Der Lehrer im Nationalsozialisums


Zwischenprüfungsarbeit, 1999

26 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. NS-Ideologie und Erziehungskonzepte
2.1 Erziehungsvorstellung in „Mein Kampf“
2.2 Die Frage nach dem Erziehungskonzept

3. Struktur und Entwicklung des Schulwesens
3.1 Allgemeinbildende Schulen
3.2 Nationalpolitische Erziehungsanstalten
3.3 Adolf-Hitler-Schule
3.4 Deutsche Heimschulen und Ordensburgen

4. Alltag von Schülern und Lehrern
4.1 Schule und Lehrer
4.2 Lehrer und NSDAP
4.3 Lehrer und NSLB

5. Der Geschichtsunterricht
5.1 Die Ziele und Erziehungsaufgaben
5.2 Richtlinien und Lehrpläne
5.3 Die Volksschule
5.4 Mittel- und Höhere Schulen

6. Leibeserziehung

7. Die Rolle der Hitlerjugend
7.1 Die Hitlerjugend vor 1933
7.2 Entwicklung und Ziele nach der Machtergreifung
7.3 Die HJ im Konflikt mit dem Schulsystem

8. Schlußwort

9. Literaturverzeichnis

Vorwort

Das Thema Nationalsozialismus, dessen Auswirkung und Folgen für die Zukunft, ist in der Literatur sehr umfangreich und ausführlich behandelt worden. Über Nationalsozialismus und Pädagogik im Besonderen gibt es eine fast unübersehbare Fülle von Literatur. Das Thema, der hier vorliegenden Zwischenprüfungsarbeit, ab- und einzugrenzen fällt daher nicht leicht, aber die Notwendigkeit dafür ist sicherlich einzusehen.

Der Nationalsozialismus ist nicht wie eine Naturkatastrophe über die Menschen hereingebrochen. Aus heutiger Sicht handelt es sich um eine Entwicklung deren Nachvollziehbarkeit noch immer große Probleme bereitet. Es gibt noch viele offene Fragen, bis die Erfahrungen der Hitlerzeit für uns begreifbar werden. Eine dieser Fragen ist das Verhältnis der Pädagogik zum Nationalsozialismus.

Mit welchen Mitteln war es möglich das bestehende Schulsystem in Deutschland so zu verändern, daß es den Zielen der Nationalsozialisten in vollem Umfang diente? Welche Mitglieder der Verwaltungshierarchie hatten die Möglichkeit und die nötige Macht den Bereich der Erziehung so zu verändern?

Das Schulwesen hatte vor der Machtergreifung 1933 sicherlich viele ungelöste Probleme, war rechtlich und organisatorisch kompliziert und mit preußisch-autoritärer Mentalität des vergangenen Kaiserreichs durchsetzt. „Ruhe, Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit und Gehorsam - diese sogenannten preußischen Sekundärtugenden mußten also nicht erst von den Nationalsozialisten erfunden und in den Schulalltag eingeführt werden.“1 Es gab auch noch andere Gemeinsamkeiten, z. B. in der Mathematik wurde weiterhin der Dreisatz gelehrt und im Fach Deutsch viel Wert auf die Rechtschreibung gelegt. Dies erleichterte durchaus die Umwandlung der Schule von der Weimarer Republik zur Diktatur Hitlers.

Ob ein solches Thema jemals vollständig erfaßt werden kann, gerade in einer Zwischenprüfungsarbeit im Rahmen des erziehungswissenschaftlichen Studiums, darf angezweifelt werden. Aber darum geht es hier auch nicht. Es geht um die Beschäftigung mit der Thematik, denn wer sich mit Dingen beschäftigt, kann aus ihnen lernen und eine Beschäftigung mit der NS-Zeit gibt uns die Möglichkeit Wichtiges für unsere Gegenwart und unsere Zukunft zu lernen.

1. Einleitung

Diese Einleitung soll einen Überblick über die vorliegende Arbeit geben. Im er- sten Abschnitt wird auf die NS-Ideologie und Erziehungsvorstellungen Hitlers eingegangen. Hitlers Ansichten zu Erziehung sind in vielen Textstellen aus „Mein Kampf“ zu ersehen.

Das Kapitel Struktur und Entwicklung des Schulwesens soll die Organisation des Schulwesens im Dritten Reich verdeutlichen, ohne die ein Verständnis der Zu- sammenhänge nicht möglich ist. Es werden sowohl die Allgemeinbildenden Schulen als auch die nationalsozialistischen Schulformen behandelt. Besonders wichtig ist eine Betrachtung der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten und der Adolf-Hitler-Schulen, denn dort kommt die Einstellung und die Verwirklichung der NS-Erziehung sehr deutlich zum Vorschein. Diese Schultypen sind von den Nationalsozialisten völlig neu entworfen worden und waren vorher nicht be- kannt.

Der Alltag von Schülern und Lehrern gibt einen guten Einblick in die Situation des Lehrerberufs, dessen Schwierigkeiten und Aufgaben. Der Krieg brachte viele Veränderungen mit sich, die auch die Schulen betrafen und daher betrachtet werden müssen.

Der Geschichtsunterricht spielte in der schulischen Bildung eine herausragende Rolle. An ihm sind die Veränderungen für die Schüler und Lehrer deutlich zu erkennen. Aus diesem Grunde ist dieses Einzelfach als exemplarisches Beispiel herausgegriffen worden. Für alle schulischen Fächer die Richtlinien und Lehrpläne zu behandeln erscheint nicht sehr ergiebig zu sein, daher ist dies nur für den Geschichtsunterricht vorgenommen worden. Die gewonnenen Erkenntnisse daraus sind auch auf andere Fächer übertragbar. In diesem Kapitel wird auch kurz auf die Schulbücher und ihre Umgestaltung eingegangen.

Das Fach Leibeserziehung ist zur Verdeutlichung der körperlichen Erziehung als eigenes Kapitel aufgeführt worden.

Die Rolle der Hitlerjugend darf bei der Betrachtung von Pädagogik und Nationalsozialismus nicht unberücksichtigt bleiben. Ihr Einfluß im schulischen Bereich war so gravierend und veränderte die Schule so sehr, daß ein eigenes Kapitel über die erzieherische Rolle der Hitlerjugend außerhalb und innerhalb der Schule notwendig wurde.

2. NS-Ideologie und Erziehungskonzepte

2.1 Erziehungsvorstellungen in „Mein Kampf“

Es lassen sich viele Textstellen zitieren, in denen die Einstellung Hitlers zur Erziehung deutlich wird. Sie alle enthalten zumeist eine Mischung aus Rassismus, Volksverhetzung, Banalitäten aber leider auch durchaus plausible Behauptungen, wie das Problem des Stoffumfangs im Unterricht, dies läßt die Mischung so gefährlich werden. „So geht der hauptsächliche Zweck dieses Viel-Lernens schon wieder verloren; denn er kann doch nicht darin bestehen, durch angemessene Häufung von Lernstoff das Gehirn an sich lernfähig zu machen, sondern darin, dem späteren Leben jenen Schatz an Wissen mitzugeben, den der Einzelne nötig hat und der durch ihn wieder der Allgemeinheit zugute kommt“(Seite 465). Nichts ist schlimmer als ein Gemisch aus Halbwahrheiten in denen man Wahrheit und Lüge nicht auseinander halten kann. Jeder kann darin etwas finden, was seine Meinung oder Einstellung zur Erziehung bestätigt oder dem er wenigstens teilweise zustimmen kann. „Der völkische Staat hat... seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten“(Seite 452). „Der Staat muß dabei als Wahrer einer tausendjährigen Zukunft auftreten, der gegenüber der Wunsch und die Eigensucht des Einzelnen als Nichts erscheinen und sich zu beugen haben“(Seite 446).

Es ist erkennbar, daß die körperliche Ausbildung als wesentlich angesehen wird. Danach kommt die Charakterbildung, deren Krönung im „Rassenbewußtsein“ zu sehen ist. Die wissenschaftliche Ausbildung wird als nicht besonders wichtig betrachtet. Ein entscheidender Punkt ist immer die Reinhaltung des deutschen Blutes. Die Erziehung muß daher nicht nur auf die Jugend sondern auf die ganze Gesellschaft gerichtet sein.

