Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Definitorische Abgrenzungen
2.1. Die Beschaffungslogistik
2.1.1. Einordnung
2.1.2. Aufgaben
2.2. Sourcing-Konzepte
2.2.1. Darstellung verschiedener Sourcing-Konzepte
2.2.2. Das Multiple Sourcing
3. Die Beschaffungslogistik auf Basis eines Multiple Sourcing
3.1. Aus Sicht eines beschaffenden Unternehmens
3.1.1. Chancen
3.1.2. Risiken
3.2. Aus Sicht eines beliefernden Unternehmens
3.2.1. Chancen
3.2.2. Risiken
4. Schlussbetrachtung
LITERATURVERZEICHNIS
1. Einleitung
Für die Herstellung von physischen Produkten stellt sich bei Unternehmen die Frage, woher die für den Produktionsablauf benötigten Rohstoffe kommen sollen. Es muss entschieden werden, welche Lieferanten aus welchem Versorgungsgebiet genutzt werden. Die Beschaffung der benötigten Güter sollte möglichst kostengünstig erfolgen, damit die Produktionskosten niedrig gehalten und die Gewinne am Absatzmarkt maximiert werden können. Der Beschaffungsmarkt hat also eine ebenso wichtige Bedeutung wie der Absatzmarkt. Das Beschaffen von Rohstoffen ist ein wichtiger Teil der Logistikkette, der auch dazu beiträgt, dass der Kunde am Ende ein fertiges und vollständig funktionsfähiges Produkt erhält. Es gibt viele Gestaltungsmöglichkeiten für die Beschaffungsstrategie von Unternehmen, da mehrere Versorgungskonzepte existieren, die elementare Bestandteile einer solchen Strategie sind. Die Versorgungskonzepte weisen unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Daher ist es wichtig, Chancen und Risiken zu betrachten, abzuwägen und zu einer Entscheidung zu kommen, die möglichst kostengünstig und risikoarm ist.
Mit der vorliegenden Arbeit soll die Frage, mit welchen Chancen und Risiken die Gestaltung der Beschaffungslogistik auf Basis eines Multiple Sourcing verbunden ist, diskutiert werden. Es erfolgen zunächst definitorische Abgrenzungen. Darin enthalten sind Einordnungen und Erklärungen von Fachbegriffen, um verständlich zu machen, was sich hinter den Wörtern „Beschaffungslogistik“, „Sourcing- Konzept“, und dem dessen untergeordneten Multiple Sourcing verbirgt. Daraufhin werden die Chancen und Risiken einer Beschaffungsstrategie, die das Multiple Sourcing enthält, erläutert. Dies erfolgt häufig mit einem Vergleich des dem gegenüberstehenden Konzeptes, dem Single Sourcing. Differenziert wird in diesem Teil zwischen beschaffenden und beliefernden Unternehmen, da für Auftraggeber und Auftragnehmer unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen sind. Anschließend erfolgt die Schlussbetrachtung, in der die im Hauptteil genannten Argumente zusammengefasst werden und ein subjektives Fazit sowie einen Lösungsansatz zu der oben genannten Fragestellung bilden.
2. Definitorische Abgrenzungen
In diesem grundlegenden Kapitel erfolgt nach der Einordnung und Aufgabennennung der Beschaffungslogistik die Hinführung zum Multiple Sourcing über die Darstellung von verschiedenen Sourcing-Konzepten.
2.1. Die Beschaffungslogistik
2.1.1. Einordnung
Die Beschaffungslogistik ist ein untergeordneter Teil der Logistik bzw. des komplexen Logistiksystems innerhalb eines Unternehmens. Die Grundaufgabe der operativen Logistik kann kurz dadurch beschrieben werden, dass geforderte Mengen von benötigten Objekten in einer geplanten Zusammensetzung zur richtigen Zeit und am richtigen Ort effizient bereitgestellt werden. Die Erzeugung benötigter Güter und Einsatzstoffe erfolgt nämlich grundsätzlich nicht an dem Ort oder zu dem Zeitpunkt, in dem sie benötigt werden. Die allgemeinen Hauptziele der Unternehmenslogistik sind Qualitätssicherung, Leistungserfüllung und Kos- tensenkung.1 Der Funktionsumfang enthält Einkauf, Beschaffung, Transport, Lagerung, Produktionsplanung, Produktionssteuerung, Distribution sowie Entsor- gung.2 Einkauf, Beschaffung, Transport und Teile der Lagerung werden dabei der Beschaffungslogistik zugeordnet, diese Aufgaben werden in Punkt 2.1.2. genauer dargelegt.
