Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung
2 Einfluss von Größe, Farbe und Motiv auf die Wirkung von Werbeplakaten
2.1 Größe & Farbe
2.2 Motiv&Text
2.3 Größe, Farbe, und Motiv als Werbestrategien in der im Projekt gestalteten Werbung
3 Schockwerbung
3.1 Einleitung
3.2 Definition von Schockwerbung
3.2.1 Abgrenzung zu gefühlsbezogener Werbung
3.3 Wirkungsweise
3.3.1 Schematheorie
3.3.2 Stimulus-Organismus-Response-Modell
3.3.3 Aktivierungstheorie
3.3.4 Aktivierung durchReize
3.4 Zieleder Schockwerbung
3.4.1 Problematische Nebenwirkungen
3.5 Praxisbeispiel - Die Marke Benetton
3.5.1 Kritik an Benetton
3.6 Zusammenfassung
3.7 Schockwerbungim Eigenanteil
4 TargetedAdvertisement
4.1 Einleitung
4.2 TargetedAdvertisement
4.3 Funktionsweise des Targeted Advertisement
4.4 Formen des Targeted Advertisement
4.4.1 Vorteile
4.4.2 Nachteile
4.5 Targeted Advertisement am Onlinebeispiel
4.6 ContentTargeting
4.7 Targeted Advertisement am Offlinebeispiel im Eigenanteil
4.8 Zusammenfassung
5 Advertorial
5.1 Einleitung
5.2 Erklärung
5.2.1 DefinitionundAbgrenzung
5.2.2 Wirkung
5.3 Rechtslage
5.3.1 Kennzeichnung
5.3.2 Pressekodex
5.4 AdvertorialimEigenanteil
5.5 Zusammenfassung
6 VorüberlegungzumEigenanteil
6.1 Formen derFragestellung
6.2 Planung der Umfrage
6.3 Methodenzur Auswertung
6.4 Messen der Wirkung von Werbung
6.4.1 ModellderWirkungspfade
6.4.2 Wirkungskomponenten
6.4.3 Wirkungsdeterminanten
6.4.4 Wirkungsmuster
7 Eigenanteil
7.1 Problemfrage
7.2 Hypothesen
7.2.1 ContentTargeting
7.2.2 Schockwerbung
7.2.3 Advertorial
7.3 Durchführung
7.4 Auswertung
7.5 Interpretation
7.6 Reflexion
8 Fazit
9 Quellenverzeichnis
10 Anhang
1 Einleitung
Werbung ist im 21. Jahrhundert so allgegenwärtig, dass sie von den meisten Konsument kaum noch aktiv wahrgenommen, oder sogar unterbewusst ausgeblendet wird. Diese Tatsache gibt der Werbeindustrie Anlass, sich immer innovativeren Werbestrategien zu bedienen und damit um die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu Wetteifern. Beispiele für diese Werbestrategien sind die Schockwerbung, das Targeted Advertisement und das Advertorial, von denen jede ein neues Element in die Welt der Werbung einzubringen versucht und welche innerhalb dieser Arbeit thematisiert werden. Dabei wird im Detail auf Definitionen, Wirkung und Beispiele eingegangen. Zusammen mit einigen Grundlagen der Werbegestaltung und verschiedenen Modellen zur Messung von Werbewirkung bilden diese drei Strategien also den Hauptteil der vorliegenden Arbeit. Insgesamt zielt die Arbeit darauf ab, dem Leser einen Einblick in Werbewirkung und -gestaltung zu bieten und einige Techniken von Werbetreibenden offenzulegen.
Unsere Motivation für die Wahl dieses Themas beruht auf einem generellen Interesse an Werbung und ihren Hintergründen, sowie der momentanen „Werberevolution“ durch das Internet, konkreter soziale Medien. Wir beschränken uns dabei auf den Vergleich dreier verschiedener Werbestrategien aus dem Printbereich im Hinblick auf deren Auffassung innerhalb der Bevölkerung, um daraus auf die Effektivität zurück zuschließen. Die Wahl der Werbestrategien fiel dabei auf die oben genannten, da sich diese relativ stark von klassischen Anzeigen unterscheiden, besonders kontrovers sind und dem Durchschnittsbürger im Alltag häufig begegnen. Auf den Printbereich beschränken wir uns deshalb, weil zwei der drei Strategien dort häufiger vertreten sind und sich die Umsetzung der Werbestrategien sowieso nicht grundlegend unterscheidet. Das bereits vorhanden Wissen zu den Themenbereichen der Arbeit beschränkt sich auf Effektivität und Wirkungsweise der einzelnen Strategien und die allgemeinen Grundlagen der Gestaltungvon Werbung, einen direkten Vergleich dieser Strategien gibt es bislang nicht. Als Problemfrage ergab sich daraus die Fragestellung, ob unterschiedliche Werbestrategien unterschiedlich starke Wirkungen haben, als Hypothesen ergab sich folgendes:
„Content Targeting lässt das Produkt weniger attraktiv dastehen als Schockwerbung, da es weniger polarisiert ist.“
„Content Targeting beeinflusst das Kaufverhalten der Kunden positiver als Advertorial.“
„Die Schockwerbung gilt als die Werbestrategie, welche sich positiv auf den Wiedererkennungswert eines Produkts auswirkt.“
„Die Gestaltung einer Plakatwerbung, die auf Schockwerbung basiert ist nicht ansprechend.“
„Das Advertorial wird als die Werbestrategie wahrgenommen, die das Produkt am attraktivsten erscheinen lässt.“
„Das Advertorial beeinflusst das Kaufverhalten der Kunden deutlich positiver als die Schockwerbung.“
Die Materiallage zu den Thematiken der Seminarfacharbeit war je nach Bereich entsprechend unterschiedlich. Viele Informationen gab es zur Messung von Werbewirkung, zu den allgemeinen Werbetechniken und zur Schockwerbung, weniger hingegen zu den Strategien Targeted Advertisement und Advertorial. Diese Tatsache lässt sich durch die Geschichte und Relevanz der jeweiligen Teilthemen erklären. Die Messung von Werbewirkung und allgemeine Werbetechniken sind in der Werbeindustrie häutig verwendete Informationen, zur Schockwerbung gibt es wegen dem Benetton-Skandal viel Material. Dagegen sind die beiden anderen Werbestrategien weniger umfangreich, da sie im Grunde durch eine Definition und ihre Funktionsweise erklärt sind.
