktuellem Forschungsstand das größte Potential im Hinblick auf die industrielle Erzeugung von Insekten für den Futtermittelbedarf (Veldkamp & Bosch, 2015). Be­sonders interessant ist dabei die Larve der Hermetia illucens, da sie nahezu alle organischen Abfälle umsetzen und somit optimal zur Verwertung von Restströmen aus der Landwirtschaft eingesetzt werden kann (Märzhäuser & Graf, 2018).

Das Aminosäureprofil sowie der Proteingehalt der drei genannten Insektenarten entsprechen nahezu denen von Soja (Makkar et al., 2014; Veldkamp & Bosch, 2015; Rumpold & Schluter, 2013). Zudem wurde nachgewiesen, dass die Verträg­lichkeit von Insekten der von konventionellen Futtermitteln entspricht (De Marco et al., 2015; Miech et al., 2017; Schiavone et al., 2017). Damit sind sie potenziell für den Ersatz von Soja geeignet. Eine Forschungsgruppe der Georg-Augustus- Universität Göttingen hat untersucht, inwieweit das Mehl der Hermetia illucens dazu geeignet ist, Soja in der Schweine- und Geflügelfütterung zu ersetzen. Das Ergebnis war eine vergleichbar gute Proteinversorgung bei entsprechender Ami­nosäuren (AS)-Supplementierung. Einsatzbegrenzend könnten der Chitin-Anteil, die schwefelhaltigen AS und der Transfer von Substrat in die Larve sein (Velten & Liebert, 2018). Auch weitere Studien kommen zum Ergebnis, dass Soja als Futter­mittel für Schweine und Hühner durch Hermetia illucens oder Tenebrio molitor er­setzt werden kann (Bovera et al., 2015; Neumann et al., 2018; Velten et al., 2015). Im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit gibt es bei der Aufzucht von Insekten potenzielle Risiken, die durch die Auswahl geeigneter Insektenarten, die Fütterung geeigneter Substrate und die Einhaltung hygienischer Bedingungen analog der Aufzucht von Nutztieren wie Schweinen und Hühnern minimiert werden können (Van der Fels-Klerx et al., 2018).

3.3 Ressourcenverbrauch und Emissionen

Die Nutzung von Insekten anstelle von Soja als Eiweißfuttermittel ist aufgrund mehrerer Faktoren interessant. Zum einen haben Insekten eine hohe Reprodukti­onsgeschwindigkeit, zum anderen liegt die Substratverwertung auf sehr hohem Niveau (Velten & Liebert, 2018; Ramos-Elorduy, 2008; Looy et al., 2014). Sie kön­nen mit Substraten organischer Restströme aus der Landwirtschaft und in Zukunft möglicherweise mit anderen Substraten wie Abfällen gefüttert werden, die nicht in Konkurrenz mit der Lebensmittelerzeugung stehen. Somit können sie zu einem nachhaltigen Futtermittel werden, das dauerhaft verfügbar, von kontrollierter Qua­lität und zu stabilen Preisen verfügbar ist (Märzhäuser & Graf, 2018; Van Huis & Oonincx, 2017).

Aktuellen Studien zufolge verbrauchen Insekten wie Acheta domesticus, Hermetia illucens und Tenebrio molitor weniger Landfläche und weisen einen geringeren CO2-Emmissionswert auf als Soja (Thévenot et al., 2017; Salomone et al., 2016; Halloran et al., 2017). Beispielsweise könnte bei einer ausschließlichen Fütterung der Insekten mit Substraten aus Resten der Lebensmittelerzeugung der Ersatz von Soja durch Insekten zu einem Rückgang der die durch die EU verursachten Landnutzung um 99% führen (Hunter, 2018). Der Energieverbrauch von Insekten ist aufgrund der erforderlichen Wärme bei der Aufzucht sowie des Trocknungspro­zesses für die Herstellung von Futter hingegen höher als der Energieverbrauch von Soja (Thévenot et al., 2017; Salomone et al., 2016; Halloran et al., 2017).

4 Ableitung der Forschungsfrage

Betrachtet man die Entwicklung der Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050, wird schnell deutlich, dass die Ressourcen der Erde bald erschöpft sein werden, sollte sich an unserem Konsumverhalten oder den Herstellungs- und Produktionsmetho­den nichts ändern. Neben einer Reduzierung des Fleischkonsums durch den Er­satz mit pflanzlichen oder anderweitigen tierischen Proteinen wie Insekten können auch alternative Futtermittel einen Beitrag zur Verringerung der Umweltschäden und zur Einsparung wertvoller Ressourcen beitragen.

