Der Bundespräsident im politischen System der Bundesrepublik Deutschland

Sollte der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt werden?


Seminararbeit, 2020

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland
2.1 Stellung und Kompetenzen des Bundespräsidenten
2.2 Wahl des Bundespräsidenten

3. Der Reichpräsident der Weimarer Republik

4. Argumente gegen eine Direktwahl
4.1 DerLegitimationsüberschuss
4.2 Die Weimar-Argumente
4.3 Das Wahlkampfargument

5. Argumente für eine Direktwahl
5.1 Eine stärkere Integrationsfigur
5.2 Kritik an der Bundesversammlung

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland und wird von der Bundesversammlung für fünf Jahre gewählt (vgl. Pötzsch 2009). Da das Volk den Bundestag und die Länderparlamente wählt, welche wiederum in der Bundesversammlung den Bundespräsidenten bestimmen, wird das Volk bei der Wahl des Bundespräsidenten aktuell lediglich indirekt beteiligt (vgl. ebd. 2009). Allerdings steht nur eine Minderheit der Deutschen hinter diesem Wahlvorgang. Die Mehrheit der Deutschen ist der Meinung, dass der Bundespräsident direkt durch das Volk gewählt werden sollte (vgl. ARD-Politmagazin report MÜNCHEN zitiert nach de.statista.com 2017). Auch frühere Staatsoberhäupter haben sich zu diesem Thema bereits als Befürworter einer Direktwahl geäußert. Darunter beispielsweise Richard von Weizäcker und Horst Köhler. „Weizäcker sagte einmal, durch eine Direktwahl werde das .Element der Überparteilichkeit in unserer Gesellschaft gestärkt'“ (Berliner Morgenpost 2017). Horst Köhler hielt es zu seiner Zeit als amtierendes Staatsoberhaupt sogarfür ,kein schlechtes Modell' (Berliner Morgenpost 2017) den Bundespräsidenten direkt zu wählen.

Natürlich gibt es auch Stimmen aus der Politik welche sich gegen eine Direktwahl aussprechen. So auch Ralf-Uwe Beck, der Vorstandsprecher des Vereins „Mehr Demokratie“ bei einem Interview mit der Berliner Zeitung im Jahr 2009. Der Verein, welcher sich für mehr Demokratie und Volksentscheide einsetzt ist der Meinung, dass eine Direktwahl des Bundespräsidenten mit Erwartungen verbunden wäre, die das Amt des Bundespräsidenten nicht erfüllen kann (vgl. BerlinerZeitung 2017). Dies zeigt, dass eine Direktwahl auch Problematiken mit sich bringen würde. Auch Christian Wulff, der 2010 selbst zum Bundespräsidenten wurde, argumentierte gegen eine Direktwahl. Dies begründete er darin, dass eine Direktwahl das „Staatsoberhaupt mit Erwartungen an Macht und Einfluss versehen“(Focus online 2010) würde, die es nicht einlösen könnte.

Jene Ansichtsweisen machen deutlich, wie sehr sich die Auffassungen im Hinblick auf die Wahl des Bundespräsidenten unterscheiden. Deshalb werde ich mich in meiner Seminararbeit mit der Frage auseinandersetzen, ob der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt werden sollte. Dafür sollen im ersten Teil sowohl die Funktionen des Bundespräsidenten als auch der Wahlvorgang näher betrachtet werden.

Darauffolgend wird der Einfluss des Reichspräsidenten der Weimarer Republik auf das Amt des Bundespräsidenten ins Auge genommen. Anschließend werden die Argumente der Befürworter und Gegner einer Direktwahl erläutert und diskutiert. Zum Schluss wird ein finales Fazit gezogen, in welchem die wichtigsten Argumente nochmals aufgefasst werden.

2. Der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland

2.1 Stellung und Kompetenzen des Bundespräsidenten

Betrachtet man die Funktionen des Bundespräsidenten fällt sofort auf, dass er zwar einige Funktionen besitzt, diese allerdings eher weniger Einfluss haben. Als erstes ist hierbei die Repräsentationsfunktion zu erwähnen (vgl. Marschall 2014: 180). Dabei vertritt das Staatsoberhaupt die Bundesrepublik Deutschland nach außen, indem er die von der Regierung ausgehandelten Verträge mit anderen Staaten unterzeichnet (vgl. Marschall 2014: 180). Desweiteren übernimmt er die Akkreditierung der Botschafter, empfängt Staatsgäste und unternimmt selbst Staatsbesuche im Ausland (vgl. ebd: 180). Zu seinen Aufgaben der Repräsentation nach innen zählen unter anderem die Verleihung von Orden und Ehrenzeichen wie z.B dem Bundesverdienstkreuz (vgl. ebd: 180).

