Tod und Trauer im Kindesalter. Eine Analyse zweier Kinderbücher im Hinblick auf das Trauerverhalten von Kindern


Hausarbeit, 2019

14 Seiten

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Trauer?
2.1 Trauerreaktion beim Kind
2.2 Das Trauerverhalten von Kindern und Erwachsenen nach Bowlby
2.3 Todesvorstellungen von Kindern

3. Kriterien nach Martina Plieth
3.1 „Für immer“
3.2 „Und was kommt dann?“

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Die Trauer ist eine natürliche Reaktion auf Verlust, sie hat ihre ganz spezifische Zeit, ihr eigenes Maß und zeigt sich auf geistiger, körperlicher und psychischer Ebene so individuell und vielfältig, wie wir selbst sind.“1 Nicht nur Erwachsene werden mit dem Tod konfrontiert, das Thema ist ebenfalls stark präsent im Leben von Kindern und Jugendlichen.

Inwieweit unterscheidet sich sich das Trauerverhalten von Kindern im Vergleich zu dem eines Erwachsenen? Nehmen Kinder die Intensität eines Todesfalls ähnlich und genauso stark wahr, wie eine erwachsene Person? Besitzen Kinder bereits im jungen Alter eine genaue Vorstellung vom Tod und inwieweit verändert sich im Laufe des Wachstumsprozesses die Sicht auf das Thema?

Folglich um diese Fragen zu beantworten, wird zu Beginn der Hausarbeit auf die Definition und auf die Begrifflichkeit von Trauer eingegangen. Anschließend folgen die vier Phasen der Trauerreaktion bei Kindern, gefolgt von dem Trauerverhalten von Kindern und Erwachsenen. Danach werden die Vorstellungen des Todes in verschieden Altersklassen vorgestellt. Schließlich folgt eine Analyse zweier Kinderbücher, die das Thema Tod und Trauer auf unterschiedliche Weise thematisieren, unter Berücksichtigung der Kriterien zur Untersuchung von Kinderbüchern von Martina Plieth. Abschließend wird im Fazit ein Vergleich der beiden Bücher vorgenommen, mit besonderem Hinblick auf die unterschiedlichen Wege zur Vermittlung des Todes. Ebenfalls folgt die Beantwortung der Fragen hinsichtlich des Themas.

Auch möchte ich verdeutlichen, weshalb ich mich für dieses Thema entschieden habe. Aufgrund eines mir prägenden Trauerfalls in meiner Kindheit habe ich mich dazu entschlossen das Thema Tod im Kindesalter in meiner Hausarbeit zu bearbeiten. Beim Auseinandersetzen der Thematik im Seminar habe ich bereits für mich selber gemerkt, dass ich selbst noch Verarbeitungsbedarf bezüglich des Thematik habe und erhoffe mir somit einige verbliebende Fragen beantworten zu können.

2. Was ist Trauer?

Bis heute gibt es große Unstimmigkeit bezüglich einer Definition von Trauer, aufgrund der offenen Frage, ob von Trauer nur im Zusammenspiel mit dem Tod oder bei allen Verlusten gesprochen werden sollte.2

Allgemein zu erwähnen ist, dass Trauer eine durchaus natürliche Reaktion auf Verlust ist und jeder Mensch individuell damit umgeht.3 „Trauer ist kein vorübergehender Zustand, sondern ein langer Prozess, der sich wandelt und bei jedem Menschen anders verläuft, so auch bei Kindern.“4

Auch Sigmund Freud beschäftige sich mit einer Definition des Begriffes in seinem 1916 erschienen Buch „Trauer und Melancholie“ und berichtet, dass Trauer „regelmäßig die Reaktion auf den Verlust von einer geliebten Person oder einer an ihrer Stelle gerückten Abstraktion wie Vaterland, Freiheit, ein Ideal usw.“5 ist. Dazu drückt sie sich aus durch starke schmerzliche Verstimmung, weniger Interesse an der Welt sowie eine geringere Liebesfähigkeit.6 Durch Verlust eines Lebewesen folgt eine emotionale Belastung, welche sich bei jeder Person anders zeigt.7 „Es kommen intensive Emotionen von Angst, Wut, Schuld und Trauer, aber auch Gefühle der emotionalen Leere, Kälte und Zustände von Erleichterung oder Einsamkeit vor.“8

2.1 Trauerreaktion beim Kind

Das vier - Phasen - Modell nach J. Bowlby ist im Bereich der kindlichen Trauerreaktionen von großer Bedeutung und basiert auf dem fünf - phasigen Konzept von E. Kübler - Ross.9

Das Modell nach Bowlby unterteilt sich in folgende Phasen:

