Häufig gestellte Fragen zu: Wilhelm Dilthey - Einleitung in die Geisteswissenschaften
Was ist der Hauptfokus des Textes?
Der Text bietet einen umfassenden Überblick über Wilhelm Diltheys Philosophie, insbesondere seine "Einleitung in die Geisteswissenschaften". Er beinhaltet eine Biografie Diltheys, eine Zusammenfassung seiner wichtigsten Thesen zur Abgrenzung und Begründung der Geisteswissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften, sowie eine kritische Auseinandersetzung mit seinen Argumenten.
Wer war Wilhelm Dilthey?
Wilhelm Dilthey (1833-1911) war ein bedeutender deutscher Philosoph des 19. Jahrhunderts. Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Schopenhauer und Nietzsche war er akademisch erfolgreich und seine Werke sind bis heute relevant. Seine Hauptleistung liegt in der Begründung der Geisteswissenschaften als eigenständige Disziplin mit historischem und systematischem Fundament.
Was verstand Dilthey unter "Geisteswissenschaften"?
Für Dilthey umfassten die Geisteswissenschaften nicht nur Literatur- und Geschichtswissenschaften, sondern alle „Wissenschaften des handelnden Menschen“, also auch die heutigen Sozialwissenschaften. Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften, die objektive Ereignisse erklären, müssen Geisteswissenschaftler ihren Forschungsbereich – dessen Teil sie selbst sind – verstehen und die Zusammenhänge der gesellschaftlichen Realität nachvollziehen.
Wie grenzt Dilthey Geistes- und Naturwissenschaften voneinander ab?
Dilthey unterscheidet zwischen dem „Erklären“ der Naturwissenschaften und dem „Verstehen“ der Geisteswissenschaften. Naturwissenschaften befassen sich mit objektiven, allgemeingültigen Gesetzen, während Geisteswissenschaften den Geist und das Bewusstsein des Menschen, seinen „freien Willen“ und die subjektive Erfahrung im Mittelpunkt ihrer Betrachtung haben. Dilthey argumentiert sogar für eine Überlegenheit der Geisteswissenschaften, da sie sich mit dem reflektiven Bewusstsein selbst auseinandersetzen.
Welche Kritik wird an Diltheys Argumentation geübt?
Der Text kritisiert Diltheys komplizierte Argumentation und die Behauptung, dass für den Menschen nur das existiert, was ihm bewusst ist. Weiterhin wird angemerkt, dass die klare Abgrenzung zwischen Geistes- und Naturwissenschaften und die behauptete Überlegenheit der ersteren heute nicht mehr uneingeschränkt haltbar sind, da auch in den Naturwissenschaften Reflexion über das eigene Handeln stattfindet.
Welche Quellen werden im Text zitiert?
Der Text bezieht sich auf verschiedene Werke, darunter Diltheys "Einleitung in die Geisteswissenschaften", sowie diverse philosophische Lexika und Enzyklopädien (z.B. Metzler-Philosophenlexikon, Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie).
Was ist das Ziel des Textes?
Der Text zielt darauf ab, Diltheys Philosophie, insbesondere seine Konzeption der Geisteswissenschaften, verständlich darzustellen und kritisch zu reflektieren. Er dient somit als wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem wichtigen Denker und seiner Theorie.
1. Wilhelm Dilthey gehört zu den bedeutendsten Philosophen des 19. Jahrhunderts. Er war, im Gegensatz zu Schopenhauer oder Nietzsche, akademisch erfolgreich und seine Werke haben bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Dilthey`s größte Bedeutung liegt in seinem Bemühen, die von ihm genannten Geisteswissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften abzusichern, in dem er ihnen ein historisches und systematisches Fundament schuf.
Unter dem Begriff der Geisteswissenschaften verstand Dilthey nicht nur die literarischen und historischen Wissenschaften eingefaßt, sondern die „Wissenschaften des handelnden Menschen“1, also die heutigen Sozialwissenschaften ebenso.
Anders als in den Naturwissenschaften, in denen vom Menschen un- abhängige Ereignisse erklärt und systematisiert werden, muß der Geis- teswissenschaftler seinen Forschungsbereich, dessen Teil er selbst ist, also die Zusammenhänge der gesellschaftlichen Realität nachvollzie- hen. Die Gegenstände der Geisteswissenschaft umfaßt Dilthey in dem geistigen Akt des „Verstehens“, daß ein Erlebnis voraussetzt.2
Nach der Biographie von Wilhelm Dilthey stelle ich seine wichtigsten Thesen und Aussagen des im Seminar besprochenen Auszuges aus der „Einleitung in die Geisteswissenschaften“ (1883) dar.
