Elterlicher Konflikt und kindliche Rolle - Ein Ansatz von Horst-Eberhard Richter


Ausarbeitung, 1997

36 Seiten


Leseprobe


1. Inhaltsverzeichnis

2. ZUSAMMENFASSUNG

3. EINLEITUNG

4. VIER KLASSISCHE PSYCHOANALYTISCHE ANSÄTZE
4.1. Freud, Jung und der prophylaktische Pessimismus
4.2. Adler, Schultz-Hencke und das positive Erziehungsziel
4.3. Zusammenfassung

5. PERSPEKTIVENWECHSEL: DAS MODELL VON HORST-EBERHARD RICHTER
5.1. Die Rolle der Eltern bei der Entstehung frühkindlicher Neurosen
5.2. Elterlicher Konflikt und kindliche Rolle
5.3. Übertragung und narzißtische Projektion
5.3.1. Grundlegende Prozesse der Übertragung und narzißtischen Projektion

6. ROLLENTYPEN
6.1. Das Kind als Substitut für eine Elternfigur
6.2. Das Kind als Gatten-Substitut
6.3. Das Kind als Substitut für eine Geschwisterfigur
6.4. Das Kind als Abbild schlechthin
6.5. Das Kind als Substitut des idealen Selbst
6.6. Das Kind als Substitut der negativen Identität (Sündenbock)
6.7. Das Kind als umstrittener Bundesgenosse

7. ABSCHLIEßENDE BETRACHTUNGEN

8. LITERATURVERZEICHNIS

2. Zusammenfassung

Ältere psychoanalytische Ansätze der Neurosenlehre legten ihr Augenmerk in aller Regel auf die Triebregungen und Wünsche des Kindes. Der Bedeutung der Eltern wurde dabei unterschiedliches Gewicht beigemessen. Hauptsächlich aber wurden übermäßige Versagung, Verführung und indifferentes Verhalten der Eltern für die Entstehung von Neurosen verantwortlich gemacht.

Das hier vorgestellte Modell geht von der Perspektive der unbewußten Konflikte der Eltern aus, wobei die Annahme maßgeblich ist, daß Eltern ihrem Kind eine bestimmte Funktion innerhalb ihres eigenen Konflikts zuweisen. Hieraus werden Rollenerwartungen mit unterschiedlichen traumatischen Konsequenzen für das Kind generiert. Die Rollenerwartungen kommen entweder durch den Prozeß der Übertragung zustande, bei dem das Kind als Substitut für einen realen Partner dient oder durch eine narzißtische Projektion, mit dem Kind als Projektionsfläche für Anteile des elterlichen Selbst. Auf die besonderen traumatischen Auswirkungen, die sich für das Kind ergeben, wird jeweils gesondert eingegangen.

3. Einleitung

Die Feststellung, daß sich die frühe menschliche Entwicklung im Regelfall in einem wie auch immer gearteten Familienverband vollzieht, dürfte heute innerhalb der Psychologie wohl unbestritten sein. Die immense psychologische Bedeutung der Familie wurde jedoch erstmals von Freud (vgl. Dorsch, 1987) und später auch von Psychoanalytikern anderer Schulen, wie beispielsweise A. Adler, hervorgehoben. Nicht zuletzt aus diesem Grunde erscheint es lohnenswert, sich mit diesem Ansatz weiter zu beschäftigen.

Die Psychoanalyse bleibt nicht bei einer bloßen Beschreibung familiärer Konflikte stehen, sondern bemüht sich intensiv um Aufdeckung und Erklärung der diesen Konflikten zugrundeliegenden Ursachen.

Der kausale Ansatz wirft aber gleichzeitig viele Fragen auf: Unterliegt die Entstehung familiärer Konflikte und kindlicher Neurosen ubiquitären Mechanismen? Wenn ja, inwieweit erweisen sich diese als beeinflußbar? Kann es eine Erziehung geben, welche der Bildung von Neurosen entgegenwirkt? Welche Rolle kommt den individuellen Prädispositionen des Kindes zu? Welche den Charaktereigenschaften der Eltern?

Dem Ansatz von Horst-Eberhard Richter folgend, auf dessen Werk ,,Eltern, Kind und Neurose" (1972) sich die vorliegende Arbeit im wesentlichen stützt, soll gezeigt werden, daß der Persönlichkeit der Eltern bei der Entstehung psychopathogener Prozesse und Konflikte innerhalb von Familien eine besondere Rolle zukommt. Seine Erkenntnisse gewann Richter aus Beobachtungen klinischer Fälle, die er während seiner Tätigkeit in einer familientherapeutischen Einrichtungen machen konnte. Die wichtigsten Ergebnisse seiner Studie sollen in diesem Referat vorgestellt werden.

Hierzu werden zunächst in einer kurzen Übersicht vier klassische psychoanalytische Ansätze dargestellt. Anschließend beschäftigt sich der Hauptteil des Referates mit der von Richter aufgestellten Typologie von traumatisierenden Rollen der Kinder innerhalb von Familien. Im vierten und letzten Abschnitt der Arbeit soll eine kritische Würdigung der Ansätze versucht werden.

4. Vier Klassische Psychoanalytische Ansätze

,,Die äußeren Formen, in denen das sogenannte glückliche Familienleben sich abzuspielen pflegt, sind überall die gleichen, das unglückliche dagegen verläuft in jedem einzelnen Falle auf eine besondere und einmalige Art" (Leo N. Tolstoi, Anna Karenina, S. 7).

Zwar spricht Tolstoi hier von den äußeren Formen des Familienlebens, die nicht unbedingt primärer Gegenstand psychoanalytischer Betrachtungsweise sind, doch kann auch bei der Beschäftigung mit der Psychoanalyse der Eindruck entstehen, es handele sich eher um eine Theorie des Abnormalen als der normalen Psychologie.

Dieser Anschein rührt daher, daß viele Erkenntnisse der Psychoanalyse aus dem Studium und aus der Behandlung des Abnormalen abgeleitet sind. Freud gewann seine Erkenntnisse zunächst unmittelbar aus der Behandlung seiner Patienten, und sowohl er als auch seine Schüler bauten ihre weitere Forschung auf diesem Fundament auf.