Die Arbeit behandelt als erstes die allgemeinen Elemente der Werbung, also wie groß Objekte auf Plakaten idealerweise sind, die Anordnung von Text und Bild auf Plakaten, welche Farbe diese haben sollen, um besonders stark Aufmerksamkeit zu erregen und welche Motive auf Bildern Aufmerksamkeit erregen. Darauf folgen, in dieser Reihenfolge, die Kapitel zur Schockwerbung, zum Targeted Advertisement und zum Advertorial, welche nicht viel miteinander zu tun haben und als Wissensgrundlage nur das erste Kapitel voraussetzen. Den Abschluss des Hauptteils bildet dann die Vorüberlegung zum Eigenanteil, genauer werden zwei Modelle zur Messung von Werbewirkung und Methoden zum erstellen und Auswerten einer Umfrage vorgestellt. Unsere Problemfrage wird durch den Eigenanteil beantwortet, für welchen jedes Kapitel relevant ist. Die ersten vier beschäftigen sich mit der Gestaltung der Werbeplakate und bilden somit die Grundlage zur Erstellung dieser, die Bedeutung des Fünften ergibt sich.
2 Einfluss von Größe, Farbe und Motiv auf die Wirkung von Werbeplakaten
Das erste Kapitel beschreibt verschiedene bildliche und textliche Faktoren, um deren Einfluss auf die Werbewirkung festzustellen. Wichtige dabei behandelte Themen sind die Farbauswahl, Gestaltung und Eigenschaften von Bildern, die Umsetzung von Texten, die Strategie Corporate-Design und die Umsetzung dieser Strategien in den für diese Arbeit gestalteten Plakaten. Besondere Formen der Werbestrategie, wie Schockwerbung oder Advertorials werden im Kapitel 2, 3 und 4 beschrieben.
2.1 Größe & Farbe
Wichtig für die Betrachtungszeit einer Werbung scheint vor allem die Größe der Werbeanzeige zu sein. In einer Untersuchung über Werbung in illustrierten Zeitschriften wurden für die Betrachtungszeit feste Größen genannt: 2 Seiten entsprechen 2,8 Sekunden, % bis 1 Seite entsprechen 2,0 Sekunden, 1/2 Seite und kleiner entsprechen 0,6 Sekunden (Andresen, Thomas: Anzeigenkontakt und Informationsüberschuss, Dissertationan an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, 1988)1. Farbe hatte in dieser Studie keinen bemerkbaren Einfluss auf die Betrachtungsdauer, allerdings wurde in anderen Untersuchungen festgestellt, dass Farben durchaus die Aufmerksamkeit wecken können. In einer Studie von 1987 der Burda-Marktforschung konnte die Gefühlswirkung der Farben in der Werbung erforscht werden. Durch bestimmte Farbkompositionen konnten sich die Versuchspersonen im Nachhinein besser an bestimmte Details der Anzeige erinnern. Auch konnte die Aufmerksamkeit der Probanden speziell auf bestimmte Teile der Anzeige gelenkt werden. In einer umweltpsychologischen Untersuchung wurde folgende Unterteilung herausgearbeitet: Rot, Orange und Gelb wirken auf Probanden als erregende Farben, und Blau, Grün und Violett als lustbetonte Farben.2 Es wurde untersucht, inwieweit diese Farben eine rein physische Reizwirkung haben. Angenommen wird, dass Farben auch durch Farbpräferenzen einen positiven Effekt hervorrufen, diese dann aber nicht die charakteristische physische Reizwirkung erzeugen. Zusätzlich können Personen mit bestimmten Farben bestimmte Themen assoziieren, welche die Werbebotschaft unterstützen oder blockieren sowie Emotionen hervorrufen können.
In einer Studie von Eva Heller aus dem Jahr 1989 wurden Assoziationen der Farben zu bestimmten Themen erforscht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Farbassoziationen zu Eigenschaftswörtern aus einer stichprobenartigen Umfrage. Die genannten Werte geben die Menge der Personen in Prozenten an, welche die getesteten Farben am ehesten mit dem jeweiligen Eigenschaftswort assozierten. Nur die höchsten drei Prozentzahlen wurden hier aufgeschrieben.3
Auf diese Weise kann die Größe des Objektes auf die Betrachtungsdauer einwirken und Farben können Emotionen sowieAssoziationen im Betrachter hervorrufen.
2.2 Motiv&Text
Auch Motive oder Muster können die Aufmerksamkeit auf bestimmte Bildflächen lenken. So schreibt Kroeber-Riehl zum Beispiel: „Bei der Kontaktdauer stellt die Abbildung von Personen nach der Anzeigengröße die wichtigste erklärende Variable dar.“4. Demnach gibt es eine emotionale Komponente, ausgelöst durch Identifikation des Betrachters mit der dargestellten Person, Attraktivität des Models oder Ansprechen von Spiegelneuronen5 die im Betrachtenden ähnliche Gefühle auslösen. Dieser emotionale Bezug zum Bild, den der Betrachtende herstellt, kann Einfluss auf sein Kaufverhalten nehmen, und ist auch als biologisch vorprogrammierter beziehungsweise kulturübergreifender Faktor bekannt. Zu diesen kulturübergreifenden Faktoren gehören unter anderem das Kindchenschema und Helden6. Auch kulturell geprägte Assoziationen erzeugen innere Bilder und Emotionen, zum Beispiel ein Cowboy, der für Freiheit, Männlichkeit, Abenteuer oder Heldenhaftigkeit stehen kann.7 Diese Symbole werden zum Beispiel von der Marke Marlboro als Werbeobjekte verwendet. Ein anderes Beispiel wäre ein Sandstrand mit Palmen und blauem Meer. Dies ist allgemein auch als Tropenschema8 bekannt. Dieses könnte dann beispielsweise verwendet werden um gedankliche Verbindungen zu Urlaub am Strand oder Bezüge zu Exotischem herzustellen und dadurch womöglich positive Gefühle oder ein besonderes Bild zur Marke hervorzurufen. Wird dabei die Aufmerksamkeit an der Marke vorbeinavigiert, erinnert sich die Zielpersonen nur noch an das Motiv. Um die Marke erinnerungsfähig zu halten, wird zum Beispiel „Corporate-Design" eingesetzt. Hierdurch werden bestimmte Motive, Muster und Farben für eine Marke festgelegt und in Werbeanzeigen verwendet, wodurch diese vom Betrachter immer erneut mit der Marke in Verbindung gebracht werden. Dadurch können Verwechslungen vermieden werden und Werbeplakate nach einiger Zeit auch ohne Markenlogo einer Firma zugeordnet werden.