Hitlers Erziehungsvorstellungen basieren immer auf rassistisch- biologischen Grundlagen. Sein Menschenbild ist auf die naturgegebene Ungleichheit bezogen, daher die Unterscheidung nach Herrenrasse und Untermenschen, was nicht nur auf die Juden bezogen wurde. Rassenunterschiede bei Tieren werden einfach und fälschlicherweise auf den Menschen bezogen. Dieser sogenannte Rassenunterschied wird als naturgegeben und damit richtig und als unantastbar hingestellt. Fremdartige Kinder und Jugendliche waren nach Hitlers Vorstellungen erst gar nicht erziehbar. Allein aufgrund ihrer Herkunft sind sie nicht durch Erziehung in die deutsche Volksgemeinschaft integrierbar.

Der Anspruch der totalen Erziehung wird mit der rassischen Bedrohung des deutschen Volkes begründet. Die Erziehung ist nicht mehr zeitlich bestimmt oder begrenzt. Kinder und Jugendliche können von vornherein nationalsozialistisch erzogen werden, Erwachsenen müssen umerzogen werden. Es ist wichtig festzustellen, daß die Grenzen zwischen Erziehung, Bildung und Propaganda nicht mehr deutlich sichtbar sind. Nach heutigem Verständnis soll Erziehung Selbständigkeit, Kritikfähigkeit und verantwortungsbewußtes Handeln herausbilden, dies ist auf den einzelnen Bezogen. Hitlers Erziehung ist aber auf die Volksgemeinschaft, also gruppenbezogen, ausgerichtet. Ein Scheitern gefährdet aber den ganzen Staat und rechtfertigt dadurch den Einsatz aller verfügbaren Mittel. Wer nicht erziehbar ist, ob aus rassischen Gründen oder weil die Erziehung im Einzelfall versagt hat, muß entfernt werden. Wo diese Einstellung hinführte ist leidlich bekannt.

2.2 Die Frage nach dem Erziehungskonzept

In der Literatur wird leider nicht deutlich zwischen Erziehungsvorstellungen und -konzepten unterschieden. Mit Hilfe von ausgearbeiteten Konzepten ist es möglich vorgegebene Ziele, auch Vorstellungen, zu verwirklichen. Die Nationalsozialisten hatten sich aber bei der Machtergreifung nicht auf ein eindeutig formuliertes Erziehungskonzept einigen können. Das Feld der Erziehung mußte neu besetzt werden, wie dies aber im einzelnen genau zu erfolgen hat war nicht klar. Die Aussage Hitlers, erst müsse man die Macht haben, dann werde man weitersehen, war auch auf den Bereich Schule und Erziehung gerichtet.

Die Veränderungen im Schulwesen nach 1933 waren nicht das Ergebnis von klaren politischen Führungsabsichten. Wie sich die Entwicklung gestaltete war weitgehend offen und hing von den Leuten ab, die nun die Möglichkeit zum Handeln erhielten. Obwohl Hitler die Bedeutung und den Nutzen von Erziehung und Schule erkannte, hatte er kein klares und eindeutiges Konzept und auch keine praktische Vorstellung wie er vorgehen sollte. Das nationalsozialistische Erziehungssystem ist nicht durch pädagogische Planung entstanden. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, daß Konflikte im Bereich Erziehung, Bildung und Schule in der gesamten Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft an der Tagesordnung waren.

3. Struktur und Entwicklung des Schulwesens

Anhand des Bildes auf Seite 6 ist ein guter Überblick über die Organisation des Schulwesens möglich. Auf die Volksschule und die Allgemeinbildenden Schulen wird noch im Kapitel „Der Geschichtsunterricht“ eingegangen . An dieser Stelle sollen nun ausführlicher die NS-Ausleseschulen behandelt werden. Hier sind zu nennen, die Adolf-Hitler-Schule (AHS) und die Nationalpolitischen Erziehungs- anstalten (NPEA), die im Volksmund auch als Napola abgekürzt wurden. Es handelte sich um Internatsschulen, die die Aufgabe hatten, die neue Elite des Großdeutschen Reiches streng im Sinne des nationalsozialistischen Geistes auszubilden. Beide Schulformen sind erst im Laufe des Nationalsozialismus entstanden und ein Werk von Hitler und seinen Gefolgsleuten. Sie waren also die ersten wirklich neuen Bildungseinrichtungen des Dritten Reiches und unterschieden sich erheblich von den höheren Schulen in Form, Inhalt und Aufnahmebedingungen, obwohl auch beide, AHS und NPEA, zum Abitur führten.

3.1 Allgemeinbildende Schulen

Die Erziehung begann gewöhnlich im Elternhaus und führte über Hort oder Kin- dergarten zu einer staatlichen Schule. Nach dem Schulabschluß folgte für Männer der Dienst bei der Wehrmacht. Daneben war für Mädchen der Bund Deutscher Mädel (BDM) und für Jungen die Hitlerjugend (HJ) für die Erziehung verantwortlich.

Die Schule gehörte schon immer zu den traditionellen Erziehungsstätte. Die Neu- ordnung des Schulsystems in der Zeit von 1937 bis 1939 brachte keine neuen Strukturen, sondern folgte der bereits eingeleiteten Entwicklung aus dem vergan- genen Kaiserreich. Die Vielfalt der bestehenden Schultypen wurde in ein dreig- liedriges Schulsystem überführt. Die Volksschule sollte mehr die praktische Ausbildung, die Mittelschule die anwendungsorientierte, mit theoretischen An- sätzen behaftete Ausbildung, vermitteln. Die Oberschule sollte rein theoretisch orientiert aufgebaut sein.

Die Volksschule bestand aus einer vierjährigen Grundschule mit einer aufbauenden vierjährigen Volksschuloberstufe. Schüler die nicht den nationalsozialistischen Vorstellungen entsprachen, egal ob körperliche oder seelische Störungen vorlagen, wurden abgesondert und auf Hilfsschulen unterrichtet.

Die Mittelschule war stark mathematisch-naturwissenschaftlich, technisch oder hauswirtschaftlich ausgerichtet. Bei höheren Schulen wurde starken Wert auf die Fächer Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Biologie gelegt.

Aus Führung und Verführung. Pädagogik des Nationalsozialismus: Hans-Jochen Gamm, List Verlag München1964

3.2 Nationalpolitische Erziehungsanstalten

Die ersten Napolas wurden 1933 in Plön, Potsdam und Köslin errichtet. Bis 1943 sollten es 33 für Jungen und 4 Anstalten für Mädchen werden. Sie unterstanden dem Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, hin- sichtlich der nationalsozialistischen Formung aber dem „Inspekteur der National- politischen Erziehungsanstalten“. Sie gerieten aber ab 1936 stark unter den Ein- fluß der SS. Mit der Partei hatten sie im engeren Sinne nicht viele Verbindungspunkte.

Bei den Schülern im Alter von zehn bis achtzehn Jahren wurde besonders auf charakterliche, intellektuelle, sportliche und wehrtechnische, sowie ideologische Erziehung Wert gelegt. Wichtiger Bestandteil war das „Spiel“ mit den militäri- schen Formen, Rangabzeichen und Flaggenparaden. Hauptziel der Napolas war eine ganzheitliche Erziehung und eine breitgefächerte Ausbildung, die weit über den Schulunterricht hinaus ging. Diese Ausbildung sollte den Absolventen eine Spitzenposition in allen Bereichen der Wirtschaft, des Staates und auch bei der Wehrmacht ermöglichen.

