Multikulturalität in Mexiko. Dargestellt anhand der INALI und mexikanischen Regierung


Hausarbeit, 2018

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


1. Einleitung

„La protecci0n y promoci0n de la diversidad lingüistica es una labor que nos interesa y que es responsabilidad de todos“. Dieses Statement seitens der INALI (Instituto Nacional de Lenguas Indigenas) zeigt, dass der Mehrsprachigkeitskontext in Mexiko nicht nur regional oder national, sondern transnational von Bedeutung ist. Die ,lenguas ancestrales’ gelten als menschliches, kulturelles und linguistisches Erbe.

Außerdem hat jeder Mensch das Recht darauf, in allen Lebensbereichen, seine Sprache verwenden zu dürfen und zu können, vor allem auch das Recht auf ein bilinguales und bikulturelles Bildungssystem. Zumindest gilt das offiziell seit der Erlassung der Ley General de Derechos Lingüisticos de los Pueblos Indigenas im Jahre 2003, allerdings sieht die Realität noch etwas anders aus.

Die bisher repressiven asymmetrischen Machtverhältnisse und die Homogenisierung der Kultur und Sprache haben einen enormen Sprachrückgang hervor gerufen und zur Akkulturation und Adaption seitens der indigenen Bevölkerung an die dominante Kultur, geführt, was durch durch die Globalisierung noch zusätzlich forciert wird. Dieser Verlust der ethnischen Kulturen und Sprachen weist die Dringlichkeit der sozialen und politischen Stärkung des Sprachbewusstseins, als auch von nachhaltigen Revitalisierungsmaßnahmen. In den letzten 30 Jahren gab es jedoch die Tendenz der sprachlichen und kulturellen Wiederbelebung. Es wurde immer wieder versucht die Forderungen der indigenen Bevölkerung durchzusetzen, allerdings gab es viele Rückschläge.

Jedoch könnte das Zeitalter der Informations- und Kommunikationstechnologien eine gute Möglichkeit sein, um die 68 offiziellen National sprachen mittels Digitalisierung zu erhalten und den Sprachgebrauch zu fördern.

Fraglich bleibt jedoch, inwiefern das Internet die Mehrsprachigkeitssituation widerspiegelt und, ob die Domäne des Internets bei der Revitalisierung und Verbreitung der indigenen Sprachen hilfreich sein könnte.

Diese Arbeite beschäftigt sich daher mit dem Versuch der problematischen (sozialen und bildungspolitischen) Darstellung des multikulturellen Kontexts Mexikos anhand der offiziellen Internetseiten der INALI und der mexikanischen Regierung.

2. Hintergrundinformationen zum multikulturellen Mexiko

Obwohl Spanisch die offizielle Sprache ist, weist Mexiko eine große kulturelle und sprachliche Diversität mit offiziell 68 Sprachen aus 11 Sprachfamilien auf, die sich in 364 Varietäten unterteilen lassen (cf.: Montemayor 2017 : 25).

Diese sprachlich-kulturelle Heterogenität lässt sich bereits vor der Kolonisierung aufweisen, welche durch konstante Kulturkontakte geprägt gewesen ist und oftmals zu kommunikativen Herausforderungen geführt hat. Allerdings wurden die diversen indigenen Kulturen und Sprachen durch den plötzlichen Sprachkontakt mit der westlichen Kultur radikal transformiert, was einen massiven „linguicide“ (Dorian, Nancy C.: Small languages & small communities, S. 185) und die unidirektionale forcierte Assimilation mit sich brachte. Ab dem 19. Jahrhundert kam das Konzept des Nationalstaates als Zeichen eines modernen starken Staates in der westlichen Welt auf, welches die sprachliche, kulturelle und religiöse Homogenisierung und Uniformität eines determinierten territorialen Gebiets anvisiert. Die Sprach- und Sprachbildungspolitik wurde dahingehend angepasst und das Spanische wurde damit offiziell zur dominierenden ,High- variety’. Die Weltwirtschaftskrise in 1982 gab den Impuls zum Versuch der Dezentralisierung der ausgedehnten Bildungsbürokratie. In 1992 gab es eine verfassungsrechtliche Änderung, die den plurikulturellen Charakter Mexikos von da an anerkennt, was eine wichtige symbolische Bedeutung hat für die indigene Bevölkerung. Seit der Erlassung der ,General Law on Linguistic Rights of the Indigenous People’ 2003 wird die Koexistenz der Sprachen offiziell anerkannt und geschützt.

Allerdings gibt es heutzutage immer noch einen graduellen Sprachverlust aufgrund der politischen, ökonomischen und sozialen Dominanz des Spanischen und „ein beachtlicher Anteil der mexikanischen indigenen Sprachen ist in seiner Existenz bedroht“ (Montemayor 2017:25). Auch der sogenannte „inherited colonialism“ (S. 186) bringt Diskriminierung, Selbsthass und Identitätsverlust mit sich, was die Akkulturation fast obligatorisch macht. Der Großteil der Bevölkerung integriert sich und adaptiert das prestigebeladene Spanische aufgrund der mit den indigenen Sprachen assoziierten Stigmatisierung und Marginalisierung. Auch Faktoren wie die soziale Dislokation, Mischehen, usw. verstärken die Sprachselektion und das Aussterben.

