Kants Begriff des Mathematisch-Erhabenen


Seminararbeit, 1998

8 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Zweites Buch - Analytik des Erhabenen

§ 23 Übergang von dem Beurteilungsvermögen des Schönen zu dem des Erhabenen.

§ 24 Von der Einteilung einer Untersuchung des Gefühls des Erhabenen

A. Vom Mathematisch-Erhabenen.

§ 25 Namenerklärung des Erhabenen

§ 26 Von der Größenschätzung der Naturdinge, die zur Idee des Erhabenen erforderlich ist.

§ 27 Von der Qualität des Wohlgefallens in der Beurteilung des Erhabenen.

Zweites Buch - Analytik des Erhabenen

Für Kant stellt das Erhabene eine selbständige ästhetische „Kategorie“ neben dem Schönen dar. Insofern beide ästhetisch sind, besitzen sie freilich auch nicht wenige Gemeinsamkeiten, die nicht im Detail ausgeführt, sondern bezugnehmend auf die Analytik des Schönen schlicht aufgezählt werden. Wenn § 23 als „Übergang“ vom Schönen zum Erhabenen deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausstreicht, exponiert dieser Abschnitt gleichzeitig die hauptsächlichen Merkmale des Erhabenen, wie sie in den folgenden Paragraphen genauer erläutert werden.

§ 23 Übergang von dem Beurteilungsvermögen des Schönen zu dem des Erhabenen.

Die Urteile „x ist schön“ und „x ist erhaben“ weisen in etlichen wesentlichen Punkten Übereinstim- mungen auf: Beide geben als Reflexionsurteile nur Auskunft über das urteilende Subjekt, sie gehen nicht von Sinnesempfindungen, sondern von Begriffen, und zwar unbestimmten, aus. Das Erhabene gefällt ebenso wie das Schöne für sich selbst. Beide Urteile nehmen subjektive Allgemeingültigkeit für sich in Anspruch.

Ein erster Unterschied zwischen den Urteilsprädikaten liegt darin, daß das Schöne mit der abge- grenzten Form eines Objektes (und damit einer Qualit ä t) verbunden ist, das Erhabene sich aber auch auf formlose, d.h. unbegrenzte Gegenstände erstrecken kann, insofern sie eine Vorstellung von Totalität in uns hervorrufen (und also das Erhabene von der Quantit ä t ausgeht). Dieser Zusammen- hang wird im Abschnitt § 26, der sich mit der Größenschätzung beschäftigt, eingehend dargestellt.

Dem Schönen ordnet Kant das Gefühl der unmittelbaren positiven Lust zu, das durch das freie Spiel der Einbildungskraft erzeugt wird; beim Erhabenen dagegen entsteht das Gefühl der Lust nur indirekt: Der erhabene Gegenstand wirkt auf unser Gemüt sowohl anziehend als auch abstoßend, wodurch „das Wohlgefallen am Erhabenen nicht sowohl positive Lust als vielmehr Bewunderung oder Achtung enthält, d. i. negative Lust genannt zu werden verdient.“1 Der Begriff der Achtung wird in § 27 näher erläutert werden.

Der Gegenstand, den wir als schön beurteilen, weist eine für die Urteilskraft zweckmäßige Form auf und gefällt daher an sich. Das Gefühl des Erhabenen entsteht demgegenüber durch Objekte, die für unsere Urteils- und Vorstellungskraft unzweckmäßig („unfaßbar“) erscheinen, dadurch aber einen desto tieferen Eindruck hinterlassen. Wie ein Wohlgefallen trotz dieser Zwecklosigkeit möglich ist, werde ich im Zusammenhang mit dem § 26 zu klären versuchen.

Die Ermangelung einer faßlichen Form macht es unmöglich, korrekterweise von einem erhabenen Gegenstand zu sprechen, „denn das eigentliche Erhabene kann in keiner sinnlichen Form enthalten sein, sondern trifft nur Ideen der Vernunft.“2

Aus der Überlegung, daß das Erhabene - im Unterschied zum Schönen - keine zweckmäßige Form besitzt, folgert Kant schließlich, daß dort, wo die Erkenntnis des Schönen wenn schon nicht unser Wissen über das betreffende Objekt, so doch unseren Begriff davon ergänzt, die Erkenntnis einer Erhabenheit noch viel weniger über den Gegenstand und unseren Begriff desselben aussagt. Das Urteil „x ist erhaben“ leistet keine Aussage über Form oder Zweckmäßigkeit des als erhaben vorgestellten Gegenstandes, dieses Urteil erlaubt uns nur einen Einblick in unsere Denkungsart.