Soja ist in Deutschland das wichtigste Eiweißfuttermittel und wird zu nahezu 100% importiert, vorwiegend aus Argentinien, Brasilien und den USA. In den Produkti­onsländern belegt der Sojaanbau große Landflächen und verursacht hohe CO2- Emmissionen, zudem finden weitreichende Nährstoff- und Wasserverlagerungen statt. Auf der Suche nach alternativen Eiweißfuttermitteln rücken Insekten immer stärker in den Fokus der Forschungen, da sie ein ähnliches Aminosäureprofil und einen hohen Anteil an Proteinen enthalten, die zudem gut verträglich sind. Studien zufolge verursacht die Fütterung von Insekten zudem weitaus geringere Umwelt­wirkungen als die Fütterung von Soja.

Für Deutschland existiert bisher keine Studie, die sich mit den Umweltwirkungen des Ersatzes von Soja durch Insekten im Futtermittelbereich befasst. Aus die­sem Grund strebt diese Arbeit an, den Flächen- und Energiebedarf sowie die CO2- Emmissionen beider Futtermittel zu kalkulieren und miteinander zu vergleichen. Für den Vergleich werden die beiden Insektenarten Hermetia illucens und Teneb­rio molitor herangezogen, da diese beiden Arten sehr vielversprechend im Hinblick auf die Substituierbarkeit von Soja sind und bereits erste Lebenszyklusanalysen existieren. Fische aus Aquakulturen werden nicht betrachtet, da Insekten hier be­reits als Futtermittel Verwendung finden.

5 Methode

5.1 Theoretischer Rahmen und Grenzen

Diese Studie befasst sich mit einer möglichen Zukunft, beabsichtigt jedoch nicht, einen Weg zu einem definierten Zielszenario aufzuzeigen. Methodisch liegt der Schwerpunkt auf der Kalkulation des Flächen- und Energiebedarfs sowie der CO2- Emissionen, die für die Herstellung des in Deutschland verwendeten Sojafutters sowie vergleichend für das alternative Futtermittel Insekten benötigt wird. Für die Kalkulation werden keine neuen Daten erhoben, vielmehr stützt sich die Kalkula­tion auf die Ergebnisse ausgewählter Insekten-Lebenszyklusanalysen sowie aktu­eller Zahlen zu Eiweißfuttermittelbedarf, Sojaimporten und durch Soja bedingte Landnutzung und Emissionen. Der Mangel an Lebenszyklusanalysen in Bezug auf Insekten beeinflusst das Ergebnis der Kalkulation. Dies ist Bestandteil der an­schließenden Diskussion der Ergebnisse.

5.2 Selektierte Insektenarten

Laut FAO gibt es etwa 2000 essbare Insektenarten weltweit, die von mehr als 2 Mrd. Menschen regelmäßig konsumiert oder an Tiere verfüttert werden. Um jedoch als Ersatz für Sojaschrot in der Nutztierfütterung in Frage zu kommen, sollten sie für die industrielle Produktion geeignet sein. Laut FAO sind die schwarze Solda­tenfliege, die Hausfliege, der Mehlkäfer(larve), der Buffalowurm, die Seidenraupe und einige Grillenarten in dieser Hinsicht besonders erfolgsversprechend (van Huis et al., 2013). Neben der Eignung der Insekten für die industrielle Produktion sollte der Ersatz des Sojaschrots durch das Insektenprotein keine negativen Aus­wirkungen auf das Ergebnis der Zucht von Nutztieren wie Schweinen, Hühnern oder Rindern haben. Mittlerweile existieren viele Studien, die sich mit dieser The­matik auseinandersetzen und zu einem positiven Ergebnis kommen (Miglietta et al., 2015; Bovera et al., 2015; Velten et al., 2018). Um das Risiko zu minimieren, eine potenziell invasive Art in unseren Lebensraum einzuführen, sollten die ge­züchteten Insekten natürlicherweise auf dem europäischen Kontinent vorkommen (Jansson & Berggren, 2015). Die Larven der schwarzen Soldatenfliege Hermetia illucens und des Mehlkäfers Tenebrio molitor wurden für diese Studie ausgewählt, da sie die drei oben genannten Bedingungen erfüllen, organische Abfälle verwer­ten und in hochwertige Proteine umwandeln sowie die verlorengegangenen Nährstoffe aus den Abfällen in ihre Biomasse integrieren können. Das Ergebnis ist eine protein-, fett- und nährstoffreiche Biomasse, die sich für die Fütterung von Nutztieren wie Schweinen und Hühnern eignet (Makkar et al., 2014; Henry et al., 2015). Wie in Tabelle 3 ersichtlich, haben die beiden ausgewählten Insektenarten eine ähnliche Nährstoffzusammensetzung wie Sojaschrot, besonders im Hinblick auf den Proteingehalt.