Die Beschaffungslogistik bildet das Bindeglied zwischen den externen Beschaffungsmärkten und der Produktionslogistik innerhalb des Unternehmens, in welcher die Rohstoffe und Güter, die durch die Beschaffungslogistik herangezogen werden, (weiter-)verarbeitet werden.3 Während sich die Beschaffungslogistik mit der Versorgung von Waren durch die Lieferanten (hinein) in den Betrieb befasst (mehr dazu in 2.1.2.), ist die Aufgabe der Distributionslogistik, welche das Bindeglied zwischen Produktionslogistik und Absatzmarkt ist, die Waren aus dem Betrieb hinaus an die Empfänger zu verteilen. Demzufolge haben Beschaffungsund Distributionslogistik quasi die gleichen Logistikaufgaben, deren Ziele aus den Interessen des Empfängers oder des Versenders resultieren.4 Die Beschaffungslogistik ist sowohl in dem Beschaffungsmanagement, als auch in dem Logistikmanagement eines Unternehmens eingebunden. Ersteres teilt sich in die operative und strategische Beschaffung auf.5 Auf das strategische Beschaffungsmanagement wird im nächsten Kapitel kurz zurückgegriffen.
Neben der Beschaffungslogistik existiert die Entsorgungslogistik, die sich mit dem Lagern, Steuern und Abtransportieren von Produktionsrückständen, ausgebrauchten Gütern und Reststoffen auseinandersetzt.6 Beschaffungs-, Produk- tions,- Distributions- und Entsorgungslogistik sind also zusammenhängende Bestandteile des Logistiksystems (jedoch bei Weitem nicht alle), von denen die Beschaffung das erste Glied bildet.
2.1.2. Aufgaben
Wie in 2.1.1. teilweise aufgegriffen, gestaltet die Beschaffungslogistik den Materialfluss, also den Zulauf der Waren bzw. physischen Güter von einem oder mehreren Lieferanten bis zu einem Unternehmen und innerhalb des Unternehmens.7 Sie enthält alle logistischen Abläufe der Beschaffungsphase, dem ersten Glied der Wertschöpfungskette. Es ist zu gewährleisten, dass extern zu beschaffende Leistungen, die vom Unternehmen selbst nicht erstellt werden können, verfügbar sind. Ferner beschäftigt sich die Beschaffungslogistik mit der Planung, Durchführung und Abrechnung der Transport- und Lagerprozesse.8
Der Funktionsumfang der Beschaffungslogistik enthält Bedarfsermittlungen, Warenannahme, Warenprüfung, Haltung und Verwaltung des Eingangslagers, interner Transport (bis zur Materialbereitstellung), sowie das Planen, Steuern und Kontrollieren des Material- und Informationsflusses. Die konkrete Verteilung der Aufgaben aber variiert von Unternehmen zu Unternehmen. Abhängige Faktoren dafür sind Größe und Struktur des Unternehmens sowie die Bedeutung der Beschaffung.9
Die Beschaffungslogistik beschäftigt sich ferner mit der physischen und rechtlichen Verfügbarkeit. Die physische Verfügbarkeit umfasst den Güter-, und Informationsfluss, die rechtliche die Verfügungsgewalt der benötigten Leistungen. Zu Letzterem zählen zum Beispiel das Aneignen der Gewinne und das Recht zur Veränderung des Gutes.10
Die Gestaltung der Marktbeziehungen muss durch die Beschaffungslogistik so erfolgen, dass die Ziele des Unternehmens optimal erfüllt werden.11 Das vorläufige Erkennen von Handlungsmöglichkeiten und die Erschließung bzw. Absicherung strategischer Wettbewerbsvorteile bei Lieferanten sind dabei ebenfalls von Bedeutung.12
Innerhalb des strategischen Beschaffungsmanagements besteht eine zentrale Planungsaufgabe der Beschaffungslogistik darin, eine geeignete Beschaffungsstrategie zu gestalten.13
2.2. Sourcing-Konzepte
Unternehmen können sich deutlich intensiver auf ihre Kernkompetenzen fokussieren, indem sie den eigenen Wertschöpfungsumfang reduzieren und periphere Wertschöpfungen durch Lieferanten überwiegen lassen, wodurch der Anteil von extern zu beschaffenden Gütern steigt. Dadurch erlangt die Güterbeschaffung eine bedeutende Wirkung auf den Erfolg eines Unternehmens. Strategisch ausgerichtete Überlegungen des externen Materialbezugs ordnen sich dem Begriff des „Outsourcings“ unter, Überlegungen der Eigenherstellung dem sogenannten „Insourcing“.14 Kommt es innerhalb des Beschaffungsmanagements zu der Entscheidung des Outsourcings, also Fremdbezug statt Eigenfertigung, müssen anschließend konkrete Sourcing-Konzepte festgelegt werden, die im Folgenden dargelegt werden.