Neben dem Lehrplan, der im weiteren Sinne dem der Oberschulen entsprach, waren vielfältige Angebote an den Napolas für die Schüler vorhanden. Unterricht im Segelfliegen, Reiten, Motorradfahren, Kleinkaliberschießen, Rudern, Fechten und Boxen, sowie Schulung in handwerklichen Fähigkeiten. Dies machte für viele Jugendlichen diese Schulform sehr attraktiv. Diese Ausbildung sollte den Schülern, auch Jungmannen genannt, offenstehen, ohne Rücksicht auf Vermögen oder soziale Stellung der Eltern. Sie sollten mehr nach erbbiologischen Gesichts- punkten und nationalsozialistischer Einstellung beurteilt werden. Es gab einen doppelten Ausleseprozeß, eine Vormusterung am Heimatort und eine Aufnahme- prüfung, die eine Woche dauerte. Schwächliche oder mit körperlichen Fehlern behaftete Kinder wurden selbst bei geistiger und rassischer Eignung nicht aufge- nommen. Die Aufnahmeprüfung bestand aus schriftlichen Arbeiten in Deutsch, Rechnen und mündlichen Prüfungen in den Fächern Biologie, Geschichte, Geo- graphie und Allgemeinwissen, sowie Hindernislauf, Geländelauf, Leichtathletik und Schwimmen. Wer den Anforderungen nicht genügte, vor allem den körperli- chen Vorgaben, konnte jederzeit aus der Schule entlassen werden.

Die Napolas waren Internatsschulen, die neben dem Unterricht und der organi- sierten Freizeit kaum Raum für individuelle Bedürfnisse und Interessen offen ließen. Die Erzieher und Lehrer der Napolas sollten mit den Jungmannen eine Erziehungsgemeinschaft bilden und waren mit ihnen in einem Gebäude unterge- bracht. Die Schüler wurden in „Züge“ eingeteilt und trugen die Uniform der HJ. Die Charakterbildung sollte durch die Körperschulung und das Gemeinschaftsle- ben erreicht werden. Das Zusammenwirken von geistiger und körperlicher Arbeit ist im Grunde nicht neu. Kerschensteiner hat diesen Gedanken schon in seiner Arbeitsschule aufgegriffen. Neu ist nur der politische Aspekt, den die National- sozialisten in diesen Ansatz durch die Napolas gebracht haben.

3.3 Adolf-Hitler-Schule

Die Adolf-Hitler-Schulen waren Einrichtungen der NSDAP und unterstanden nicht der Schulaufsicht. Die AHS sollte zur Erziehung des Nachwuchses für die Partei dienen. Nach Plänen der Reichsleitung hätte später niemand in „Partei und Staat“ Karriere machen sollen, der nicht die AHS und danach die Hohe Schule der NSDAP, eine Art Parteiuniversität, besucht hätte. Die AHS konnte ohne eine eigentliche Aufnahmeprüfung erst mit 12 Jahren besucht werden. Die Schüler wurden von den örtlichen Parteiführern und natürlich nur aus „politisch gefe- stigten“ Familien für die Schule vorgeschlagen. Nach sechs Jahren gab es ein Zeugnis, das dem Reifezeugnis der Napolas und den Oberschulen entsprach. Der Lehrplan entsprach auch hier dem der Oberschulen, es gab aber keine Noten. Die Versetzung wurde am Ende des Schuljahres durch einen Leistungswettbewerb festgelegt.

Die AHS und auch die Napolas waren Eliteschulen, die Lehrkräfte waren nach politischer Führung und auch nach Fachwissen ausgesucht und zum Teil ohne jede Zustimmung an diese Schulen versetzt worden. Man kann also von sehr „günstigen“ Bildungsvorraussetzungen hinsichtlich der Lehrkräfte und der mate- riellen Ausstattung der Schulen sprechen, günstig im Sinne der nationalsozialisti- schen Weltanschauung, die die Erziehung der Jugendlichen für ihre Zwecke mißbrauchte.

3.4 Deutsche Heimschulen und Ordensburgen

Viele Privatschulen wurden nach 1933 aufgelöst, die alten Landerziehungsheime und Inernatsschulen entsprachen meist nicht der nationalsozialistischen Erzie- hungsvorstellung. Die Deutschen Heimschulen sollten ihre Aufgaben überneh- men. Sie standen während des Krieges für Kinder gefallener Wehrmachtsangehö- riger, oder für Kinder von Müttern, die für die Rüstungsindustrie verpflichtet worden waren, aber auch für Kinder von Beamten des Auswärtigen Dienstes oder Wissenschaftlern, die für wehrtechnische Projekte irgendwo abgeschlossen lebten offen. Diese Schulen hatten also eine zeitlich begrenzte soziale Aufgabe im Krieg zu erfüllen. Die Idee wurde von der SS verwirklicht und so der Einfluß auf die Deutschen Heimschulen gesichert. So verfügte sie über eine erzieherische Schlüsselposition in diesen Schulen.

Die Ordensburgen waren die Akademien der NSDAP. Dort sollte der Führungsnachwuchs der Partei herangezogen werden. Dieser Abschnitt der Ausbildung sollte dreieinhalb Jahre dauern, hier erfolgte dann die Festigung der nationalsozialistischen Weltanschauung und die Vertiefung des Wissens auf den Gebieten Rassenkunde, deutsche Vorgeschichte, Kultur, Wirtschaftsgeschichte. Daneben wurde selbstverständlich eine körperliche Ausbildung betrieben.

4. Alltag von Schülern und Lehrern

4.1 Schule und Lehrer

Ein einheitliches und allgemeingültiges Bild des Schulalltages der Lehrer zu zeichnen fällt angesichts der sehr individuellen Arbeits- und Lebensbedingungen schwer. Die Lehrer auf dem Lande hatten andere Probleme als in den Großstädten. Die grundlegenden Gemeinsamkeiten sollen aber dargestellt und die Unterschiede verdeutlicht werden.

Der totalitäre Erziehungsanspruch der NS-Erziehung ist deutlich erkennbar, die Folgen, gerade für die Lehrer, waren weitreichend. Der Lehrerberuf, dessen Auf- gabe nicht nur in der Wissensvermittlung besteht, sondern auch darin, die Ju- gendlichen zu gewissenhaften und verantwortungsvollen Menschen zu erziehen, die in der Lage sind differenziert zu denken und Entscheidungen zu treffen, ver- kam unter den Nationalsozialisten zum verlängerten Arm der Reichsführung.

Staat und Politik setzten alles daran das Denken und Handeln der Lehrer umzu- formen. Der gesamte Unterricht bestand nun darin, die Schüler systematisch auf ihrer spätere Bestimmung vorzubereiten, die Mädchen auf die Rolle der Ehefrau und Mutter, die Jungen auf das Soldatenleben. Ein höherer Bildungsanspruch bestand nicht. Man enthob die Lehrer nicht generell ihres Amtes, sofern sie nicht Juden oder Kommunisten waren. Das Handeln und die politische Einstellung wurden aber von nun an sehr genau kontrolliert. Überraschende Visiten des Un- terrichtes zur Kontrolle und notfalls auch zur Einschüchterung vom Schulrat waren ein beliebtes Mittel. Auch von Seiten der Kollegen und Schüler mußte man jederzeit mit Denunzierungen rechnen. Die Wirtschaftskrise und die große Arbeitslosigkeit unter den Lehrern machten eine erfolgreiche Einschüchterungs- politik mit Entlassungsdrohungen sehr erfolgreich. Besonders das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums bot die Handhabe jeden Beliebigen aus dem Dienst zu entfernen. Man konnte ohne das Pensionsalter erreicht zu ha- ben in den Ruhestand versetzt werden, oder durch Versetzung bestraft werden.

Von den Lehrern wurde erwartet, daß sie auch über den Unterricht hinaus noch zusätzliche Verpflichtungen übernahmen. Aufgaben in der Partei, NS-Lehrer- bund oder Tätigkeiten wie Leiter der öffentlichen Schülerbücherei wurden gerne gesehen. Auch Anwärtern auf das Lehramt wurden anfallende Arbeiten, wie Ver- vollständigen von Schülerlisten, Karteiordnung und Aufräumarbeiten im Lehrmittelzimmer übertragen, so daß zum Teil das Beiwohnen des Unterrichtes oder gar selber Unterricht zu halten immer seltener wurde. Später im Kriegsver- lauf wurden sie auch zum Luftschutzwartdienst oder zur Brandwache in der Schule herangezogen.

Der normale Schulalltag war stark durch Rituale geprägt. Zu Unterrichtsbeginn und -ende wurde der Hitlergruß verlangt. Fahnenapelle auf dem Schulhof waren an der Tagesordnung. Schulfeiern wurden zahlreich und regelmäßig durchge- führt, sie sollten das Gemeinschaftsleben an der Schule fördern und die nationalsozialistische Propaganda in den Schulalltag verankern.