Aus eigenen Vergleichen und Überlegungen kann die Aussage getroffen werden, dass zum Beispiel die Marke Milka aber auch die Sparkasse Corporate-Design anwenden. Beide Firmen benutzen klar in Verbindung setzbare Farben, zum Beispiel die Farbe Lila bei dem Produkt Milka und die Farbkombination Rot-Weiß der Sparkasse. Dabei gibt es noch andere Merkmale, an denen Produkte/Plakate/Broschüren dieser Firmen erkennbar sind. So ist bei Milka oft eine Berglandschaft sichtbar, des Weiteren wird oft noch das Markenzeichen der Lila Kuh eingebaut. Als Referenzbilder wurden ein Banner von der Homepage Mondelez International der Marke Milka und Bilder der Sparkassenwerbung in den Anhang gestellt.' Wie man auf Beispielbild drei'' erkennen kann, werden bei der Sparkasse oft klar abgegrenzte Flächen in rot und weiß verwendet, wobei die Fläche des Plakates oft in der Mitte geteilt wird. Wenn eine weitere Teilung der Flächen vorgenommen wurde, wie im Beispielbild eins''', wird oft eine der bereits geteilten Flächen an der längeren Seite halbiert. Auf den roten Flächen wird in der Regel weißer Text, beziehungsweise auf weißen Flächen roter Text verwendet, was auf Beispielbildern eins bis drei sichtbar ist. Auf den weißen Flächen werden zumeist relativ simple rote Symbole abgebildet. Wenn Bilder verwendet werden, wird oft eine der rechtwinklichen Flächen verwendet, häutig die Hälfte der sichtbaren Fläche, wie auf Beispielbild eins'v erkennbar ist. Wichtig um die Werbebotschaft verständlich zu überbringen ist die Darstellung des Produktes und ein unterstützender Text, da allein Bild und Farbe das Produkt oft nicht erklären können. Dabei wird auf die Textmenge geachtet: wenn die Anzeige nur aus Text besteht beachten sie nur 16 % der Rezipienten, wenn das Bild aber überwiegt, und der Text nur ergänzender Natur ist, beachten sie ganze 35 % der Betrachter.9 Dieser Text, der eine Nachricht an den Betrachter formuliert, sollte verständlich, in der Werbung einmalig und aktivierend sein.
Eine Nachricht enthält nach Schulz von Thun vier Botschaften10: einen Sachverhalt, der über die Nachricht informiert, eine Selbstoffenbarung, die die Werte des Senders offenbaren, eine Beziehungsinformation, die aussagt, wie der Sender über den Empfänger denkt und einen Appell, der Auskunft gibt, was der Sender veranlassen möchte. Eine Nachricht ist also nicht nur eine Information, sondern eine Botschaft und eine Selbstaussage. Hochwertwörter, wie Gesundheit und Allgemeinwissen sowie Schlüsselwörter, wie bio und Natur, versuchen dem Rezipienten eine bestimmte gerichtete Selbstaussage und Beziehungsinformation zu geben.11 Es gibt Gefühls-, Affekt- und Bewertungswörter. Diese Gefühlswörter sollen Emotionen hervorrufen. Beispiele sind Wörter wie „Danke“ oder „Freu dich!“. Auch Wörter wie „gemeinsam“ und „wir“ gehören dazu. Bewertungswörter nehmen eine Bewertung vor. Beispiele sind „Klangwunder“, „Lieblingsstücke“, „neu“ und „das beste“. Affektwörter sollen Affekte ausdrücken, Beispiele hierfür sind „Lauscherangriff“, „Abwehrkette“ und „Prima Klima“.12 Text und Bild stehen dabei immer in Beziehung: „Bei der Interpretation treten beide in eine Wechselbeziehung: das Phrasen bzw. modifizierte Phrasen gibt einen Hinweis darauf, unter welchem Aspekt das Bild zu betrachten ist, das Bild wiederum lenkt die Interpretation des verbalen Textes.“13.
2.3 Größe, Farbe, und Motiv als Werbestrategien in der im Projekt gestalteten Werbung
Auf den meisten Plakaten, der im Projekt gestalteten Werbung, wurden bewusst Fotos ausgewählt. Fotografien können mit einer Reaktionszeit von 0,4 Sekunden am schnellsten erfasst werden. Im Vergleich dazu wird eine farbige Zeichnung nach 0,9 Sekunden entschlüsselt, und eine schwarz-weiß-Zeichnung nach 1,2 Sekunden. Umrisszeichnungen benötigen eine Erfassungszeit von ca. 2,5 Sekunden und Wörter ganze 2,8 Sekunden.14 Somit können Teile der Botschaften der meisten Plakate die für dieses Projekt designt wurden mit 0,4 Sekunden Blickdauer schnellstmöglichst erfasst werden. Zeichnungen sind sinnvoll, um technische Erklärungen und Abläufe der dargestellten Objekte zu vermitteln. Die Auswahl der Fotografien als Bilder hat die Aufgabe eine einfache Darstellung des Produktes mit optionalen emotionalen und kulturellen Faktoren zu ermöglichen. In den folgenden Unterkapiteln werden die im Projekt erstellten Werbeplakate zu den Werbestrategien Farbe, Motiv und Text analysiert. Die Größe der Werbeplakate wird hier nicht berücksichtigt, da alle Plakate in einer einheitlichen Größe dargestellt sind.
