Bayern in der Nachkriegszeit
Die Anfänge der Militärregierung
US-Truppen rücken in München ein
⇨ Hauptstadt der Bewegung
US-Armee begleitet von Militärregierungseinheiten: Military Government Detachments (in Städten & Landkreisen) 15.05.45 Regional Detachment in München
⇨ landesweite Aufgaben
⇨ Unterabteilungen: Justiz, Sicherheit, Erziehung, Wirtschaft
Anfang Oktober Stabsabteilung für Angelegenheiten der Militärregierung mit Regional Detachment vereint ⇨ Office of Military Government for Bavaria (OMGB)
Leitfaden gegenüber Deutschen „JCS1067“: Non-Fraternization
Bayerns Territorialität und Staatlichkeit
17.07-02.08.45 Potsdamer Konferenz
14.07.45 Eisenhowers Proklamation Nr.1
Übernahme der gesetzgebenden & vollziehenden Gewalt durch US-Besatzungstruppen
19.09.45 Proklamation Nr.2
Bildung der Länder Groß-Hessen, Würtemberg-Baden und Bayern
Bayern wie 1933 ausschließlich Kreis Lindau
Neuaufbau der Verwaltung
28.05.45 Vorschlagsliste von Kardinal Faulhaber für US-Militärregierung:
⇨ Fritz Schäffer (CSU) wird Ministerpräsident
⇨ Muss sich nach Befehlen der Militärregierung richten
⇨ Landesregierung ohne politische Richtung
28.09.45 Fritz Schäffer entlassen
⇨ Schäffer & Hoegner (SPD) in US-Hauptquartier bestellt (gespenstische Atmosphäre)
⇨ Angeblich wegen zögernder Entnazifizierung
⇨ außerdem: gouvernementaler Kurs, Personalentscheidungen
22.10.45 Hoegners Kabinettsliste gebilligt
⇨ alle Parteien kommen gleichmäßig zum Zug (Wunsch der Alliierten)
⇨ kaum lösbare Aufgaben: Flüchtlingsströme >> Nahrung, Kleidung, Unterkunft knapp
⇨ Programm: planmäßiger Wiederaufbau der Wirtschaft, landwirtschaftliche Genossenschaften
Flüchtlinge, Heimatvertriebene und Displaced Persons (DP)
⇨ Jahresende 45 über 1,5 Mio. Flüchtlinge in Bayern (23% der bayerischen Gesamtbevölkerung)
⇨ Große Städte zerstört >> Flüchtlinge vor allem in ländlichen Gebieten
⇨ Sonderproblem: Flüchtlingsbauern >> Gesetz zur Beschaffung von Siedlungsland und zur
Bodenreform (18.09.45); Flüchtlingsbauern bekommen Großgrundbesitz & Wehrmachtsgrund
⇨ Jüdische DP-Lager in Bayern
Lizenzierung der Parteien
⇨ erste Zulassung für Kommunisten (11.11.45); später SPD, CSU, FDP
⇨ neu: Wirtschaftliche Aufbauvereinigung (WAV) >> diffuses rechtes Programm
⇨ Bayerische Heimat- und Königspartei (BHKP) >> vor ersten Kommunalwahlen verboten
⇨ Flügelkämpfe in der CSU: christliche Sammlungspartei / Bauernflügel / katholisch-konservativ
⇨ 28.10.46 Bayernpartei: Heimatgefühl, konservativ, separatistische Untertöne
27.01.46 Kommunalwahlen in Gemeinden (<20000 Einwohner)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wahlbeteiligung: 87%
28.04.46 Kreis - und Stadtkreiswahlen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wahlbeteiligung: 73,1% (Kreis), 86,8% (Stadt)
Entstehung der Bayerischen Verfassung
08.02.46 Hoegner angewiesen Wahlen für eine Verfassungsgebende Versammlung auszurufen
30.06.46 Wahlen zur Verfassungsgebenden Landesversammlung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wahlbeteiligung: 72,1%
Vorbereitender Verfassungsauschuss: Beratungsgrundlage, Verfassungsentwurf Hoegners aus Schweizer Exil
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
01.12.46 Volksentscheid über Verfassung: 71% dafür
Die erste gewählte Regierung in Bayern nach Kriegsende
01.12.46 Wahl des 1. Nachkriegslandtages
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
KPD an der 10%-Hürde gescheitert
21.06.46 Hans Ehard (CSU) wird Ministerpräsident
- Sensation: bisher kein Parteiamt; als Staatssekretär bisher nur wenig hervorgetreten
- Föderalist: gegen Separationsträume