2.2.1. Darstellung verschiedener Sourcing-Konzepte
Sourcing-Konzepte, auch Versorgungskonzepte oder Beschaffungsformen genannt, sind grundlegende Elemente einer Beschaffungsstrategie innerhalb der Beschaffungslogistik. Sie lassen sich in objektorientierte (z.B. Modular Sourcing), lieferantenorientierte (Sole-, Single-, Dual- und Multiple Sourcing), arealorientierte (Local-, Domestic-, und Global Sourcing), zeitorientierte (z.B. Just-In-Time Sourcing), subjektorientierte (Individual oder Collective Sourcing) und wertschöpfungsorientierte (z.B. External Sourcing) Konzepte einteilen.15 Jedes Konzept weist unterschiedliche Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Risiken auf. Benötigte Objekte sollen am Ende möglichst kostengünstig und mit geringem Risiko beschafft werden. Zum Strukturieren von Sourcing-Konzepten muss über Lieferanten, Beschaffungs-Objekt, -Areal, -Zeit, -Subjekt, und Ort der Wertschöpfung entschieden werden.16
Die Kombination unterschiedlicher Sourcing-Konzepte führt zur individuellen Beschaffungsstrategie eines Unternehmens, welche von der Komplexität und Größe des Bedarfs abhängt.17 Die Aufgabe einer Beschaffungsstrategie besteht darin, die Versorgung sowie die Lieferanten- und Erfolgspotenziale zu sichern.18 Bei der Entscheidung, welche Beschaffungsstrategie herangezogen wird, ist es ratsam, zu prüfen, welche Lieferanten in Frage kommen, wie intensiv ihre Kooperationsbereitschaft und Leistungsfähigkeit ist, und welche Vor- und Nachteile sich daraus ergeben. Zudem sind Lieferzeit und Gesamtpreis, worin Beschaffungsund Integrationskosten enthalten sind, entscheidend.19
2.2.2. Das Multiple Sourcing
Das Multiple Sourcing, auch „Mehr-Quellen-Versorgung“ oder „Order Splitting“ genannt, ist ein lieferantenorientiertes Beschaffungskonzept, bei welchem der Gesamtbedarf aufgeteilt wird und mehrere Lieferanten als Beschaffungsquelle herangezogen werden. Es steht dem Single Sourcing, bei dem lediglich ein einziger Lieferant vom Unternehmen genutzt wird, gegenüber. Zwischen beiden Konzepten steht das Dual Sourcing (Zweiquellenbezug), bei dem es genau zwei Lieferanten gibt.20 Beim Multiple Sourcing handelt es sich um eine sogenannte Mengenaufteilung, beim Single Sourcing um Mengenbündelung.21
Bei der Entscheidung für das Order Splitting muss gewährleistet sein, dass genügend Bezugsquellen gefunden werden, die bestenfalls auch kurzfristig verfügbar sind. Es wird angewandt, wenn eine eher lose Bindung zu den Lieferanten bestehen soll. Die Mehr-Quellen-Versorgung hängt zudem mit niedrigen Einkaufsvolumen zusammen und bietet sich vor allem für Waren mit einem hohen Standardisierungsgrad und geringer Spezifikation (sogenannte C-Artikel), wie zum Beispiel Schrauben und Büromaterial, an.22
Sollte der Bedarf an Material die Kapazität eines einzelnen Anbieters bzw. Lieferanten überschreiten, ist die Mengenaufteilung auf mehrere Zulieferer ebenfalls erforderlich.23 Das Multiple Sourcing bietet einige Chancen für Unternehmen, aber ebenso Risiken, die berücksichtigt werden müssen. Die Chancen eines Multiple Sourcing ergeben sich aus den Risiken des dem gegenüberstehenden Single Sourcing und umgekehrt, daher werden im Folgenden häufig beide Konzepte miteinander verglichen. Chancen und Risiken hängen außerdem davon ab, ob ein beschaffendes Unternehmen (Auftraggeber) oder ein belieferndes Unternehmen (Auftragnehmer) betrachtet wird. Daher werden im anschließenden dritten Kapitel zuerst die Chancen und Risiken eines beschaffenden Unternehmens aufgelistet, woraufhin die eines beliefernden Unternehmens in Betracht gezogen werden.