§ 24 Von der Einteilung einer Untersuchung des Gefühls des Erhabenen.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden ästhetischen Begriffen läßt Kant eine Einteilung des Erhabenen treffen: Die Lust am Schönen ist mit einer gewissen Gemüts ruhe verbun- den, während sich bei der Beurteilung einer Erhabenheit eine stärkere Gemüts bewegung feststellen läßt. Diese Unruhe läßt sich nach den zwei beteiligten Gemütskräften unterscheiden: Bei der mathe- matischen Erhabenheit geht es um die Zweckmäßigkeit das Erkenntnisvermögen betreffend; dyna- misch -erhaben nennt Kant eine Stimmung, die sich auf das Begehrungsvermögen bezieht.

Friedrich Schiller meint genau diese Einteilung, wenn er in seinem Aufsatz „Über das Erhabene“ schreibt:

„Der erhabene Gegenstand ist von doppelter Art. Wir beziehen ihn entweder auf unse- re Fassungskraft und erliegen bei dem Versuch, uns ein Bild oder einen Begriff von ihm zu bilden; oder wir beziehen ihn auf unsere Lebenskraft und betrachten ihn als eine Macht, gegen welche die unsrige in nichts verschwindet. Aber ob wir gleich in dem einen wie in dem andern Fall durch seine Veranlassung das peinliche Gefühl unserer Grenzen erhalten, so fliehen wir ihn doch nicht, sondern werden vielmehr mit unwiderstehlicher Kraft von ihm angezogen.“3

A. Vom Mathematisch-Erhabenen.

In den folgenden Paragraphen stellt Kant genau betrachtet nur einen einzigen Gedankengang dar, der von je anderer Seite beleuchtet wird. Zwar finden sich im § 25 etliche Definitionen, im § 26 eine genauere Analyse der Gemütsvorgänge bei der ästhetischen Größenschätzung und im § 27 die nähere Darstellung des mit dem Erhabenen verbundenen Wohlgefallens; die zugrundeliegende Überlegung bleibt aber die nämliche, sodaß die Einteilung der Abschnitte etwas willkürlich wirkt. Trotz der engen Verzahnung dieser Paragraphen untereinander hält sich vorliegendes Referat an Kants Einteilung und versucht, den jeweiligen Kernpunkt zu pointieren.

Vorauszuschicken ist ein Hinweis auf den „Anhang zur transzendentalen Dialektik“ in der Kritik der reinen Vernunft.

Dort entwickelt Kant die Überlegung, daß die Vernunft-Ideen nie konstitutiv (also Begriffe eines Gegenstandes bildend), sondern jederzeit regulativ gebraucht werden. Die Ideen - als „Begriffe ohne Gegenstände“ - wirken unentbehrlich auf die Regulierung der durch Sinnlichkeit und Verstand erzeugten Begriffe. Die Vernunft hat die Aufgabe, die erkannten Einzel-erscheinungen in die Vorstellung eines Ganzen einzupassen. Denn das Eigentümliche der Vernunft ist „das Systematische der Erkenntnis [...], d. i. der Zusammenhang derselben aus ei- nem Prinzip. Diese Vernunfteinheit setzt jederzeit eine Idee voraus, nämlich die von der Form eines Ganzen der Erkenntnis, welches vor der bestimmten Erkenntnis der Theile vorhergeht und die Bedingungen enthält, jedem Teile seine Stelle und Ver- hältnis zu den übrigen a priori zu bestimmen.“4

Dieses Vermögen der Vernunft und ihr natürlicher Drang zur Erfassung einer Totalität ist zum Verständnis der folgenden Ausführungen im Gedächtnis zu halten.

§ 25 Namenerklärung des Erhabenen.

„Erhaben nennen wir das, was schlechthin [d.h. absolut] groß ist.“5

Absolute Größe, so zeigt Kant, ist in der uns umgebenden Welt mit unseren Sinnen nicht faßbar. Jede Größenmessung bedeutet ein Vergleichen zwischen zwei Objekten oder zwischen einem Ob- jekt und einer abstrakten Maßeinheit, jedes Ergebnis einer Größenmessung bleibt also letztendlich relativ. Wenn wir trotzdem von einer absoluten Größe reden, so ist das möglich kraft unserer Ver- nunft, die - im Miteinander mit der Einbildungskraft - eine Idee dieser Art von Totalität besitzt und denkbar macht.