Der Krieg brachte viele Einschränkungen, die auch die Lehrer trafen. Das Gehalt reichte knapp zum Lebensunterhalt, Versetzungen von Lehrern wurden verhält- nismäßig häufig angeordnet. Nicht selten mußten die von der Versetzung betrof- fenen Lehrkräfte aus Mangel an Wohnraum im Gasthaus oder auf einem Bau- ernhof ein Zimmer mieten. Mit zunehmender Kriegsdauer wurde der Unterricht immer schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Die Schulgebäude, besonders in den Städten, wurden durch Bombenangriffe beschädigt, oder für andere Zwecke gebraucht. Im Winter konnten aufgrund von Kohlemangel nur einzelne Klassen- räume beheizt werden.

Auf dem Lande war die einklassige Dorfschule mit bis zu 60 Kindern in einem Raum weit verbreitet. Mehrere Jahrgangsstufen wurden parallel unterrichtet. Der Lehrer mußte einzelne Unterrichtseinheiten nebeneinander erteilen, in dem er einen Teil Stillarbeit aufgab und den anderen Teil der Schüler unterrichtete. Da im Krieg die Männer an der Front waren, mußten die Jungen auf dem Land den Vater oder Knecht ersetzen und bei der Ernte helfen. Auch Siebt- und Acht- klässler wurden zum Teil in den Sommermonaten vom Vormittagsunterricht freigestellt. Ganze Klassen arbeiteten so auf den Feldern. Die Schulen und der Unterricht auf dem Lande hatte weniger unter den Bombenangriffen zu leiden. Dafür wurden hier viele Sammelaktionen durchgeführt. Heilkräuter mußten ge- sammelt werden und nach dem Trocknen auf dem Schulspeicher bei der Dorfapotheke abgegeben werden. Auch Kleidersammlungen wurden von den Schülern durchgeführt. Es wurde genau über die Sammelaktionen und die erbra- chen Leistungen Buch geführt.

4.2 Lehrer und NSDAP

Die Untersuchungen von Rolf Eilers über die Lehrer und den Nationalsozialis- mus geben einen guten Einblick vom Verhältnis Lehrern und NSDAP. Eilers belegt anhand statistischer Auswertungen eine große Bereitschaft zur freiwilligen Mitarbeit in der NSDAP , 1936 waren 32,3% aller Lehrer Parteimitglieder der NSDAP, aber nur ca. 17% aller übrigen Beamten. Diese Zahlen scheinen er- schreckend hoch, aber erst nach der Machtergreifung Hitlers ist ein starker Anstieg der Mitgliederzahlen in der Partei und im NSLB zu verzeichnen. Auch ist eine differenzierte Analyse notwendig, es ist auffallend, daß Lehrer von Gymnasien und Berufsschulen im NSLB und in der NSDAP recht häufig zu finden sind. Dort handelt es sich aber zumeist um Lehrer in leitenden Verwal- tungspositionen. Vermutlich ist eine Sicherung des erreichten Lebensstandards hier maßgebend und nicht unbedingt eine Identifikation mit den Zielen der Na- tionalsozialisten. Auch ist eine auffallende Nähe von Junglehrern und Landlehrern zu den Zielen und Vorstellungen der nationalsozialistischen Füh- rung erkennbar. Aber schon in den 20er Jahren gehörte die ländliche Bevölkerung sicherlich mehr zum rechten Flügel der Politik. Die nationalsoziali- stische Bildungspolitik mit ihrer Gesinnung nach Zucht und Ordnung traf hier mit Sicherheit auf mehr Gehöhr als an anderer Stelle. Die Gründe für den Zulauf von Junglehrern zur Partei ist vermutlich im existentiellen Bereich zu suchen, die bereits beschriebene schlechte wirtschaftliche Lage und die langfristige Nichteinstellung sind hier ausschlaggebend.

4.3 Lehrer und NSLB

Auch die traditionellen Lehrerverbände wurden im Dritten Reich durch den Na- tionalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) gleichgeschaltet. Die Wirtschaftskrise traf die Lehrer durch Stellenabbau, vorzeitige Pensionierung und Anheben der Klassenstärke. Die Probleme des Schulwesens und der Eindruck der orientie- rungslosen Reformen machten die Situation der Schule und Lehrer nicht gerade besser. Die Propaganda der Nationalsozialisten hatte dort leichtes Spiel und so fand der NSLB bis zur endgültigen Gleichschaltung der Lehrerverbände viele Anhänger. Der NSLB bestand bereits seit 1926, hatte aber erst nach der Zwangs- organisation aller übrigen Lehrerverbände 1933 den entscheidenden Durchbruch. Zur Machtergreifung bestand noch kein offizielles Schulprogramm, der NSLB verstand sich mehr als Kampfverband der NSDAP. Er hatte die gleiche Struktur wie die Nationalsozialistische Partei und war neben Gau- und Kreisleitung in einzelne Fachgebiete gegliedert. 1936 waren 97% aller Lehrer des Deutschen Reiches im NSLB erfaßt. Wer als Lehrer nicht dem NSLB angehörte, dem droh- ten erhebliche Nachteile und Repressalien. So war es durchaus möglich den Rentenanspruch zu verlieren. Man kann also davon ausgehen, daß die wenigsten Lehrer aus Überzeugung und freiem Willen dem NSLB angehörten. Sicherlich war die Angst Nachteile zu haben, oder gar seinen Beruf nicht ausüben zu kön- nen, viel größer und beeinflußte die Entscheidung zum Beitritt in die Organisation erheblich.

5. Der Geschichtsunterricht

5.1 Die Ziele und Erziehungsaufgaben

Dem Geschichtsunterricht wurde in der schulischen Bildung eine besondere Rolle und Vorrangstellung eingeräumt. Hitler kam es bei dem geschichtlichen Lernen besonders auf die Ausschlachung der Vergangenheit für die Legitimation seines Systems an. Die Geschichte wurde als Rechtfertigung für das eigene verbrecherische Handeln und die Expansionspolitik des Dritten Reiches herangezogen. Es wurde keinen großen Wert auf das Auswendiglernen von geschichtlichen Daten und Ereignissen gelegt. „... ob der Junge nun genau weiß, wann diese oder jene Schlacht geschlagen, ein Feldherr geboren wurde, oder gar ein Monarch die Krone seiner Ahnen aufs Haupt gesetzt erhielt. Nein, wahrhaftiger Gott, darauf kommt es wenig an.“2

Der Geschichtsunterricht sollte das Gefühl vermitteln zu einer bestimmten Rasse zu gehören, der Rechtfertigung des Führerstaates dienen und als historische Begründung des deutschen Volkstums genutzt werden. Besonders wurde herausgehoben, daß der Schlüssel zur Weltgeschichte in der Rassenfrage liege. Die nordische Menschenrasse ist die Schöpferin der menschlichen Hochkultur und steht an der Spitze der Menschheit. Die Germanen werden als die Eroberer Roms und als Schöpfer des Führerprinzips herausgestellt. Die zentralen Begriffe des Unterrichts sind demnach auch „Führertum“, „Rasse“ und „Volkstum“.

Der Haupttheoretiker des nationalsozialistischen Geschichtsunterrichtes war Dietrich Klagges3. Er schrieb 1936 das Standardwerk „Geschichtsunterricht als nationalpolitische Erziehung“. Er sah die Aufgabe der Schule und des Geschichtsunterrichtes als Erziehung zur „richtigen Gesinnung“ und zur Begeisterung für die „Bewegung“. Auf Wahrhaftigkeit oder objektive historische Aussagen und Zusammenhänge kam es nicht an. Der Geschichtsunterricht mußte die Geschichte nur vom Schicksal und der Bedeutung des deutschen Volkes aus betrachten. Wichtig waren dabei nur die Ereignisse und Personen, die für die Entwicklung zum Deutschen Reich und letztlich zu derem Nutzen war. Die Gleichheit zwischen den Völkern wird abgestritten und die Reinheit der Rasse als höchstes Gut eines Volkes dargestellt.

Dietrich Klagges fordert folgendes vom Geschichtsunterricht4:

-In unserer nationalpolitischen Erziehung hat die Geschichte nur so weit Raum, wie sie deutsches Volksschicksal ist. Als Zusammenfassung alles Geschehen ist die Geschichte nicht verwendbar.
-Die Fülle des Stoffes zwingst zur Unterscheidung und Vereinfachung.

