Immanuel Kants Rassentheorie: Über Entstehung und Wurzeln des Rassismus


Seminararbeit, 1999

7 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1. Die Anfänge des Rassismus und seiner Theorien liegen am Ende des 18. Jahrhunderts.

Bedingt durch die Entdeckungen anderer Völker und Kulturen, versuchten viele sogenannte ,,Wissenschaftler" vor allem die Unterschiede zwischen den Menschen zu erklären. Es existierten zwei Standpunkte über die Entwicklung der Menschheit. Die ,,Monogenetiker", zu ihnen gehörten u.a. Meiners und Kant, betrachteten das Alte Testament als Grundlage ihrer Erklärungsversuche. Dies bedeutete, daß alle Menschen von ein und demselben ,,Urvater" abstammen, und zwar von Adam.

Die ,,Polygenetiker", zu ihnen gehörten u.a. Goethe und Voltaire, behaupteten, daß die Menschen verschiedenen Ursprungs seien.

Das Fatale an den Erklärungsversuchen und Theorien war jedoch, daß den Verschiedenheiten der Menschen körperliche und geistige Eigenschaften zugeordnet wurden. Mittels dieser rassistischen Theorien war die Ausbeutung fremder Kulturen zu legitimieren und auch die Politik, d.h. die jeweiligen Herrschaftssysteme, nutzte diese uns heute völlig willkürlich erscheinende Klassifizierung von Menschen zu ihren Gunsten aus. In einem waren sich alle Theoretiker einig: die ,,weiße Rasse" sei von allen die klügste, schönste und beste. Die Europäer seien die ,,Verteidiger der Weltkultur" !

Diese Arbeit behandelt die Rassentheorie von Immanuel Kant, der eigentlich aufgrund seiner philosophischen Arbeiten berühmt wurde. Seine Abhandlung über die verschiedenen Rassen der Menschheit wirft jedoch ein sehr negatives Licht auf seine ansonsten so anerkannte Persönlichkeit.

2.1. Immanuel Kant wurde am 22. April 1724 in Königsberg (Ostpreußen) geboren. Er war Sohn eines Riemers und besuchte das pietistische Gymnasium (Collegium Fridericianum) in seiner Heimatstadt. Von 1740 bis 1746 studierte er Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität Königsberg. Er hatte, wie viele andere zeitgenössische Anthropologen, seine Heimatstadt selten und Ostpreußen nie verlassen. Er stützte sich bei seiner Rassentheorie auf vage Reisebeschreibungen und seine Phantasie. Von 1747 bis 1754 war er Hauslehrer bei verschiedenen Familien in der Umgebung von Königsberg.

1755 habilitierte er sich als Magister der Philosophie. 1764 lehnte er eine Professur für Dichtkunst ab und von 1766 bis 1772 war er Unterbibliothekar an der königlichen Schloßbibliothek. 1769 und 1770 lehnte er Angebote für Professuren aus Erlangen und Jena ab.

Nach 15jähriger Tätigkeit als Privatdozent nahm er 1770 den Lehrstuhl für Logik und Metaphysik an der Universität Königsberg an. 1786 und 1788 war er Rektor dieser Universität und im Jahr 1796 gab er seine letzte Vorlesung. Immanuel Kant starb am 12. Februar 1804 als einer der bedeutendsten deutschen Philosophen.