In diesem Sinne bezieht sich das Wohlgefallen am erhabenen Gegenstand nicht auf ihn selbst - wir erkennen ihn interesselos, möglicherweise formlos und als sinnlich nicht meßbar -, sondern auf die „Erweiterung der Einbildungskraft an sich selbst.“6

Kant bietet eine zweite Definition: „Erhaben ist das, mit welchem in Vergleichung alles andere klein ist.“7

Näher betrachtet fließt diese Bestimmung ganz aus der obengenannten: Wenn etwas absolut groß ist, dann ist kein Maßstab denkbar, der ihm gerecht werden könnte, es sei denn das Objekt selbst wäre der Maßstab. Das bedeutet freilich, daß alles an ihm gemessene klein ist. Die zweite Definition bildet allerdings den Ausgangspunkt für die abschließende Überlegung dieses Paragraphen, die noch einmal die Subjektivität des Erhabenheitsurteils fokusiert:

Teleskop und Mikroskop zeigen laut Kant, daß wir in der Natur nichts noch so Großes oder Kleines finden können, was nicht wiederum als vergleichsweise klein bzw. groß erkannt werden kann. Kein sinnlich erfahrbares Ding kann also als erhaben beurteilt werden. Erhaben kann allein die Gemütsstimmung genannt werden, die in einer Erfahrung von Vernunft besteht, welche durch die reflektierende Urteilskraft eine Totalität oder absolute Größe denken kann.

Dieser Umstand wird durch eine dritte Definition ausgedrückt, die diesen Abschnitt beschließt und die eröffnende erste Begriffsbestimmung expliziert: „Erhaben ist, was auch nur denken zu kön- nen ein Vermögen des Gemüts beweiset, das jeden Maßstab der Sinne übertrifft.“8

§ 26 Von der Größenschätzung der Naturdinge, die zur Idee des Erhabenen erforderlich ist.

Die Aussage „Dieser Turm ist fünfzig Meter hoch“ führt als mathematische Komponente den Zahl- begriff „fünfzig“ bei sich, als Maßeinheit fungiert der Vergleichsbegriff „Meter“. Letzerer ist (wie im vorhergehenden Paragraphen schon erwähnt) durchaus nicht absolut, sondern relativ, und damit ist die ganze Größenmessung subjekt-abhängig9, auch wenn der mathematische Zahlbegriff potentiell ins Unendliche führen kann.

Wäre es möglich, für die ästhetische Größenschätzung eine Maßeinheit anzugeben, von der aus keine größere gedacht werden kann, so wäre damit notwendig das Gefühl des Erhabenen verbunden. Da in der sinnlichen Welt aber eine solche absolute ästhetische Größeneinschätzung nicht stattfinden kann, muß es sich bei diesem Gefühl der Erhabenheit um eine Idee der Totalität in der Vernunft han- deln.

Bei der Einschätzung einer Größe wirken Auffassung (apprehensio) und Zusammenfassung (compre- hensio aesthetica) zusammen. Sukzessive entsteht so ein Gesamteindruck, der aber durch den Um- fang des vorgestellten Gegenstandes eventuell gar nicht erreicht werden kann. Als Beispiel dient Kant der Petersdom in Rom: Die Einbildungskraft des Betrachters stößt an ihre Maximalgrenze, wenn sie versucht, die Sinneseindrücke der Kirche zu einem Ganzen zusammenzufassen. Die Vorstellung einer Totalität mißlingt der comprehensio, wir erfahren unsere Einbildungskraft als dem Gegenstand unan- gemessen. Insofern stellt sich zunächst ein Gefühl der Unlust ein. Wie daraus ein Wohlgefallen resul- tieren kann, will Kant erst in § 27 erläutern.

„ ohne Zweck... “

Für den ästhetischen Charakter eines Erhabenheits-Urteils ist es von entscheidender Bedeutung, daß an demselben nicht der geringste Zweck festzustellen ist.

