Der Text fasst den Kommentar zu Aristoteles "Peri hermeneias" von Anicius Manlius Severinus Neothius in kompakter Form zusammen.
Dazu werden zunächst die zentralen Aussagen des siebten Kapitels bei Aristoteles zusammengestellt. Daran an schließt eine stichpunktartige Zusammenschau der wichtigsten Aussagen bei Boethius. Eine erweiterte Zusammenfassung rundet das Skript ab.
Stephanie Junkers - PS "Anicius Manlius Severinus Boethius: Aristoteles - Kommentare" -
Anicius Manlius Severinus Boethius: Kommentar zu Aristoteles' "Peri hermeneias" 2. Ausgabe
Zusammenfassung
Aristoteles Kap. 7 (Buch):
Dinge können allgemein (universal) oder einzeln (partikulär) sein.
Allgemeines: wird über ein oder mehrere Dinge [B.: Zugrundeliegendes] ausgesagt/prädiziert Einzelnes: wird von nichts [B.: Zugrundeliegendem] ausgesagt
Z. B. "Mensch" ist Allgemeines, "Platon" (bei A. "Kallias") Einzelnes
Boethius:
Bedeutung einer Aussage durch die vorhandenen Gedanken
-> Gedanken sind Ebenbilder der Dinge -> und so sind Ding und Aussage über ein Drittes verbunden
das Dritte sind die Gedanken [intellectus] (durch aktives Denken entstanden, Gedanken durch verstandesmäßiges Nachdenken)
Bejahung und Verneinung durch die Gedanken und das Verstehen (Qualität des Begreifens), Vorstellung und Gedanken urteilen über das Ding
In 2. Hinsicht erhalten die Aussagen ihre Bedeutung durch das dem Gedanken zugrundeliegende Ding
Aussage Qualität durch die Aussprache der Beurteilung durch die Gedanken
Aussage Quantität durch die den Gedanken zugrundeliegenden Dingen
Eine Qualität kann entweder ein Einzelnes besitzen (Platonität als Qualität Platons) oder aber in mehreren Dingen eigen sein (z.B. Menschentum als Qualität des Menschen)
Qualität von etwas Einzelnes ist nur einem allein eigentümlich -> partikulare Qualität
Qualität von etwas Allgemeinem ist jedem Teil davon eigentümlich -> universale Qualität
Mensch -> ein "Universale"
Platon und Platonität -> "Partikulares"
Universale Qualität kann mehrdeutig sein, z.B. können mit der Aussage "Mensch" alle Menschen d.h. die Spezies Mensch, wie aber auch nur ein einzelner Mensch gemeint sein. In diesem Sinne ist auch die Qualität (worüber wurde "Mensch" ausgesagt?) Menschentum mehrdeutig
Universale Qualität ("Mensch") braucht eine sprachliche Erweiterung der Quantität/ der Zahl nach, denn sie ist entweder Vielheit oder Einheit. Diese Erweiterungen können z.B. "jeder" oder "ein gewisser" sein. Sprachliche Zusätze sind inhaltliche Eingrenzungen und Bestimmungen (B.: Distributionen und Determinationen)
Die universale Qualität ("Mensch") wird mit einem anderen Universale ("jeder") verbunden in universaler Weise ausgesprochen
Die universale Qualität ("Mensch") wird mit einer Partikularität ("ein gewisser") verbunden in partikulärer Weise ausgesprochen
Ein in partikulärer Weise ausgesprochened universales Ding ist dennoch nicht in der selben Weise partikulär, z.B. "ein gewisser Mensch" und "Platon"
"Platon" ist etwas von Natur aus einzelnes, es sagt etwas nur einem eigentümliches -wenn es mehrere mit diesem Namen gibt, über wenige nur ihnen eigentümliches- aus
"Ein gewisser Mensch", wird durch den Zusatz zwar als etwas einzelnes, nur auf einen zutreffendes definiert, ist aber ohne den Zusatz ein Universale und so nicht eindeutig zuzuordnen
Die Qualität "Menschentum" bezieht sich auf jeden einzelnen Menschen, auf ihre natürlichen Existenz, ihre natürlichen Eigenschaften ("allgemeine Eigenschaften")