Plakat Avilonia Mineralwasser Advertorial Vorherrschende Farben des Schriftzuges sind Blau, Türkis, Grün. Somit ergeben sich physische Reizwirkungen auf Blau und Grün als lustbetonende Farben. Blau wird mit Kühle assoziiert. Somit erscheint das Wasser, welches getrunken wird, erfrischend. Die Farben des Fotos sind orange-braun, es strahlt Wärme aus. In dieser warmen Umgebung kann kühlendes Wasser ein Genuss/ Notwendigkeit sein.
Das Motiv ist ein kleines Kind. Dadurch beinhaltet das Advertorial einen Appell: ein biologisch vorprogrammiertes Verhaltensmuster, das Kindchenschema. „Das Kindchenschema umfasst bildliche Merkmale!...], vor allem: im Verhältnis zum Rumpf großer Kopf, Pausbacken, Kulleraugen, rundliche Körperformen, kurze und dicke Arme und Beine.“15. Diese Eigenschaften können Aufmerksamkeit und Zuwendung bewirken, außerdem können sie Gefühle wie Menschlichkeit, Geborgenheit und Vertrauen hervorrufen16, was für eine als besonders naturverträglich beworbene Wassermarke sehr vorteilhaft sein kann. Als zweites Motiv wurde ein Wald mit einem Fluss eingefügt, welche für Natürlichkeit, Reinheit und Frische stehen könnten. Des Weiteren wurden in diesem Advertorial Schlüsselworte wie „regional“, „umweltbewusst“ oder „recyclebar“ verwendet, um diese als sehr naturverträglich und sanft darzustellen. Eine weitere Strategie um die Aufmerksamkeit auf die Werbung zu lenken sind Gesichter, besonders solche, die den Rezipienten fokussieren. Das Kind fokussiert den Leser. Spiegelneuronen im Betrachter werden angesprochen. Der Rezipient erlebt ein Durstgefühl und Schluckbewegungen. Dadurch entsteht der Wunsch etwas Kühlendes zu trinken.
Plakat Electis Glühbirnen
Vorherrschende Farben sind Grün, Rosa, Weiß. Grün wirkt als physischer Reiz lustbetont und dadurch kaufaktivierend, Rosa wird assoziiert mit Verführerischem und Weiß mit Wahrheit. Somit könnte die Glühbirne als funktionstüchtig erlebt werden und Kautinteresse und Kaufverlangen wecken. Das Motiv Rasen könnte Naturverbundenheit, Nachhaltigkeit und ökologische Produktionsweise assoziieren. Auf die Werbestrategie Advertorial wird im Kapitel 4. eingegangen.
Plakat Elvin Duschgel und Shampoo
Vorherrschende Farben im Foto sind Blau und Rot. Der Text wurde grün gestaltet. Somit ergibt sich eine physische Reizwirkung auf Blau und Grün als lustbetonende Farben. Die weiße Grundfarbe der Flasche steht für Wahrheit. Das Rot der Haare steht für Wärme und Verführung. Somit können Frauen sich als attraktiv und verführend wahrnehmen, wenn sie dieses Shampoo auswählen. Motive von Frauen werden eher von Frauen und Motive von Männern eher von Männern fokussiert.17 Das bedeutet, dass die Multisex-Version des Shampoos durch Abbildung eines weiblichen und eines männlichen Models Aufmerksamkeit von beiden Geschlechtern erlangt.
Plakat Elvin Content-Targeting
Vorherrschende Farben sind Rosa und Braun. Rosa steht für Verführung und Braun für Wärme und Brutalität. Brutalität der Haare könnte in der Gesamtheit des Bildes umgedeutet werden in Spannkraft und Vitalität. Die Darstellung der Frau spricht insbesondere Frauen an. Das Model fokussiert den Betrachter und lenkt die Aufmerksamkeit auf sich. Es entsteht eine starke Blickführung. Der Text: „Endlich mehr Volumen im Haar“ suggeriert der Rezipientin, dass sie nicht genug Volumen der Haare hat (Sachebene). Die Werbung suggeriert weiterhin, dass volles Haar für Frauen ein erstrebenswertes Ziel in unserer Gesellschaft ist. Dieses Shampoo kann laut Appell dazu verhelfen. Auf der Beziehungsebene spricht das Model die Betrachterin als Freundin und ebenso als schöne Konkurrentin an.
PlakatAvilonia Content-Targeting
Vorherrschende Farben sind Blaugrau und Rot. Blau wirkt lustbetont und steht für Kühle, wird durch den Grauwert jedoch in der Wirkung stark abgeschwächt. Rot steht für Erregung und Verführung und Wärme. Der Ärmel könnte positiv zu sich selbst, zum Betrachter, zugeordnet werden, als lebendig erlebt. Die Packung ist weiß und suggeriert Wahrheit, somit Reinheit und Vertrauen in die Qualität des Wassers.
Plakat Electis Content-Targeting
Vorherrschende Farben sind Blau und Gelb. Somit ergibt sich eine physische Reizwirkung auf Blau als lustbetonende Farbe und auf Gelb als erregende Farbe. Dies wirkt aktivierend auf das Interesse. Blau wird häutig assoziiert mit Kühle und Wahrheit. Das Gelb der Glühlampe kann mit Wärme assoziiert werden. Die Kühle des Hintergrunds könnte suggerieren, dass man Wärme braucht, wodurch eine Glühbirne notwendig wird. Der Text unterstreicht die bildliche Aussage. „Hol dir die Sonne ins Haus“ Der Text suggeriert, dass die Glühbirne die Sonne im Haus ersetzen oder immitieren kann(Sachverhalt). Als Selbstoffenbarung suggeriert der Text, dass die Glühbirne ausdauernd und energiereich wie die Sonne erscheint. Er appeliert an den Betrachter, die Lampe unverzüglich zu kaufen. Die Beziehungsebene vermittelt eine freundiche Aufforderung von einem Helfer und Wissenden, wobei der Betracher sich wahrscheinlich als eher unwissend empfindet.
