Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung. Rechtsfolgen, Beendigungsgründe und Gestaltungsmöglichkeiten


Bachelorarbeit, 2019

104 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise

2 Arten der Betriebsaufspaltung
2.1 Einteilung nach Art der Entstehung
2.2 Einteilung nach der Rechtsform
2.2.1 Die klassische Betriebsaufspaltung
2.2.2 Die umgekehrte Betriebsaufspaltung
2.2.3 Die kapitalistische Betriebsaufspaltung
2.2.4 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung
2.3 Entstehung Fallbeispiel

3 Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung
3.1 Sachliche Verflechtung
3.1.1 Unbewegliche Wirtschaftsgüter
3.1.2 Bewegliche Wirtschaftsgüter
3.1.3 Immaterielle Wirtschaftsgüter
3.2 Personelle Verflechtung
3.2.1 Beteiligungsidentität
3.2.2 Beherrschungsidentität
3.2.3 Gruppentheorie bei Ehegatten und Kindern
3.2.4 Einstimmigkeits - und Mehrheitsprinzip
3.2.5 Faktische Beherrschung
3.2.6 Mittelbare Beherrschung
3.3 Weiterentwicklung Fallbeispiel

4 Rechtsfolgen der klassischen Betriebsaufspaltung
4.1 Grundsätzliches
4.2 Rechtsfolgen im Besitzunternehmen
4.2.1 Buchführungspflicht und Gewinnermittlung
4.2.2 Betriebsvermögen
4.2.3 Umqualifizierung der Einkünfte
4.2.4 Gewerbesteuerpflicht
4.3 Besteuerung der Betriebskapitalgesellschaft
4.4 Vor- und Nachteile der Begründung einer klassischen Betriebsaufspaltung
4.4.1 Auß ersteuerliche Motive
4.4.2 Steuerliche Motive
4.4.3 Nachteile der klassischen Betriebsaufspaltung
4.5 Fallbeispiel

5 Gründe und steuerliche Folgen der Beendigung der Betriebsaufspaltung
5.1 Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung
5.1.1 Sachliche Entflechtung
5.1.2 Personelle Entflechtung
5.2 Steuerrechtliche Folgen der Beendigung der Betriebsaufspaltung
5.3 Fallbeispiel

6 Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Aufdeckung von stillen Reserven bei Beendigung der klassischen Betriebsaufspaltung
6.1 Fallbeispiel
6.2 Gestaltungsmöglichkeiten
6.2.1 Eigengewerbliche Betätigung des Besitzunternehmens
6.2.2 Überlagerte Betriebsverpachtung im Ganzen
6.2.3 Betriebsunterbrechung
6.2.4 Einbringung des Besitzunternehmens in eine Kapitalgesellschaft
6.2.5 Umwandlung der Betriebskapitalgesellschaft auf das Besitzunternehmen
6.2.6 Einbringung des Besitzunternehmens in eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG

7 Fazit
7.1 Theoretische Schlussfolgerung
7.2 Ausblick

Quellenverzeichnis
Literatur
Zeitschriftenaufsätze
Rechtsprechungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre befasst sich mit der Beschreibung und Erklärung betrieblicher Fragestellungen und mit betrieblichen Problembereichen, die alle Unternehmen betreffen. Es spielt keine Rolle, in wessen Eigentum sich das Unternehmen befindet, in welcher Branche es tätig ist und in welcher Rechtsform es auftritt.1 Ziel der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre ist es, theoretische Erklärungen und praktische Gestaltungsempfehlungen zu geben und dadurch Unternehmensentscheidungen zu unterstützen.2 Die betriebswirtschaftliche Steuerlehre stellt ein Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre dar und beschäftigt sich mit Fragen, die sich aus der Zwangsabgabe in Form von Steuern für die Betriebe und deren Eigentümer ergeben. Sie untersucht z. B., welche unterschiedliche Steuerlast sich für ein Unternehmen in der Rechtsform einer Personengesellschaft im Vergleich zu einem Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ergibt.3 Die Unternehmensleitung hat eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen, wobei eine bedeutende Entscheidung die Wahl der Rechtsform darstellt. Dieser Aspekt war nicht nur zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung wichtig, sondern muss ständig überprüft werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn sich wesentliche persönliche, rechtliche oder steuerrechtliche Faktoren ändern, die die Entscheidung für die Wahl einer bestimmten Rechtsform beeinflussen.4 Den Betrieben werden im Rahmen der Rechtsordnung verschiedene Rechtsformen zur Verfügung gestellt, wobei sich Eigentümer oder Gründer unter Betrachtung der teilweise konkurrierenden wirtschaftlichen, zivilrechtlichen und steuerlichen Entscheidungskriterien für eine dieser Formen entscheiden müssen.5 Wesentliche Faktoren für die Rechtsformwahl können z.B. Faktoren wie Haftung, Kapitalbeschaffung und Flexibilität sein. In zahlreichen Fällen stellen die Haftung und die Steuerbelastung die wesentlichen Faktoren für die Wahl der Rechtsform dar. Zielkonflikte sind nicht ausgeschlossen, wenn z. B. die Entscheidung für eine Haftungsbeschränkung eine höhere Steuerlast mit sich bringt.6 Die Wahl der Rechtsform ist grundsätzlich frei: Das Unternehmen kann in der Rechtsform eines Einzelunternehmens, einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft geführt werden. Mischformen, wie die GmbH und Co. KG gewinnen immer mehr an Bedeutung. Hierbei wird auch die Betriebsaufspaltung als interessante Alternative aufgeführt.7 Darunter ist die Aufspaltung eines bisher einheitlichen Unternehmens in zwei rechtlich selbstständige Unternehmen zu verstehen.8 Das zivilrechtlich unkomplizierte Grundkonzept der Betriebsaufspaltung ist ursächlich dafür, dass es sich hierbei um das vermutlich am weitesten verbreitete Konzept bei Familienunternehmen handelt.9 Die Betriebsaufspaltung an sich stellt keine eigene Rechtsform dar. Sie ist stattdessen durch die Rechtsprechung und durch die Finanzverwaltung entstanden.10 Das Institut der Betriebsaufspaltung beruht steuerrechtlich auf Richterrecht.11 Entwickelt wurde es bereits vom Reichsfinanzhof.12 Der steuerrechtlichen Zulässigkeit hat sich der BFH angeschlossen und die Betriebsaufspaltung somit grundsätzlich anerkannt.13 Beim Aufspaltungsvorgang können das Besitz- und das Betriebsunternehmen unterschiedliche Rechtsformen wählen, wodurch eine Gestaltung entsteht, die Determinanten wie Haftungsbeschränkung und Steuerbelastung miteinander kombiniert. Als Teilbereich der Sachverhaltsgestaltung gehört die Suche nach der optimalen Rechtsformkombination zum Aufgabenbereich des Steuerberaters.14 Der Begriff der Betriebsaufspaltung ist weder steuerrechtlich noch handelsrechtlich gesetzlich normiert. Daher wird die Betriebsaufspaltung als Rechtsinstitut bezeichnet.15 Auch das Bundesverfassungsgericht hat der Rechtsprechung zugestimmt und die Vereinbarkeit mit Artikel 3 Abs. 1 i. V. m Art. 6 Abs. 1 GG bestätigt. Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus, dass die Rechtsgrundlage der Betriebsaufspaltung aus § 15 Abs. 2 EStG hervorgeht und fester Bestandteil des Ertragssteuerrechts ist. Das BVerfG hält auch die Grenzen des Art. 20 Abs. 3 GG in Bezug auf die Rechtsprechung für nicht überschritten.16 Zu bezweifeln ist, ob dies für die derzeit ausufernde Rechtsprechung des BFH ebenfalls gilt.17 Aufgrund der ständigen Rechtsprechungen wurde davon abgesehen, die Grundsätze der Betriebsaufspaltung in § 15 EStG aufzunehmen. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Betriebsaufspaltung sind mittlerweile gesetzlich umschrieben (s. § 50i Abs. 1 S. 4 EStG und § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. a ErbStG).18 Die fehlende gesetzliche Verankerung der Betriebsaufspaltung ist somit mit Unsicherheit behaftet.