Deshalb nimmt Kant von diesem Urteil alle Produkte menschlicher Kunst („wo ein menschlicher Zweck die Form sowohl als die Größe bestimmt“10 ) und alle Naturdinge, die von bekannter Bestimmung oder auch nur von Reiz sind, aus: Mit ihrem Begriff wäre dann ja ein bestimmter Zweck verbunden und das Urteil so nicht mehr rein ästhetisch, sondern verstand- bzw. vernunftorientiert. Der erhabene Gegenstand muß vielmehr ungeheuer sein, und das ist er, „wenn er durch seine Größe den Zweck, der den Begriff desselben ausmacht, vernichtet.“11

„ ...zweckm äß ig “

Analog zum Schönen muß zum Prädikat „ohne Zweck“ auch beim Erhabenen die Feststellung einer allgemeingültigen Zweckmäßigkeit hinzukommen, insofern der erhabene Gegenstand ohne Interesse Wohlgefallen erregen soll. Kant stellt diese Forderung zwar auf und „fragt sich: welches ist diese subjektive Zweckmäßigkeit?“12 Die Antwort liefert er aber - wenn überhaupt - auf sehr indirekte Weise. Der Gang meiner Darstellung muß daher an dieser Stelle von der Vorlage teilweise abweichen und andere Aussagen Kants als Hilfe mit einbeziehen.

Aus dem bisher Ausgeführten wird klar, daß die Grundlage für die Zweckmäßigkeit des Erhabenen nicht in einer Form (also Qualität), sondern in einer Quantität zu suchen ist.

Kant setzt voraus, daß ein natürliches Bestreben die Vernunft anleitet, alle empfundenen Größen zu einem einzigen Ganzen zusammenzufassen13, ob das dem Gegenstand nun angemessen ist oder nicht, ob die Darstellung dieser Totalität durch die Einbildungskraft geleistet werden kann oder nicht. Die „Stimme der Vernunft“ verlangt „mithin Zusammenfassung in eine Anschauung und für alle jene Glieder einer fortschreitend-wachsenden Zahlreihe Darstellung“; sie nimmt „selbst das Unendliche (Raum und verflossene Zeit) von dieser Forderung nicht“14 aus.

Der Verstand kann dieser Forderung Genüge tun, weil die Auffassung im Zahlenbegriff progressiv vor sich geht; prinzipiell ist die mathematische Reihe ins Unendliche hinein vorstellbar. Die compre- hensio aesthetica stößt aber durch ihre zusammenfassende Vorgehensweise bei der Darstellung einer Unendlichkeit - bzw. der Unendlichkeit nahen Totalität - an ihre Fassungsgrenze. „Das gegebene Unendliche aber dennoch ohne Widerspruch auch nur denken zu können, dazu wird ein Vermögen, das selbst übersinnlich ist, im menschlichen Gemüte erfordert.“15 Die Vernunft zeigt der Sinnlichkeit ihre Grenzen auf, dem Subjekt selber aber macht sie seine im Vernunftgebrauch begründete Vor- nehmheit bewußt.

Die Vorstellung der Totalität findet ihren Begriff also in der Vernunft, wo er die Form einer Idee hat (Noumenon). Und mit dem Begriff ist auch die Zweckmäßigkeit seines Gegenstandes entdeckt, wie Kant in der Analytik des Schönen erklärt: „Die Causalität eines Begriffs in Ansehung seines O b- jects ist die Zweckmäßigkeit (forma finalis).“16

Da freilich die Idee - als Begriff ohne Gegenstand - kein entprechendes Objekt in der realen Welt besitzt, kommt es zu einer produktiven Tätigkeit der reproduktiven Einbildungskraft.

Das freie Spiel zwischen Einbildungskraft und Verstand bei der Beurteilung des Schönen findet seine Entsprechung darin, daß beim Erhabenen die Urteilskraft Vernunft und Einbildungskraft in eine sub- jektive Übereinstimmung bringt. Mit Kants Worten: Es entsteht durch die Wahrnehmung eines „er- habenen Gegenstandes“ eine „Gemüthsstimmung [...] welche derjenigen gemäß und mit ihr verträg- lich ist, die der Einfluß bestimmter Ideen (praktischer) auf das Gefühl bewirken würde.“17

§ 27 Von der Qualität des Wohlgefallens in der Beurteilung des Erhabenen.

Kant untersucht in diesem Abschnitt, wie das Urteil einer Erhabenheit ein Gefühl der Lust erzeugen kann, wo doch die Unangemessenheit der Einbildungskraft bezüglich der Vorstellung einer Totalität eine Unlust bewirkt. Dabei wiederholt er, genau besehen, den vorherigen Gedankengang und streicht erneut die wichtige Rolle, die die Vernunft für das Urteil einer Erhabenheit einnimmt, heraus.