Die Werbestrategie Schockwerbung ist ein Sonderfall des Werbedesigns, weswegen sie im nächsten Kapitel erläutert wird. Die Plakate mit dem Design der Schockwerbung werden dort erläutert.
3 Schockwerbung
3.1 Einleitung
Oliviero Toscani beschreibt die Welt der Werbung in seinem Buch „Werbung ist ein lächelndes Aas"18 als harmonische Wunderwelt. Doch die Glaubwürdigkeit und Aufmerksamkeit für diese inszenierten Welten sinkt. Denn durch die Überreizung und das Überangebot an an glorifizierten Produkten auf dem Werbemarkt findet eine Abstumpfung der Bevölkerung statt. Das führt dazu, dass die Werbung einem gewissen Innovationsdruck unterliegen, um sich weiterhin von der Konkurrenz abzuheben und wahrgenommen zu werden. Menschen im 21. Jahrhundert werden jeden Tag mit einer Vielzahl von Werbeanzeigen konfrontiert. Sie kriegen die unterschiedlichsten Werbestrategien, Motive präsentiert. Was muss eine Werbestrategie nun mitbringen, um im desensibilisierten Alltag der Leute für Aufmerksamkeit zu sorgen? Man weiß aus eigener Erfahrung, dass innovative und kreative Werbespots besser und detaillierter im Gedächtnis bleiben. Das liegt daran, dass eben diese Werbespots sich durch beispielsweise humorvolle Gestaltung von den andern abheben. Psychologisch ist das mit der Erwartung an die Werbung zu erklären. Wir haben über die Zeit gewisse Erfahrungen und Erwartungen gesammelt, die ein allgemeines Bild von Werbung bilden und wenn eben diesem durch einen besonders ungewöhnlichen Werbespot widersprochen wird, so ist die Aufmerksamkeit gesichert. Das Extrembeispiel um mit unerwarteten Motiven für Aufmerksamkeit zu sorgen, ist die Schockwerbung.
3.2 Detinition von Schockwerbung
Schockwerbung bedient sich gesellschaftsprovozierender Motive, die gegen die allgemeine Moral, die Normen und Werte verstoßen und gezielt tabuisierende Themen anspricht.18 Ulrike Wünnenberg definiert Schockwerbung in ihrem Buch folgendermaßen: „das Werben mit einer gestellten oder realistischen Bildaufnahme, die Not, Leid und Elend, aber auch religiöse oder politisch höchst sensible Themen zum Inhalt hat, keinerlei oder nur unzureichenden Sachbezug zu dem bewerbenden Produkt oder Unternehmen aufweist und lediglich beziehungsweise dennoch mit dem Logo einer Firma oder eines Produktes verbunden ist, die aber aufgrund ihres unerwarteten Motivs geeignet ist, Reaktion vielfältiger Art von heftigster Intensität hervorzurufen."19 Ziel ist es also, einen Schock zu provozieren, der sich aus der Erwartung und dem wahrgenommenen Widerspruch dazu ergibt.
Jetzt stellt sich natürlich unweigerlich die Frage: Was schockiert die Menschen? In erster Linie muss das gesehene im höchsten Grad unerwartet und persönlich relevant sein. So bieten sich also gesellschaftskritische Motive an. Diese können in 7 verschiedenen Subtypen unterteilt werden:
- Widerliche Vorstellungen, beziehungsweise: Das Abbilden von ekelerregenden Bildern: Dies bezieht sich auf die ungewollte und fokussierte Darstellung von Blut, Körperteilen, Krankheiten, Verletzungen, Tod und so weiter
- Sexuelle Referenzen, beziehungsweise das Abbilden von sexuellen Handlungen: Dies bezieht sich auf das Abbilden von beispielsweise angedeuteter Masturbation, dem sexual beziehungsweise die Andeutung auf jenen oder das Abbilden von Nacktheit oder nackten Körperteilen, die sonst nach gesellschaftlicher Moral bedeckt sind.
- Obszönität, beziehungsweise das Abbilden obszöner Bilder: Dies meint die Verwendung von Schimpfwörtern, Gesten und Beleidigungen mit obszönen Grad in den Anzeigen.
- Unanständigkeit, beziehungsweise abgebildete Unangebrachtheit: Das meint unangebrachtes/Fehlverhalten im sozialen Raum, Verletzungen von sozialen Konventionen.
- Anstößigkeit, beziehungsweise alles Abbilden von Geschmacklosem: Das umfasst gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten, von Menschen und Tieren im sozialem Kontext.
- Moralische Anstößigkeit, beziehungsweise moralisch angreifend: Das meint das Verletzten von unschuldigen Menschen oder Tieren, sowie das Abbilden von unfairen Verhalten einem bestimmten Individuum gegenüber. Zum Beispiel die Einbeziehungvon Kindern in provokative oder gewalttätige Situationen.