Seine Philosophie entwickelte sich langsam und schrittweise, dabei unterscheidet sie sich in eine ,,vorkritische" und ,,kritische" Periode. Kant's Schriften vor 1770 sind größtenteils naturphilosophisch und standen unter dem Einfluß der Physik von J. Newton und der Philosophie von Leibniz. Die Schwerpunkte Kants innerhalb der ,,vorkritischen" Periode lagen in der Rezeption, der kritischen Diskussion und der methodologischen Prüfung der Grundbegriffe und Theorien der neuzeitlichen Physik und Astronomie. Etwa ab 1760 wendete sich Kant stärker der traditionellen Metaphysik in ihrer zeitgenössischen deutschen Form (Leibniz-Wolffsche Philosophie) zu. Die zum Antritt seiner Professur verfasste Dissertation ,,Von der Form und den Prinzipien der Sinnen- und Verstandeswelt und ihren Gründen" (Königsberg 1770) bildete den Übergang in Kant's ,,kritische" Philosophie. Kant's Hauptwerke sind die ,,Kritik der reinen Vernunft" (Riga 1781), die ,,Kritik der praktischen Vernunft" (Riga 1788) und die ,,Kritik der Urteilskraft" (Berlin/Libau 1790). Orientierend an Platon und vor allem an Leibniz reflektierte Kant in dieser Periode über die ,,Sinnen- und Geisteswelt" und über die mit diesen korrespondierenden Erkenntnisvermögen der ,,Sinnlichkeit" und des ,,Verstandes". In seinem zweiten Hauptwerk die ,,Kritik der praktischen Vernunft" im Jahr 1788 entwickelte Kant den Kategorischen Imperativ. ,,Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne".

Die geistesgeschichtliche Bedeutung Kants besteht darin, daß er den Anschluß Deutschlands an die westeuropäische Aufklärungsphilosophie und an die Newton`sche Physik herstellte und sie weiterführte.1

2.2. Es folgt eine Darstellung des Aufsatzes ,,Von den verschiedenen Rassen der Menschen" von Immanuel Kant.2

Der Begriff ,,Gattung" bedeutete nach Buffon die Einheit der zeugenden Kraft, also die Tatsache der Zeugung von Nachkommen. Laut diesem Gesetz gehörten für Kant alle Menschen zu ein und derselben Naturgattung. Die Ursache für die menschliche Zeugungskraft lag für Kant in der Zugehörigkeit zu einem Stamm. ,,Schwarze" und ,,Weiße" waren für ihn nicht verschiedene Arten von Menschen, jedoch verschiedene Rassen. Er begründete dies mit der Tatsache, daß bei der Fortpflanzung dieser beiden ,,Rassen" eine Mischform entstehe, die ,,Mulatten". Blonde und brünnette Haare bei den ,,Weißen" waren für Kant Spielarten und nicht Merkmale von Rassen, da ein blonder Mann von einer brünnetten Frau blonde Kinder bekommen konnte. Die Ursache der Verschiedenheit der Menschen war für Kant auch in der Umgebung, der Nahrung und den allgemeinen Bedingungen ihres jeweiligen Lebens zu sehen.

Immanuel Kant teilte die Menschheit in vier verschiedene Rassen ein, von denen er alle weiteren ableitete.

1. die Rasse der Weißen
2. die Negerrasse
3. die hunnische Rasse
4. die hindistanische Rasse

Zu der ersten Rasse zählte Kant die Mauren von Afrika, die Araber, den türkisch-tartarischen Völkerstamm und die Perser. Zur zweiten Rasse gehörte die ,,Negerrasse" der nördlichen Halbkugel. Zur dritten die Reiterstämme östlich des Uralgebirges und zur vierten die Völker Indiens.

Aus dieser Einteilung leitete Kant alle anderen ,,Spielarten" der Menschen ab. So waren z.B. die Amerikaner für ihn ,,eine noch nicht völlig eingeartete hunnische Rasse".3 Er begründete dies mit der Ähnlichkeit der Haarfarbe und dem bartlosen Kinn. Der Beweis für seine Rassentheorie sei, daß alle Spielarten der Menschen untereinander Nachkommen zeugen können.