Auf diese Weise entstand eine allgemeine psychologische Theorie, in der zwei Prinzipien als fundamental angesehen werden können (vgl. Brenner, 1972): das Prinzip der psychischen Determiniertheit und das der Wirksamkeit unbewußter psychischer Prozesse. Ersteres besagt, daß es im Bereich der Psyche nichts zufälliges geben kann. Jede Handlung und jede emotionale Regung ist auf dem Hintergrund früherer Erfahrung versteh- und erklärbar. Es gibt demzufolge stets einen kausalen Zusammenhang zwischen unseren früheren und jetzigen psychischen Erlebnissen. Wie auf einer Wachsmatrize wird unser gesamtes psychisches Erleben, und nach psychoanalytischer Auffassung geht es dabei in der Hauptsache um Trieberfüllung bzw. Versagung, an bestimmter Stelle im sogenannten psychischen Apparat aufgezeichnet. Nach dieser Sichtweise sind wir somit das Produkt unserer früheren Erfahrung, wobei, nach engerer Freudschen Sichtweise, die frühe Kindheit entscheidend ist (Freud, 1933; nach Richter, 1972).

Das Prinzip des Unbewußten ist mindestens ebenso eng mit dem Namen Freuds verbunden, wie derjenige Albert Einsteins mit der Relativitätstheorie. Laplanche und Pontalis (1996) zufolge, läßt sich die Entdeckung Freuds sogar in diesem Prinzip zusammenfassen. Stark vereinfachend ausgedrückt, geht es bei diesem Prinzip darum, daß psychische Prozesse nicht unbedingt dem direkten, bewußten Zugang unterliegen. Brenner formuliert sogar, daß Bewußtheit eher die Ausnahme als die Regel sei (Brenner, 1972, S. 18). Im psychischen Apparat, die bekannte Es-Ich-Über-Ich-Trias, ist das Es Sitz des Unterbewußten. Seine Inhalte sind die verdrängten ,,Triebrepräsentanzen", die mit starker Triebenergie besetzt, wieder ins Bewußtsein zu gelangen trachten. Dabei kollidieren sie mit dem vom Über-Ich repräsentierten Realitätsprinzip, was zur Zensur und Kompromißbildung führt. Bei den verdrängten ,,Triebrepräsentanzen" handelt es sich in erster Linie um frühe Kindheitswünsche - hier zeigt sich auch die enge Verknüpfung der beiden fundamentalen Prinzipien der Lehre Freuds. Die Aufgabe des Ichs besteht nun darin, die beiden gegensätzlichen Regungen zu synthetisieren, wobei dem Ich verschiedene Mechanismen, zum Beispiel Verdrängung, Sublimierung, Verleugnung etc., zur Verfügung stehen. Dabei betonte Freud, daß auch das Ich und Über-Ich unbewußte Anteile enthalten sowie die Rolle der vorbewußten Prozesse. Die strenge Abgrenzung zwischen den einzelnen Instanzen sowie zwischen den Termini ,,bewußt-unbewußt" mag lediglich der Vereinfachung dienen.

4.1. Freud, Jung und der prophylaktische Pessimismus

In seinen ,,Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse" (1917) nennt Freud drei traumatische Situationen, denen bei der Entstehung von Neurosen wichtige Bedeutung zukomme: ,,die Beobachtung des elterlichen Verkehrs, die Verführung durch eine erwachsene Person und die Kastrationsdrohung" (Freud, 1917; zitiert nach Richter, 1972, S. 20). Dieser Katalog neurosefördernder elterlicher Verhaltensweisen wurde insbesondere in den zwanziger Jahren noch durch die von Freud angeregten Forschungen erweitert. Genannt wurden der Mißbrauch elterlicher Autorität, Verbot sexueller Neugierde, Verwöhnung, übermäßige Versagung usw. Man gab sich in dieser Periode der Hoffnung hin, man müsse diese Handlungen bei der Erziehung lediglich vermeiden, um der Entstehung von kindlichen Neurosen und Störungen sicher vorzubeugen. Auf diese Weise könne dann das Ziel der Familie, d. h. die Heranbildung einer möglichst gut angepaßten, leistungsfähigen Generation erreicht werden.

Doch diese optmistische Annahme erwies sich als falsch. Die Modifikation der äußeren Erziehungsbedingungen erwies sich als nicht ausreichend, um eine hinreichende Neurosenprophylaxe zu gewährleisten (Richter, 1972).

Es war wiederum Freud selbst, der die Gründe hierfür aufzuzeigen vermochte: Die analytische Forschung des Referenten verfiel zunächst in den Irrtum, die Verführung als Quelle der kindlichen Sexualäußerungen und Keim der neurotischen Symptombildung weit zu überschätzen. Die Überwindung dieser Täuschung gelang, als sich die außerordentlich große Rolle der Phantasietätigkeit im Seelenleben der Neurotiker erkennen ließ, die für die Neurose offenbar maßgebender war als die äußere Realität (Freud, 1955; S.220).

Es ist demnach bei der Entstehung einer Neurose nicht unbedingt maßgeblich, ob sich die traumatisierende Begebenheit tatsächlich in der vom Patienten erinnerten Weise abgespielt hat oder nicht. Viel wesentlicher erscheint, wie der Neurotiker sie selbst erlebt hat. Dem psychischen Erleben oder, wie Freud es nennt, der ,,psychischen Realität" wird eindeutig der Vorrang vor der materiellen eingeräumt.

Diese Entdeckung Freuds führte dazu, daß den sozialen Einflüssen bei der Ontogenese zunächst ein geringerer Stellenwert eingeräumt wurde. Denn wenn die Formulierung traumatisierender Ereignisse noch verhältnismäßig einfach gelingt, so mag es schier unmöglich erscheinen, einen elterlichen Verhaltenskodex zu entwerfen, der phantasierte traumatische Erlebnisse vermeidet. Der zuerst unter den Psychoanalytikern vorherrschende Optimismus wurde durch eine Periode des Pessimismus abgelöst (Anna. Freud); zumal Freud selbst in seinen späteren Werken das Augenmerk immer stärker auf phylogenetische bedingte und unvermeidliche Faktoren der Neurosenentstehung richtete. Als phylogenetische Faktoren sind zu nennen:

die angeborene Triebambivalenz, die Struktur der Psyche mit ihrer Spaltung in Es, Ich, Über-Ich, die unausweichliche Kollision der menschlichen Triebe mit dem Normenkodex der Gesellschaft, dessen Vermittlung den Erziehern obliegt. (Richter, 1972, S. 23).