- Religiöse Tabus, beziehungsweise Gotteslästerung: Damit ist oftmals das Abbilden von unangebrachtem Verhalten in einem religiösen Kontext gemeint.20
Die Überschreitung von Grenzen und Tabus, macht es zur Schockwerbung. Werbung die das nicht erfüllt verliert an Provokation und Macht.21 Natürlich wirken die einzelnen Motive nicht auf alle Menschen gleich. Die individuellen moralischen Vorstellungen und Toleranzbereiche gesellschaftlich kritischer Themen variieren sehr stark. Welche und Motive als besonders provozierend wahrgenommen werden, hängt von Faktoren wie Erziehung, soziales Umfeld/ Milieu, aber auch vom jeweiligen Charakter ab. Die Darstellungsart und die Themen der Werbungen sind örtlich bedingt. So finden die Menschen hier andere Dinge anstößig als die in Amerika. Dieser Ortsfaktor ist allerdings erst bei großen Summen der Werbung relevant. Die eben genannten Faktoren sind unmittelbar mit der kulturellen Herkunft verknüpft. Es muss also festgehalten werden, dass die Ziele der Schockwerbung nicht ohne Einberechnung der jeweiligen Kultur erreicht werden können. Zum Beispiel kann die Abbildung einer frauendiskriminierenden Situation, die hier als gesellschaftskritisch empfunden wird, in anderen Ländern dem Alltag entsprechen. Oder wird die Anwendung des Subtypen 7 in einem stark religiös geprägten Staat, wie zum Beispiel Syrien mit dem Islam, deutlich mehr Aufmerksamkeit generieren als beispielsweise in Frankreich. Die kulturellen Unterschiede der einzelnen Länder sind die meist beachteten Kommunikationsbarrieren der Werbewirtschaft.22 Missverständnisse und Kommunikationsfehler können natürlich auch im kleineren Rahmen auftreten. So ist beispielsweise der Bildungsstand des Betrachters entscheidend, wenn es um die Interpretation der Werbeanzeige geht, denn nicht jede Werbung schockt mit einem visuellen hervortretenden Eyecatcher. Manche Werbespots setzten ein allgemeines Hintergrundwissen voraus, um korrekt interpretiert und verstanden zu werden. Damit der zu übermittelnde Inhalt fehlerfrei vom Sender zum Empfänger weiter gegeben wird ist es also wichtig, dass gerade kompliziertere Werbungen immer noch eine einfache Interpretationsmöglichkeit zulassen die garantiert, dass auch jeder etwas damit anfangen kann und sie so fähig ist, in der breiten Masse für die gewünschte Aufmerksamkeit zu sorgen.
3.2.1 Abgrenzung zu gefühlsbezogener Werbung
Emotionale Werbung zielt darauf ab ein positives Wahrnehmungsklima zu schaffen, denn das hat eine bessere Wahrnehmung und Beurteilung der dargebotenen Informationen zur Folge. Es stehen positive Emotionen und Gefühle im Fokus, sie bietet im im Prinzip ein Erleben mit der Marke beziehungsweise dem mit Produkt.23 Die Schockwerbung wird im Prinzip als Unterart der gefühlsbezogenen Werbung angesehen, beide sollen Gefühle hervorrufen und sind emotional geladen. Da eröffnet sich uns natürlich die Frage aus welchem Grund nun diese Unterteilung vorgenommen wird. Wie schon in der oben aufgeführten Definition, liegt der Fokus bei der gefühlsbezogenen Werbung auf den positiven Emotionen die der Konsument bei dem rezipieren der Werbung verspüren soll. Anders ist es bei der Schockwerbung. Hier werden nämlich bewusst schockierende Darstellungen gewählt, die für Ekel und Ablehnung sorgen.24 Daher ist die Unterteilung der beiden Arten durchaus notwendig.
3.3 Wirkungsweise
3.3.1 Schematheorie
Um zu erfassen, wie eine Schockwerbung tatsächlich arbeitet und funktioniert ist es ratsam einen Blick auf die Schematheorie zu werfen. Denn sie ist fähig Auskunft über die Wirkungsweise von Werbung, in diesem Fall Schockwerbung zu geben. Sie erklärt aus psychologischer Sicht was mit dem Empfänger von Werbung passiert, wenn er beispielsweise mit Werbekontext konfrontiert wird der seinen Erwartungen widerspricht. Die Schematheorie wird in der Medienwirkungsforschung verwendet. Allgemein bezeichnet man als Schema die Wissensstruktur die das Informationsverabeitungsverhalten von Menschen steuert und beeinflusst. Eine wichtige Grundüberlegung der Schematheorie ist, das Rezipienten25 nur einen kleinen Teil der auf sie einwirkenden Informationen verarbeiten können.26 Das Schema wird hier aus psychologischer Sicht verstanden, damit sind jegliche Emotionen, Gedanken und Verhaltensmuster gemeint die sich jeder Mensch unbewusst aneignet. Sie sind für die individuelle Anschauung und Verhaltensmuster verantwortlich und nehmen Einfluss auf die sozialen Beziehungen. Grundlegende Schemata als Organisationsprinzipien sind allerdings schon angeboren und dienen zum organisieren der Umwelt und erleichtern das lernen von Sinneseindrücken. Viele der Schemata dienen zum Schutz, wie das Erkennen von sich schnell nähernden Dingen oder Hindernissen. Ander unterstützen die Orientierung, wie die Erkennung von Gesichtern in den ersten Lebenstagen, wieder andere unterstützen Kernprozesse, wie die Kategorisierung von Sprachlauten27 Sie sind also schon im Kindesalter relevant und verantwortlich für die Ordnung von Sinneswahrnehmungen und selektieren essentiell wichtiges von unwichtigem. Das Schemata trägt also zur Entlastung der Informationsverarbeitungskapazität bei. So entscheiden sie an was wir uns später erinnern und an was nicht. Wären wir nicht fähig jene Schemata zu aktivieren, könnten wir keine logische Denkweise herstellen da unsere Wahrnehmung überstrapaziert wird.28 Das Schemata interpretiert also die Informationen für uns. So reicht also schon ein kleiner Schlüsselreiz, wie zum Beispiel ein Plakat, um uns korrekt auf Werbung schlißen zu lassen. Das funktioniert weil ein erlerntes beziehungsweise aus Erfahrungen resultierendes Schema im Gedächtnis vorliegt, auf welches wir zurückgreifen. Das erlernen beziehungsweise fortführen eines Schemas für die Werbung entsteht durch die regelmäßige Wiedererkennung von jenem und die somit verbundene Wiederholung und Erweiterung. Je öfter wir also mit Werbung konfrontiert werden und wir diese zwangsläufig konsumieren, desto stichhaltiger und präziserer wir das Schema und damit die Vereinfachung und Filterung der Informationen. Der visuelle Auftau. ist der zentrale Bestandteil von Werbung. Die Aktivierung des Werbeschemas erfolgt also fast immer durch visuelle Reize des Werbespots. Es kann also schnell ein falsches Schema aktiviert werden, wenn die optischen Merkmale von den der typischen Werbung abweichen oder zu einem ander Schema der Kommunikationsformate passen.29 Beispielsweise eine Nachrichtensendung: Wir haben gelernt dass hier nur reelle Tatsachen und wahre Ereignisse Beachtung finden. Wenn jetzt also eine Werbung als Nachrichtensendung auftereitet ist, wird die visuelle Wahrnehmung auf das entsprechende Schema verweisen. Uns wir dann allerdings auffallen, dass nicht alle Kriterien der uns bekannten Nachrichtensendung auf diese zutreffen. Es wird also weiter nach einem Schema gesucht, welches mehr beziehungsweise schwerwiegendere Gemeinsamkeiten zu dem von uns konsumierten Nachrichtenspot herstellen kann. Ist dieses gefunden kommen wir zu dem Schluss, dass das gesehene Medium weniger eine seriöse Nachrichtensendung war, sondern sich viel mehr als Werbung enttarnt. Wir sind also in der Lage die Werbung zu hinterfragen und nicht als gegebene Tatsache hinzunehmen.30 Halten wir fest: die Schematheorie bietet die Grundlage des Verständnis und Interpretation bekannter visueller Muster. Nun folgt ein Werbewirkungsmodel, anhand dessen versucht wird einen Erklärungsansatz zu bieten, wie und in welchem Maß der Empfänger der Werbebotschaft durch sie beeinflusst wird.