Das Wort "Platon" ist der Eigenname eines Menschen und bezieht sich auf dessen Person. Bei andere Menschen mit diesem Eigennamen bezieht sich "Platon" ebenfalls nur auf ihre Person. Das Wort "Platon" ist nämlich nicht ein natürlicher Begriff, sondern ein "Kunstwort" (es unterliegt einer Satzung). So ist das Wort "Platon" gleich, aber die Aussage des Wortes immer verschieden d.h. "Platon" kann über verschiedene ausgesagt werden, aber seine Eigenschaften nicht. Eigenschaften von bestimmten Personen ("partikuläre Eigenschaften") sind von Natur aus nur ihnen zuzuordnen
Der Geist bezieht partikulare Qualitäten durch den Verstand natürlicherweise auf ein Einzelnes und universale Qualitäten auf mehrere
In universaler Weise ausgesagte Universale ("jeder Mensch") sindeine quantitative Aussagen
Wenn ich Partikulare aussage, sage ich etwas über die Qualität und Eigenschaft eines Einzelnen, es ist keine quantitative Aussage
In partikularer Weise ausgesagte Universale wie z.B. ein gewisser Mensch sind deshalb nicht genauso Partikulare wie z.B. Platon, weil sie keine Aussage über die Individualität eines Einzelnen machen, sondern lediglich durch den Zusatz der quantitativen Bestimmung das Universale als eine unbestimmte Einzelheit definieren. Das Universale könnte so jeder bestimmte Mensch sein
Theophrast: "ein gewisser Mensch ist gerecht" -> "partikulär unbestimmt"
Einem einzelnen Menschen wird eine bestimmte Eigenschaft zugeordnet -> "partikulär"
Aber die Aussage enthält keine Bestimmung der Person, wer er oder sie ist, welche Eigenschaften sie ausmachen u.s.w. -> "unbestimmt"
Fragen:
Wieso bezieht sich ein Partikulares auf eine bestimmte Eigenschaft?
Inwiefern bezieht sich "Mensch" auf eine Eigenschaft?
Wie gebraucht Boethius die Unterscheidung Qualität?
Warum gebraucht er die Unterscheidung Quantität?
Stephanie Junkers - PS "Anicius Manlius Severinus Boethius: Aristoteles - Kommentare" - Thomas M. Schmidt - Wintersemester '95/'96
Anicius Manlius Severinus Boethius: Kommentar zu Aristoteles' "Peri hermeneias" 2. Ausgabe
erweiterte Zusammenfassung
Boethius beginnt mit einem Zitat aus dem 7. Kapitel aus Aristoteles' "Peri hermeneias".
Aristoteles stellt darin fest, daß Dinge entweder etwas allgemeines (universales) oder etwas einzelnes (partikulares) sind. In seiner Kategorienschrift bezeichnet Aristoteles einzelnes als 1. Substanz und Allgemeines, die Spezies als 2. Substanz. Allgemeines wird über mehrere Dinge [Boethius sagt in seinem Kommentar zu Aristoteles Kategorienschrift über mehreres "Zugrundeliegende"] prädiziert. Einzelnes wird von nichts [zugrundeliegendem] ausgesagt. Etwas Allgemeines ist z.B. "Mensch", etwas einzelnes "Platon" [bei Aristotels "Kallias"].
Von diesem Zitat ausgehend versucht Boethius nun Aristoteles' "Peri hermeneias" zu kommentieren. Zunächst stellt er fest, daß Aussagen [propositio] ihre Bedeutung [vis propositonum] durch die vorhandenen Gedanken [intellectus; verstandesmäßiges Nachdenken] erhalten. Die Gedanken sind Ebenbilder der ihnen zugrundeliegenden Dinge.
Das Ding und die Aussage über es sind somit über ein Drittes, die Gedanken, verbunden. Die Gedanken und das Verstehen, die Qualität des Begreifens, urteilen über das zugrundeliegende Ding und bejahen oder verneinen es so in der Aussage. Dies ist die erste Bedeutung einer Aussage, ihre erste Qualität. In zweiter Hinsicht erhält sie ihre Bedeutung durch das den Gedanken zugrundeliegende Ding. So läßt sich sagen, eine Aussage hat Qualität und Quantität: Qualität durch das Aussprechen der Beurteilung durch die Gedanken, Quantität durch die den Gedanken zugrundeliegende Dinge. Im Sinne eines logischen Quadrates läßt sich dies mit einem doppelten Gegensatz erklären, der erste Gegensatz von Bejahung [affirmation] und Verneinung [negation] bestimmt die Qualität, der zweite Gegensatz von Universalität und Partikularität bestimmt die Quantität einer Aussage.