3. Die Beschaffungslogistik auf Basis eines Multiple Sourcing
Bevor sich das strategische Beschaffungsmanagement für das Multiple Sourcing entscheidet, sollten zunächst die gegebenen Chancen und Risiken, die in diesem Kapitel erläutert sind, abgewogen werden. Dies gilt auch für Zulieferer, wenn sie potenziell einen Kunden beliefern wollen, der seine Rohstoffe noch von anderen Anbietern bezieht.
3.1. Aus Sicht eines beschaffenden Unternehmens
3.1.1. Chancen
Zu den wesentlichen Chancen des Multiple-Sourcing-Konzepts zählt vor allem die Risikominderung von Produktions-Störungen und -Ausfällen, welche beim Single Sourcing nicht erfolgt und dort eine große Gefahr bildet. Das Risiko wird bei der Mehr-Quellen-Versorgung durch mehrere Lieferanten gestreut. Es herrscht keine starke Abhängigkeit zu einem Lieferanten, da es stets alternative Zuliefererquellen gibt.24 Gezielt vermieden werden also Abhängigkeitsbeziehungen zu einem Auftragnehmer. Beim Multiple Sourcing gibt es keinen sofortigen Fertigungsstillstand beim Unternehmen durch eine Produktionsunterbrechung oder Störung beim Lieferanten.25 Dem Unternehmen ist in der Versorgung dadurch insgesamt mehr Sicherheit gegeben, da Engpässe eines Lieferanten durch andere Zulieferer ausgeglichen werden können.26 Ferner kann es nicht vorkommen, dass das Unternehmen den Vertrags- und Preisvorgaben eines einzelnen Lieferanten schutzlos ausgesetzt ist.27
[...]
1 Vgl. Gudehus (2004), S. 7 ff.
2 Vgl. Schulte (2013), S. 2.
3 Vgl. Baumgarten / Weber (1999), S. 120 f.
4 Vgl. Gudehus (2004), S. 12.
5 Vgl. Boutellier / Wagner (2008), S. 409 f.
6 Vgl. Gudehus (2004), S. 12.
7 Vgl. Vahrenkamp (2007), S. 203.
8 Vgl. Vahrenkamp (2007), S. 203; Klaus / Krieger (2008), S. 61 sowie Birker (2005), S. 41.
9 Vgl. Schulte (2013), S. 284.
10 Vgl. Eßig (2008), S. 61 sowie Kern / Schröder / Weber (1996), S. 1607.
11 Vgl. Thommen et al. (2017), S. 146.
12 Vgl. Kern / Schröder / Weber (1996), S.1862 f.
13 Vgl. Eßig (2008), S. 63.
14 Vgl. Kern / Schröder / Weber (1996), S. 1862.
15 Vgl. Eßig (2008), S. 513 f.
16 Vgl. Kern / Schröder / Weber (1996), S. 1872 f.
17 Vgl. Gudehus (2004), S. 224.
18 Vgl. Schulte (2013), S. 285.
19 Vgl. Gudehus (2004), S. 225.
20 Vgl. Piontek (1997), S. 10; Piontek (2016), S. 62 sowie Kern / Schröder / Weber (1996), S. 1866.
21 Vgl. Gudehus (2004), S. 225.
22 Vgl. Wannenwetsch (2008), S. 175.
23 Vgl. Gudehus (2004), S. 225.
24 Vgl. Piontek (2016), S. 62 f.
25 Vgl. Pionetk (2016), S. 62.
26 Vgl. Vahrenkamp (2007), S. 217.
27 Vgl. Gudehus (2004), S. 225.