3.2.2 Stimulus-Organismus-Response-Modell
Das SOR- Modell erklärt einfache menschliche Verhaltensmuster. Es besagt, dass im Alltag auf den Organismus beziehungsweise auf das menschliche Gehirn stets kontrollierte und unkontrollierte Stimuli treffen. Mithilfe verschiedener intervenierender Variablen, werden diesedort verarbeitet. Es kommt zu einer Reaktion als Folge von IntervenierendeVariable n. (oft auch als hypothetische Konstrukte bezeichnet) sind die aktiven und kognitiven Prozesse, die zwischen Reiz und Reaktion vermitteln. In den Wirtschaftswissenschaften ist diese Reaktion meist die Kaufentscheidung. Mithilfe des SOR-Modells versucht man dementsprechend das Kaufverhalten bzw. Kundenverhalten zu erfassen. Das SOR-Modell lässt sich dem verhaltenswissenschaftlichen Ansatz der Marketingtheorie zuordnen. Dieser hat vor allem in den letzten Jahren dank des technologischen Fortschritts enorm an Bedeutung gewonnen.31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.3.3 Aktivierungstheorie
Die Aktivierungstheorie ist maßgeblich für die emotionale und gedankliche Verarbeitung von Reizen verantwortlich. Je höher der Reiz aktiviert, desto präziser und detaillierter wird erinnert.32 Das hat also zur Folge, dass der Rezipient bei Erregung der Reize leistungsfähiger im Denken und Verarbeiten ist. Die wissenschaftliche Grundlage stellt die Aktivierungshypothese (manchmal auch Lamda-Hypothese) dar.32 Die Hypothese zeigt die direkte Wirkung der Aktivierung in Bezug auf die Leistung. Das Model zeigt auf, dass die Leistung bei zunehmender Aktivierung bis zu einem gewissen Maximum zunimmt, jedoch bei fortlaufender Steigerung der Aktivierung proportional abnimmt.33 In diesem Modell wird in drei Aktivierungsphasen unterschieden. Das wäre die Minimalaktivierung, die Normalaktivierung und die Maximalaktivierung. Die für die Werbebranche relevante Phase wäre die Normalaktivierung, weil nur in dieser Aktivierungsphase ist der Rezipient in der Lage Informationen aufzunehmen beziehungsweise effektiv zu verarbeiten. Steigt die Aktivierung, tritt die Phase der Überaktivierung ein. Diese zeichnet sich durch eine hohe Erregung aus die bis zu Panik führen kann. Hier kommt es zu einer Ablehnung der Werbebotschaft beim Rezipient, weil der Konsument diese nicht verarbeiten kann. Dazu kann es durchaus bei einer schockierenden Darstellung einer Werbung kommen.34
3.3.4 Aktivierung durch Reize
Allerdings führen längst nicht alle Reize zu einer Aktivierung, denn diese ist eng mit der Aufmerksamkeit verknüpft. Der Rezipient nimmt eine Selektion vor, nach der nur Reizen Beachtung geschenkt wird die aktivierend wirken.35 In einer Werbebotschaft werden Reize gezielt verwendet, um die Aktivierung des Konsumenten zu steigern und eine damit verbundene Aufmerksamkeit zu schaffen. Es wird in innere und äußere Reize unterschieden: Innere Reize sind grundlegend die psychologisch bedingten Atkivierungsprozesse. Als äußeren Reize bezeichnet man die durch die Werbebotschaft übermittelten physischen Reize, die für den Aktivierungsgrad zuständig sind.36 Diese äußeren Reize werden in der Werbetheorie nochmal differenziert. Das wären die emotionalen Reize: Diese werden in der Werbeindustrie durch ihr starke Wirkungsweise oft eingesetzt. Man spricht von Schlüsselreizen die biologisch zu einer Reaktion des Konsumenten führen und so für eine starke Aktivierung sorgen. Weil die Reaktionen angeboren sind, erfahren die emotionalen Reize keine Abnutzungserscheinungen. Als Schlüsselreize sind Kinder und Jungtiere aufgeführt, (Kindchenschema) aber auch erotische Reize wie der Mund, der Busen oder Augen. (Busenschema)37 Die physisch intensiven Reize. Diese Reize werden vorzugsweise in der Bildkommunikation verwendet, denn es wir mit großen bunte Abbildungen gearbeitet.
Psychologisch gesehen generiert physisch intensive Reize zwar Aufmerksamkeit, aber das zu bewerbende Produkt wird später nicht mehr assoziiert.38 Mit anderen Worten, die Marke wird sich in den seltensten Fällen gemerkt. Als letztes kommen wir zu den kognitiv überraschenden Reizen. Diese stellen Logikwidersprüche dar. Sie sorgen für Aktivierung durch eine Darstellung die gegen die Erwartungen beziehungsweise, wie in 1.3.1 angesprochenen vorhandenen, individuellen Schema widerspricht39 Man sieht also, dass das bewusste Einsetzten von Reizen zur gezielten Beeinflussung des menschlichen Verhalten genutzt werden kann.