Hinzu treten eine Vielzahl von unvermeidlichen Belastungen, die überall vorkommen und ebenfalls als unvermeidlich anzusehen sind, wie das Abstillen, die Sauberkeitserziehung, die Geschwisterrivalität oder die Konkurrenzproblematik der ödipalen Phase. Es liegt auf der Hand, daß die Möglichkeiten auch der aufgeklärtesten Eltern bei dieser Vielzahl angeblich unvermeidlicher Faktoren stark eingeschränkt sind. Die Entstehung von Neurosen oder Störungen entzieht sich somit fast zur Gänze der direkten Einflußnahme und wird als mehr oder weniger von ,schicksalhaften` Einflüssen abhängig charakterisiert. Der Weg zu einer Neurose sieht somit folgendermaßen aus: ein Kind bringt durch Vererbung eine bestimmte Triebstärke und prädisponierende Voraussetzungen zu traumatischen Phantasien mit. Liegen diese beispielsweise in einer besonderen Ausprägung des kindlichen Narzißmus, wird es höchst wahrscheinlich zu einer Neurose kommen, wenn die Familie Zuwachs durch die Geburt eines weiteren Kindes erhält. Da die Hauptursache einer möglichen Neurose nicht in der materiellen Realität, also dem tatsächlichen Verhalten der Eltern, sondern in der psychischen Realität, wie sie vom Kind konstituiert wird, liegt, müßten die Voraussetzungen schon außerordentlich günstig sein, damit eine konflikthafte Entwicklung unterbleiben kann.

Jung, ein ehemaliger Schüler Freuds, übernahm für seine Theorien die beiden Grundprinzipien der psychischen Determiniertheit und der Wirksamkeit des Unbewußten. Ebenso wie für Freud nahm er zunächst die ,,affektive Beziehung zu den Eltern" (Jung, C. G., 1969, S. 354) als ursächlich für kindliche Anpassungsstörungen an.

Stärker jedoch noch als sein ehemaliger Lehrer gab er diese Sichtweise auf, als er seine Lehre vom ,,kollektiven Unbewußten" konzipierte, bei der das Konstrukt sogenannter ,,Archetypen" eine zentrale Rolle einnimmt. Bei Archetypen handelt es um kollektive Instinktvorlagen, die bei jedem Mensch gleichermaßen vorhanden sind. Sie bilden als psychische Korrelate der somatischen Instinkte gewissermaßen erst die Grundlage des individuell Unbewußten. Archetypen werden durch die ureigensten Menschheitserfahrungen gebildet, was sich, so die Jungsche Auffassung, in den ewig wiederkehrenden, gleichen Thematiken in Sagen, Mythen, aber auch in der Kunst und Literatur widerspiegelt. Ein solcher Archetypus ist beispielsweise der ,,Schatten", welcher die bösen Anteile unseres Selbst repräsentiert. Eine Personifizierung erfährt er durch den Satan oder den Bösewicht, der in Sagen stets durch den strahlenden Helden besiegt wird.

Es mag fruchtbar und anregend sein, sich auf diesem Hintergrund mit Kunst und Literatur auseinanderzusetzen, für die Erforschung der Bedeutung sozialer Einflüsse bei der Erziehung hat sie sich hingegen als wenig impulsgebend erwiesen. Zumal Jung in seiner negativistischen Auffassung noch einen Schritt über Freud hinausging, als er die Frage, inwiefern die Eltern für die Entwicklung des Kindes wichtig seien, wie folgt beantwortete: nicht etwa darum, weil sie diese oder jene menschliche Fehler oder Vorzüge haben, sondern weil - sozusagen zufälligerweise - sie die Menschen sind, die dem kindlichen Gemüt zum erstenmal jene dunklen und mächtigen Gesetze vermitteln (Jung, 1969, S. 346).

Den Eltern kommt allenfalls die Rolle von Vermittlern archetypischer Gesetzmäßigkeiten zu und die Genese von kindlichen Störungen begründet sich wesentlich in heriditären Ursachen.

4.2. Adler, Schultz-Hencke und das positive Erziehungsziel

Alfred Adler, ebenfalls ein ehemaliger Schüler Freuds und Begründer der Individualpsychologie, akzentuierte die Eigenschaften und den Erziehungsstil der Eltern wesentlich stärker.

A. Adler unterschied dabei drei wichtige Erlebnisursachen: die Organminderwertigkeit, Zärtlichkeitsmangel und übertriebene Zärtlichkeit.

Das Erlebnis der Minderwertigkeit eigener Organe führt, so A. Adler, zu Minderwertigkeitsgefühlen, die kompensiert oder, im pathologischen Falle, überkompensiert werden müssen.

Das Streben nach Macht und Überlegenheit wird überspitzt und ins Krankhafte gesteigert (Adler, Alfred, 1925, S. 31; zitiert nach: Richter, 1972, S. 28).

Übertriebene Härte führt nach individualpsychologischer Sicht zur Gefühlsscheu und Isolation, wohingegen eine Verzärtelung zu einem übersteigerten Anspruchsdenken sowie dem Bestreben führe, die Umgebung unter den Druck egoistischer Ansprüche zu setzen. In beiden Fällen sei das Ergebnis eine Unterentwicklung des Gemeinschaftsgefühl, in dem A. Adler den Sinn des Lebens erkannt zu haben glaubte.

Sie [die Individualpsychologie; Anmerkung des Verf.] hat aus tausendfältiger Erfahrung eine Anschauung gewonnen, die imstande ist, die Richtung zur idealen Vollkommenheit einigermaßen zu verstehen, und zwar in ihrer Feststellung der Normen des Gemeinschaftsgefühls ( Alfred Adler, 1994, S. 166).

Der materialistisch geprägten Theorie Freuds stellt A. Adler eine an humanistischen Grundsätzen orientierte psychologische Theorie gegenüber, welche die Rolle der Eltern bei der Vermittlung des notwendigen Gemeinschaftsgefühls ausdrücklich hervorhebt. Aufgabe der Familie ist nach dieser, zugegebenermaßen sehr normativen Sichtweise, nicht bloß die Sicherstellung der ,,sozialen Reproduktion", sondern sie ist, soll Erziehung gelingen, Keimzelle des Gemeinschaftsgefühls.

Es wäre interessant, diesen Ansatz gerade im Hinblick auf den Wandel, den Ehe und Familie als gesellschaftliche Institutionen erfahren, weiterzuverfolgen.

Schultz-Hencke, bekannt als Begründer der Neo-Psychoanalyse, griff den Gedanken A. Adlers auf, dabei stets bemüht, die verschiedenen psychodynamisch orientierten Schulen inhaltlich wieder zusammenzuführen. Von A. Adler übernahm er dabei die Betonung der individuellen Sozialfaktoren, von Freud die Auffassung, daß zumeist nicht ein einzelnes belastendes Erlebnis für eine Entwicklungsstörung maßgeblich sei, sondern viele kleinere Ereignisse, die sozusagen kulminieren.