Das Entstehen einer Betriebsaufspaltung kann gewollt oder ungewollt sein. Beim Entstehen werden die stillen Reserven steuerverstrickt. Auch die Beendigung kann gewollt oder ungewollt herbeigeführt werden. Die vorliegende Arbeit betrachtet die Rechtsfolgen bei Begründung der Betriebsaufspaltung, Beendigungsgründe sowie die ungewollte Beendigung der Betriebsaufspaltung. Für die Besitzgesellschaft führt die Beendigung zu einer ungewollten Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG. Die Folge ist, dass die im Betriebsvermögen des Besitzunternehmens enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden und zu versteuern sind. Das Gleiche gilt auch für die stillen Reserven, die in den zum Betriebsvermögen gehörenden Anteilen an der Betriebsgesellschaft enthalten sind, nach Beendigung der Betriebsaufspaltung sind diese kein notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens mehr, sie scheiden aus und werden zwangsläufig Privatvermögen.19 Auch die nicht entdeckte Betriebsaufspaltung kann sehr problematisch werden, wenn deren Beendigung erst durch die Aufdeckung der stillen Reserven durch die Außenprüfung erkannt wird.20 In zahlreichen Fällen tritt die Beendigung der Betriebsaufspaltung unwillentlich durch Erbfall oder Übertragung der Anteile an der Betriebsgesellschaft durch vorweggenommene Erbfolge ein. Je nach Höhe der im Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft enthaltenen stillen Reserven kann dies katastrophale ertragsteuerliche Folgen haben.21 Trotz der häufigen Kritik, die Betriebsaufspaltung sei nicht zeitgemäß, wird diese in der Praxis sehr häufig als Gestaltungsinstrument herangezogen.22

1.2 Zielsetzung

Die Arbeit beschreibt das durch Rechtsprechung entstandene Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung in ihren Grundzügen. Hierbei werden die Rechtsfolgen der klassischen Betriebsaufspaltung genau untersucht. Es erfolgt eine besondere Betrachtung der Gründe für eine ungewollte Beendigung der klassischen Betriebsaufspaltung und deren ertragsteuerlichen Folgen. Des Weiteren werden Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Beendigung der Betriebsaufspaltung aufgezeigt. Zur Verdeutlichung und Herstellung der Praxisnähe werden die einzelnen Kapitel von einem Fallbeispiel begleitet, das in Kapitel zwei mit der Entstehung der Betriebsaufspaltung und in Kapitel sechs mit den Vermeidungsstrategien zur Aufdeckung von stillen Reserven endet.23

1.3 Vorgehensweise

Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Anhand der Problemstellung und der Zielsetzung wird zu Beginn an das angestrebte Thema herangeführt. In den Kapiteln zwei und drei soll der theoretische Bezugsrahmen hergestellt werden. Hier wird versucht, die Grundlagen der Betriebsaufspaltung darzustellen. Vor dem Hintergrund des Themenkomplexes und der ständigen Rechtsprechung kann nicht auf alle Sachverhalte und Streitfragen eingegangen werden. In Kapitel vier sollen die Rechtsfolgen der klassischen Betriebsaufspaltung aufgezeigt werden. Zudem soll eine kritische Betrachtung der Vor- und Nachteile erfolgen. Aus Vereinfachungsgründen erfolgt keine Betrachtung der gewerbesteuerlichen, körperschaftssteuerlichen und umsatzsteuerlichen Organschaft. Die Gründe und die steuerlichen F olgen der Beendigung der klassischen Betriebsaufspaltung werden in Kapitel fünf betrachtet. Zur Vermeidung der Aufdeckung von stillen Reserven bei Beendigung der klassischen Betriebsaufspaltung werden in Kapitel sechs konkrete Gestaltungsmöglichkeiten anhand des Fallbeispiels aufgezeigt.24 25

