Einleitung
"Als Pfeiffers Leiche schon in Box 10 der Pathologie für die gerichtsmedizinische Untersuchung bereitlag, stirbt der im kasachstanischen Aktjubinsk geborene Aussiedler Alexander Dobarin, 27, auf einem Spielplatz im Bremer Stadtviertel Neu Vahr.
Ein Passant wird auf den leblosen Körper aufmerksam, der an dem kalten Winternachmittag vornübergebeugt auf einer Bank hockt. Gesicht und Arme sind blau angelaufen, in seiner Jacke steckt eine Kornflasche "Alter Senator".
Vor dem Toten krümmt sich ein junger Mann, Waldemar Schubas, 20, ebenfalls Aussiedler aus Kasachstan, bleich und röchelnd auf der Erde.
Auf und unter der Bank liegen Fixerutensilien". (Der Spiegel 5 / 27.01.97 S.:36)
Nachdem der Stoff, der einen Reinheitsgrad von 60% aufwies, für den Serientot von Bremer Junkies sorgte, wurde von einer Mehrzahl der Polizeipräsidenten Forderungen zur Änderung der Drogenpolitik in Deutschland gestellt.
Sie wollen etwas, was bisher streng verboten ist : eine staatlich kontrollierte Abgabe von Heroin an Süchtige.
Über den aktuellen Stand in der Drogenpolitik — und eventuelle Veränderungen in der Zukunft — werde ich in meiner Arbeit näher eingehen.
Der Begriff "Drogen"
Mit der Entwicklung der Pharmazie, verändert sich auch der Geltungsbereich des Begriffs "Drogen" fortlaufend.
Bis zu Beginn des modernen Abschnitts in der Medizin, galten als Drogen (Rauschgifte) ausschließlich pflanzliche Produkte wie zum Beispiel Opium, Marihuana und Koka. Dazu gehören auch Pflanzen wie Mutterkorn, Bilsenkraut, Fliegenpilze und Tollkirsche, die sich durch ihre halluzinogene Wirkung auszeichnen.
Mit der Aufbereitung beziehungsweise der labortechnischen Herstellung von Substanzen, auf synthetischer Basis, wird der Bergriff wieder erweitert. Unter diesen Begriff fallen zum Beispiel Heroin, LSD, Ecstasy, Kokain usw. .
Allgemein versteht man unter dem Begriff "Drogen" alle Substanzen, die eine Wirkung auf das zentrale Nervensystem haben, die zur Abhängigkeit führen.
Das heißt, Drogen greifen mehr oder weniger, je nach Art und Menge, in den Stoffwechsel des Konsumenten ein und bewirken dort unterschiedliche Reaktionen des Organismus. Sie äußern sich als psychische und physische Veränderungen in den Körperfunktionen.
Im medizinischen Bereich werden solche Substanzen als wertvolle Medikamente eingesetzt. Andere dienen als Genußmittel und scheinen in unserer Konsumgesellschaft als unverzichtbar. Als meist konsumierte Drogen gelten hier Alkohol, Nikotin und Koffein.
Der Konsum dieser Drogen ist vom Gesetzgeber freigegeben und damit legal.
Im Unterschied zu diesen, gibt es Drogen, die unter das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) fallen und im freien Handel verboten sind. Dazu gehören unter anderem :
1. Schmerzmittel :zum Beispiel Opium, Morphium, Heroin, Methadon und andere
2. Schlafmittel : Barbiturate, Benzodiazephine, ...
3. Anregungsmittel : Kokain, Amphetamine, ...
4. Halluzinogene : LSD, Amphetaminderivate, Cannabis, ...
5. Hustenmittel : Codein
6. Asthmamittel
7. Appetitzügler
Gesetzesbestimmungen und Drogenpolitik in Deutschland
Betäubungsmittel im Sinne des Gesetzes sind Zubereitungen und Stoffe, die in den Anlagen I bis III des Betäubungsmittelgesetz aufgeführt sind (§1 BtmG). Wer mit diesen Mitteln unerlaubt in "Berührung" kommt, muß mit einer Freiheits- oder Geldstrafe rechnen.
Zum Beispiel ist nach §29 Abs. 1 Nr. 1,2,3 BtmG zu bestrafen wer:
1. Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2. eine ausgenommene Zubereitung (§2 Abs. 1 Nr.3) ohne Erlaubnis nach §3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3. Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein ... usw.