Tabelle 3: Nährwerte ausgewählter Insektenmehle und Sojaschrot

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen: Baker et al. (2011), Makkar et al. (2014), Motte et al. (2019); Velten & Liebert (2018), Salomone et al. (2016), Finke (2002)

Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens)

Die schwarze Soldatenfliege Hermetia illucens ist ursprünglich in Südamerika be­heimatet, besiedelt heute jedoch viele Regionen. In Europa kommt sie unter ande­rem in Tschechien, Nordfrankreich, der Schweiz und Süddeutschland vor (Rohäcek & Hora, 2013). Sie ernährt sich lediglich im Larvenstadium und besitzt als ausgewachsene Fliege kein Mundwerkzeug, weshalb sie nicht als invasive Spezies betrachtet wird (Newton et al., 2005). Die Eignung der Hermetia illucens Larve als Futtermittel sowie als Ersatz für Soja ist durch zahlreiche Studien belegt. Velten et al. (2018) kommt zum Ergebnis, dass 50% des Sojafutters für Hühner durch Hermetia illucens ersetzt werden kann, ohne das Wachstum der Hühner o­der das Zuchtergebnis negativ zu beeinflussen, Neumann et al. (2018) belegt ei­nen 100% Ersatz des Sojafutters in der Schweinefütterung und eine Forschungs­gruppe der Georg-Augustus-Universität Göttingen zeigt auf, dass 75% des Sojafut­ters für Schweine und 100% des Sojafutters für Hühner durch Hermetia illucens ersetzt werden kann (Velten & Liebert, 2018). Eine entsprechende AS-Supplemen­tierung des Hermetia illucens Futters ähnlich derjenigen bei der Fütterung von Soja wurde in allen Studien vorgenommen.

Mehlkäfer(larve) (Tenebrio molitor)

Der Mehlkäfer Tenebrio molitor stammt ursprünglich aus Europa und ist heute auf der ganzen Welt beheimatet (Tran et al., 2019). Die Larve des Mehlkäfers, auch Mehlkäfer(larve) genannt, ist im Hinblick auf seine Zusammensetzung sowie seine Eignung als Futtermittel sehr gut erforscht. Laut einer Studie von Bovera et al. (2015) können 100% des Sojafutters für Hühner ohne negative Folgen für Wachs­tum und Zuchtergebnis ersetzt werden, Biasato et al. (2018) kommt zum Ergebnis, dass ein Ersatz von 45% des Sojafutters durch Tenebrio molitor positive Auswir­kungen auf Futteraufnahme und Wachstum, jedoch negative Auswirkungen auf die Futterverwertung hat. Laut Jin et al. (2016) hat der Ersatz von 6% des Schweine­futters durch Tenebrio molitor positive Auswirkungen auf Wachstum und Nährstoff­aufnahme, was einer Substitution von etwa 20% des Sojafutters entspricht (Van Gelder et al., 2008).

5.3 Ausgewählte Lebenszyklusanalysen für die Insekten­produktion

Aufgrund der sehr geringen Anzahl an Lebenszyklusanalysen für die Produktion von Insekten, die zudem größtenteils die Stufe der Verarbeitung zu Futtermitteln nicht betrachten, ist eine direkte Vergleichbarkeit mit Soja nur bedingt möglich. Die ausgewählten Lebenszyklusanalysen für die Extraktion von Daten zu Landnut­zung, Emissionen und Energieverbrauch von Hermetia illucens und Tenebrio mo­litor stellen die besten heute verfügbaren Quellen dar.

Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens)

Für die Produktion der Hermetia illucens Larve existieren zahlreiche sehr detail­lierte Studien, die jedoch oftmals nicht im industriellen Maßstab durchgeführt wur­den (Newton et al., 2005) oder spezifische Produktionsdaten nicht ausweisen (Jozefiak et al., 2002). Zu den verwendbaren Lebenszyklusanalysen gehören Smetana et al. (2016) und Salomone et al. (2016). Während Smetana et al. (2016) eine Studie mit verschiedenen Substraten durchführt und somit zu unterschiedli­chen Ergebnissen kommt, wird Hermetia illucens in Salomone et al. (2016) mit einem Substrat aus organischen Abfällen gefüttert, die nicht in Konkurrenz mit der Lebensmittelerzeugung stehen. Aus diesem Grund wird für die vorliegende Arbeit die Studie von Salomone et al. (2016) herangezogen. Die Lebenszyklusanalyse beinhaltet die Produktion sowie die Trocknung der Larven, jedoch nicht deren Ver­arbeitung zu Futter bzw. zu Mehl.

[...]

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Insekten als Futtermittel. Umweltwirkungen der Fütterung von Insekten anstelle von Soja in Deutschland
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,3
Autor
Jahr
2020
Seiten
48
Katalognummer
V950559
ISBN (eBook)
9783346289964
ISBN (Buch)
9783346289971
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Insekten, Futtermittel, Soja, Landnutzung, Fleischkonsum
Arbeit zitieren
Anita Drulea (Autor:in), 2020, Insekten als Futtermittel. Umweltwirkungen der Fütterung von Insekten anstelle von Soja in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/950559

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