2 Arten der Betriebsaufspaltung

2.1 Einteilung nach Art der Entstehung

Die Betriebsaufspaltung lässt sich nach der Art ihrer Entstehung einteilen. Die echte Betriebsaufspaltung wird auch als typische oder eigentliche Betriebsaufspaltung bezeichnet.23 Gekennzeichnet ist diese dadurch, dass ein Unternehmen mit der Rechtsform eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in ein Besitz- und ein Betriebsunternehmen aufgespalten wird. Regelmäßig wird zu diesem Zweck eine Kapitalgesellschaft gegründet, die das bisherige Unternehmen fortführt.24 Das bisherige Unternehmen behält ganz oder teilweise sein Anlagevermögen und vermietet oder verpachtet dieses an das neue Betriebsunternehmen. Das bisherige Unternehmen wird als Restbetrieb zum Besitzunternehmen. 25 Mindestens eine funktional und quantitativ wesentliche Betriebsgrundlage muss an das Betriebsunternehmen vermietet oder verpachtet werden. Ist dies nicht der Fall, so liegt keine Betriebsaufspaltung vor. Anderenfalls kann der Tatbestand einer Betriebsaufgabe i. S. d. § 16 Abs. 3 EStG oder einer Betriebsveräußerung gem. § 16 Abs. 1 S. Nr. 1 EStG vorliegen. Weitere Voraussetzung ist, dass eine personelle Verflechtung zwischen beiden Unternehmen besteht.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gründung einer echten Betriebsaufspaltung

Die unechte Betriebsaufspaltung entsteht im Gegensatz zur echten Betriebsaufspaltung nicht durch die Aufspaltung eines einheitlichen Unternehmens, sondern die Besitz- und die Betriebsgesellschaft sind von Anfang an selbstständige Unternehmen. Es muss die Nutzungsüberlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen erfolgen. Zwischen beiden Unternehmen hat eine personelle Verflechtung zu bestehen. Auch bei der unechten Betriebsaufspaltung erfolgt eine Aufteilung des Anlage- und Umlaufvermögens eines Betriebes der Form nach auf zwei Unternehmen.27 Dies kann z. B. durch Überlassung einzelner Wirtschaftsgüter von einem beherrschenden Gesellschafter an eine Kapitalgesellschaft aus seinem Privatvermögen oder aus einem anderen Betriebsvermögen erfolgen. Voraussetzung dafür ist, dass das überlassene Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Kapitalgesellschaft darstellt.28 Der BFH hat die unechte Betriebsaufspaltung erstmalig in seinem Urteil vom 03.11.1959 bejaht.29 Die Unterscheidung zwischen echter und unechter Betriebsaufspaltung ist nur rein begrifflich. Steuerlich werden beide gleichbehandelt, da unterschiedliche steuerliche Auswirkungen verhindert werden sollen.30

2.2 Einteilung nach der Rechtsform

Die Betriebsaufspaltung lässt sich anhand der Art der Rechtsform klassifizieren, in dem das Besitz- und das Betriebsunternehmen geführt werden.

2.2.1 Die klassische Betriebsaufspaltung

Die allgemein verbreitete Form der Betriebsaufspaltung ist die klassische Betriebsaufspaltung. Das Besitzunternehmen wird in der Rechtsform einer Personengesellschaft (mit natürlicher Person als Gesellschafter) oder eines Einzelunternehmens geführt. Das Betriebsunternehmen besitzt die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. In den meisten Fällen ist das Betriebsunternehmen eine GmbH.31

2.2.2 Die umgekehrte Betriebsaufspaltung

Wird das Besitzunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und das Betriebsunternehmen als Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaft geführt, dann liegt eine umgekehrte Betriebsaufspaltung vor.32 Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gründen eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen und verpachten das Anlage- bzw. Umlaufvermögen an diese.33 Es wird auch zum Teil die Ansicht vertreten, dass eine umgekehrte Betriebsaufspaltung vorliegt, wenn das Betriebsunternehmen das Besitzunternehmen beherrscht.34 Stellt z. B. eine Kapitalgesellschaft ihre aktive Geschäftstätigkeit ein und verpachtet ihr Anlagevermögen ganz oder teilweise an die Betriebspersonengesellschaft, die von den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft beherrscht wird oder die selbst die Besitzkapitalgesellschaft beherrscht ist hiervon auszugehen.35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Umgekehrte Betriebsaufspaltung

2.2.3 Die kapitalistische Betriebsaufspaltung

Für den Begriff der kapitalistischen Betriebsaufspaltung gibt es unterschiedliche Interpretationen.36 Eine kapitalistische Betriebsaufspaltung liegt nach Auffassung der Rechtsprechung dann vor, wenn das Besitzunternehmen die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft aufweist. Auf die Rechtsform der Betriebsgesellschaft wird hingegen nicht abgestellt.37 Der Begriff der kapitalistischen Betriebsaufspaltung wird im Schrifttum dagegen überwiegend verwendet, wenn das Besitz- und das Betriebsunternehmen die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben.38 Letztendlich ist festzuhalten, dass dieser Begriff nur angewendet werden sollte, wenn das Besitzunternehmen die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft aufweist. Die Rechtsform des Betriebsunternehmens ist nicht von Bedeutung.39 Wird das Betriebsunternehmen ebenfalls in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt, ist die notwendige personelle Verflechtung nur gegeben, soweit sich die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft im Betriebsvermögen der Besitzkapitalgesellschaft befinden.40 Am sogenannten Durchgriffsverbot fehlt es, wenn die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft dem Privatvermögen der Gesellschafter zuzurechnen sind.41