Durch die ersten beiden Punkte wird deutlich, daß auf eine rationale Auseinandersetzung und auf Objektivität keinen Wert gelegt wird. Da die Stoffülle angeblich so groß ist, muß eine Auswahl getroffen werden, aber gerade in der von Klagges geforderten Vereinfachung liegt die Gefahr die Dinge falsch darzustellen. Dazu auch ein Zitat von Karl Friedrich Stum, Oberregierungsrat im Sächsischen Ministerium für Volksbildung und Lehrbeauftragter an der Hochschule für Lehrerbildung in Dresden.“ Wir ergreifen im Geschichtsunterricht also Partei. Und unsere Partei heißt Deutschland. Wir hüten uns, schon die Kinderherzen mit dem „Fluch der Objektivität“ zu verpesten...“5

Weiterhin wird gefordert:

-Der auf die engere Heimat zentrierte Geschichtsunterricht hat einem Unterricht zu weichen, der ein einheitliches großdeutsches Geschichtsbewußtsein erreicht.
-Er darf nie ein Lehrgang der Außenpolitik sein wollen, viel mehr muß er das Volk befähigen, die weltpolitische Haltung des Führers mit heißem Herzen zu erfassen, ihm auf seinem kühnen Weg zu folgen und alle Kraft zur Erreichung seiner Ziele einzusetzen.
-Es gibt nur einen Kulturschöpfer - den arischen Menschen, und es gibt nur eine Weltgeschichte - die Geschichte der nordischen Rasse.

Ein mit solchen Zielen und Aufgaben versehener Geschichtsunterricht kann nur die totale Unterordnung unter den Willen des Führers und die Verherrlichung des Nationalsozialismus und der Rassenlehre haben.

5.2 Richtlinien und Lehrpläne

Dietrich Klagges ist der Erste, der eine völlig neue inhaltliche Gliederung des Geschichtsunterrichtes durchführte, die natürlich im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung steht. Darin wird der totale Anspruch auf Indoktrination und Willensbildung gefordert. Die Schulwirklichkeit sieht aber etwas anders aus. Neue Schulbücher und Lehrpläne ließen bis 1935/36 auf sich warten. Zu den alten Schulbüchern aus der Weimarer Republik werden Ergänzungshefte zur Rassen- und Vorgeschichte herausgegeben. Diese Bücher wurden offensichtlich für noch brauchbar befunden, wohl letztlich aus Mangel an neuen Texten, Seiten die nicht im Sinne der Nationalsozialisten waren wurden überklebt.

Die ersten Erlasse der Landesunterrichtsbehörden empfahlen 1933 ohne historische Lehrbuch zu arbeiten, die Lehrer sollten geeignete Romane, wie z. B.

„Deutschland in Ketten“ oder „Die Gruppe Bosemüller“, als Textgrundlage heranziehen. Die Grundthesen, die im Unterricht vermittelt werden sollten, konnte man in Hitlers „Mein Kampf“ herauslesen, doch die vielen unterschiedlichen Meinungen und inhaltlichen und didaktischen Fragen führten zur Verzögerung bei der Ausgabe neuer Geschichtsbücher. Es gab zu viele logische Unstimmigkeiten und die gesicherten historischen Fakten kollidierten zu eindeutig mit der nationalsozialistischen Wunschvorstellung um eine Weltgeschichte zu schreiben, die die Rassenfrage zur dominanten Stellung machen konnte.

5.3 Die Volksschule

Über 90% aller Schulabgänger kamen aus der Volksschule, daher ist es nicht verwunderlich, daß die Nationalsozialisten diesem Schultyp besondere Aufmerksamkeit schenkten. Wegen der geringen Unterrichtszeit kam es besonders auf die Themen „große Führerpersönlichkeiten“ und die „großen Entwicklunglinien“ an.

Politisierung war ein Gestaltungsprinzip allen Unterrichts, die nationalsozialistische Weltanschauung war Fundament und nicht Gegenstand schulischer Unterweisung, darum brauchte man auch kein eigenes Unterrichtsfach „Staatsbürgerkunde“. Von den Volksschullehrern, die fast alle eine Seminarausbildung nach dem Allroundprinzip erhalten hatten, wurden die Erlasse, Verordnungen und behördlichen Weisungen besonders ernst genommen.

Vom 2. bis 4. Schuljahr gab es eine Einführung in die Vorgeschichte, sowie heimatkundliche Themen. Dabei wurde auf eine kindertümliche Behandlung Wert gelegt. Nach dem neuen Lehrplan von 1939 begann der eigentliche Geschichtsunterricht in der Volksschule mit dem 5. Schuljahr mit einfachen Geschichtsbildern der Vor- und Frühgeschichte. Alte Geschichte tauchte nur unter dem Blickwinkel des „germanisch- deutschen“ auf, z. B. „rassische Grundlagen des Germanentums, germanische Wehrhaftigkeit“. Der erste Durchgang durch die Geschichte findet bereits im 5. bis 7. Schuljahr statt. Themen wie „Deutsches Hel- dentum im Weltkrieg“, „Folgen des Diktats von Versailles“, „Zusammenbruch und Leidensweg durch den Schandvertrag“ und „Befreiung durch den Führer“ sollten die Schüler Stolz auf die Heldentaten ihrer Väter machen. Im 5. und 6. Schuljahr standen dafür zwei, im 7. und 8.Schuljahr drei Wochenstunden Geschichtsunterricht auf dem Lehrplan. Vom 6. bis zum 8. Schuljahr war deutsche Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart zu unterrichten. Im 8.Schuljahr wurde dann erneut „Deutschland Not und Erniedrigung“, die „Grundlagen des Deutschen Reiches“ und „Großdeutschland - ein Werk des Führers“ zu wiederholen.

5.4 Mittel- und Höhere Schulen

Vergleichbar mit den Volksschulen war die Stoffverteilung der sechsklassigen Mittelschule, die auf die vier Jahrgänge der Volksschule aufbauten. Nach 1939 wurde das Fach Geschichte zweistündig, nur für Jungen ab dem 8. Schuljahr dreistündig, unterrichtet. Methodisch steht der Lehrervortrag im Vordergrund. Im 5. Schuljahr wurde „Erzählungen aus dem Leben deutscher Helden in Gegenwart und Vergangenheit“ behandelt. Das 6. bis 9. Schuljahr bietet den üblichen Durchgang durch die Geschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart. Im Ab- schlußschuljahr werden Frühgeschichte und Antike als „Rassenschicksal“ und „Aufbau des Dritten Reiches“ behandelt. Die Kürze des Stoffplanes gibt den Lehrern an Mittelschulen wesentlich mehr Spielraum als an Volks- und Höheren Schulen.

Auch an den Höheren Schulen hatte der zweimalige Durchgang durch die Geschichte Tradition. Genauso wurde gläubige Hingabe an das deutsche Volk verlangt wie an allen anderen Schulen. Nach den Richtlinien waren Geschichtserzählungen über die „Helden der nationalsozialistischen Bewegung und des Weltkrieges“ in der 1 Klasse (dem 5. Schuljahr) zu unterrichten. Der erste chronologische Durchgang fand dann in der 2. bis 5. Klasse (dem 6. bis 9. Schuljahr) statt. Das 6. Schuljahr war dabei „der Geschichte des deutschen Volkes und seiner Vorfahren von den Anfängen bis Kaiser Karl“ vorbehalten, eine unterrichtliche Behandlung der griechischen und römischen Antike war nicht vorgesehen. Selbst im humanistischen Gymnasium hatte die deutsche Geschichte im Vordergrund zu stehen.

In der Oberstufe wurde ein zweiter chronologischer Durchgang der deutsch nationalsozialistisch geprägt war vorgenommen. Im 10. Schuljahr war der Stoff zur „germanisch-deutschen Geschichte“ bis zum Ende der Staufer zu vermitteln. Das 11. Schuljahr war der Zeit „von der deutschen Ostsiedlung bis zu den Anfängen Bismarcks“ vorbehalten und im 12. Schuljahr die neuere Geschichte von 1871 bis zur Gegenwart.