Schultz-Hencke betont ausdrücklich die direkten Auswirkungen ungünstiger Erziehereinstellungen. Der Einfluß, den A. Adler ausübte, zeigt sich weiterhin in den bei hauptsächlichen Hemmungsfaktoren: Härte und Verwöhnung. Seine Theorie ist dabei stark auf die Perspektive kindlicher Triebbedürfnisse, hier als Antriebe bezeichnet, gerichtet. Ein Kind ,will` triebhaft expansiv sein, es will sich entfalten [...] Trifft auf einen Menschen schon in allerfrühester Kindheit eine Atmosphäre der Härte, d. h. vielleicht nur der Lieblosigkeit, der mangelnden Bestätigung, so wird sein Entfaltungsdrang eingeschüchtert, sein Streben wird gelähmt (Schultz-Hencke, H., 1965, S. 57)

Sein Oberbegriff für alle belastenden Erlebnisse ist das Hemmende, das als ,,Gehemmtheit höheren Grades" Synonym für Neurose ist.

Die Begriffe Härte und Verwöhnung werden dabei recht weit gefaßt, so daß Härte mehr bezeichnet, als nur einen äußerst rigiden Erziehungsstil. Auch übertriebene Verwöhnung, die nur dazu dient, starken moralischen Druck auf das Kind auszuüben, sieht Schultz-Hencke als Spielart getarnter Härte.

Hieraus läßt sich, ebenso wie bei A. Adler, ein positives Erziehungsziel ableiten, das unter Vermeidung von übermäßiger Härte oder Verwöhnung zu erreichen ist. Unverkennbar ist hierbei die ungleich optimistischere Perspektive.

4.3. Zusammenfassung

Nach diesem kurzen Überblick über vier klassische psychoanalytische Ansätze, sind die eingangs aufgeworfenen Fragen unterschiedlich zu beantworten.

Die von Freud genannten, neurosefördernde Bedingungen lassen sich in vier Gruppen einteilen:

1. Allgemeine Anlagefaktoren; z. B. besondere Triebstärke, Ambivalenz, Bisexualität.
2. Spezielle anlagebedingte Bereitschaften zu traumatischen Phantasien, als Niederschlag der Phylogenese aufgefaßt: z. B. Bereitschaft zur Kastrationsphantasie.
3. Inkompatibilität von Triebbedürfnissen und allgemeinen gesellschaftlichen Normenkodex.
4. Schicksalsbedingte Partnerkonflikte: z. B. Abstillen, Geschwisterrivalität usw. (Richter, 1972, S. 31).

Diese Bedingungen sind unvermeidlich und damit dem Elterneinfluß weitgehendst entzogen, wobei Freud ursprünglich die Bedeutung der individuellen Sozialfaktoren erkannte, später aber vernachlässigte.

Geradezu parallel hierzu die theoretische Entwicklung im Lehrgebäude Jungs, der bei seinem Entwurf der ,,Archetypen" und des ,,kollektiven Unbewußten" sogar noch über Freud hinausging.

Die beiden zuletzt aufgeführten Theoretiker betonten demgegenüber weiterhin die Wirksamkeit von Milieueinflüssen bei der menschlichen Entwicklung. Erziehungsfehler spielen nach den Ausführungen A. ADlers und Schultz-Henckes sogar eine wichtige Rolle. Allen vier Ansätzen gemeinsam ist, daß sie die Perspektive des Kindes zu den Eltern einnehmen. Das Kind erscheint mit seinen Triebbedürfnissen maßgeblich zu sein, wohingegen die Eltern auf diese Projektionen nur mit als unterschiedlich wirksam bewertenden Möglichkeiten reagieren können.

Es stellt sich natürlich die Frage, inwieweit auch die Eltern ihrerseits Wünsche, Triebe u. ä. auf das Kind übertragen und auf diese Weise zu dessen Entwicklung, sei es im positiven wie im negativen Sinne, beitragen. Ein Ansatz, der von Hort-Eberhard Richter vertreten und im nun folgenden Abschnitt behandelt wird.

5. Perspektivenwechsel: Das Modellvon Horst-Eberhard Richter

Welche Rolle spielen eigentlich die Eltern mit ihren spezifischen, individuellen Charaktereigenschaften, Wünschen, Motiven, unbewußten Konflikten und Projektionen? Ist es wirklich so, daß das Kind nur an der durch die Eltern vermittelte Triebversagung bzw. Verführung scheitern kann? Kann es nicht eben so sein, daß es an den bewußt oder unbewußt zum Ausdruck gebrachten Erwartungen der Eltern scheitert? Oder daß Eltern die eigenen ungelösten Konflikte am Kind ausagieren, worauf das Kind nur entsprechend, d. h. unter Umständen mit der Ausbildung von neurotischen Symptomen, reagiert?

Man hatte sich daran gewöhnt, daß die Psychoanalyse die Beziehung zwischen Kind und Eltern vornehmlich aus der Sicht des Kindes untersuchte: Wie macht das Kind beim Aufbau seines Ichs, bei der Entfaltung bzw. Abwehr seiner Triebbedürfnisse von den Eltern Gebrauch? Demgegenüber fragt dieses Buch in genau umgekehrter Richtung: Wie benutzen Eltern ihre Kinder, um sich mit deren Hilfe von eigenen Spannungen zu befreien? Wie entstehen kindliche Neurosen als Reaktion auf unbewußte neurotische Bedürfnisse der Eltern? (Richter, 1972, S.8)

Man kann sagen, daß die psychoanalytische Familientheorie mit diesem Perspektivenwechsel ihren Anfang genommen hat (vgl. Schon, 1995, S. 75).

5.1. Die Rolle der Eltern bei der Entstehung frühkindlicher Neurosen

Freud und Jung betonten in ihrer späten Periode beide die Wirksamkeit von phylogenetisch bedingten und unvermeidlichen Faktoren bei der Pathogenese kindlicher Störungen. Interessanterweise bot wiederum eine Freudsche Theorie eine Möglichkeit, die Wirksamkeit von Elterneinflüssen psychoanalytisch zu erforschen.

Es handelt sich hierbei um die Freudsche Theorie des Über-Ichs. Das Über-Ich als Sitz der Realitätsprinzip, entsteht durch die Identifikation des Kindes mit den Normen der Eltern.