Daraus ist zu folgern, daß in der Bundesrepublik eine sogenannte repressive Drogenpolitik betrieben wird, d.h. Drogen werden vom Gesetzgeber nicht geduldet sondern sind strengstens verboten. Das Ziel einer solchen Drogenpolitik ist es, die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen der Drogen zu bewahren. Genauer ausgedrückt heißt das, es wird Kriminalitätsminimierung, Förderung der Volksgesundheit und Drogenlosigkeit im Bereich des sozialen angestrebt.
Die Ergebnisse dieser Drogenpolitik, die bereits seit zwanzig Jahren betrieben wird, stimmen aber nicht mit den Zielen überein. Zum einen hält man an der Abstinenzforschung fest und zum anderen läßt man aus juristischer Sicht nicht locker; d.h. ein Abhängiger hat die Wahl zwischen Abstinenz und Strafe.
Die Zahl der Erstkonsumenten und der Drogentoten hat eine stetig steigende Tendenz; der Drogenhandel boomt, die Justiz kommt mit der Verfolgung der Straftäter und der Aufklärung von Straftaten nicht hinterher, usw.
Ein weiteres Umfangreiches Problem liegt darin, daß jeden Tag neue Drogen auf den Markt kommen und damit noch nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Das bedeutet, daß der Handel mit einer bestimmten Droge nicht zu bestrafen ist, bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Gesetzgeber speziell diese Droge im Gesetzestext aufgenommen hat. Diese Situation wird von den Drogenhändlern rigoros ausgenutzt. Daraus entsteht ein richtiger Teufelskreis, der nie endet: die "Drogeninovatoren" voraus und die Justiz mit erhobenem Zeigefinger hinterher (aber nie anders herum).
Ein Artikel aus dem "Stern" berichtet über eine neue Droge die Khat oder Qat genannt wird. Das sind grüne Blätter, die in Nordamerika und im Jemen bereits seit Jahrhunderten traditionell gekaut werden. Diese Blätter machen die Konsumierenden high, euphorisch und stillen das Hungergefühl. Da im Betäubungsmittelgesetz diese Droge noch nicht aufgeführt ist, kann es hierfür auch noch nicht angewandt werden. D.h. der Handel mit o.g. Droge ist nicht strafbar und die Drogenhändler können sie unter Berücksichtigung der 15% Mehrwertsteuer ohne Aufwand importieren.
(Warum) scheitert die repressive Drogenpolitik?
Wenn Gesetzestexte immer wieder angepaßt werden, die Drogen und deren Konsum per Gesetz verboten ist, der Verstoß gegen das Verbotene Sanktionen hervorruft und den Abstoß in das Abseits der Gesellschaft bedingt, dann geht es immer um die Bemühung des Staates, das Drogenproblem in den Griff zu bekommen und die "heile Welt", in der von Drogen kein Gebrauch zu machen ist, herzustellen.
Selbstverständlich ist dies ein anstrebenswertes Ziel — nur sollte man in der Lage sein, immer wieder zu überprüfen, ob das Ziel und die gewählte Methode, zur Zielerreichung, übereinstimmen.
Das Drogenproblem läßt sich nicht erfolgreich behandeln, wenn die dabei zu befolgenden Grundsätze (Strafe oder Therapie) nicht flexibel sondern starr sind. D.h., wenn deren Befolgung mehr unerwünschte Nebeneffekte hat, als erwünschte Auswirkungen.
Verständlicher Ausgedrückt: man kann einen Patienten nicht mit einem Medikament behandeln, welches ihn noch kränker macht. Ansonsten ist das Ziel verloren gegangen.