- Dreier-Koalition: CSU / SPD / WAV; Hoegner Justizminister & Stellvertreter Ehards
Parteibündnis zerbricht nach 9 Monaten:
- WAV scheidet aus, weil Amtsführung des Vorsitzenden Loritz untragbar
- 20.09.47 SPD verlässt Kabinett auf Drang des SPD-Parteivorstands in Hannover gegen den Willen Hoegners
- Start der SPD in die Rolle einer Oppositionspartei
CSU-Alleinregierung: neu im Kabinett, Hanns Seidel (Wirtschaft), Josef Müller (Justiz)
- Zentraler Punkt des Regierungsprogramms: schlechte Ernährungslage
- Herbst 47 Kartoffelkrieg: Bayern muss 134000t Kartoffeln in andere Länder liefern
Lanwirtschaftsminister Baumgartner weigert sich ➔ Kompromiss
15.01.48 Baumgartner legt Ministeramt nieder und wechselt zur Bayernpartei
➔ BP im Aufwind, Baumgartners hohes Ansehen bei der bäuerlichen Bevölkerung
Politik in der zonalen Kooperation
Föderalistische Ansätze durch Stuttgarter Länderrat & Zonenvereinheitlichung (Bizone) bedroht 06.06-08.06.47 Münchner Ministerpräsidentenkonferenz
- Ehard will Vorwürfe des Separatismus & Partikularismus beseitigen ➔ Föderalismus aufwerten
- Echo auf Einladung bei den Parteien und verschiedenen Zonen dissonant US-Militärregierung dafür; SPD ablehnend; SBZ fordert Zentralverwaltung; Ministerpräsidenten der französischen BZ dürfen nur über Wirtschaftsfragen reden
- Eklat: Abgesandte der Ostzone reisen vor Konferenzbeginn ab
- Ministerpräsidenten aus Treuhänderrolle verdrängt ➔ Selbstbewusstsein der Parteien steigt Konflikt Adenauer / Ehard bei Wahl des Wirtschaftsdirektors für Frankfurter Wirtschaftsrat
Die Entstehung der neuen Bundesverfassung
„Ellwanger Kreis“: loser Zusammenschluss süddeutscher Föderalisten aus CDU / CSU
- Forderung einer Bundesratsverfassung (unmittelbare Beteiligung der Länder an Leitung des Bundes & klare Aufgliederung der Finanzhoheit)
- Adenauer lehnt Forderungen als unmöglich ab
Frankfurter Dokumente ➔ Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen 10.08-23.08.48 Verfassungskonvent von Herrenchiemsee
- Bayerisches Bundesratskonzept findet keine Mehrheit
- Ehard: Ministerpräsidenten haben „vor der zentralen Konstituante kapituliert“
01.09.48 Parlamentarischer Rat
- 65 Abgeordnete, davon 13 aus Bayern (8 CSU, 4 SPD, 1 FDP)
- BP verlangt 4 Sitze da Anfang 48 starker Zulauf
- Kontroverse: Bundesrat (Abgesandte der Landesregierung) oder Senat (vom Volk gewählt) Durchbruch für BR: „Ehard-Menzel-Gespräch“ ➔ Front der Neinsager bei SPD kommt ins wanken
Wille möglichst schnell ein GG zu entwickeln dominiert fortan das Geschehen ➔ Erkämpfte Gleichberechtigung des Bundesrates kurz vor Verabschiedung wieder gestrichen 08.05.49 Parlamentarischer Rat nimmt GG mit 53 von 65 Stimmen an (6 der 8 CSU-Vertreter dagegen) 20.05.49 GG im Bayerischen Landtag abgelehnt
- 101 : 63 Stimmen bei 9 Enthaltungen
- aber Anerkennung der Rechtsverbindlichkeit des GG
- „Nein zum GG, ja zu Deutschland“
Bayern in Bonn
14.08.49 Bundestagswahlen (Ergebnisse in Bayern)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.Bundesratspräsident Arnold (nordrhein-westfälischer Ministerpräsident) und nicht Ehard ➔ dafür Entgegenkommen bei Ministerposten: Finanz-, Post-, Landwirtschaftsministerium 20.08.49 Treffen Adenauer / Ehard: Vereinbarung einer bürgerlichen Koalition 20.09.49 Adenauers Regierungserklärung
➔ Bedeutungslosigkeit der föderalistischen Ansprüche Bayerns
➔ Kluft zwischen CSU-Abgeordneten in Bonn und Münchner Linie
Quelle: Bayerische Landeszentrale für polit. Bildungsarbeit (Hrsg.): Geschichte des modernen Bayern A95
Häufig gestellte Fragen zu Bayern in der Nachkriegszeit
Was waren die Anfänge der Militärregierung in Bayern?