Die ins Ich introjizierte Vater- oder Elternautorität bildet den Kern des Über-Ichs, welches vom Vater die Strenge entlehnt (Freud, 1949, S.399). Den hierbei wirksamen psychodynamischen Prozeß bezeichnet Freud als Identifizierung.

Diese läßt sich als eine nach innen gerichtete Projektion verstehen, bei der eine ursprünglich an ein äußeres Objekt orientierte libidinöse Besetzung nach innen verlagert und durch Introjektion im Ich aufgerichtet wird. Wenn dies aber so ist, dann wird das kindliche Über-Ich sehr wohl von individuellen Eigenschaften der Eltern geprägt. Sind die Eltern sehr streng oder sehr mild, konsequent oder eher sprunghaft? In Abhängigkeit von diesem Erziehungsstil wird beim Kind ein entsprechend modifiziertes Über-Ich entstehen.

Freud entdeckte, daß der Mensch in seinen ersten Lebensjahren extrem eindrucksfähig ist (Freud, 1937; nach Richter, 1972, S. 66). Unglücklicherweise ist es naturgemäß sehr schwierig, zu diesen frühkindlichen Erlebnisweisen einen adäquaten Zugang zu finden. Spätere, von Erwachsenen retrospektiv geschilderte Erlebnisse bieten hingegen die Schwierigkeit, phantasierte von tatsächlichen Begebenheiten zu unterscheiden.

Durch zahlreiche Beobachtungen aus der Klinik entwickelten die Psychoanalytiker drei Vorstellungsmodelle, wie sich elterliche traumatische Faktoren auf Kinder auswirken können:

1. Elterliche Einschüchterung fördert pathogene Triebunterdrückung.
2. Elterliche Verführung fördert direkt pathogene Triebstimulation, dadurch zugleich indirekt Schwächung der regulativen Ich-Funktionen.
3. Elterliche ,,Laxheit" fördert direkt pathogene Beeinträchtigung der Ich-Reifung, dadurch zugleich indirekt Triebüberflutung (Richter,1972, S. 66).

Der diesen Vorstellungsmodellen zugrundeliegende Gedankengang sieht folgendermaßen aus: der Mensch ist von Geburt aus mit einem bestimmten Set an Triebimpulsen ausgestattet. Diese entfalten sich im Laufe der Ontogenese im Sinne einer Abfolge von Entwicklungsphasen und lassen sich, je nach Körperzone, auf welche der Partialtrieb zunächst orientiert ist, nach oralen, analen und phallischen Impulsen unterscheiden. Eine weitere Einteilung ergibt sich aus der Gerichtetheit, wobei die Einteilung zwischen auf Bezugspersonen und auf das eigene Selbst gerichteten Trieben verläuft. Eine gesunde Entwicklung hat statt, wenn das Kind seine Triebe in vernünftigen Maße ausleben kann (vgl. Richter, 1972, S. 61).

Die Mutter, und in späteren Situationen der Vater, kann nun durch hemmenden Einfluß die Triebabwehr in übertriebenen Maße steigern (siehe Punkt 1). Dies verhindert die Triebbefriedigung, beseitigt den Trieb selbst aber nicht. Ein innerer Konflikt entsteht, und es kommt ,,deshalb zu verschärfter intrapsychischer Spannung und schließlich zur Ausbildung neurotischer Symptome, in denen sich der abgewehrte Trieb teilweise wieder Ausdruck verschafft" (Richter, 1972, S. 63). Das neurotische Symptom ist in diesem Sinne eine Kompromißbildung zwischen Triebregung und Abwehr und dient der Spannungsreduktion (vgl. Laplanche & Pontalis, 1996, S. 325).

Angst vor Strafe und Strafandrohungen lösen im frühkindlichen Ich Abwehrgänge aus, die zunächst prototypisch vorliegen. Zur Ausbildung reiferer Abwehrmechanismen kommt es erst mit voranschreitender Entwicklung des Ichs. Gerade diese Abwehrmechanismen unterliegen damit aber auch der starken modifizierenden Einflußnahme seitens der Eltern. Der Effekt einer jede Triebregung des Kindes unterdrückenden Erziehung ist die Entstehung einer ,,Über-Ich-Angst" (Richter, 1972, S. 63). Denn letzten Endes verlagert sich der Konflikt vollständig von außen nach innen, und zwar dann, wenn durch den Prozeß der Identifizierung die strengen Eltern in das Über-Ich introjiziert werden. Die Strafangst verlagert sich von den Eltern auf das eigene Über-Ich.

Im genau gegenteiliger Fall, Triebregungen werden von den Eltern nicht systematisch unterdrückt , sondern übermäßig stimuliert (siehe Punkt 2), kommt es zu einer sogenannten ,,Fixierung".

In der Geschichte eines auf solche Weise Erkrankten finden wir gewöhnlich ein bestimmtes Ereignis, das dieser speziellen Triebregung den Durchbruch zur vollen Befriedigung gestattet hat. Das Kind bleibt gebunden und macht die Entwicklung zur erwünschten Erwachsenheit des Trieblebens nicht mit (Anna Freud, 1934, S. 20; zitiert nach Richter, 1972, S. 64).

Fehlt demnach ein vernünftiges Maß an Versagung in einer Phase der kindlichen Triebentwicklung, wird ein solcher Mensch höchstwahrscheinlich auch im späteren Erwachsenalter dieser bestimmte Form der Triebbefriedigung, die er als besonders exzessiv und lustvoll erlebt hat, verhaftet bleiben. Die Lösung von einer bestimmten Stufe der Triebbefriedigung kann nicht oder nur äußerst schwer gelingen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, daß das Kind ,,in besonderem Maße wehrlos wird, die doch eines Tages unausbleiblichen Versagungen auszuhalten" (Richter, 1972, S. 64), etwa wenn es in der Schule mit einer völlig anderen Situation konfrontiert wird.

Das Problem fehlender, aber altersgemäß notwendigen Versagungen, liegt dem unter Punkt 3 aufgeführten Vorstellungsmodell zugrunde. In diesem Falle gibt es von Seiten der Eltern nicht die Tendenz, Triebregungen übertrieben zu unterdrücken oder zu stimulieren, sondern ein Verhalten, daß eher mit Gleichgültigkeit zu beschreiben wäre.