2. Wilhelm Dilthey wurde am 19. November 1833 in Biebrich bei Wiesbaden geboren. Er war Sohn eines Pfarrers und begann auf des- sen Wunsch im Jahr 1852 ein Theologiestudium in Heidelberg. Ab dem Jahr 1853 studierte er in Berlin und legte dort 1856 das erste theologische Staatsexamen ab. In Berlin lagen Dilthey`s Studien- schwerpunkte allerdings in der Philologie, Philosophie und in dem Studium der Geschichte.
Dilthey schloß die staatliche Schulamtsprüfung ab und war kurze Zeit als Gymnasiallehrer tätig bevor er sich entschloß, die akademische Laufbahn einzuschlagen. 1864 fand Dilthey`s Pro- motion und Habilitation in Berlin statt. Es folgten mehrere Professu- ren u.a. in Basel (1867/68), Kiel (1868 - 1871), Breslau (1871 - 1882) und Berlin (1883 - 1908). Wilhelm Dilthey war der Begründer der Erkenntnistheorie der Geisteswissenschaften.3
Mit seiner „Einleitung in die Geisteswissenschaft“ erschienen 1883, beginnt seine systematische Grundlegung derselben und damit der Versuch, ihre methodische Selbständigkeit zu sichern.
3. In dem ersten Kapitel stellt Dilthey den Sinn und Zweck seiner Arbeit dar. Es existierten für ihn bis dato nur naturwissenschaftliche Grundlagenwerke, die in die Methodik derselben einführten. Sie alle waren von Naturwissenschaftlern verfaßt.
Demgegenüber wollte Dilthey für die Bereiche Geschichte, Politik, Theologie und Literatur ein ebensolches Grundlagenwerk schaffen, da seiner Meinung nach die Geisteswissenschaften im 19. Jahrhundert zu Unrecht ein Schattendasein neben den Naturwissenschaften führten. Zu der Unterstützung seines Anliegens, die Geisteswissenschaften in ihrer Berechtigung zu stärken, verglich Dilthey die Gesellschaft mit einem Maschinenbetrieb. Jeder geistig arbeitende Mensch sei ein Rad im Getriebe, aber es bedürfe einer übergeordneten Grundlegung in der Methodik. Dilthey wollte den Bezug zwischen Sätzen und Regeln der geistig Schaffenden und der realen menschlichen Gesellschaft herstel- len.4 Es sei für die Zivilisation zu einer existenziellen Bedingung ge- worden, die Kräfte, welche in einer Gesellschaft herrschen, zu kennen und analysieren zu können.
Im zweiten Kapitel definiert Dilthey zuerst die Begriffe „Wissen- schaft“ und „Geisteswissenschaften“. Dilthey faßt die geschichtlichgesellschaftlichen Wissenschaften unter dem Begriff der „Geisteswissenschaften“ zusammen. Wissenschaft sei die Bündelung von Sätzen und Regeln die allgemeingültig, konstant und zu einem abgeschlossenen Ganzen zusammengefaßt sind. Im 19. Jahrhundert spielten die Naturwissenschaften innerhalb der akademischen Welt eine dominierende Rolle. Dilthey hingegen behauptete nicht nur eine Gleichberechtigung, sondern sogar eine Vormachtstellung der Geis- teswissenschaften gegenüber den Naturwissenschaften.
Die Vorgänge innerhalb der menschlichen Gesellschaft bezeichnete Dilthey als „geistige Tatsachen“.5 Diese bilden die humane Realität, welche geistig durchdrungen und verstanden werden soll. Geistige Tatsachen, also die Wissenschaft insgesamt, teilt Dilthey in Geistes- und Naturwissenschaften, wobei der Begriff „Geisteswissenschaften“ für ihn nicht das Optimum der Bezeichnung derselben darstellt.
Der Mensch hat, so Dilthey, die Fähigkeit, seine Handlungen und Ge- danken seinem Willen zu unterwerfen. Es existiere im Menschen eine selbständige innere Welt. Für ihn ist nur real und existent, was ihm bewußt ist. Dilthey behauptet, daß es für den Menschen keine Tatsa- chen gibt, die ihm nicht bewußt sind. Tatsachen, die sich innerhalb der Natur abspielen sind uns bewußte Tatsachen, da es für sie Regeln und Sätze gibt, die eben allgemeingültig und konstant seien. Das Bewußt- sein ist laut Dilthey eine geistige Angelegenheit und naturwissen- schaftliche Erklärungen sind übergeordnet geisteswissenschaftliche Erklärungen, da sie uns bewußt sind.