2.2.4 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

Eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn sowohl das Betriebsunternehmer als auch das Besitzunternehmen die Rechtsform einer Personengesellschaft aufweisen.42 Bis heute ist das Verhältnis der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung zu § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 Halbsatz 2 EStG strittig. Ist die Personengesellschaft selbst unmittelbar oder mittelbar an einer Personengesellschaft als Mitunternehmer beteiligt, handelt sich nicht um eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung. In diesen Fällen bleibt das zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut Sonderbetriebsvermögen der nutzenden Personengesellschaft. Grundsätzlich gelten für die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung die üblichen Regelungen, es ergibt sich lediglich eine Besonderheit hinsichtlich der sachlichen Verflechtung.43 Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung nur zu begründen, wenn die Nutzungsüberlassung mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt. Bei unentgeltlicher Überlassung ist dies zu verneinen.44

2.3 Entstehung Fallbeispiel

Herr Anton Müller betreibt seit vielen Jahren eine Molkerei (Molkerei Müller) in Form eines Einzelunternehmens, das er bereits in der zweiten Generation führt. Im Sinne des § 1 HGB ist Herr Müller Istkaufmann. In den letzten Jahren liefen die Geschäfte sehr gut und Herr Müller hat sich deshalb entschlossen, zu expandieren. In der Vergangenheit hat er seine Produkte hauptsächlich in Deutschland vertrieben. Künftig möchte er seine Milchprodukte in ganz Europa absetzen. Hierzu macht er sich Gedanken hinsichtlich seiner Rechtsform, da ihm sehr wohl bewusst ist, dass er für Verbindlichkeiten seines Einzelunternehmens mit seinem gesamten Vermögen haftet.45 Aufgrund dessen entschließt sich Herr Müller im Jahr 2011, eine GmbH zum 01.01.2012 (Molkerei Müller GmbH) zu gründen und das operative Geschäft dorthin auszulagern. Die Molkerei wird auf einem in seinem Eigentum stehenden Betriebsgrundstück mit aufstehenden Gebäuden (Produktionsgebäude sowie Bürogebäude) betrieben. Das Betriebsgrundstück wird nicht in die GmbH eingebracht, sondern dieser zur Nutzung überlassen. Im Pachtvertrag zwischen Anton Müller und der neu gegründeten GmbH wurde vereinbart, dass für das Produktions-und Bürogebäude ein monatlicher Pachtzins in Höhe von 15.000 € zu entrichten ist. Das in der Bilanz des Einzelunternehmens enthaltene Darlehen wurde für die Anschaffung der Produktionsanlage III verwendet. Die Bilanz zeigt das Einzelunternehmen Müller vor dem Zeitpunkt der Einbringung in die neu gegründete GmbH.

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Abbildung 7: Bilanz Einzelunternehmen Molkerei Müller zum 31.12.2011

Da sein Sohn Paul auch im Unternehmen tätig ist, möchte er, dass dieser neben ihm Gesellschafter an der neu gegründeten GmbH wird. Anton Müller wird GmbH-Gesellschafter mit einer Beteiligungshöhe von 80 % und sein Sohn Paul mit einer solchen von 20 %. Paul erbringt seine Einlage in Höhe von 75.000 € durch Bareinzahlung auf das Konto der GmbH. Gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG muss das Stammkapital der Gesellschaft mindestens 25.000 € betragen.

Auf dem Wege der Sachgründung werden das Umlaufvermögen und Teile des Anlagevermögens auf die GmbH übertragen.46 Herr Müller und sein Sohn erwerben im Gegenzug Gesellschaftsrechte in Form von Anteilen an der neu gegründeten GmbH. Als Geschäftsführer der GmbH wird Anton Müller bestellt. Dabei wird eine marktüblich Geschäftsführervergütung von 100.000 € vereinbart. Es erfolgt zudem eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB. Das von Herrn Müller zurückbehaltende Anlagevermögen (hier Betriebsgrundstück) stellt für die GmbH eine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Ohne das Betriebsgrundstück wäre es nicht möglich, etwas zu produzieren. Somit ist eine echte klassische Betriebsaufspaltung entstanden.47 Die Eröffnungsbilanz zeigt die Vermögenssituation nach Übertragung von Teilen des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens von Einzelunternehmen.

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Abbildung 9: Eröffnungsbilanz Molkerei Müller GmbH zum 01.01.2012

Nach der Einbringung von Teilen des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens stellt sich die Bilanz des künftigen Besitzunternehmens wie folgt dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Bilanz Einzelunternehmen Müller zum 01.01.2012

Nach Entstehung der Betriebsaufspaltung stellen sich die Beteiligungsverhältnisse am Besitz- und Betriebsunternehmen wie folgt dar.

Durch die Aufspaltung des Einzelunternehmens Müller in ein Besitzunternehmen und in eine Betriebs-GmbH ist eine echte klassische Betriebsaufspaltung entstanden.