Mittlerweile werden indigene Sprachen zumindest offiziell laut Papier konstitutionell anerkannt, was zu einer komplexen Sprachpolitik geführt hat. Ziel der mexikanischen ethnischen Sprachpolitik ist die Integration der mexikanischen Minoritäten in die breite Masse und die Implementierung der Gesetze. Es wird zumindest im Bildungssystem eine ethnische Wiederbelebung angestrebt und die sprachliche plurikulturelle Heterogenität wird gefördert, was zu einer tendenziellen Sprachverschiebung führt und somit auch die Attitüden und allgemein das Sprachbewusstsein affektiert. Folglich wird die mexikanische Identität neudefiniert und -zusammengesetzt. Die Kulturen und Sprachen sollen reproduziert werden, es wird sich weg bewegt vom europäischen Modell der nationalen Einheit hin zu einem authentischen und multikulturellen Modell der mexikanischen Nationalität, was die Umkehrung der ,Kastilisierung’ zur Folge hat. Es wird sowohl Respekt und Toleranz gegenüber allen indigenen Sprachen, als auch die Implementierung indigener sprachlicher, kultureller und bildungspolitischer Rechte gefordert. Das impliziert die Etablierung eines bilingualen und bikulturellen Bildungssystems und somit die Entwicklung von Lehrmaterialien. Auch auf der Neuausrichtung und -Organisation von indigenen nationalen Institutionen wie die INALI (früher INI) wird insistiert, um aktiver an der Politik partizipieren zu können und, um eine autonome Arbeiterselbstverwaltung und das Selbstbestimmungsrecht zu ermöglichen (vgl., Mexikos indigene Stimmen S.203/204). Auch wenn diese anvisierten Ziele nicht (alle) erreicht worden sind, hat diese Indigene Bewegung jedoch eine wichtige kollektive, symbolische und identitätsstiftende Bedeutung. Auch sind dadurch wichtige Netzwerke entstanden, die die interne Kommunikation, Interaktion und Koordination gestärkt haben.

Das Resultat ist eine instabile gesellschaftliche Diglossie-Situation, die mit unterschiedlichen bilingualen Sprachkompetenz und „vielfältigen Formen des Sprachkontakts und der Sprachmischung auf individueller Ebene einhergehen“ (Montemayor 2017:25).

2.1 Probleme und Lösungsvorschläge

Da sich u.a. der Etablierungsprozess immer noch im Anfangsstadium befindet und Schulen Institutionen usw. von staatlichen Subventionen abhängen, ist die Implementierung der Gesetze problematisch. Es mangelt auch an menschlichen Ressourcen, klar umfassten Zielen und an politischer Autonomie. Da Mexiko ein zentrales, föderalistisches und hierarchisches Bildungssystem hat, lässt die bildungssprachliche Infrastruktur in der ruralen Peripherie sehr zu wünschen übrig, während das urbane Zentrum viel machtvoller ist. Die traditionellen Sprachen werden von der imperialen Nationalsprache in die Randgebiete zurück gedrängt. Außerdem wird die indigene Minorität oftmals im Prozess der Legislative und Executive außen vor gelassen.

Die Erweiterung der Lehrmaterialien und des bikulturellen und bilingualen Lehrplans bis einschließlich der Sekundarstufe ist daher unumgänglich. Auch sind genügend materielle und menschliche Ressourcen zur Festhaltung der Sprache erforderlich, um die dessen Kontinuität zu sichern. Das Interesse und das Engagement der jeweiligen Sprachgemeinschaft an der Etablierung oder allgemein das Überleben einer Sprache ist ebenfalls grundlegend. Die Interakteure sollten in der Lage sein selbstständig mit effektiven Methoden Projekte zu organisieren, pädagogische Fähigkeiten besitzen. Allerdings überwiegen die Nachteile und die Koexistenz und das Weiterleben einer Sprache lassen sich nicht einfach durch das bloße Interesse der Sprachgemeinschaft und den nur schwer durchsetzbaren Gesetzen ermöglichen.

Ziel ist die Dezentralisierung des föderalistischen Systems. Es wird versucht, die Minoritätensprache in möglichst allen Domänen durchzusetzen und damit die Anwendungsbereiche der Domänen zu erweitern. Auch sollten die sozialen Beziehungen und die Interaktion zwischen den ethnischen Gruppen und der Nation bzw. Regierung neu arrangiert werden. Ausschlaggebend ist auch die Partizipation und Organisation der jeweiligen ,comunidades’ um den Wunsch nach Selbstbestimmung und das Ziel der ,Autogestiön’-Politik erfolgreich ausführen zu können. Ein weiterer ausschlaggebender Faktor für die Etablierung der indigenen Sprachen in der Gesellschaft ist die gegenseitige Toleranz und der Respekt gegenüber den diversen Sprachen, Kulturen, Identitäten und Religionen.

Fraglich ist in der heutigen Zeit, ob die Domäne des Internets einen virtuellen Ausgleich zu den vielfachen spanischdominierte Domänen darstellen könnte und inwiefern das Internet die politische und soziale Mehrsprachigkeitssituation Mexikos und aufkommende Tendenzen wiedergibt.

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Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Multikulturalität in Mexiko. Dargestellt anhand der INALI und mexikanischen Regierung
Note
2,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
20
Katalognummer
V956379
ISBN (eBook)
9783346325938
ISBN (Buch)
9783346325945
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Romanistik, Mestizaje Linguistik Sprachwissenschaft
Arbeit zitieren
Andrea Santos (Autor:in), 2018, Multikulturalität in Mexiko. Dargestellt anhand der INALI und mexikanischen Regierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/956379

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