Phase 1: Betäubung

Phase 2: Sehnsucht und Suche nach der verlorenen Figur

Phase 3: Desorganisation und Verzweiflung

Phase 4: Reorganisation.10

Die erste Phase des Modells war zu Beginn nicht vorgesehen, jedoch geht hierbei hervor, dass die Todesmitteilung nicht sofort wahrgenommen wird. Das Leben geht oftmals wie gewohnt weiter, dennoch können unter anderem plötzliche Panikattacken auftreten. In der nachfolgenden Phase „Sehnsucht und Suche nach der verlorenen Figur“ machen sich besonders Schlaflosigkeit sowie durchgehende Gedanken bezüglich des verstorbenen Lebewesens.11 „Der / Die Trauernde realisiert einerseits - zumindest teilweise -, daß der Tod eines geliebten Lebewesens tatsächlich eingetreten ist, andererseits wird jedes Signal oder Geräusch aus der Außenwelt als Indiz dafür angesehen, daß noch Hoffnung besteht und mit der Rückkehr des / der nur vermeintlich Toten zu rechnen ist.“12 Durch die anschließende Phase soll die Reorganisation der aufreibenden Lebensphase vorbereitet und ermöglicht werden. Bisherige Denkmuster sind nicht mehr vorhanden, sodass Apathie und Depression die Folgen sein könnte.13 In der abschließenden Phase „Reorganisation“ folgt eine „Neudefinierung des Selbst und seiner Situation“14 und es erfolgt langsam die Rehabilitation in das alte Leben der trauernden Person.15

2.2 Das Trauerverhalten von Kindern und Erwachsenen nach Bowlby

Bowlby hat das Trauerverhalten von Kindern gründlich untersucht, anschließend hat er seine Ergebnisse mit den Trauerverhalten eines Erwachsenen verglichen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Kinder genauso unter einem Tod leiden wie ein Erwachsener.16 Kinder haben zum Einen die Hoffnung auf die Rückkehr der gestorbenen Person, auf der anderen Seite jedoch sind sie sich keiner Rückkehr der verlorenen Person bewusst. Kinder sowie auch Erwachsene erleiden Wut- und Traueranfälle, aber auch Angst vor dem Sterben. Bowlby kam ebenfalls zum Entschluss, dass vor allem Kinder viel emotionaler mit einem Tod umgehen, als eine erwachsene Person, dazu sind Kinder besonders in einer Trauersituation auf wichtige Betreuungspersonen angewiesen.17 „Außerdem verändert die Tendenz des Kindes, in der Gegenwart zu leben und vergangene Ereignisse nur bedingt zu erinnern, deutlich die Intensität und Dauer einzelner Trauerreaktionen.“18 Somit können Kinder und Jugendliche, da sie sich sehr stark auf die Gegenwart konzentrieren, ihren Kummer vergessen oder für längere Zeit unterdrücken. Dies führt insgesamt dazu, dass sich Kinder, im Gegensatz zu Erwachsenen, weniger mit einem Verlust einer geliebten Person auseinandersetzen.19 „Daraus darf allerdings keineswegs gefolgert werden, Kinder trauerten insgesamt weniger oder oberflächlicher als Erwachsene oder sie seien prinzipiell konstitutiv zu schwach, Trauerschmerz zu (er)tragen."20

2.3 Todesvorstellungen von Kindern

Nicht nur Elisabeth Kübler - Ross und Jean Piaget haben sich mit den Todesvorstellungen auseinandergesetzt, sondern auch Gesell / Ilg. Alle kamen zum Ergebnis, dass Kleinkinder im Alter bis drei Jahre keine klare Vorstellung vom Tod haben, lediglich verbinden sie den Begriff bereits mit Leid und Trauer.21 Außerdem haben Kleinkinder Angst vorm Verlassen und verbinden bei Trennung das Gefühl des Verlustes und der Angst allein gelassen zu werden.22

Kinder im Vorschulalter, zwischen vier und sechs Jahren, erkennen langsam den Unterschied zwischen Lebenden und Toten, empfinden jedoch keine Trauer,23 „da es eine rein sachliche Einstellung zum Tod hat und ein emotionales Todeserleben noch nicht vorhanden ist.“24 Kinder in diesem Alter glauben an eine Rückkehr von Verstorbenen und sehen in dem Tod nichts endgültiges.25

Grundschulkinder, im Alter bis zu neun Jahren, haben nun schon mehr Bewusstsein für den Tod und realisieren, dass auch sie einmal sterben werden,26 weshalb sie sich oftmals auch für die Themen Friedhöfe, Todesursachen, Beerdigung und

Verwesung interessieren.27 Aber auch die Frage nach dem eigenen Tod wird wesentlich interessanter für Kinder in diesem Alter.28