3 Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung

Nach steuerlicher Auffassung liegen die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung dann vor, wenn zwischen dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen eine enge sachliche und personelle Verflechtung besteht. Die sachliche und personelle Verflechtung ist ein Indiz eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens der Personen die hinter dem Besitz- und Betriebsunternehmen stehen, der über das Betriebsunternehmen auf die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit gerichtet ist.48

3.1 Sachliche Verflechtung

Von einer sachlichen Verflechtung wird gesprochen, wenn das Besitzunternehmen dem Betriebsunternehmen eine für dessen Betrieb funktional wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlässt.49 Ein Wirtschaftsgut ist funktional wesentlich, wenn es für das Betriebsunternehmen nach den Gesamtumständen zur Erreichung des Betriebszweckes notwendig ist und für die Fortführung des Betriebes besondere Bedeutung hat. Vor allem für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die unerlässlich für den Betriebsablauf sind, ist dies zutreffend.50 Hinsichtlich der für das Betriebsunternehmen wesentlichen Betriebsgrundlagen wird lediglich nach den sachlichen Betriebserfordernissen beurteilt. Die quantitative Betrachtungsweise, z. B. bezüglich der Höhe der stillen Reserven eines Wirtschaftsgutes oder der Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist nicht von Relevanz.51 Die Nutzungsüberlassung kann auf schuldrechtlicher Basis (z. B. Miete oder Pacht) als auch auf dinglicher Basis (z. B. Erbbauchrecht oder Nießbrauch) sowie durch Leihe erfolgen.52 Laut ständiger BFH- Rechtsprechung reicht bereits die Überlassung von nur einer wesentlichen Betriebsgrundlage aus um die sachliche Verflechtung zu begründen.53 Dies bedeutet, dass ein Betriebsunternehmen mit mehreren Besitzunternehmen, die ihm eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen, jeweils weitere Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung begründet.54 Eine sachliche Verflechtung ist auch dann gegeben, wenn das Besitzunternehmen nicht über das Eigentum an der überlassenen Betriebsgrundlage verfügt, sondern nur Nutzungsberechtigter ist und das Wirtschaftsgut z. B. weitervermietet oder weiterverpachtet.55 Die Nutzungsüberlassung von materiellen sowie von immateriellen Wirtschaftsgütern an das Betriebsunternehmen kann entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.56 Wird ein Gewerbebetrieb als Ganzes verpachtet, ist die sachliche Verflechtung stets erfüllt. Es ist nicht infrage zu stellen, ob einzelne Wirtschaftsgüter für das Betriebsunternehmen funktional wesentlich sind.57 Eine mittelbare Nutzungsüberlassung steht einer unmittelbaren Nutzungsüberlassung gleich. Dies bedeutet, dass eine wesentliche Betriebsgrundlage nicht unmittelbar vom Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft überlassen wird, sondern mittelbar durch ein zwischengeschaltetes Unternehmen.58

3.1.1 Unbewegliche Wirtschaftsgüter

Als wesentliche Betriebsgrundlage kommen vor allem bebaute und unbebaute Grundstücke in Betracht.59 Als wesentliche Betriebsgrundlage ist ein Grundstück anzusehen, wenn es für das Betriebsunternehmen nicht nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung ist.60 Eine wirtschaftliche Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn die Betriebsführung durch die Lages des Grundstückes bestimmt wird61, das Grundstück auf die Bedürfnisse des Betriebsunternehmens zugeschnitten ist62 oder dass eine Betriebsfortführung aus anderen innerbetrieblichen Gründen ohne eine Grundstück dieser Art nicht möglich wäre.63 Für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Betriebsgrundlage kommt es nicht darauf an, ob die Möglichkeit besteht, dass das Betriebsunternehmen ein gleichwertiges Grundstück jederzeit am Markt mieten oder kaufen könnte.64

Büro-und Verwaltungsgebäude

Strittig war lange Zeit, ob reine Büro- und Verwaltungsgebäude eine sachliche Verflechtung begründen. Laut der neuesten Rechtsprechung stellt ein Büro- und Verwaltungsgebäude eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wenn es den räumlichen und funktionalen Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet.65 Grundsätzlich muss sich der Steuerpflichtige bewusst sein, dass eine sachliche Verflechtung mit dem Besitzunternehmen bei jeglicher betrieblichen Nutzung eines Gebäude durch das Betriebsunternehmen gegeben ist.66 Dieser Grundsatz findet dann Anwendung, wenn der Gebäudeteil nicht die in § 8 EStDV genannten Grenzen unterschreitet.67

Lager-und Produktionshallen

Eine Lagerhalle ist beispielweise als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, wenn sie nach der Gesamtbetrachtung der inneren Struktur des Betriebsunternehmens für dieses von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung ist.68

Geschäfts-oder Ladenlokal im Einzelhandel

Ein Geschäfts-oder Ladenlokal im Einzelhandel stellt regelmäßig eine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Beispielsweise ist der Laden eines Einzelhändlers nicht nur funktional von Bedeutung, sondern vor allem wegen seiner Lage; der Kundenstamm steht in der Regel in einem Zusammenhang mit der Lage des Geschäftslokals.69 Einzelne Filialen eines Einzelhandelbetriebes sind auch dann als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen, wenn auf die einzelne Filiale weniger als 10 % der gesamten Nutzfläche entfällt. Unerheblich ist es, ob die Filiale über mehrere Jahre Verluste erwirtschaftet.70

Unbebaute Grundstücke

Unbebaute Grundstücke stellen eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wenn sie vom Betriebsunternehmen entsprechend ihrer Bedürfnisse bebaut oder in anderer Weise gestaltet worden sind oder in der Zukunft bebaut werden sollen. Ist der unbebaute Grund und Boden betriebsnotwendig, ist er als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen.71