Zu diesem Zweck führt er den Begriff der Achtung ein, den er definiert als „das Gefühl der Unange- messenheit unseres Vermögens zur Erreichung einer Idee, die für uns Gesetz ist“18. Und eine Er- scheinung, die in uns das Gefühl des Erhabenen weckt, löst eine solche „Achtung für unsere eigene Bestimmung“19 aus: Das Unlustgefühl, entstanden aus der Einsicht in die Unangemessenheit, mit der die Einbildungskraft den „mathematisch-erhabenen Gegenstand“ einschätzt, schlägt um in Wohlgefal- len durch die Überhöhung, die die Vernunft dem sinnlichen Urteil verleiht und die auf diesem Weg ihre eigene Zweckmäßigkeit darstellt. In Kants Definition ist zugleich noch einmal sein ganzes Ver- ständnis von Erhabenheit ausgedrückt, allerdings aus der Warte des Gefühls der Lust und Unlust:

„Die Qualität des Gefühls des Erhabenen ist: daß sie ein Gefühl der Unlust über das ästhe- tische Urteilsvermögen an einem Gegenstande ist, die darin doch zugleich als zweckmäßig vorge- stellt wird; welches dadurch möglich ist, daß das eigne Unvermö- gen das Bewußtsein eines unbeschränkten Vermögens desselben Subjects entdeckt, und das Gemüth das letztere nur durch das erstere ästhetisch beurtheilen kann.“20

Daß derselbe Gegenstand in unseren Gemütskräften unterschiedlich beurteilt wird (von der Einbildungskraft mit Unlust, vom Vernunftvermögen mit Wohlgefallen), macht das Gefühl des Erhabenen zu einem Mischaffekt. Außerdem erzeugt dieselbe Diskrepanz einen Widerstreit innerhalb des Gemütes und damit Bewegung, im Unterschied zur ruhigen Kontempla- tion bei der Betrachtung des Schönen.

Die wesentlichen Merkmale des Gefühls des Erhabenen im allgemeinen und des Mathematisch- Erhaben im besonderen sind damit aufgezählt und Kant schließt diesen Abschnitt, indem er das Paradoxon noch einmal pointiert formuliert:“[...] der Gegenstand wird als erhaben mit einer Lust aufgenommen, die nur vermittelst einer Unlust möglich ist.“21

[...]


1 Immanuel Kant: Kritik der Urtheilskraft. Kants Werke. Akademie-Textausgabe. Unveränderter photomechanischer Abdruck des Textes der von der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1902 begonnenen Ausgabe von Kants gesammelten Schriften. Band V. (=KU), S. 245.

2 ebd.

3 Ludwig Bellermann (Hg.), Schillers Werke Bd. 8, Leipzig und Wien o.J., S. 423

4 Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft, 2. Auflage. Kants Werke. Akademie-Textausgabe. Unveränderter photomechanischer Abdruck des Textes der von der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1902 begonnenen Ausgabe von Kants gesammelten Schriften. Band III. S. 428

5 KU, S. 248.

6 KU, S. 249.

7 KU, S. 250

8 ebd.

9 Daß Kant die Subjektivität der Größenmessung wiederholt „ästhetisch“ nennt, verunklart die Sache unnötig, weil das ästhetische Urteil, um das es eigentlich geht - „x ist erhaben“ - erst an einer erheblich später folgenden Stelle im Argumentationsgang seinen Platz findet.

10 KU, S. 252.

11 KU, S. 253.

12 KU, S. 253.

13 vgl. oben S. 4

14 KU, S. 254.

15 ebd.

16 KU, S. 220.

17 KU, S. 256.

18 KU, S. 257.

19 ebd.

20 KU, S. 259.

21 KU, S. 260.

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Kants Begriff des Mathematisch-Erhabenen
Veranstaltung
Proseminar
Autor
Jahr
1998
Seiten
8
Katalognummer
V95892
ISBN (eBook)
9783638085700
Dateigröße
344 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kants, Begriff, Mathematisch-Erhabenen, Proseminar
Arbeit zitieren
Gerald Fink (Autor:in), 1998, Kants Begriff des Mathematisch-Erhabenen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95892

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