3. Kriterien nach Martina Plieth

Um Kinderbücher zu untersuchen, hat Martina Plieth insgesamt acht Kriterien herausgearbeitet. Beim ersten Kriterium handelt es sich um die Berücksichtigung literaräthetischer Aspekt, dabei wird das äußere Erscheinungsbild des Buches untersucht und inwieweit die Bilder und Texte kongruent zueinander scheinen. Das nächste Kriterium beinhaltet die Qualität der bildhaften Elemente und dabei wird die Funktion und das Wirken der Bilder untersucht. Nun folgt die Authentizität der Sterebe- und Todesdarstellungen. In diesem Schritt stellt sich die Frage, ob sich unter anderem klassische kindlichen Erfahrungen widerspiegeln. Das nachfolgende Kriterium Veranschhaulichungsgrad von Stimmungswerten befasst sich mit der Emotionalität des Buches. Das Kriterium fünf Plausibilität von Lösungs- und Bewältigungsstrategien beinhaltet die Nachvollzierhbarkeit des Themas. Der nachfolgende Schritt Tragfähigkeit von Konsolationselementen stellt sicher, ob genügend Trost zum Ausdruck gebracht wird. Anschließend werden die Beziehungsmuster in der Kategorie Kontinuität von Kommunikations- und Interaktionsstrukturen untersucht. Zum Schluss wird das Buch nach religiösen und christlichen Wertmaßstäben betrachtet.29

3.1 „Für immer“

Das Kinderbuch „Für immer“, welches von Kai Lüftner und Katja Gehrmann geschrieben wurde, handelt von dem kleinen Jungen namens Egon, welcher vor Kurzem seinen Vater verloren hat. Egon bezeichnet sich schließlich als Zurückgebliebener. In diesem Buch beschreibt er seine Gefühle und der Leser bekommt einen Einblick, wie er mit dem Verlust, dem Schmerz und der Trauer umgeht. Hierbei handelt es sich um ein Textbuch mit umfangreichen Bildanteil.

Nun folgt die Untersuchung des Kinderbuches anhand der acht Kriterien, welche von Martina Plieth aufgestellt wurden. Der erste Aspekt beinhaltet die Berücksichtigung literarästhetischer Aspekte. Jede Doppelseite des Buches ist in einheitlichen Farben gestaltet wurden, aber es ist deutlich zu erkennen, dass für jede Doppelseite eine andere Farbe auserwählt wurde. Durch die dargestellten Bilder wird die Stimmung und der Inhalt des Buches deutlich, sodass der Leser sich mit dem Protagonisten identifizieren kann. Ebenfalls stellt das Cover des Buches, aufgrund der hellen Farben, einen positiven ersten Eindruck.

Anschließend folgt die Qualität bildhafter Elemente. Die Bilder des Kinderbuches geben die Gedanken und Erzählungen des Protagonisten wieder, welcher seinen Vater verloren hat. Die Bilder spiegeln die kurzen Texte des Buches wieder, somit wird der verfasste Text ebenfalls in Bildern wiedergegeben.

[...]


1 Witt-Loers, Stephanie: Sterben, Tod und Trauer in der Schule. Eine Orientierungshilfe, Göttingen 22016, S. 21.

2 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard: Psychologische Aspekte von Tod und Trauer bei Kindern und Jugendlichen, Frankfurt am Main 1988, S. 9.

3 Vgl. Witt-Loers, Stephanie. A.a.O, S. 21.

4 Ebd.

5 Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 10.

6 Vgl. ebd. S. 66.

7 Vgl. Zjnoj, Hansjörg: Trauer und Trauerbewältigung. Psychologische Konzepte im Wandel, Stuttgart 2012, S. 43.

8 Ebd.

9 Vgl. Plieth, Martina: Kind und Tod. Zum Umgang mit kindlichen Schreckensvorstellungen und Hoffnungsbildern, Neukirchen-Vluyn 42009, S. 105.

10 Vgl. ebd. S. 114-115.

11 Vgl. ebd. S.114.

12 Ebd.

13 Vgl. ebd. S. 115.

14 Ebd.

15 Vgl. ebd.

16 Vgl. ebd. S. 116.

17 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 132.

18 Plieth, Martina. A.a.O, S. 116.

19 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 132.

20 Plieth, Martina. A.a.O, S. 116.

21 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 168.

22 Vgl. Witt-Loers, Stephanie: Sterben. A.a.O, S. 19.

23 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 168-169.

24 Ebd. S. 169.

25 Vgl. Witt-Loers, Stephanie. A.a.O, S. 19.

26 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 170.

27 Vgl. Witt-Loers, Stephanie. A.a.O, S. 19-20.

28 Vgl. Iskenius-Emmler, Hildegard. A.a.O, S. 170.

29 Vgl. Plieth, Martina. A.a.O, S. 150-151.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Tod und Trauer im Kindesalter. Eine Analyse zweier Kinderbücher im Hinblick auf das Trauerverhalten von Kindern
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Jahr
2019
Seiten
14
Katalognummer
V958024
ISBN (eBook)
9783346301765
ISBN (Buch)
9783346301772
Sprache
Deutsch
Schlagworte
trauer, kindesalter, eine, analyse, kinderbücher, hinblick, trauerverhalten, kindern
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Tod und Trauer im Kindesalter. Eine Analyse zweier Kinderbücher im Hinblick auf das Trauerverhalten von Kindern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/958024

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