Der größte Teil seiner Aufgaben liegt allerdings in jenen als Staatsnotar, in welchen er Vorgänge bestätigen und unterschreiben muss (vgl. ebd: 180). Darunter zählt die Ernennung von Richtern an Bundesgerichten, Bundesbeamten und Soldaten, des Bundeskanzlers sowie die Ernennung und Entlassung der Minister (vgl. ebd: 180). Der Bundespräsident kann die Unterschrift lediglich bei einer gravierenden Fehlentscheidung verweigern. So beispielsweise Bundespräsident Lübke der die Ernennung eines Bundesrichters aufgrund seiner NS-Vergangenheit ablehnte (vgl. Pötzsch 2009). Neben der Ernennung von Staatspersonal fällt auch die Besiegelung von Gesetzen unter diese notarielle Kompetenz (vgl. Marschall 2014: 181).

Es gibt allerdings Situationen in der die Entscheidungen des Bundespräsidenten einen entscheidenden Unterschied machen können. Hierbei ist die Rede von der „Reservemacht“ des Staatsoberhaupts (vgl. ebd: 184). Diese „Reservemacht“ kann durch zwei Szenarien ausgelöst werden. Hat bei der Bundeskanzlerwahl ein Vorschlag aus der Mitte nach dem dritten Wahlgang nur eine relative Mehrheit erreicht, hat der Bundespräsident die Wahl zwischen zwei Alternativen. „Entweder er löst den Bundestag auf und beraumt Neuwahlen an oder er ernennt den mit relativer Mehrheit gewählten Kandidaten zum Minderheitskanzler.“ (ebd.: 184) Das zweite Szenario betrifft eine gescheiterte Vertrauenumfrage des Bundeskanzlers. Hat dieser bei einer Vertrauenumfrage keine parlamentarische Zustimmung, so kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen oder er nimmt Abstand von einer Parlamentsauflösung (vgl. ebd.:184). Kommt es zum zweiten Fall, so kann der Bundeskanzler nach Art. 81 GG am Bundestag vorbei Gesetze hervorbringen (vgl. ebd.:184).

Zuletzt bleibt noch die Integrationsfunktion zu erwähnen. Diese Funktion ist um einiges bedeutsamer als die formalen Kompetenzen (vgl. Pötzsch 2009). Der Bundespräsident hat viele Auftritte, in welchen er als Redner bei öffentlichen Anlässen oder im Fernsehen auftritt. Er soll dabei insbesondere Vertrauen vermitteln, moralische Maßstäbe setzen, Ratschläge erteilen, in Kontroversen ausgleichend wirken und nicht zuletzt Würde ausstrahlen (vgl. Pötzsch 2009). Beispielhafte Auftritte sind hierbei die Rede von Bundespräsident Weizäcker anlässliche des 40. Jahretages des Kriegsendes 1985 oder Christian Wulff 2010 mit einer klaren Aussage worin er betonte, dass der Islam zu Deutschland gehört (vgl. Marschall 2014: 186). Aber auch Joachim Gauck löste 2014 mit einer Rede zur deutschen Außenpolitik Diskussionen um die Rolle Deutschlands in der Welt aus (vgl. Marschall 2014: 186).

Der gewählte Bundespräsident kann nicht ohne weiteres von seinem Amt entbunden werden. Dies funktioniert nur im Falle eines Verstoßes gegen geltendes Recht (vgl. ebd.: 179). Dabei müssen die Klageberechtigten (Bundestag, Bundesrat) eine Präsidentenanklage gemäß Art. 61 GG beim Verfassungsgericht einreichen (vgl. ebd.: 179).

2.2 Wahl des Bundespräsidenten

Der Bundespräsident wird nicht wie der Bundeskanzler direkt vom Volk gewählt, sondern von der extra für dieses Wahlverfahren einberufenen Bundesversammlung (vgl. ebd.: 174). Diese tagt alle 5 Jahre wenn der Bundespräsident gewählt wird und setzt sich unter der Leitung des Bundestagspräsidenten aus den Mitgliedern des deutschen Bundestages sowie einer gleich großen Anzahl von Personen aus den Landtagen zusammen (vgl. ebd.: 175). Diese Personen müssen nicht aus den Parteien der jeweiligen Landtage stammen, sondern können durchaus auch Sportler, prominente Schauspieler oder Musiker sein (vgl. ebd.: 175). Wer die nach einem Proportionalverfahren zugewiesenen Plätze erhält, wird von den Fraktionen der Landesparlamente autonom entschieden (vgl. ebd.: 175).