Wie sich die harte Drogenpolitik, im Umgang mit dem Drogenproblem, in der Bundesrepublik auswirkt zeigen nachfolgende Punkte:
Es sind die illegale Drogen, die für Aufregung sorgen. Sie wurden nicht, wir zum Beispiel Alkohol, Nikotin, ..., durchgesetzt, sondern wegen ihrer Gefährlichkeit verboten. Man muß kein Profi sein, um den passenden Gesichtsausdruck machen zu können, wenn jemand das Wort "Drogen" und die damit eng verbundenen Begriffe wie Krankheit, Sucht, Tod, Unmoral, Kriminalität, Prostitution, usw., erwähnt
Unsere Vorstellungen von Drogen basieren nicht auf eigenen Erfahrungen, sondern sie repräsentieren das Produkt unserer Sozialisation. Wenn man als Kind oder Jugendlicher jeden Tag hört, wie schlecht und gefährlich das Teufelszeug ist, dann bekommt man zwar ein Musterbild geliefert — jedoch ohne genaue Erklärung. Der Jugendliche muß nur daran glauben. Aber gerade in diesem Alter führt eine nicht fundierte Erklärung meistens nicht zum gewünschten Erfolg. Jugendliche möchten selbst ausprobieren und nach Grenzen suchen. Wenn sie dann, trotz aller Warnungen, nach dem Ausprobieren weicher Drogen feststellen , daß das Bild, das sie vermittelt bekommen haben, in keinem Verhältnis zur Realität steht, ist meist auch das Vertrauen zu den Erwachsenen und ihren Erklärungen stark geschwächt bzw. nicht mehr vorhanden. Zum Beispiel stellt sich die Behauptung, daß Hasch sehr gefährlich sei, als falsch heraus, spätestens dann, wenn die Kinder oder Jugendliche es trotzdem rauchen. Können sie es nochmals glauben, wenn sie vor Heroin gewarnt werden oder haben sie erfahren, daß das, was die Erwachsenen predigen, sowieso eine Lüge ist? Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie annehmen, Heroin sei genauso ungefährlich wie Hasch?
Die starre und einspurige Einstellung zum Konsum von Cannabisprodukten, zwingt diejenigen, die nur einen Joint rauchen wollen dazu, sich in Untergrundkeise zu begeben, in welchen auch harte Drogen gehandelt werden. Durch die ständige Konfrontation mit anderen (zum Beispiel harten) Drogen wird auch der Umstieg zu diesen vereinfacht (Senkung der Hemmschwelle).
Es ist jedem klar, daß das Idealziel, "absolute Drogenlosigkeit", nicht zu erreichen ist.
Polizeichef Schnitzler erklärt : "Ein gigantischer Wirtschaftsapparat wird angekurbelt. Wir alle haben die Lehren aus012
Niederl ä ndisches Modell (Drogenpolitik)
Ende der siebziger Jahre packten die Niederländer das Drogenproblem etwas ungewöhnlicher, aber den Konsumenten gegenüber, humaner an. Währen in den anderen europäischen Ländern (u.a. auch Deutschland) die Konzentration auf die Fahndung nach Drogenstraftätern und Durchführung von Sanktionen im Vordergrund stand, wurde das Drogenproblem in den Niederlanden auf unterschiedlichen Ebenen angegangen (Duldung, Präventive Maßnahmen, Fahndung, Therapie). Die Verbesserung der gesundheitlichen Verfassung der Drogenkonsumenten und die sog. "Harm Reduction" (die Behörden sollen verhindern, daß insbesondere Jugendliche Drogen nehmen, und wenn, dann soll ein medizinisches und soziales Hilfsangebot zur Linderung der Not gewährleistet sein) gelten als primär anstrebenswete Ziele.
Da Besitz und Konsum weicher Drogen entkriminalisiert wurde, wurde auch der Einrichtung der Verkaufsstellen stattgegeben, die weiche Drogen verkaufen dürfen, ohne befürchten zu müssen, von der Polizei, verfolgt zu werden. Solche "Coffeeshops" werden von der Regierung geduldet, aber sie sind verpflichtet, sich nach bestimmten Vorschriften zu richten.
Sie haben eine Puffer- Funktion, die vermeiden soll, daß Jugendliche in Kontakt mit harten Drogen kommen. Es ist erlaubt, zum Beispiel Hasch an Jugendliche zu verkaufen, aber der Handel mit Heroin hat polizeiliche Sanktionen zur Folge. Besitzer von Coffeeshops dürfen den Stoff auch nicht an Drogenhändler, für den Export in andere Länder, verkaufen. Die Anzahl und der Ort der Coffeeshops wird von der Regierung kontrolliert und den Bedürfnissen der Drogenkonsumenten angepaßt.
Außerdem gehört in den Rahmen der Betreuung der Drogenklientel die Verfügbarkeit von sauberen Spritzen und Räumlichkeiten, in denen die User ihre Drogen konsumieren können.