Man sollte sich vergegenwärtigen, daß der Anteil des Geschichtsunterrichtes an den Schulen, je nach Schultyp zwar von knapp sieben auf bis zu neun Prozent anstieg, jedoch den Bedeutungsgewinn des Faches Leibeserziehung, bis zum Jahr 1938 fünf Wochenstunden, nicht erreichte. „Ein Vergleich des alten preußischen Lehrplanes von 1924 mit dem nationalsozialistischen Richtlinien von 1938 für das Fach Geschichte in den höheren Schulen läßt nur eine ganz geringe Deputatserweiterung erkennen, die jedenfalls in keinem Verhältnis zur lauthals verkündeten „geistigen Bedeutung des Geschichtsunterrichtes“ steht“6

Ab 1937 führt die Verkürzung der Schulzeit an den Höheren Schulen von neun auf acht Jahren zu Veränderungen im Fach Geschichte. Es gab keinen ausführlicheren Reichslehrplan, als für den Geschichtsunterricht. Daran kann man das Bemühen um eine detailliertere stoffliche Anweisung und die verstärkte Kontrolle gerader der Geschichtslehrer erkennen. Die umfangreichen und genau festgeschriebenen Mindestanforderungen und die Schulzeitverkürzung brachen daher erhebliche zeitliche Probleme für dieses Fach mit sich. Dadurch war aber manchem skeptischen oder oppositionellen Geschichtslehrer die Möglichkeit gegeben ideologisierte zeitgeschichtliche Teilgebiete im Lehrplan zu vermeiden und das Gewicht auf mehr unverfängliche Teilgebiet zu verlegen. Dies wurde später noch leichter, als Ende 1943 die Oberstufe um ein weiteres Jahr gekürzt wurde. Schon zu Kriegsbeginn 1939/40 und später mit weiter fortschreitendem Krieg machten Ernteeinsätze, Altkleidersammlungen, Kinderlandverschickung, Kohlemangel zur Beheizung der Schulen und die zunehmenden Luftangriffe und der Einsatz vieler Jungen schon ab der 10. Klasse im Kriegsdienst einen systematischen Schul- und Unterrichtsberieb immer weniger möglich.

6. Leibeserziehung

Die Bedeutung des Sports kann man bereits an vielen Textstellen in Hitlers „Mein Kampf“ herauslesen. Er verschaffte dem Sport einen erheblichen Bedeutungsgewinn, nicht nur im schulischen Bereich. Sport wurde in vielen Vereinen und Organisationen betrieben und war z. B. in der Hitlerjugend und beim Bund Deutscher Mädel ein fester Bestandteil der Schulung und Ausbildung .Auch über die Schule hinaus mußte also der Sport für das Volk ein wichtiger Bestandteil im Leben bilden. Sport sollte zur Gemeinschaftsgesinnung und zum körperlichen Einsatz erziehen. Hier soll aber nur auf den Bereich der für das Schulfach Leibeserziehung relevant ist eingegangen werden.

Neben der grundlegenden Neuordnung des öffentlichen Sports wurde auch auf die Entwicklung des Schulsports geachtet. Um den Verwaltungsaufbau zu orga- nisieren und zu überwachen wurde die Einrichtung des Amtes für körperliche Ertüchtigung im Reichserziehungsministerium beschlossen. Die Entwicklung lief aber schleppend, erst 1937 gab es neue Richtlinien für die Leibeserziehung an den Schulen, für Mädchen, die eigene Lehrpläne in diesem Fach hatten, kamen sie erst 1941 heraus.

Der Sportunterricht wurde hinsichtlich der Stundenzahl und Gewichtung bei der Leistungsbewertung erheblich aufgewertet. Die Stundenzahlen wurden zunächst auf drei und später auf fünf pro Woche erhöht. Auch inhaltlich wurden grundle- gende Veränderungen vorgenommen. Boxen, Fußball und Geländesport wurden in den Unterricht mit einbezogen. Die sportlichen Leistungen wurden bei der Bewertung und damit auch bei der Versetzung der Schüler stärker berücksichtigt. Neben den Einzelzensuren gab es nun auch eine Gesamtzensur „körperliche Lei- stungsfähigkeit“7. Sport war auch in der Abschlußprüfung verbindlich vorgeschrieben. Besonders an den Höheren Schulen wurde neben der geistigen und charakterlichen Auslese eine körperliche Bewertung und Beurteilung als we - sentlich angesehen. Dies galt in besonderem Maße für die nationalsozialistischen Eliteschulen, an der AHS und an den Napolas war es möglich, daß Schüler mit körperlichen Leiden von diesen Schulen ausgeschlossen wurden8. Ein Vergleich des Fachs Leibeserziehung zeigt, daß es kein anderes Fach mit höherer Ge- samtstundenzahl an den Schulen gab. Von Klasse 1 bis 8 wurden 40 Stunden Leibeserziehung, 35 Stunden Deutsch und 30 Stunden Mathematik unterrichtet.

7. Die Rolle der Hitlerjugend

7.1 Die Hitlerjugend vor 1933

Vor 1933 hatte die Hitlerjugend (HJ) noch nicht viel an Bedeutung gewonnen und bis Oktober 1932 hatte sie in Hitlers Zukunftsplänen keinen bedeutenden Stellenwert. Seit ihrer Gründung im Jahre 1926 haftete ihr ein zweifelhafter Ruf an. Es handelte sich um eine harte und dynamische Jugendgruppe, die ihre Gegner auf der Straße bekämpfte. Die HJ war zahlenmäßig schwach und Schwierigkeiten in Organisation und Führung konnte der erste Reichsführer Kurt Gruber (1926-1931) nicht lösen. Es bestand seitens der HJ eine totale Verachtung für Intellektualismus und ein erzieherischer Anspruch wurde nicht gestellt.

Ohne grundlegende Umwandlung durch von Schirach wäre sie eine reine Kampf- jugend geblieben. Sie hatte für diese Umgestaltung gute Chancen, da sie an keine administrativen Vorgaben gebunden war und auf keine Tradition und gewachsene Struktur Rücksicht nehmen mußte. Die Idee und Gestaltung ist ein Werk vom Reichsjugendführer, späterer Gauleiter und Reichsstatthalter von Wien, Baldur von Schirach. Ohne seine Person wäre das Phänomen HJ nicht denkbar, denn es war von vornherein keineswegs klar, daß sie zu einem monopolistischen Jugendverband werden würde.

7.2 Entwicklung und Ziele nach der Machtergreifung

Bei der Machtergreifung im Jahre 1933 durch Hitler hatte die HJ ca. 100.000 Mitglieder9, dies ist wenig im Vergleich zu evangelischen oder katholischen Ver- vänden, deren Zahl bei ca. 800.000 lag. Nach Vorstellung Hitlers sollte sie die Erziehung im Sinne des nationalsozialistischen Prinzips vornehmen und die Jugend körperlich und geistig auf die Erhaltung des Dritten Reiches vorbereiten. Als Voraussetzung dazu mußten möglichst viele Jugendlichen Aufnahme in die HJ und ihrer angeschlossenen Organisationen, dem Deutschen Jungvolk (DJ) und dem Bund deutscher Mädchen (BDM), finden. Durch die entschlossene Führung von Schirachs nahm die HJ ihre Gestalt an. Ende 1933 hatten praktisch alle unab- hängigen und politischen Jugendgruppen aufgehört zu existieren. Viele gliederten sich in die HJ ein, ob gezwungen oder freiwillig, die meisten evangelischen Jugendgruppen lösten sich lieber auf. Die rein religiöse Arbeit durfte in den Kirchengemeinden weiterhin betrieben werden, für alle anderen Jugendarbeiten war aber nun die HJ zuständig.

Schwierigkeiten bereiteten nur die katholischen Gruppen. Diese standen zumindest anfangs unter dem Schutz des Artikel 31 des Nazi-Vatikan- Konkordates aus dem Jahre 1933. Aber 1938 war es auch damit vorbei und die katholische Jugendarbeit beschränkte sich von da an nur auf die kirchliche Unterweisung und die Meßdienerschulung.