Kant ging davon aus, daß alle Spielarten der Menschen im Menschen selbst schon vorhanden sein mußten. Sie würden dann durch die Umgebung quasi hervorgebracht. Der Mensch sei also schon für alle Bedingungen des Lebens geschaffen. Sonne und Luft seien die Ursache der Verschiedenheit der Menschen. Nicht unbedingt bei Kant war zu erwarten, daß auch er den törichten, arroganten und fatalen Kausalschluß zog zwischen körperlichen Eigenschaften und Charaktereigenschaften. So sei der ,,Neger", welcher in ,,feuchter Hitze" beheimatet sei ,,stark, fleischig, gelenk" aber bedingt durch seine Umgebung ,,faul, weichlich und tändeld".4 Für Kant war die Menschengestalt mit ,,Localmodifikationen" behaftet, daher brauchte er auch nur vier verschiedene Rassen. Unter ,,Localmodifikation" verstand Kant die Anpassung der Menschen an den jeweiligen Boden, also die Umgebung. Er behauptet, daß es eine Stammgattung der Menschen gegeben haben muß, die verschollen oder noch nicht entdeckt worden ist. Den Ursprung jener Stammgattung vermutete er in der ,,alten Welt" vom 31-52 Breitengrad. Hier sei die ,,glücklichste Mischung" von Kälte und Hitze und hier müßte der Menschenschlag leben, der am wenigsten vom ,,Urmenschen" abgewichen sei. Kant stellte folgende Stammgattungstabelle auf, die für ihn auch gleichbedeutend mit ,,wertvoll" und ,,minderwertig" war.

Stammgattung: Weiße mit brünnetter Haarfarbe Hochblonde nördliche Europäer Kupferrote Amerikaner Neger Olivengelbe Indianer

Was sich Kant nicht erklären konnte war die Tatsache, daß bei ähnlichen klimatischen Bedingungen in verschiedenen Kontinenten doch nicht dieselbe Rasse anzutreffen war. Daher forderte Kant auch die Entwicklung einer Naturgeschichte die von Spekulationen und Meinungen abrücken und auf Tatsachen und Beweisen aufbauen sollte.

2.3. Kant's Rassentheorie ordnet Monika Firla in das Gebiet der anthropologisch-empirischen Wissenschaft ein.5 Kant, so Firla, sei für seine Zeit durchaus fortschrittlich gewesen, denn er beweise, daß alle Menschen zu einer Gattung gehören, was zu damaliger Zeit noch umstritten war.

C.S. Barach ordnete Kant's Rassentheorie in seinem Buch ,,Kant als Anthropolog" von 1872 in den Bereich der ,,physiologischen Anthropologie" ein und würdigte seine Verdienste auf diesem Gebiet. G.Gerland sieht in seinem Werk ,,I.Kant - seine geographischen und anthropologischen Arbeiten" von 1905 Kants wissenschafliche Bedeutung in dem Beweis der Einheit des Menschengeschlechts. Siegfried Kirschke würdigt in seinem Werk ,,Über I.Kants Beitrag zur Herausbildung der naturwissenschaftlichen Anthropologie" von 1975 Kants Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Rassentheorie.

3. Diese Rassentheorie" von Kant ist wohl wenig bekannt und wenn sie es ist, traute man sich angesichts der Persönlichkeit wohl nicht sie zu kritisieren. Diese Überlegungen Kants und die anderer Zeitgenossen bildeten jedoch die Anfänge des Rassismus und die Wahnvorstellung eine Menschengruppe sei wertvoller als andere. Wohin dies führt haben vor allem wir Deutschen in unserer Geschichte erfahren müssen und angesichts der aktuellen politischen Lage muß solchen Ideologien und Theorien endschieden entgegengetreten werden.

4. Kant's gesammelte Schriften" Bd. II Hrsg. Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften Druck und Verlag von Georg Reimer; Berlin 1912

Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie" Bd. II Hrsg. Jürgen Mittelstraß B.I. Wissenschaftsverlag; Mannheim/Wien/Zürich 1984

Zum Verhältnis von Anthropologie und Moralphilosophie bei Kant" Monika Firla Lang Verlag; Frankfurt a.M./Bern 1981

[...]


1 Für 2.1. gilt: ,,Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie" Bd. II S. 343 - 361

2 Für 2.2. gilt: ,,Kant's gesammelte Schriften" Bd. II S. 429 - 443

3 ebd. S. 433

4 ebd. S. 438

5 Für 2.3. gilt: ,,Zum Verhältnis von Anthropologie und Moralphilosophie bei Kant" S. 117 ff

Ende der Leseprobe aus 7 Seiten

Details

Titel
Immanuel Kants Rassentheorie: Über Entstehung und Wurzeln des Rassismus
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
1,3
Autor
Jahr
1999
Seiten
7
Katalognummer
V95111
ISBN (eBook)
9783638077903
Dateigröße
387 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Immanuel, Kants, Rassentheorie, Entstehung, Wurzeln, Rassismus, Carl, Ossietzky, Universität
Arbeit zitieren
Ulf Petershagen (Autor:in), 1999, Immanuel Kants Rassentheorie: Über Entstehung und Wurzeln des Rassismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95111

Kommentare

  • Georg Schilling am 29.9.2009

    Immanuel Kant und Petershagens Courage.