3.1.2 Bewegliche Wirtschaftsgüter

Neben der Nutzungsüberlassung von unbeweglichen Wirtschaftsgütern, kann auch die Überlassung von beweglichen Wirtschaftsgütern, eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen.72 Insbesondere kommen bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Betracht, die für den Betriebsablauf unerlässlich sind.73 Beispiele hierfür sind, Produktionsmaschinen, LKW einer Spedition, Betriebsvorrichtungen und Druckmaschinen einer Druckerei.74 Regelmäßig stellen Maschinen bei Fabrikationsbetrieben wesentliche Betriebsgrundlagen dar.75 Können Maschinen kurzfristig wiederbeschafft werden, sind diese selbst bei Produktionsunternehmen nicht als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen. Diese andere Beurteilung wird nach Auffassung des BFH dann notwendig, wenn der Verkauf des gesamten Maschinenparks schlechterdings ausgeschlossen ist.76 Keine wesentliche Betriebsgrundlage enthält grundsätzlich das Umlaufvermögen.77

3.1.3 Immaterielle Wirtschaftsgüter

Zu einer sachlichen Verflechtung kann auch die Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern führen. Hierzu gehören z. B. Erfindungen, Patente, Markenrechte, Kunden­oder Mandantenstamm, Konzessionen und der Firmenwert. Immaterielle Wirtschaftsgüter haben nur dann eine wirtschaftliche Bedeutung für das Betriebsunternehmen, wenn mit ihnen ein erheblicher Umsatzanteil (mindestens 25 %) getätigt wird.78 Ein einmaliges Überschreiten der Grenze führt nicht zur Begründung einer Betriebsaufspaltung; ebenso bewirkt ein einmaliges Unterschreiten nicht die Beendigung der Betriebsaufspaltung.79

3.2 Personelle Verflechtung

Ein essenzielles Kriterium einer Betriebsaufspaltung ist neben der sachlichen Verflechtung die personelle Verflechtung zwischen dem Betriebsunternehmen und dem Besitzunternehmen. In der Praxis bereitet dieses Postulat auch heute noch große Schwierigkeiten. Umstritten war lange Zeit, ob eine Personen- und Beteiligungsidentität beim Besitz- und beim Betriebsunternehmen bestehen muss oder ob unterschiedliche Beteiligungsquoten der Personen zur Beherrschung der beiden Gesellschaften ausreichend sind.80 Laut Auffassung des BFH ist eine personelle Verflechtung gegeben, wenn die Personen, die hinter beiden rechtlich selbstständigen Unternehmen stehen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben. Dieser ist gegeben, wenn die Person oder die Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in der Lage ist, ihren Willen ebenso im Betriebsunternehmen durchzusetzen. Für diese Beurteilung sind immer die Verhältnisse im Einzelfall entscheidend.81 Der einheitliche Geschäfts-und Betätigungswille muss sich insbesondere auch auf die Nutzungsüberlassung hinsichtlich der überlassenen Wirtschaftsgüter beziehen. Nicht allein maßgeblich ist die Mehrheit der Anteile im Besitzunternehmen, sondern es wird sich danach gerichtet, wie die Beschlüsse gefasst werden (Stimmrechte). Regelmäßig werden Stimmrechte als dispositives Recht im Gesellschaftsvertrag vereinbart, gemäß § 709 BGB und § 109 HGB. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmungen zum Stimmrecht, finden die gesetzlichen Vorschriften Anwendung, z. B. § 709 BGB, §§ 119, 161 BGB, § 133 AktG, § 47 GmbHG.82

3.2.1 Beteiligungsidentität

Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille ist besonders dann gegeben, wenn die gleichen Personen im gleichen Verhältnis am Besitz- und Betriebsunternehmen beteiligt sind.83 Zum einen ist dies bei sogenannten Ein- Mann- Betriebsaufspaltungen der Fall: Das Besitzunternehmen ist ein Einzelunternehmen und der Besitzunternehmer ist auch alleiniger Inhaber des Betriebsunternehmens. Der Einzelunternehmer kann seinen Willen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen durchsetzen.84 Zum anderen wird eine Beteiligungsidentität angenommen, wenn die Gesellschafter des Besitzunternehmens zugleich die Gesellschafter des Betriebsunternehmens sind. In diesen Fällen wird ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille vermutet (widerlegbare Vermutung).85 Diese Vermutung ist widerlegbar, wenn der Nachweis über ständige Interessenkonflikte in Form von Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gesellschaftern erbracht werden kann.86 In der nachfolgenden Abbildung ist A zu 60 % und B zu 40 % sowohl am Besitz- als auch am Betriebsunternehmen beteiligt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Beteiligungsidentität

3.2.2 Beherrschungsidentität

Liegen unterschiedliche Beteiligungsverhältnisse der an beiden Unternehmen beteiligten Personen vor, so besteht keine Beteiligungsidentität. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer personellen Verflechtung können dennoch gegeben sein, wenn eine Beherrschungsidentität vorliegt. Diese setzt voraus, dass eine Person oder eine Personengruppe in der Lage ist, ihren Willen sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen durchzusetzen.87 Für diese Beurteilung sind die den Gesellschaftern zustehende Stimmrechte relevant.88 Die Beherrschung eines Unternehmens liegt vor, wenn die Stimmrechte mehr als 50 % betragen.89 Nach der BFH- Rechtsprechung ist eine Betriebsaufspaltung dann gegeben, wenn eine durch gleichgerichtete Interessen geschlossene Personengruppe in der Lage ist, beide Unternehmen zu beherrschen. In der Fachliteratur wird von seiner sogenannten Gruppentheorie gesprochen.90 Die Gruppentheorie basiert auf der Vermutung, dass die einzelnen Gruppenmitglieder sich nicht gegenseitig blockieren, sondern einheitliche Entscheidungen treffen.91 Wie auch bei der Beteiligungsidentität kann diese Vermutung dadurch widerlegt werden, dass ein Nachweis über andauernde Interessenkonflikte vorliegt.92

Gesellschafter A verfügt mit 60 % über die Beteiligungsmehrheit am Besitzunternehmen, während Gesellschafter B mit 60 % über die Mehrheit am Betriebsunternehmen verfügt. Eine personelle Verflechtung ist auch in diesem Fall zu bejahen. Aufgrund ihrer Beteiligungsverhältnisse können A und B sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen beherrschen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 16: Beherrschungsidentität II

Eine Beherrschungsidentität ist auch dann gegeben, wenn weitere Gesellschafter sich nur an einer der beiden Unternehmen beteiligen. A, B und C stellen aufgrund ihrer Beteiligungsverhältnisse eine beherrschende Personengruppe in beiden Gesellschaften dar.