Verhält sich beispielsweise die Mutter bei der Reinlichkeitserziehung zu distanziert, kann sie dem Kinde auch keine Hilfe dabei bieten, seine Triebregungen unter Kontrolle zu bringen. Ganz allgemein läßt sich somit sagen, daß durch Versagung das sich entwickelnde Ich in seinen Fähigkeiten gestärkt wird, auf unmittelbare Bedürfnisbefriedigungen zu verzichten. Erst das Wechselspiel zwischen Triebregung und Versagung ermöglicht eine adäquate Ablösung des Lust- durch das Realitätsprinzip (vgl. Richter, 1972, S. 66). Elterliche Verführung und Distanziertheit lösen demnach ähnliche psychodynamische Prozesse aus.

Ein vierter Ansatz knüpft an den Imitations- und Identifikationsfähigkeiten der Kinder an. Es wird dabei davon ausgegangen, daß Kinder sehr feinfühlig für die affektiven Merkmale ihrer Eltern sind. Im Bestreben sich ganz mit den geliebten Eltern zu identifizieren, werden solche Merkmale häufig von Kindern übernommen. Solche Identifikationen schließen sogar pathogene Merkmale und spezifische elterliche Abwehrmechanismen ein (vgl. Richter, 1972, S. 69). In Anlehnung an die Erkenntnisse Freuds nennt Richter drei Möglichkeiten der Identifikation mit elterlichen Symptomen oder affektiven Merkmalen:

1. Das Kind kopiert das Symptom einer Elternfigur, gegen die es Aggressionen hegt. Ein kleines Mädchen kommt z. B. den gleichen quälenden Husten wie die Mutter. Freud erklärt das mit dem Wunsch des Mädchens, die Mutter beim geliebten Vater ersetzen zu wollen. Das bei dieser feindseligen Regung auftauchende Schuldgefühl bedinge die Imitation des Symptoms: ,,Du hast die Mutter sein wollen, jetzt bist du's wenigstens im Leiden."
2. Das Kind kopiert das Symptom der geliebten Elternfigur. Dann bedeutet es nicht ein ,, feindseliges Ersetzenwollen", sondern nur eine ,,Regression" der Objektbesetzung zur Identifizierung.
3. Die Symptomübernahme durch Identifikation kommt auch ohnenennenswerte Gefühlsbeziehung zustande. Freud spricht von ,,psychischer Infektion", sofern ,,die Identifizierung vom Objektverhältnis" ganz absieht (Richter, 1972, S. 69).

Bei Richters Konzeption der Neurosengenese durch die ,,kindliche Rolle" kommt gerade diesem letzten Modell der Identifikation herausragende Bedeutung zu. Denn es erklärt, wie es dazu kommen kann, daß Kinder die auf sie übertragenen oder projizierten Erwartungen der Eltern erkennen und assimilieren können.

Richter wollte vor allen Dingen einigen weiterführenden Fragen nachgehen. Insbesondere war für ihn interessant, inwieweit die Eltern aktiv an den kindlichen Identifikationen beteiligt sind. Weiterhin wollte er untersuchen, in welchem Ausmaß die Eltern durch ihr eigenes Verhalten diesen Prozeß qualitativ mitbestimmen, indem sie Ausmaß und Selektion der Identifikation steuern (Richter, 1972, S. 71).

5.2. Elterlicher Konflikt und kindliche Rolle

Richters Modell geht zunächst von den durch Freud und anderen frühen Psychoanalytikern entdeckten ubiquitären und unvermeidlichen Faktoren kindlicher Entwicklungsstörungen aus. Wesentliche Bestandteile seines Modells sind die Freudsche Trieblehre, das Gesetz von der psychischen Determiniertheit und des Unbewußten.

Von Richter für wesentlich erachtete psychodynamische Prozesse sind die der Identifikation und Introjektion. Kinder sind in der Lage, bestimmte affektive Merkmale ihrer Eltern durch die beiden genannten Mechanismen zu übernehmen. Richter will darüber hinaus erhellen, welche unbewußten Phantasien von den Eltern, insbesondere von neurotischen Eltern, auf ihre Kinder übertragen werden.

Was suchen die Eltern eigentlich im Kind? Wie sind ihre unbewußten Phantasien beschaffen, die sie auf das Kind beziehen? (Richter, 1972, S. 84).

Ganz allgemein läßt sich sagen, daß Eltern bestimmte positive und negative Erwartungen an ihre Kinder stellen, d. h. die Eltern wünschen, daß die Kinder bestimmte Verhaltensweisen zeigen, andere nicht.

Ein Begriff, der dieses Konglomerat von unterschiedlichen, und natürlich auch ambivalenten Erwartungen, gut zusammenfaßt, ist der sozialpsychologische Rollenbegriff. Dieser Rollenbegriff ist zunächst verhältnismäßig allgemein und eher behavioristisch orientiert. Er umfaßt allgemeine Verhaltensmuster, z. B. die Rolle des Kleinkindes, Rolle des Jungen, Rolle des Bruders oder Rolle des Pubertierenden. Richter definiert für seine Studien den Begriff enger:

Als kindliche Rolle sei in dieser Untersuchung das strukturierte Gesamt der unbewußten elterlichen Erwartungsphantasien gemeint, insofern diese dem Kinde die Erfüllung einer bestimmten Funktion zuweisen (Richter, 1972, S. 85f).

Richter untersuchte bei seinen eigenen Studien diese Fragen. Er ließ sich dabei von der psychoanalytischen Erfahrung leiten, daß die Eltern, die durch ihr besonderes Verhalten neurosefördernd auf ihre Kinder wirken, selbst unter dem Druck ungelöster, affektiver Konflikte stehen (vgl. Richter, 1972, S. 86).

Stimmt die Annahme der psychischen Determiniertheit, geschieht das aber nicht auf zufällige Art. Vielmehr liegt auch in diesen unbewußten Strebungen eine, zunächst verborgene, innere Begründung:

Allgemein formuliert wird dem Kind dabei die Funktion zugewiesen, den Eltern zu einer Entlastung von ihrer Konfliktspannung zu verhelfen. Die Rolle des Kindes bestimmt sich also aus der Bedeutung, die ihm Rahmen des elterlichen Versuches zufällt, ihren eigenen Konflikt zu bewältigen ( Richter, 1972, S. 86).

Freilich führt Richter weiter aus, daß es nicht möglich sei, einfach von den neurotischen Symptomen des Kindes auf den zugrundeliegenden elterlichen Konflikt und umgekehrt zu schließen. Es sei vielmehr stets genau zu prüfen, in welcher Funktion das Kind den Eltern zur Konflikbewältigung verhelfen soll.