Die Toleranz dem Konsum gegenüber ist kein Freibrief für die Straftaten die trotzdem begangen werden. Die Fahndung nach den Drogenstraftätern hat an Priorität immer noch nicht verloren.
Die Großzügigkeit im Umgang mit den weichen Drogen führte nicht, wie angenommen, zur Erhöhung des Konsumniveaus unter Jugendlichen. Mit der Trennung der Märkte (harte / weiche Drogen) hat man das gesteckte Ziel erreicht.
Die Statistik zeigt, daß Jugendliche, welche weiche Drogen konsumieren, nicht dazu neigen Experimente mit harten Drogen durchzuführen. Heroinsüchtige Klienten gehören der Gruppe der etwas älteren Konsumenten an, die mit ihrer Abhängigkeit bereits einige Jahre leben. Auf Grund der "Neuerfindungen" auf dem Drogenmarkt und dem oftmals asozialen Verhalten von Heroinsüchtigen, haftet diesem Stoff ein "Looser- image" an. Anstatt Heroin nehmen die heutigen Jugendlichen bekannte Designerdrogen (zum Beispiel Ecstasy), die auf den "House- Partys" eingeworfen werden.
Wenn man die schon 20 Jahre existierende Drogenpolitik der Niederlande auswertet, kann man zu Recht sagen, daß sie ziemlich erfolgreich durchgeführt wird.
Präventive Maßnahmen und intensive Betreuung der Drogenkonsumenten führten zu deren besseren gesundheitlichen Verfassung. So liegt die Zahl der HIV infizierten und der Toten niedriger als in anderen europäischen Ländern.
Der Drogenhandel auf dem Schwarzmarkt ist geschwächt worden, da der Verkaufspreis gesunken ist, und somit die Händler aus dem Ausland zur Umorientierung gezwungen wurden. Straftaten und Vermögensdelikte zur Beschaffung von Drogen sind nicht verschwunden, aber zumindest gemindert.
Gr ü nde f ü r Ä nderung der repressiven Drogenpolitik in der Bundesrepublik Drogen und ihr Konsum sind von der Welt nicht wegzudenken. Sie werden konsumiert, unabhängig vom Land und der Gesellschaft die sie beurteilt beziehungsweise verurteilt. Die einen dürfen konsumieren, ohne sich dafür strafbar machen zu müssen, und die anderen müssen darauf achten, daß sie dabei nicht erwischt werden, um das Etikett als "Krimineller" nicht zu erhalten. Das Bestrafen der Drogenkonsumenten und der Dealer hat nicht den erwünschten Abschreckungseffekt, sondern vertreibt die Szene in den dunklen Untergrund, dahin, wo das ganze nicht mehr überschaubar ist. Aus den bisher dargestellten Sachverhalten erscheint das Plädieren für das Ende der Prohibition in der BRD eine logische Schlußfolgerung zu sein. Gründe für das Ende des Verbots wären:
1. Jährlich werden ca. 13 Mrd. DM Steuern für eine "gescheiterte Drogenpolitik" ausgegeben. Beispielsweise für polizeiliche Verfolgung der Straftäter, den Justizapparat, Gefängnisaufenthalte der Straftäter, Investitionen für Prävention und Forschung.
2. Nur wenige, durch das Verbot angestrebte, Resultate werden erreicht. (Gesundheitsniveau, Kriminalitätsminimierung, Resozialisation, ...)
3. Dur die Prohibition werden Abhängige dazu gezwungen am Rande der Gesellschaft zu leben. Obdachlos, besitzlos, gefangen.
4. Moralische Werte gehen zu Grunde. Auch einfache und "normale" Menschen werden wegen Drogenkonsum und Besitz attackiert. Um die moralischen Werte wieder zu gewinnen, muß die Ursache der Kriminalität beseitigt werden.
5. Im Vergleich zu legalen Drogen (Alkohol, Nikotin, ...) sterben weltweit wesentlich weniger Menschen am Konsum von illegalen Rauschmitteln.
6. Durch das Ende der Prohibition könnten immense Geldsummen und Energien freigesetzt werden, mit welchen es möglich wäre andere Probleme zu bekämpfen.