Eine Ausnahme gilt bei sehr unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen. Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille kann nicht angenommen werden, wenn die Beteiligungen der identischen Personen am Besitz- und am Betriebsunternehmen sehr konträr sind.93 Laut dem BFH- Urteil vom 02.08.1972 liegt keine Betriebsaufspaltung bei einem Beteiligungsverhältnis im Besitzunternehmen von 90 : 10 und im Betriebsunternehmen von 10 : 90 vor.94 Aus der Rechtsprechung geht nicht eindeutig hervor, wie konträr die Beteiligungsverhältnisse ausgestaltet sein müssen. Aufgrund dessen sollte bei einer gewollten Vermeidung einer personellen Verflechtung nicht auf die Anerkennung von sehr unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen vertraut werden.95

Am Besitzunternehmen ist A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. Die Geschäftsanteile und Stimmrechte der Betriebs- GmbH entfallen zu 10 % auf B und zu 90 % auf A. Eine personelle Verflechtung ist in diesem Fall nicht gegeben. A und B können zwar gemeinschaftlich sowohl im Besitzunternehmen als auch in der Betriebs-GmbH ihren geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen, jedoch ist hinsichtlich der sehr konträren Beteiligungsverhältnisse von einem Interessenkonflikt der beiden Gesellschafter auszugehen.

[...]


1 Vgl. Schweitzer, M. / Baumeister, A. (2015), S. 4

2 Vgl. Kaminski B. / Strunk G. (2012), S. 2

3 Vgl. Breithecker, V. (2016), S. 1

4 Vgl. Jung, H. (2016), S. 63 ff.

5 Vgl. Wöhe, G. (1990), S. 3

6 Vgl. Thommen, J. / Achleitner, A. / Giebert, D. / Hachmeister, D. / Kaiser, G. (2016), S. 26

7 Vgl. Kaligin (2015) S. 25 ff.

8 Vgl. Schneeloch, D. (2009), S. 463

9 Vgl. Dehmer, H. (2018), S. 1

10 Vgl. Niemeier G. / Schnitter G. / Kober M. / Nöcker G. / Stuparau S. (2014), S. 776

11 Vgl. Bode, W. (2018), EStG § 15 Rn. 597

12 Vgl. RFH v. 26.10.1938 - VI 501/38, B'RStBl 1939, S. 282; RFH v. 01.07.1942 - VI 96/42, RStBl II 1942, S. 1081

13 Vgl. BFH v. 08.11.1971, GrS 2/71, BStBl II 1972, S. 63; BFH v. 25.06.1957, I 119/56 U, BStBl III 1957, S.

14 Vgl. Kessler/ Teufel (2001), S. 869

15 Vgl. Platt, J. (2017), S. 3

16 Vgl. BVerfG vom 14.01.1969, 1 BVR 136/62, BStBl II 1969, S. 389; BVerfG vom 12.03.1985, 1 BVR 571/8, BStBl II 1985, S. 475