3.4 Ziele der Schockwerbung
Ein grundlegendes Problem des Werbesystems ist die Übersäffigung der Märkte. Das bedeutet, dass eine gewisse Reizüberflutung auf dem aktuellen Markt der Massenmedien vorherrscht. Diese führt zu einer nachlassenden Aufnahmebereitschaft der Rezipienten.40 Die meisten Produkte gelten allgemein als ausgereift. Dazu kommt, dass sie in den seltensten Fällen über relevante Innovationen verfügen. Sie gleichen einander stark und heben sich kaum von den Konkurrenzprodukten ab. Des Weiteren können sich die Konsumenten auf dem Weltmarkt zunehmen auf gewisse Qualitätsstandards der Produkte verlassen, wie zum Beispiel politische Normen. Die angebotenen Produkte sind somit zunehmend austauschbar.41 Eine geeignete Werbestrategie gewinnt auf dem übersäffigten Werbemarkt also immer mehr an Bedeutung. Doch hat die nun das immer innovativer beworbenen Produkt zu Folge, dass die Konsumenten eine steigende Abstumpfung den Werbebotschaften gegenüber erfahren. Die verwendeten Reize erreichen immer weniger Aktivierung. Die Werbeindustrie muss diese also verstärken, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Genau das nutzt die schockierende Werbung, um die Masse an Werbebotschaften zu durchbrechen und sich von andern Werbearten abzuheben.42 Im besten Fall weckt sie die Aufmerksamkeit der Medien. Denn wenn über sie berichtet wird, führt das zum Multiplikator Effekt, welcher den Wert der Werbekampagne ansteigen lässt, da keine zusätzlichen Kosten für weitere mediale Präsens investiert werden müssten. Die hohe Medienpräsens hätte gleichzeitig eine Mund zu Mund Propaganda zwischen den Rezipienten zur Folge, die die Werbekampagne noch zusätzlich unterstützt.43 Um das zu erreichen, muss die Werbung ausreichen Aufsehen erregen. Die Werbung muss also für Überraschung sorgen und zu Irritation der Zielperson führen, die dann die kognitiven Prozesse als Folge auf die rezipierte Werbebotschaft in Gang setzen. Diese Prozesse wirken sich positiv auf die Erinnerungsleistung des Konsumenten aus und können auch dessen Einstellung zu der gesehenen Werbung beeinflussen.44
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1 Kroeber-Riehl, Werner: Bildkommunikation, 1. Aufl., München: Verlag Vahlen, 1993, S. 104.
2 Vgl. Ebd, S. 102f.
3 Vgl. Kroeber-Riel, 1993, S. 145.
4 Ebd, S. 106.
5 Vgl. Bauer, Joachim: Warum ich fühle was du fühlst, 24. Aufl., München, Wilhelm Heyne Verlag, 2016.
6 Vgl. Diller, Herrmann (Hrsg.): Strategie und Technik der Werbung, 8. Aufl., Stuttgart, Verlag W. Kohlhammer
7 Vgl. Kroeber-Riel, Werner: Konsumentenverhalten, 10. Aufl., München, Verlag Vahlen, 2013, S. 167.
8 Vgl. Kroeber-Riel, 1993, S. 169.
9 ’Vgl. Schierl, Thomas: Text und Bild in der Werbung, Köln: Herbert von Halem Verlag, 2001, S. 257
10 Vgl. Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden, Sonderausgabe März 2005, Reinbek bei München: Rowohlt Taschenbuch Verlag, S. 13f.
11 Vgl. Römer, Christine: Hrsg.: Janich, Nina: Handbuch Werbekommunikation, Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag, 2012, S. 37f.
12 Vgl. Janich, Nina (Hrsg.): Handbuch Werbekommunikation,Tübingen: Narr FranckeAttemptoVerlag, 2012, S. 37f.
13 Vgl. Ebd. S. 99.
14 Vgl. Schierl, Thomas: Text und Bild in der Werbung, Köln: Herbert von Halem Verlag, 2001, S. 185
15 Kroeber-Riel, 1993, S.172.
16 Vgl. Kroeber-Riel, 1993, S.172.
17 Vgl. Schierl, Thomas, 2001, S. 136.
18 Vgl. Schierl, Thomas, 2001, S. 136.
19 Wünnenberg: Schockierende Werbung - Verstoß gegen §1 UWG?!, S.40
20 vgl. Kroeber-Riel, Konsumentenverhalten, S.ll
21 vgl. Mohr: Schockwerbung - Wirkung, Nutzung und Risiken
22 vgl. ebd.
23 vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/82283/emotionale-werbung-v6.html
24 vgl. Seve>
25 Der Rezipient ist der Empfänger einer Botschaft in einem medialen Kommunikationsprozess. Für diese gibt es verschiedenen Kommunikationsmodelle.
26 vgl, Uri: https://rn.portal.hogrefe.com/dorsch/schematheorie/
27 Vgl,https://lexikon.stangl.eu/2271/schema/
28 Vgl,https://m.portal.hogrefe.com/dorsch/schematheorie/
29 Vgl, Lischka Juliane, schockierende Werbung, S.32
30 Lischka, Schockierende Werbung, S.32
33 Vgl, Kroeber-Riel, Konsumentenverhalten, S.238
32 Vgl, Ebd
33 Vgl, Ebd
34 Vgl, Ebd
35 Vgl, Ebd, S.60
36 Vgl, Ebd
37 Vgl, Kroeber-Riel/Esch, Strategie und Technik der Werbung, S.243
38 Vgl, Kroeber-Riel/Esch, Strategie und Technik der Werbung, S.243
39 Vgl, Ebd
40 Vgl, Ebd S.35
41 Vgl, Ebd ff
42 Vgl, Kroeber-Riel, Konsumentenverhalten, S.13
43 Vgl, Kroeber-Riel, Konsumentenverhalten, S.13,ff
44 Kroeber-Riel/Esch, Strategie und Technik der Werbung S.245