Eigentlich hätte die NS-Weltanschauung und die katholische Lehre im Gegensatz stehen müssen. Doch die HJ verbreitete ein Bild als Jugendgruppe des gesamten deutschen Volkes, sie war keine Jugendorganisation der NSDAP. Ihre Weltanschauung sei allein auf die Integration der Volksgemeinschaft angelegt. Von Schirach hatte immer wieder betont, daß die krichlich-religiöse Einstellung ihrer Mitglieder respektiert würde.

Das Gesetz über die Hitlerjugend im Dezember 1936 festigte den Trend zu einer einheitlichen Jugendorganisation für das gesamte Reich und schaffte einen gesetzlichen Rahmen, von nun an war die Mitgliedschaft in der HJ für die Alters- gruppe von 10 bis 18 Jahren verpflichtend. Man kann die HJ als eigenständige Erziehungsanstalt neben der Schule und dem Elternhaus ansehen, deren Einfluß auf die NS-Erziehung nicht vernachlässigt werden darf. Zu Beginn des zweiten Weltkrieges hatte die HJ mit ihren angeschlossenen Organisationen, DJ und BDM, 8 Millionen Mitglieder.

So war es möglich der Jugend Rassenbewußtsein, Gehorsam, Loyalität zur Führung und Vaterland und den Glauben an die uneingeschränkte Selbstauf- opferung einzutrichtern. Sprüche wie „ Die Fahne ist mehr als der Tod“10 und „Wir sind geboren, für Deutschland zu Sterben“ sollten Wirklichkeit werden. Die Identifizierung mit dem Nationalsozialismus sollte für die deutsche Jugend selbstverständlich werden, so wie für uns heute die Achtung der Menschenrechte und die Demokratie selbstverständlich sind.

Es mag durchaus überraschen, wie einfach es für von Schirach war die HJ derart aufzubauen und eine Monopolstellung als Jugendorganisation zu erlangen. Der Widerstand der anderen Jugendverbände war fast bedeutungslos. Einschüchterungsversuche der Polizei und der Gestapo mögen ihren Teil dazu beigetragen haben, doch der Elan und Tatendrang der meisten Jugendverbände war am Ende der Weimarer Republik fast erloschen, fast jede Organisation die etwas auf sich hielt hatte eine eigene Jugendabteilung und die Eigeninteressen im politischen oder kulturellen Bereich versucht man mehr oder weniger rücksichts- los durchzusetzen. Diese Zersplitterung macht sich die HJ natürlich auch zu nutze, Politik spielte kein Rolle, die nationalsozialistische Weltanschauung bezog sich auf die Integration der Jugendlichen in die „Volksgemeinschaft“, sie verstand sich als völkisch-nationale Bewegung.

Die Ziele der HJ lassen sich wie folgt formulieren. Verpflichtung der Jugend auf die Person Hitlers, Volksgemeinschaftliche Einheitsorganisation für die deutsche Jugend, das Prinzip der Selbstführung sollte durchgesetzt werden und die Verbesserung der sozialen Lage der Jugend wurde angestrebt.

7.3 Die HJ im Konflikt mit dem Schulsystem

Da die Zuständigkeiten der HJ nicht klar abgegrenzt waren blieben Versuch, die später auch Erfolg hatten, Einfluß auf den Schulalltag zu gewinnen nicht aus. Durch von Schirachs persönliche Beziehung zu Hitler hatte er in fast allen Angelegenheiten die die HJ betrafen „freie Hand“. Als Reichsbehörde war sie fest in den Staatsapparat eingebunden und konnte selbstverständlich auch in diesem Rahmen tätig werden, blieb aber weitgehend durch Eingriffe der Wehrmacht, SA oder SS, die sie zu ihren Zwecken brauchen wollten, verschont. Durch den völkisch- nationalen Erziehungsanspruch war eine klare Trennung von Schule und Jugendarbeit in der Freizeit nicht mehr möglich. Dies mußte zu Konflikten mit dem für die Schulen zuständigem Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (RMfWEV), dessen Leiter Bernhard Rust war, führen. Baldur von Schirachs pädagogischer Ehrgeiz blieb nicht auf die HJ beschränkt, er wollte auch die Schulen verändern. Seine und auch Hitlers Auffassung die Erziehung des deutschen Volkes müsse mehr auf das körperliche Training und die Charakterschulung abzielen stand im Gegensatz zum mehr wissenschaftlichen Ansatz der Schulen.

Eines der Ziele der HJ war die Selbstführung, der Lehrer sollte Kamerad und Freund sein, was zu Problemen mit der Autorität gegenüber dem Lehrer führte. Das Prinzip Jugend solle von Jugend geführt werden, sollte also auch in die Schule Einzug halten. Die Schüler wurden von den HJ - Führern ermutigt die Autorität und die traditionellen Lehrmethoden des Lehrers zu untergraben. Zwischen 1933 und 1935 gab es verschiedene Initiativen um ältere Lehrer durch junge und aktiv pro- nationalsozialistische Lehrer zu ersetzen. Sie sollten den mehr nichtakademischen Ansatz vertreten.

Ungehorsam und auch die Gewalt von HJ-Jugendlichen gegenüber Lehrern in der Schulzeit nahmen derart zu, daß die HJ im November 1933 vom RMfWEV verwarnt wurde, die Autorität der Schule zu respektieren. Die ständigen Eingriffe der HJ in den Schulbetrieb führten zu einem Absinken des akademischen Niveaus an den Stufen aller Schulen. So bestand die HJ z. B. darauf, daß ihre Mitglieder während der Schulzeit Dienste zu leisten hatten. Die HJ fuhr ununterbrochen fort der Schule ihre Forderungen aufzudrücken, weniger Hausaufgaben zu Gunsten von mehr Freizeit und Sport, der von der HJ organisiert wurde. Reichserzeihungsminister Rust, der von Beruf Schullehrer und Studienrat war hatte bei Hitler keinen leichten Stand und fand nur wenig Unterstützung in seinen Bemühungen die HJ aus den Schulen herauszuhalten. Vor allem von Schirachs gute persönliche Beziehung zu Hitler machte es möglich, daß die HJ immer mehr Einfluß auf die Qualität des Unterrichtes und die Schulen nahm. Rusts Kompromißpolitik gegenüber der HJ wurde von von Schirach als Schwäche ausgelegt. So waren nach 1934 HJ-Mitglieder Samstags vom normalen Schuldienst, zu Gunsten von HJ-Schulungen, freigestellt. Ab 1934 wurde jede Schule dazu verpflichtet einen HJ -Vertrauenslehrer einzustellen, dessen Aufgabe es war, Meinungsverschiedenheiten zwischen Schüler, also HJ - Mitglieder, und Lehrer zu schlichten. Dies stärkte unweigerlich die Position der HJ an den Schulen. Mit Hilfe der Vertrauenslehrer gelang es der HJ mehr und mehr die Kontrolle, auch im akademischen Bereich, zu erlangen. Der tägliche Schulablauf wurde von den Anordnungen der HJ- Leiter bestimmt. Selbst über Versetzungen von schwachen HJ - Mitgliedern entschied das HJ -Personal nach politischer Gesinnung und nationalsozialistischer Einstellung und nicht nach Leistung. Lehrer die sich diesen Vorgaben widersetzten wurden zurechtgewiesen oder man drohte ihnen mit Entlassung. Das Hauptopfer der unerträglichen Übergriffe der HJ wahren ohne Zweifel die Lehrer, sie wurden zu Zahnrädern im Getriebe der Nationalsozialisten und das Endziel war der leicht zu beeinflussende Lehrerstand.

Die abnehmende Autorität und der sinkende soziale Status des Lehrers blieben nicht ohne Folgen. Das gesamte Schulwesen war für jeden Lehrer der sich nicht vollständig in den Dienst der Nationalsozialisten und der HJ stellte unerträglich geworden und so war der akute Lehrermangel auf allen Ebenen der Lehre nur eine logische Konsequenz der besonders von der HJ seit 1933 geschaffenen „Schulreform“. Das RMfWEV kritisierte die HJ heftig für diesen Lehrermangel. Man kann Baldur von Schirach viel schlechtes nachsagen, nur nicht einen Mangel an Intelligenz und Zielstrebigkeit11 und so schob er die Verantwortung für die Probleme an die Schule zurück. Seine Lösung der allgemeinen Krise an der Schule und den entstandenen Lehremangel unterstrichen nur sein Forderung nach der Ausbildung eines neuen Lehrertyps gemäß der Richtlinien der HJ. Ein niedriges intellektuelles Niveau und eine Überbetonung von Sport und paramilitärische Ausbildung sollten durch den neuen Lehrer gefestigt werden.