17 Vgl. Carle', D. (2014), Rz. 8

18 Vgl. Platt, J.(2017), S. 4

19 Vgl. Eversloh, U. (2016), S. 25

20 Vgl. Eggert, W. (2016), S. 980

21 Vgl. Schoor, H. (2017)

22 Vgl. Kiesel, L. (1998), S. 962;

23 Weilbach, E. (1990), S. 829

24 Vgl. Eversloh, U. (2016), S. 25

25 Vgl. Bode, W. (2018), EStG § 15 Rn. 595

26 Vgl. Niehus U. / Wilke, H. (2015), S. 370

27 Vgl. Bode, W. (2018), EStG § 15 Rn. 595

28 Vgl. BFH v. 24.02.2000, IV R 62/98, BStBl II 2000, S. 417

29 Vgl. BFH v. 03.11.1959, I 217/58 U, BStBl III 1969, S. 50

30 Vgl. BFH v. 17.04.2002, X R 8/00, BStBl II 2002, S. 527

31 Vgl. Niehus U. / Wilke, H. (2015), S. 370

32 Vgl. Niehus U. / Wilke, H. (2015), S. 370

33 Vgl. Kaligin, T. (2015), S. 23

34 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 777

35 Vgl. BFH v. 08.11.1971, GrS 2/71, BStBl II 1972, S. 63, BFH v. 08.09.2011, IV R 43/07, BFH/NV 2012, S. 222

36 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 779

37 Vgl. BFH v. 26.03.1993, III S 42/92, BStBl II 1993, S. 723, BFH v. 16.09.1994, III R 45/92, BStBl II 1995, S. 75

38 Vgl. Kaligin, T. (2015), S. 24, Wacker, R. (2018), § 15 EStG Rz. 803

39 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 779

40 Vgl. BFH v. 01.08.1979, I R 111/78, BStBl II 1980, S. 77

41 Vgl. BFH v. 27.08.1992, IV R 13/91, BStBl II 1993, S. 134

42 Vgl. Reiß, W. (2018), § 15 EStG Rn. 81

43 Vgl. Hendricks, L. / Preuss, G. (2018), S. 9

44 Vgl. BMF v. 28.04.1998, BStBl I 1998, S. 583

45 Vgl. Wöhe, G. (1990), S. 6

46 Vgl. Leitzen, M. (2017), GmbHG § 5 Rn. 55

47 Vgl. Dehmer, H. (2018), S. 8; BFH v. 24.08.1989, IV R 135/86, BSTBL II 1989, S. 1014

48 Vgl. Niehus U. / Wilke, H. (2015), S. 371; BFH v. 10.04.1997, IV R 73/94, BStBl II 1997, S. 569

49 Vgl. BFH v. 17.11.1992, VIII R 36/91, BStBl II 1993, S. 233

50 Vgl. BFH v. 13.07.2006, IV R 25/05, BStBl II 2006, S. 804

51 Vgl. Platt, J. (2017), S. 20

52 Vgl. BFH v. 19.03.2002, VIII R 57/99, BStBl II 2002, S. 662; BFH v. 05.02.2002, VIII R 25/01, BFH/NV 2002,

53 Vgl. BFH v. 17.11.1992, VIII R 36/91, BStBl II 1993, S. 233

54 Vgl. BFH v. 18.06.2015, IV R 11/13, BFH/NV 2015, S. 1398

55 Vgl. BFH v. 18.08.2009, X R 22/07, BFH/NV 2010, S. 208; Niehus U. / Wilke, H. (2015), S. 372; BFH v. 11.08.1966, IV 219/64, BStBl III 1966, S. 601

56 Vgl. Platt, J. (2017), S. 20

57 Vgl. BFH v. 17.04.2002, X R 8/00, BStBl II 2002, S. 527; Wacker, R. (2018), EStG § 15 Rz. 808-809

58 Vgl. Platt, J. (2017), S. 21

59 Vgl. BFH v. 12.11.1985, VIII R 342/82, BStBl II 1986, S. 299

60 Vgl. BFH v. 24.10.2001, X R 118/98, BFH/NV 2002, S. 1130

61 Vgl. BFH v. 12.02.1992, XI R 18/90, BStBl II 1992, S. 723

62 Vgl. BFH v. 10.04.1991, XI R 22/89, BFH/NV 1192, S. 312

63 Vgl. BFH v. 23.05.2000, VIII R 11/99, BStBl II 2000, S. 621

64 Vgl. BFH v. 26.05.1993, X R 78/91, BStBl II 1993, S. 718

65 Vgl. BFH v. 23.01.2001, VIII R 71/98, BFJ/NV 2001, S. 894

66 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 813

67 Vgl. BFH v. 13.07.2006, IV R 25/05, BStBl II 2006, S. 804

68 Vgl. BFH v. 18.07.1994, VIII R 75/93, BFH NV 1995, S. 597

69 Vgl. Lüer, P. (2018), § 15 EStG Rz. 157

70 Vgl. BFH v. 19.03.2009, IV R 78/06, BStBl II 2009, S. 803

71 Vgl. BFH v. 22.06.2016, X R 54/14, BStBl II 2017, S. 529

72 Vgl. BFH v. 02.02.2000, XI R 2000, BFH/NV 2000, S. 889; Bode, W. (2018), § 15 EStG Rz. 626;

73 Vgl. Platt, J. (2017), S. 22

74 Vgl. Hendricks, L./ Preuss, G. (2018), S. 30

75 Vgl. Platt, J. (2017), S. 22

76 Vgl. BFH v. 18.05.2004, X B 167/03, BFH/NV 2004, S. 1262

77 Vgl. Platt, J. (2017), S. 22

78 Vgl. Kaligin, T. (2015) S. 149; BFH v. 20.09.1973, IV R 41/69, BStBl II 1973, S. 869

79 Vgl. Wendt, M. (1999), S. 29

80 Vgl. Kußmaul, H./ Schwarz, C. (2012), S. 834

81 Vgl. BFH v. 08.11.1971, GrS 2/71, BStBl II 1972, S. 63

82 Vgl. Niemeier G./ Schnitter G./ Kober M./ Nöcker G./ Stuparau S. (2014), S. 778

83 Vgl. Kußmaul, H./ Schwarz, C. (2012), S. 835

84 Vgl. Söffing M./ Micker L. (2016), Rz. 345

85 Vgl. BFH v. 24.02.2000, IV R 62/98, BStBl II 2000, S. 417

86 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 798

87 Vgl. BMF v. 07.10.2002, IV A 6-S 2240-134/02, BStBl I 2002, S. 1028

88 Vgl. Schoor, H. (2003), S. 42

89 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 796

90 Vgl. Hendricks, L./ Preuss, G. (2018), S. 34

91 Vgl. BFH v. 24.02.2000, IV R 62/98, BStBl II 2000, S. 417

92 Vgl. BFH v. 14.08.2001, IV B 120/00, BFH/NV 2001, S. 1561

93 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 796

94 Vgl. BFH v. 02.08.1972, IV 87/65, BStBl II 1972, S. 796

95 Vgl. Gluth, R. (2017), § 15 EStG Anm. 797

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung. Rechtsfolgen, Beendigungsgründe und Gestaltungsmöglichkeiten
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart
Note
1,8
Autor
Jahr
2019
Seiten
104
Katalognummer
V958879
ISBN (eBook)
9783346307415
ISBN (Buch)
9783346307422
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rechtsinstitut, betriebsaufspaltung, rechtsfolgen, beendigungsgründe, gestaltungsmöglichkeiten
Arbeit zitieren
Marina Gloning (Autor:in), 2019, Das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung. Rechtsfolgen, Beendigungsgründe und Gestaltungsmöglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/958879

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