Nach dem Einmarsch der US-Truppen in München wurde Bayern von der US-Armee verwaltet, unterstützt durch Military Government Detachments in Städten und Landkreisen. Das Office of Military Government for Bavaria (OMGB) übernahm landesweite Aufgaben in Bereichen wie Justiz, Sicherheit, Erziehung und Wirtschaft. Der Leitfaden gegenüber Deutschen war durch "JCS1067" und Non-Fraternization geprägt.
Wie gestaltete sich Bayerns Territorialität und Staatlichkeit nach dem Krieg?
Die Potsdamer Konferenz und Eisenhowers Proklamationen regelten die Übernahme der gesetzgebenden und vollziehenden Gewalt durch die US-Besatzungstruppen. Bayern wurde in den Grenzen von 1933 wiederhergestellt, einschließlich des Kreises Lindau.
Wie erfolgte der Neuaufbau der Verwaltung in Bayern?
Fritz Schäffer (CSU) wurde zunächst Ministerpräsident auf Vorschlag von Kardinal Faulhaber, musste sich aber nach den Befehlen der Militärregierung richten. Später wurde er entlassen und durch Hoegner (SPD) ersetzt, dessen Kabinett paritätisch mit Vertretern aller Parteien besetzt war. Die Landesregierung stand vor großen Herausforderungen durch Flüchtlingsströme und knappe Ressourcen.
Welche Probleme ergaben sich durch Flüchtlinge, Heimatvertriebene und Displaced Persons (DP) in Bayern?
Ende 1945 befanden sich über 1,5 Millionen Flüchtlinge in Bayern, was 23% der Gesamtbevölkerung entsprach. Sie wurden vor allem in ländlichen Gebieten untergebracht, da die Städte zerstört waren. Das Gesetz zur Beschaffung von Siedlungsland und zur Bodenreform (18.09.45) sollte Flüchtlingsbauern helfen. Es gab auch jüdische DP-Lager in Bayern.
Wie wurden Parteien in Bayern lizenziert?
Die erste Zulassung erhielten die Kommunisten (11.11.45), später folgten SPD, CSU und FDP. Die Wirtschaftliche Aufbauvereinigung (WAV) entstand neu, während die Bayerische Heimat- und Königspartei (BHKP) vor den ersten Kommunalwahlen verboten wurde. In der CSU gab es Flügelkämpfe. Die Bayernpartei (BP) entstand am 28.10.46.
Wie entstand die Bayerische Verfassung?
Hoegner initiierte Wahlen für eine Verfassungsgebende Versammlung. Der Vorbereitende Verfassungsausschuss erarbeitete eine Beratungsgrundlage und einen Verfassungsentwurf. Am 01.12.46 stimmten 71% der Bevölkerung für die Verfassung.
Wie gestaltete sich die erste gewählte Regierung in Bayern nach Kriegsende?
Am 01.12.46 wurde der erste Nachkriegslandtag gewählt. Hans Ehard (CSU) wurde am 21.06.46 Ministerpräsident einer Dreier-Koalition aus CSU, SPD und WAV. Diese Koalition zerbrach jedoch nach 9 Monaten. Später regierte die CSU allein.
Welche Rolle spielte Bayern in der zonalen Kooperation?
Föderalistische Ansätze wurden durch den Stuttgarter Länderrat und die Zonenvereinheitlichung (Bizone) bedroht. Die Münchner Ministerpräsidentenkonferenz (06.06-08.06.47) sollte die Vorwürfe des Separatismus & Partikularismus beseitigen. Es kam zu Konflikten mit Adenauer bei der Wahl des Wirtschaftsdirektors für den Frankfurter Wirtschaftsrat.
Wie entstand die neue Bundesverfassung unter Beteiligung Bayerns?
Der "Ellwanger Kreis" forderte eine Bundesratsverfassung. Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee (10.08-23.08.48) beriet über die Verfassung. Der Parlamentarische Rat (ab 01.09.48) erarbeitete das Grundgesetz. Am 20.05.49 lehnte der Bayerische Landtag das Grundgesetz ab, erkannte aber dessen Rechtsverbindlichkeit an: "Nein zum GG, ja zu Deutschland".
Wie gestaltete sich Bayerns Rolle in Bonn?
Nach den Bundestagswahlen (14.08.49) wurde Arnold (NRW) erster Bundesratspräsident. Bayern erhielt Ministerposten. Adenauers Regierungserklärung (20.09.49) deutete auf die Bedeutungslosigkeit der föderalistischen Ansprüche Bayerns hin.
- Arbeit zitieren
- Volker Schröck (Autor:in), 2000, Bayern in der Nachkriegszeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95263