7. Prohibition bietet den Nährboden für Verbrechen. Weltweit verdienen Kriminelle mehrere 100 Mrd. DM pro Jahr.
Natürlich sind diese Gründe nicht in ihrem Glanz zu übernehmen, sondern müssen mit einem kritischen Auge betrachtet werden. Bestimmt haben auch sie ihre Schattenseiten.
Fazit und Auswirkungen auf die Sozialarbeit
Auf Grund meiner bisherigen Ausarbeitung ist mir klar geworden, daß es eine ideale Drogenpolitik gar nicht geben kann. Jede Umgangswiese mit der Drogenproblematik hat positive und negative Seiten. Um bei der Verfolgung bestimmter Zielsetzungen einigermaßen zum Erfolg zu gelangen, müssen Kompromisse eingegangen werden. Meiner Meinung nach sollte die Bundesrepublik, was weich Drogen angeht, dem Beispiel der Niederlande folgen. D.h. Verkauf in speziellen "Fachgeschäften" (vgl. Coffeeshops). Im Bezug auf harte Drogen bin ich der Meinung, um eine entkriminalisierung zu gewährleisten, daß sie den Süchtigen auf Rezept zugänglich gemacht werden sollen. Das heißt aber auch, daß gegen den illegalen Drogenhandel weiterhin hart durchgegriffen werden muß.
Egal wie es im Endeffekt gehandhabt wird, es ist immer nur eine Symptombekämpfung — die wirklichen Ursachen der Drogensucht bleiben weiterhin bestehen und ungeklärt.
Um in diesem Arbeitsbereich besser wirken zu können, muß sich die Sozialarbeit andere Methoden aneignen. Bisher hatten Drogensüchtige, wenn sie gegen das BtmG verstoßen hatten, nur die Wahl zwischen Gefängnis und einer zwangsweisen Entzugstherapie. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, das eine derartige Entziehung, zum Erfolg führt sehr gering (Rückfallquote sehr hoch). Außerdem müßten Stellen zur Verfügung stehen, in welchen die Drogensüchtigen, die mit ihrer Sucht umgehen zu wissen und mit der Droge weiterleben wollen, einen Ansprechpartner für ihre sonstigen Probleme finden können. In diesem Fall müßte die Betreuung auf die Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten werden ("Case- Managemant").
Zugleich müssen die präventiven Maßnahmen dem sich ständig ändernden Konsumverhalten angepaßt werden. Zum Beispiel können Ecstasy konsumierende "Raver" nur in Discos und großen "House- Partys" erreicht werden (Informationsstände und / oder Aufklärungsvideos)
Weiterhin müßte der Informationsfluß zwischen den beteiligten Stellen und Behörden sichergestellt sein, da sonst manche Arbeiten, auf Grund fehlender Informationen, mehrfach oder gar nicht durchgeführt werden.
8 Quellenangaben :
1) Betäubungsmittelgesetz Internet: http://sunsite.informatik.RWTH-Aachen.de/germlaws/btmg
2) Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik e.V., Berlin, in Zusammenarbeit mit Buntstift e.V., Göttingen und Frankfurt/Main Titel : Menschenwürde in der Drogenpolitik - ohne Legalisierung geht es nicht! Verlag : Konkret Literaturverlag, Hamburg, 1993
3) Der Spiegel Nr.5 / 27.01.1997
4) Die Niederländische Drogenpolitik Internet: http://www.minvws.nl/drugnota/2/index.htm
5) G. Kruse, K. Behrendt, K. Bonorden-Klij, H.W. Gößling Titel : Fix(en) und Fertig ? Verlag : Psychiatrie Verlag, Bonn, 1996
6) Heiner Gatzemeier Titel : Heroin vom Staat Verlag : Knauer, 1993
Häufig gestellte Fragen
Was sind Drogen im Kontext des Textes?
Der Begriff "Drogen" umfasst Substanzen, die auf das zentrale Nervensystem wirken und zur Abhängigkeit führen können. Dazu gehören sowohl natürliche Produkte wie Opium, Marihuana und Koka als auch synthetisch hergestellte Substanzen wie Heroin, LSD, Ecstasy und Kokain. Auch legale Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Koffein fallen unter den Begriff.
Welche Gesetzesbestimmungen gibt es in Deutschland bezüglich Drogen?