Dilthey behauptet sogar, daß die Geisteswissenschaft die Naturwissenschaften nicht benötige, da die Gegenstände der Reflexion ein „eigenes Reich von Erfahrungen“ sei.6
Für Dilthey waren das „Erklären“ der Naturwissenschaften und das „Verstehen“ der Geisteswissenschaften beides dem Menschen bewuß- te Vorgänge. Die Voraussetzung der Wissenschaft insgesamt ist das Bewußtsein, also quasi eine „Bewußtseinswissenschaft“ als obere E- bene. Daraus resultierte für Dilthey, daß Aspekte der Geisteswissen- schaften in beiden Wissenschaftsteilen existieren muß.
Die Objekte der Naturwissenschaften seien die Materie, Objekte und die Natur an sich.
Die Objekte der Geisteswissenschaften aber seien der Geist und das Bewußtsein an sich. Die Naturwissenschaften sind für Dilthey nicht reflektiv, da sie Gesetze voraussetzen die allgemeingültig sind. Dage- gen seien die Geisteswissenschaften reflektiv, da sie sich sowohl mit dem Objekt „Mensch“, als auch mit dem ihm innewohnenden Vor- gängen beschäftigen.
Der „freie Wille“ des Menschen macht für Dilthey den Unterschied und somit die „Wissenschaft vom Sein“ höherwertig als die Naturwis- senschaften, denn die Objekte derselben haben diesen „freien Willen“ nicht.
4. Die Geisteswissenschaften sind laut Dilthey in der Praxis des Lebens erwachsen, jedoch zu seiner Zeit noch nicht als Ganzes konsti- tuiert.
In der Zeit als Dilthey seine philosophischen Aussagen formulierte, waren die Naturwissenschaften sehr bestimmend und es ist sehr posi- tiv, daß die Geisteswissenschaften durch ihn in ihrer Berechtigung gestärkt wurden. Allerdings läßt Dilthey auch einige Fragen offen wie z.B. die Gewichtung zwischen den Bereichen der Wissenschaften ver- läuft. Eine Aussage wie: „Für den Menschen existiert nur das, was ihm bewußt ist“, kann ich so nicht nachvollziehen. Um uns herum passiert so viel und wir nehmen es wahr ohne es zu verstehen oder weiter darüber nachzudenken. Auch das eigene Bewußtsein als Teil der Reflexion zu nehmen und quasi den eigenen Körper zu verlassen um über ihn nachzudenken halte ich für unrealistisch.
Insgesamt kann ich Dilthey`s Argumentation nur sehr schwer nach- vollziehen, was sicherlich nicht zuletzt an seiner unnötig komplizier- ten Satzbildung liegt, und ich stimme mit ihm nicht überein. Das mag an der anderen Zeit liegen und in dem geänderten Selbstverständnis der Wissenschaften, da auch im naturwissenschaftlichen Bereich die Reflexion über das eigene Tun existiert.
Literatur:
1. Dilthey, Wilhelm :
„Einleitung in die Geisteswissenschaften“ Bd.1 B.G. Teubner Verlagsgesellschaft; Stuttgart Vandenhoeck & Ruprecht; Göttingen
2. Mittelstraß, Jürgen (Hg) :
„Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie“ B.I. Verlag; Mannheim/Wien/Zürich 1980
3. Lutz, Bernd (Hg) :
„Metzler-Philosophenlexikon“ Metzler Verlag; Stuttgart 1989
4. Alexander, Dietrich und Lange, Erhard (Hg) :
„Philosophenlexikon“ Verlag das europäische Buch; Westberlin 1982
5. Brockhaus; 16. Auflage 3. Bd.
Wiesbaden 1953
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1 Peter C. Lang in: „Metzler-Philosophenlexikon“ Hg. Bernd Lutz S. 194
2 Brockhaus; 16. Auflage 3. Bd. 1953 Wiesbaden
3 „Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie“ Hg. Jürgen Mittelstraß S. 483
4 Wilhelm Dilthey: „Einleitung in die Geisteswissenschaften“ S. 3
5 Ebd. S. 5
6 Ebd. S. 9
- Arbeit zitieren
- Ulf Petershagen (Autor:in), 1998, Darstellung und Auseinandersetzung mit Wilhelm Dilthey: ,,Einleitung in die Geisteswissenschaften", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95895