Alle SaP Kein SaP
Einige SaP Einige S nicht P
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Hauptthema von Boethius' Kommentar zu Aristoteles' "Peri hermeneias"?
Der Kommentar befasst sich hauptsächlich mit der Analyse von Aussagen (propositio) und deren Bedeutung (vis propositonum) im Kontext von aristotelischen Konzepten wie Universalität und Partikularität. Boethius untersucht, wie Gedanken (intellectus), die als Ebenbilder der Dinge fungieren, die Verbindung zwischen der Sache selbst und der Aussage darüber herstellen. Er erörtert die Qualität und Quantität von Aussagen, wobei die Qualität durch die Beurteilung der Gedanken und die Quantität durch die zugrunde liegenden Dinge bestimmt wird.
Was sind die zentralen Begriffe in Boethius' Analyse?
Die zentralen Begriffe umfassen: Universalität (allgemein), Partikularität (einzeln), Qualität, Quantität, Gedanken (intellectus), Aussage (propositio), Bejahung (affirmation), Verneinung (negation), Distribution und Determination. Boethius untersucht die Beziehung zwischen universalen und partikulären Qualitäten und wie sprachliche Zusätze (z.B. "jeder", "ein gewisser") die Bedeutung von Aussagen eingrenzen.
Wie unterscheidet Boethius zwischen universalen und partikulären Aussagen?
Boethius erklärt, dass universale Aussagen (z.B. "jeder Mensch") sich auf eine Vielheit beziehen und quantitative Aussagen sind. Partikuläre Aussagen (z.B. "Platon") beziehen sich auf die Qualität und Eigenschaft eines einzelnen Dinges und sind nicht quantitativ. Er betont jedoch, dass partikulär ausgesagte Universale (z.B. "ein gewisser Mensch") nicht in der gleichen Weise partikulär sind wie ursprüngliche Partikulare, da sie keine Aussage über die Individualität machen.
Was ist die Bedeutung des Begriffs "Kunstwort" im Kontext von Boethius' Kommentar?
Boethius verwendet den Begriff "Kunstwort" (im Zusammenhang mit Eigennamen wie "Platon"), um zu verdeutlichen, dass es sich nicht um einen natürlichen Begriff handelt, sondern um eine konventionelle Satzung (positio), einen Akt der Benennung. Während das Wort gleich bleiben kann, ist die Aussage darüber immer verschieden, d.h. "Platon" kann über verschiedene Dinge ausgesagt werden, aber nicht seine individuellen Eigenschaften.
Wie interpretiert Boethius Theophrasts Aussage "ein gewisser Mensch ist gerecht"?
Boethius stimmt Theophrast darin zu, dass diese Aussage "partikulär unbestimmt" ist. Sie ist partikulär, weil einem einzelnen Menschen die Eigenschaft "gerecht" zugeordnet wird. Sie ist unbestimmt, weil die Person nicht genauer definiert wird.
Wie geht Boethius mit dem Begriff der Qualität um?
Boethius unterscheidet zwischen partikulären und universalen Qualitäten. Partikuläre Qualität ist nur einem Ding eigen, wie "Platonität". Universale Qualität ist jedem Teil eines Allgemeinen eigen, wie "Menschentum". Er führt auch den Begriff der singulären Qualität (qualitas singularis) ein, um die Individualität und eindeutig bestimmten Eigenschaften von Personen zu beschreiben, wodurch er Individualität und Partikularität unterscheidet.
Warum ist die Unterscheidung zwischen Qualität und Quantität wichtig?
Diese Unterscheidung ermöglicht es Boethius, Aussagen genauer zu analysieren. Qualität bezieht sich auf die Beschaffenheit und Eigenschaften, während Quantität sich auf die Anzahl und den Umfang bezieht. Die Kombination beider Aspekte ermöglicht eine differenziertere Betrachtung der Bedeutung und des Inhalts von Aussagen.
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- Stephanie Junkers (Author), 1995, Der Kommentar zu Aristoteles` "Peri hermeneias" von Anicius Manlius Severinus Boethius. Ein Überblick, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95877