Auch in der Bundesversammlung bilden die Abgeordneten und Delegierten der Parteien Fraktionen in welchen sie sich vor der Wahl treffen um Meinungsbilder zu erstellen und sich zu beraten (vgl. ebd.: 175). Bei mehrgängigen Wahlen ziehen sie sich auch gemeinsam für Besprechungen zurück (vgl. ebd.: 175). Es gibt maximal drei Wahlgänge. Während der Kanditat bei den ersten beiden Wahlgängen noch eine absolute Mehrheit zum gewinnen benötigt, genügt ihm im dritten Wahlgang bereits eine relative Mehrheit zum Wahlsieg (vgl. ebd.: 174).

Da im Normalfall keine Partei über eine absolute Mehrheit in der Bundesversammlung verfügt, müssen die Parteien, Mehrheiten im Sinne von Koalitionen organisieren (vgl. ebd.: 175). Diese unterscheiden sich in der Regel nicht von den Koalitionen der Parteien im Bundestag (vgl. ebd.: 175).

Grundvorraussetzungen um für das Amt des Staatsoberhaupts kandidieren zu können, ist ein Mindestalter von 40 Jahren und eine deutsche Staatsbürgerschaft (vgl. ebd.: 175). Üblicherweise einigen sich die einzelnen Parteien schon im Vorfeld aufeinen geeigneten Kandidaten und stellen diesen zurWahl auf (vgl. ebd.: 175). Da die Mehrheitsverhältnisse der Bundesversammlung auch der des Bundestages entspricht, ist es für gewöhnlich auch vorhersagbar wer als Sieger aus der Präsidentenwahl hervorgeht (vgl. ebd.: 175). Allerdings muss dies nicht immer der Fall sein. Da die Wahl mit verdeckten Stimmzetteln stattfindet, kann jedes Mitgllied der Bundesversmmlung frei Entscheiden ohne Konsequenzen aus seiner Partei rechnen zu müssen (vgl. ebd.: 176).

3. Der Reichspräsident der Weimarer Republik

Vergleicht man die Stellungen des Reichspräsidenten der Weimarer Republik, mit der des Bundespräsidenten im Grundgesetz, fallen unmittelbar deutliche Differenzen auf. Durch die direkte Volkswahl des Reichspräsidenten war er neben dem Parlament das „einzige demokratisch direkt legitimierte Organ auf Reichsebene“ (ebd.: 173). Sogar die Wahlperiode des Reichspräsidenten (sieben Jahre) übertraf die des Reichstages (vier Jahre) um drei Jahre (vgl. ebd.: 173). Nun könnte man annehmen, dass die Machtpotenziale dieser beiden Organe in etwa gleich verteilt waren. Jene waren aber zugunsten des Reichspräsidenten verteilt (vgl. ebd.: 173). Dieser hatte unter anderem das Recht den Reichstag aufzulösen und auch den Reichskanzler zu ernennen sowie zu entlassen (vgl. ebd.: 175). Zwar hatte der Reichstag bei der Ernennung und Entlassung des Reichskanzlers auch ein Mitspracherecht, allerdings konnte der Reichspräsident den Reichstag bei einer Eskalation auflösen (vgl. ebd.: 173). Die Folgen dieser Kompetenz waren fatal. So löste von Hindenburg bis zu Hitlers Machtantritt vier mal das Parlament auf und ermöglichte der NSDAP in den Reichstagswahlen 1930 und 1932 hohe Stimmengewinne (vgl. Hartmann/Kempf2011: 88).

Desweiteren war er der Oberbefehlshaber der Reichswehr und konnte gemäß Artikel 48, Abs. 1 WRV, „gegen ein Land, das die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Reich nicht erfüllte, mit der Reichsexekution vorgehen.“ (Hartmann/Kempf 2011: 88) Wesentlicher war allerdings der zweite Absatz dieses Artikels. Laut des Notverordnungsartikels kann der Reichspräsident mit Hilfe der bewaffneten Macht die öffentliche Sicherheit und Ordnung wiederherstellen falls diese im Deutschen Reiche erheblich gestört sein sollte (vgl. Marschall 2014: 175). Um dies zu erreichen durften sogar Grundrechte außer Kraft gesetzt werden (vgl. ebd: 175). Reichspräsident von Hindenburg wandte den Artikel 48 von 1930 bis 1932 allein bereits 67 mal an (vgl. Hartmann/Kempf2011: 89).

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Der Bundespräsident im politischen System der Bundesrepublik Deutschland
Untertitel
Sollte der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt werden?
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
14
Katalognummer
V956420
ISBN (eBook)
9783346322388
ISBN (Buch)
9783346322395
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bundespräsident, system, bundesrepublik, deutschland, sollte, volk
Arbeit zitieren
Ferdi Schwed (Autor:in), 2020, Der Bundespräsident im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/956420

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