Richter weist explizit darauf hin, daß sich auch konfliktbeladene Mütter zu verschiedenen Kindern durchaus differenziert verhalten können. Weiterhin sei das Problem noch dadurch verschärft, daß sich das Kind ja nicht nur mit den Rollenanforderungen eines Elternteils konfrontiert sähe. Vielmehr konvergierten die verschiedensten Erwartungen und träfen auf bestimmte Prädispositionen beim Kinde. Darüber hinaus ließe sich aus der Qualität, also der Natur des Konflikts allein, noch keine genaue Aussage ableiten, wie das Kind die Rolle konkret ausgestalte.

Dennoch kam Richter anhand seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, daß sich zwei große Kategorien von kindlichen, konflikthaften Rollentypen unterscheiden lassen, in Abhängigkeit von dem jeweils als wirksam angenommenen psychodynamischen Prozeß. Es handelt sich dabei zum einen um die Rolle des Kindes ,,als Substitut für einen anderen Partner" oder ,,als Substitut für einen Aspekt des eigenen (elterlichen) Selbst" (Richter, 1972, S. 94). Im ersten Fall wirkt die Übertragung, im zweiten eine narzißtische Projektion. Im folgenden werden diese beiden Prozesse sowie deren psychoanalytische Grundlagen kurz erklärt, damit dann genauer auf die Rollentypen und deren Bedeutung eingegangen werden kann.

5.3. Übertragung und narzißtische Projektion

Der Begriff der Übertragung leitet sich aus Beobachtungen ab, die Freud bei dem Verhalten neurotischer Patienten zu ihrem Arzt machen konnte.

Übertragung bezeichnet einen Vorgang, bei dem mit einer Triebregung einhergehende Affekte und Vorstellung von einem Objekt auf ein anderes, von einer Situation auf eine andere <<übertragen>> werden. Der Übertragungsvorgang beruht einerseits auf dem Umstand, daß im menschlichen Unbewußten Geschehnisse, die zeitlich nichts miteinander zu tun haben, anachronistisch aneinander gekoppelt werden. Neu an das Ich herantretende Wahrnehmungen werden so umgedeutet, daß sie alten, längst im Ich abgelagerten Eindrücken möglichst gleichkommen. Allerdings müssen die neuen in irgendeiner Beziehung den alten gleichen, damit dieser Mechanismus ausgelöst wird (Battegay, 1971, S. 133f).

Freud stellte fest, daß seine Patienten ungelöste Konflikte und Affekte der Patienten zunächst auf ihn als Therapeuten übertrugen, bevor sie einer bewußten Bearbeitung zugänglich waren. Die Übertragung bildet seitdem ein wichtiges Kernstück der psychoanalytischen Psychotherapie.

In dem hier beschriebenen Zusammenhang ist die Funktion der Übertragung eine andere. Sie ist ein wechselseitiger Prozeß bei dem das Kind, durch seine tatsächlichen oder eingebildeten Eigenschaften, einen Elternteil an eine Figur erinnert, mit dem ein konflikhaftes Erleben verbunden ist. War etwa für eine Mutter das Verhältnis zu einer ihrer Schwestern durch besonders starke Rivalitätsgefühle gekennzeichnet und ,,entdeckt" die Mutter Züge ihrer Schwester an ihrer Tochter, kann es leicht dazu kommen, daß diese negativen Affekte von der Mutter stellvertretend auf ihre Tochter übertragen werden. Das Kind erhält dann die Rolle dieser Schwester zugewiesen. Der Konflikt, den Mutter ursprünglich mit ihrer Schwester hatte, wird durch Übertragung wiederbelebt und an der Tochter erneut ausgelebt. Übertragungen sind bei den Rollentypen der ersten Art wirksam, bei denen das Kind als Ersatz für einen realen Partner gewissermaßen mißbraucht wird.

Narzißtische Projektion meint, daß ,,die Eltern im Kind nicht einen Ersatz für einen anderen Partner suchen, sondern eine Projektionsfläche für ihr eigenes Selbst" (Richter, 1972, S. 90). Es sind die Rollentypen der zweiten Kategorie, bei denen dieser psychodynamische Prozeß stattfindet.

Eine Projektion ist im eigentlichen psychoanalytischen Sinne eine Operation, durch die das Subjekt Qualitäten, Gefühle, Wünsche, sogar >>Objekte<<, die es verkennt oder in sich ablehnt, aus sich ausschließt und in dem Anderen, Person oder Sache, lokalisiert. Es handelt sich hier um eine Abwehr sehr archaischen Ursprungs, die man besonders bei der Paranoia am Werk findet, aber auch in >>normalen<< Denkformen wie dem Aberglauben (Laplanche & Pontalis, 1996, S. 400).

Ein ganz alltägliches Beispiel für diese Rolle des Kindes ergibt sich, wenn die Kinder etwas erreichen sollen, was den Eltern zeit ihres Lebens verwehrt geblieben ist. Man könnte etwa an den einfachen Angestellten denken, der unbedingt will, daß sein Sohn studiert. Der Sohn soll das nachholen, was dem Vater nicht vergönnt war.

Wie wirksam solch unbewußte Prozesse sein können, hat wahrscheinlich jeder schon einmal selbst erlebt: Die Eltern werden nicht müde, die besondere Begabung oder Befähigung ihres Nachwuchs zu loben, wenn doch allzu deutlich ist, daß dem jegliche Grundlage fehlt.

Der Unterschied zwischen narzißtischer Projektion und Übertragung besteht darin, daß bei der narzißtischen Projektion das Kind nicht als Substitut für einen realen Konfliktpartner dient. Es werden ihm hingegen Eigenschaften des der Projektion unterliegenden Elternteils zugewiesen. Auf das Kind werden in diesem Falle positive oder negative Aspekte des elterlichen Ichs projiziert.

5.3.1. Grundlegende Prozesse der Übertragung und narzißtischen Projektion

Auf welche grundlegenden Prozesse lassen sich Übertragung und narzißtische Projektion zurückführen? Diese Frage beantwortet Freud im Rahmen seiner Libidotheorie (Libido = lat. für Lust, Wunsch).