Das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) regelt den Umgang mit Betäubungsmitteln. Unerlaubter Anbau, Handel, Einfuhr, Ausfuhr, Veräußerung, Abgabe, Erwerb oder Besitz von Betäubungsmitteln wird strafrechtlich verfolgt. Dies kennzeichnet eine repressive Drogenpolitik in Deutschland, die darauf abzielt, die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen von Drogen zu schützen.
Was sind die Ziele der repressiven Drogenpolitik in Deutschland und warum wird sie kritisiert?
Die Ziele der repressiven Drogenpolitik sind Kriminalitätsminimierung, Förderung der Volksgesundheit und Drogenlosigkeit. Die Kritik an dieser Politik besteht darin, dass die Zahl der Erstkonsumenten und Drogentoten steigt, der Drogenhandel floriert und die Justiz überlastet ist. Zudem kommen ständig neue Drogen auf den Markt, die noch nicht unter das BtmG fallen, was den Drogenhändlern Spielraum verschafft.
Was ist Khat oder Qat?
Khat (oder Qat) ist eine Droge, die aus grünen Blättern besteht, die traditionell in Nordamerika und im Jemen gekaut werden. Sie wirken euphorisierend und stillen das Hungergefühl. Da Khat nicht im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt ist, ist der Handel damit (zum Zeitpunkt des Artikels) legal.
Warum scheitert die repressive Drogenpolitik laut dem Text?
Die repressive Drogenpolitik scheitert, weil sie starr ist und nicht flexibel auf die sich ändernden Umstände reagiert. Jugendliche werden oft nicht ausreichend über die Risiken von Drogen aufgeklärt und verlieren das Vertrauen in die Erwachsenen, wenn sich herausstellt, dass ihre Warnungen übertrieben sind. Zudem werden Konsumenten weicher Drogen in den Untergrund getrieben, wo sie leichter mit harten Drogen in Kontakt kommen.
Was ist das niederländische Modell der Drogenpolitik?
Das niederländische Modell setzt auf Duldung, präventive Maßnahmen, Fahndung und Therapie. Besitz und Konsum weicher Drogen sind entkriminalisiert, und es gibt Coffeeshops, die weiche Drogen verkaufen dürfen. Die Verbesserung der gesundheitlichen Verfassung der Drogenkonsumenten und die "Harm Reduction" stehen im Vordergrund. Ziel ist es, zu verhindern, dass Jugendliche mit harten Drogen in Kontakt kommen.
Welche Gründe werden für eine Änderung der repressiven Drogenpolitik in Deutschland genannt?
Gründe für eine Änderung sind die hohen Kosten der "gescheiterten Drogenpolitik", die geringe Zielerreichung (Gesundheitsniveau, Kriminalitätsminimierung, Resozialisierung), die Ausgrenzung von Abhängigen, die Schädigung moralischer Werte, die geringe Anzahl von Todesfällen im Vergleich zu legalen Drogen, die Freisetzung von Geld und Energien zur Bekämpfung anderer Probleme sowie die Förderung von Verbrechen durch die Prohibition.
Welche Auswirkungen hätte eine veränderte Drogenpolitik auf die Sozialarbeit?
Die Sozialarbeit müsste sich andere Methoden aneignen und stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Drogensüchtigen eingehen ("Case-Management"). Es müssten Stellen geschaffen werden, in denen Süchtige, die mit ihrer Sucht weiterleben wollen, einen Ansprechpartner finden können. Zudem müssten präventive Maßnahmen dem sich ändernden Konsumverhalten angepasst werden. Wichtig ist auch ein besserer Informationsfluss zwischen den beteiligten Stellen und Behörden.
Was schlussfolgert der Autor des Artikels?
Der Autor kommt zu dem Schluss, dass es keine ideale Drogenpolitik gibt und Kompromisse eingegangen werden müssen. Er schlägt vor, dass Deutschland dem Beispiel der Niederlande folgen und den Verkauf von weichen Drogen in speziellen "Fachgeschäften" erlauben sollte. Harte Drogen sollten Süchtigen auf Rezept zugänglich gemacht werden, während der illegale Drogenhandel weiterhin hart bekämpft werden muss. Letztendlich bleibt dies jedoch nur eine Symptombekämpfung, da die eigentlichen Ursachen der Drogensucht unklar bleiben.
- Quote paper
- melita güttinger (Author), 1998, Drogenfreigabe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95174