    Unter der Annahme, dass der Text von s.g. Herrn PETERSHAGEN wie aus dem freigegebenen Vorspann ersichtlich, auch ebenso sachlich fortsetzt:

    Was anderes als mutig und couragiert darf diese - gleichwohl umfangsarme - wissenschaftliche Arbeit bezeichnet werden?

    Ferner, mit Blick etwa auf den in Dtl und anderen Ländern kaum bekannten Anton Wilhelm AMO, einem wichtigen Zeitgenossen KANTs, der wissenschaftliche Spitzenleistungen erbrachte, von denen alleine ein Bruchteil KANTs "wissenschaftliche" Untersuchungen zu widerlegen vermag, die fernerhin bisweilen weit ihrer Zeit voraus waren, und der - nach wie vor - kaum einer Erwähnung für wert befunden wird [sic!], bleibt zu fragen, ob es - bedauerlicher, ärgerlicher und enttäuschender Weise - nicht noch mehr an Texten KANTs pseudo-wissenschaftlicher "Analysen" gibt, die die hier (aufgrund des freigebeben Vorschau-Textes von PETERSHAGENS wichtiger Arbeit) angedeuteten rassistischen Behauptungen bei weitem in den Schatten stellen, insoweit sie auch "Handlungsempfehlungen" (KANTs selber) beinhalten - dieser KANT wird kaum genannt, sodass - um einen Bezug zur sog "Jugendkultur" und der Textpassage etwa der wichtigen (deutschen) Hiphop-Gruppe "Advanced Chemistry", die ua auch textete

    "Ich hasse Hesse, bräuchte Brecht und kenne Kant...",

    diese (Hiphop-Text-)Passage der Hiphop-Band *ernst* genommen, auch gefragt werden dürfte:

    Wie "gut" kennen "wir" KANT *tatsächlich*? [sic!]
    (Sei es in Dtl, in der CH, in GB, in Ö etc.)

    Wie sehr sind "uns" auch - sei es nur zT - etwa auch die sog "Schattenseiten" jenes - unhinterfragbaren? unkritisierbaren iSv sakrosankten? - Immanuel KANT de facto bekannt? [sic!]

    Danke für die Chance, die Courage PETERSHAGENS - und seien es auch "nur" 8 Seiten - sachlich und konstruktiv gemeint - kommentiert haben zu dürfen.

    In vorzüglicher Hochachtung,

    Mag. Georg SCHILLING

    PS: Wer fernerhin etwa auch die philosophischen und wissenschaftlichen Kenntnisse s.g. Herrn PETERSHAGENs bezweifeln möchte, sei ua auf seine Arbeit zu DILTHEY verwiesen, wo ebenfalls zu fragen ist: wer sonst schafft es auf wenigen Seiten idR knapp und idR klar zu formulieren?

  • Gast am 7.5.2001

    Warum???.

    Danke, danke. Bei so einem Titel braucht man auf den Inhalt der Arbeit nicht einzugehen. Wie schlimm muß es um die Qualität der Ausbildung an einer solchen Uni bestellt sein, wenn ein Student im 11.Semester nicht weiß, daß der Genitiv-Apostroph nur im Angelsächsischen verwandt wird. Und noch dazu bekommt er eine 1,3 für eine Arbeit hinterhergeworfen, die normalerweise gar nicht angenommen werden dürfte. Gott sei es gedankt, dass es doch so viele "Hopperlstudiengänge" in Deutschland gibt; so dass auch wirklich jeder die Möglichkeit hat, einen Abschluß zu bekommen.

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