Durch konstant aggressives und anti-intellektuelles Verhalten der HJ ist der akademische Standard in den Schulen reduziert und der Status des Lehrers untergraben worden. 1939 lag das Schulsystem und die Erziehungsbehörde völlig am Boden. Das Wort „Erziehung“ wurde zur Bedeutung für die wirksame Verbreitung von Hitlers Weltanschauung im Dritten Reich. Der erzieherische Beitrag der HJ darf getrost als uneingeschränkt negativ betrachtet werden. „Wenn kein Charakter mehr geduldet wird, sondern nur der Gehorsam, geht die Wahrheit und die Lüge kommt.“12

8. Schlußwort

Die Erziehung der Nationalsozialisten war in keinster Weise auf das Wohl des einzelnen Menschen gerichtet, sonder diente nur dazu, die nationalsozialistische Ideologie zu verbreiten. Sie basierte immer auf den rassistisch-biologischen Grundlagen und der totale Erziehungsanspruch wird demnach mit der rassischen Bedrohung des deutschen Volkes begründet. Die körperliche Schulung und die Charakterbildung wurden zugunsten einer wissenschaftlich orientierten Ausbildung als besonders wichtig angesehen.

Mit der Machtübernahme Hitlers erfolgte eine schrittweise Umgestaltung des gesamten Schulwesens durch Zentralisation der Schulverwaltung, Gleichschal- tung aller schulischen Ämter, neue inhaltliche Festlegung des Unterrichtes und die Aussonderung von jüdischen und erblich belasteten Kinder. Die Typenviel- falt des bestehenden Schulsystems wurde reduziert und gleichzeitig neue natio- nalsozialistische Eliteschulen geschaffen. Deren Aufgabe bestand darin, eine neue geistige und politische Elite mit nationalsozialistischer Gesinnung heraus- zubilden. Dies mag nicht immer reibungslos und ohne Probleme abgelaufen sein, da zum Teil die Zuständigkeiten der einzelnen Organisationen und Verwaltungen nicht klar abgegrenzt waren. Und so war es auch möglich, daß die Hitlerjugend einen entscheidenden Einfluß im Bereich Erziehung und sogar im Schulalltag erlangen konnte. Man mußte sie neben dem Elternhaus und der Schule als neuer Erziehungsbereich ansehen.

Auch der Lehrerberuf veränderte sich dramatisch mit dem nationalsozialistischen Erziehungsanspruch. Der Lehrer war nur noch verlängerter Arm der Reichsfüh- rung, von einem pädagogischen Auftrag im eigentlichen Sinne konnte nicht mehr die Rede sein. Er hatte die Schüler auf ihre spätere Rolle im Dritten Reich vorzu- bereiten. Die Lehrer standen unter ständigem Druck von außen, nicht zuletzt die Einmischungsversuche der Hitlerjugend, und waren unter permanenter Kontrolle.

Diese Kontrolle ging nicht nur von der Schulleitung aus, sonder auch die Denunzierungen von Schülern oder Kollegen konnten die berufliche Laufbahn schnell beenden.

Hitlers Ansichten über Erziehung und den Lehrerstand sind aus vielen Textstel- len in „Mein Kampf“ und durch seine Aussagen zu diesem Thema zu ersehen. Mögen sicherlich nicht nur seine eigenen schlechten Schulerfahrungen dazu beigetragen haben. Seine Meinung Lehrer seien unfähig für den Lebenskampf, darum fliehen sie in die Schule, die das Reservat der notorisch Untüchtigen sei oder das jeder Feldwebel bessere Erziehungsarbeit leiste, denn das Abc zu vermitteln sei keine Kunst sind nur einige Beispiele dafür13. Ein Zitat Hitlers bei einem Tischgespräch im Führerhauptquartier von 1942 macht die Einstellung Hitlers zu Lehren besonders deutlich. „Nach dem Mittagessen kam Hitler auf die Schulerziehung zu sprechen. Lehrer werde leider nur ein bestimmter Typ von Mensch, der sich für den Kampf in freien Lebensberufen nicht eigne. Menschen, die das Zeug in sich fühlten, aus eigener Kraft etwas zu leisten und zu gestalten, werden nicht Lehrer, zumindest nicht Volksschullehrer.“14

Man sollte sich vor Augen halten, daß die Lösung unserer jetzigen und auch zu- künftigen Problem in besonderem Maße von unserer Fähigkeit die gegebenen Fakten und unser Wissen sinnvoll und richtig einzusetzen und anzuwenden ab- hängt. Eine wichtige Funktion kommt dabei dem Lernen zu, daß Wissen unserer Zeit verändert sich so schnell das ein lebenslanges Lernen notwendig ist. Durch die richtige Erziehung Menschen zu helfen Selbständigkeit, Kritikfähigkeit und ein verantwortungsvolles Handeln zu lernen ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit, nicht nur damit die Geschichte sich nicht wiederholt und man ideologisch gefährliche Auffassungen unreflektiert übernimmt, sondern auch um die noch vor uns liegenden Aufgaben zu bewältigen. Erziehungsarbeit ist sicher mehr, als nur das Abc zu vermitteln.

Der Club of Rome formuliert die wichtigsten Ziele von Lernprozessen wie folgt:

- zu kommunizieren;
- anderen zu helfen, sich an Veränderungen anzupassen oder sich auf sie vorzubereiten;
- die Welt unter einem globalen Aspekt zu sehen und auch andere dazu zu befähigen;
- den Einsatz für die Gesellschaft zu fördern und die Voraussetzungen zu schaffen, an der Lösung ihrer Probleme mitzuwirken.

Um diese Aufgaben zu erfüllen, müsse die Gesellschaft die Bedingungen dafür schaffen, daß „die besten Geister“ für den Lehrberuf gewonnen werden.15

Und das oben angeführte Zitat Hitlers kann man nur mit einem Satz von Bertrand Schneider, Club of Rome Generalsekretär, und Alexander King, Ehrenpräsident des Clubs entgegnen: “Vom Beruf des Lehrers hängt die Zukunft ab.“15

9. Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Ortm, Schulzeit unterm Hitlerbild, Seite 16

2 Gies, Seite 18

3 ehemaliger Volks- und Mittelschullehrer

4 aus Hein, Seite 256

5 Gens, Seite 39

6 Gies, Seite 26

7 Eile, Seite 22

8 vergl. Kapitel Struktur und Entwicklung des Schulwesens

9 Gies, Seite 175

10 Hein, Seite 99

11 Als einziger Angeklagter im Nürnberg distanziert er sich vom Nationalsozialismus und es gelang ihm die Richter davon zu überzeugen, daß die HJ keine verbrecherische Organisation war und sie auch nicht zur Kriegsvorbereitung beigetragen hat. Zu nur zwanzig Jahren Haft wurde er nicht wegen der HJ sondern wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit „ verurteilt.

12 Horv, Seite 112

13 Gamm, Seite 172

14 Gamm, Seite 171, vergl. Picker, Henry: Hitlers Tischgespräch im Führerhauptquartier 1941 bis 1942, Freiburg 1951

15 aus Strei, Seite 139

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Der Lehrer im Nationalsozialisums
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Veranstaltung
Zwischenprüfung für das erziehungswissenschaftliche Studium
Autor
Jahr
1999
Seiten
26
Katalognummer
V95244
ISBN (eBook)
9783638079235
Dateigröße
397 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Umfang: 25 Seiten mit ausführlichem Literaturverzeichnis. Die Arbeit beinhaltet die Rolle des Lehrers im 3. Reich, die Struktur und Entwicklung des Schulwesens und die außerschulische Erziehung durch die Hitlerjugend. Als Unterrichtsfächer werden besonders der Geschichts- unterricht und die Leibeserziehung behandelt.
Schlagworte
Lehrer, Nationalsozialisums, Zwischenprüfung, Studium
Arbeit zitieren
J. Mück (Autor:in), 1999, Der Lehrer im Nationalsozialisums, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95244

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