Libido ist ein Ausdruck aus der Affektivitätslehre. Wir heißen so die als quantitative Größe betrachtete - wenn auch derzeit nicht meßbare - Energie solcher Triebe, welche mit all dem zu tun haben, was man als Liebe zusammenfassen kann (Freud, 1921, S. 98; zitiert nach Laplanche & Pontalis, 1996, S. 285)

Freud betonte stets den sexuellen Charakter der libidinösen Energie. Die Libido verhält sich zum Sexualtrieb nach Freud wie ,,der Hunger zur Nahrungsaufnahme" (Laplanche & Pontalis, 1996, S. 286). Wenn der Ausmaß unseres Hungers den Trieb zur Nahrungsaufnahme quantifiziert, quantifiziert die Libido den Drang zur Befriedigung des Sexualtriebes. Der Sexualtrieb ist nach der Freudschen Stufenlehre in zeitlicher Abfolge in bestimmten Partialtrieben organisiert. Der Säugling, der sich auf der oralen Stufe seiner Entwicklung befindet, erfährt seine Triebabfuhr oder Lustbefriedigung durch das Saugen oder z. B. die Aufnahme von Gegenständen in die Mundhöhle.

Zuerst ruhe die gesamte Libido im Ich des Kindes, es befindet sich im Zustand des primären Narzißmus. In dieser Phase entwickelt das Kind noch keine libidinös besetzten Bindungen an seine Umwelt. Es ist in diesem Sinne extrem ,,autistisch". Erst im weiteren Verlauf der kindlichen Entwicklung werde Libidoenergie an Objekte der Umwelt abgegeben. Zu diesen Objektbesetzungen verhalte sich das kindliche Ich ,,wie der Körper eines Protoplasmatierchens zu den von ihm ausgeschickten Pseudopodien" (Freud, 1949, S. 141). Mit diesem Bild versucht Freud seine Auffassung zu verdeutlichen. Primitive Einzeller bilden durch Abfluß des Zellplasma in einer bestimmten Richtung sogenannte ,,Scheinfüßchen" (Pseudopodien) aus, um sich auf diese Weise fortzubewegen. Die Pseudopodien dienen aber nicht nur der Fortbewegung, sondern auch der Nahrungsaufnahme und fließen stets in den Zellkörper zurück. Es sind keine echten Gliedmaßen. In diesem Sinne sind die Freudschen Objektbesetzungen so zu verstehen, daß Libido vom kindlichen Ich auf Objekte in der Umwelt abfließt. Objekte können Personen, wie zum Beispiel die Mutter, oder aber auch Gegenstände sein. Das Objekt wird anschließend zur Lustbefriedigung instrumentalisiert. Die libidinöse Energie kann aber auch wieder auf das Ich zurückfließen und auf andere Objekte übertragen werden. Ganz wie die Amöbe Pseudopodien in die gewünschte Fortbewegungsrichtung ausbildet, um ein Ziel zu erreichen, finden die Besetzungen auf die Objekte statt, von denen ein Lustgewinn erwartet werden kann.

Alle späteren Partnerverhältnisse spiegeln [...] die eine oder andere der beiden frühkindlichen Libidopositionen wider: Die narzißtische Selbstliebe oder die Anlehnung an die schützende Elternfigur (Richter, 1972, S. 91f).

Bei der Übertragung wird demzufolge eine bereits früher erfolgte Objektbesetzung, die nicht zur erwünschten Triebbefriedigung geführt hat oder zumindest als ambivalent erlebt wurde, wiederbelebt. Die narzißtische Projektion kann dagegen als eine Regression auf den frühkindlichen ,,primären Narzißmus" verstanden werden. Lust- oder Schuldgefühle, welche ursprünglich im eigenen Ich ruhten, werden nach außen projiziert, um der erneuten Triebbefriedigung oder Bestrafung zugänglich zu werden.

Psychoanalytisch betrachtet, beruhen nahezu alle engeren zwischenmenschlichen Beziehungen auf diesen beiden Grundprinzipien. Richter (1972, S. 92) weist daraufhin, daß Beziehungen vom ,,Anlehnungstyp", bei denen die Übertragung als psychodynamischer Prozeß wirkt, leicht zugänglich seien, wohingegen Partnerbeziehungen vom narzißtischen Typ Schwierigkeiten bereiteten.

6. Rollentypen

Stark vereinfachend, besteht die Theorie Richters darin, daß die Eltern versuchen, ihre eigenen Konflikte am Kind und durch das Kind auszutragen.

Das Kind soll dabei entweder die Rolle desjenigen übernehmen, mit dem ein konflikthaftes Verhältnis bestand, respektive besteht oder aber es kann als Ersatz für Anteile des eigenen Selbst der Eltern dienen. Hierdurch werden die beiden Hauptkategorien konstituiert, in die sich nach Richter die kindlichen Rollen einteilen lassen. Das Kind fungiert somit als Ersatz für einen Konfliktpartner oder für Aspekte des eigenen Selbst:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 (nach Richter, 1972, S. 94)

Eine dritte Rolle ergibt sich für das Kind, wenn die Eltern versuchen, es in einem partnerschaftlichen Konflikt für sich zu instrumentalisieren. Dieser Rollen, ,,das Kind als umstrittener Bundesgenosse, ist ein eigener Abschnitt vorbehalten, da er sich durch die ihm eigenen Charakteristiken und grundlegenden Prozesse von den übrigen unterscheidet.

Richter weist selbst darauf hin, daß die Aufstellung weder vollständig sei, noch ließen sie sich in der Praxis in Reinform finden. Es handele sich vielmehr um Idealtypen, die sich der Wirklichkeit nur annähern können, was eben durch die Komplexität der familiären Situation mit ihrer vielfältigen Variationen bedingt sei (Richter, 1972, S. 94f). Die Rollentypen können in Theorie und Praxis aber dabei helfen, die Komplexität familiärer Interaktionsmuster besser zu verstehen und analytisch faßbar zu machen, insbesondere in familiären Konfliktsituationen.

Der Ansatz weist einen deutlichen Perspektivenwechsel auf. Nicht mehr die vom Kinde auf die Eltern projizierten Triebregungen stehen im vorrangigen Blickpunkt. Stattdessen wird die Frage gestellt, was die unbewußten Projektionen und ungelösten Konflikte der Eltern beim Kinde bewirken. Dabei sind im vorangegenem die psychodynamischen Prozesse beleuchtet worden, die nach Auffassung Richters für eine solche pathologische Funktionsübernahme des Kindes maßgeblich sind.

Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, daß es sich bei den hier beschriebenen Prozessen der Übertragung und Projektion ebenfalls um ubiquitäre Faktoren handelt. Sie sind demzufolge als unvermeidbar anzunehmen. Traumatisch werden solche Rollenvorschriften, wenn es unter bestimmten Voraussetzung zu einem unangemessenen Druck der Eltern auf das Kind kommt.

Der pathogene Einfluß der Eltern auf das Kind beruht auf deren eigenen, unbewußten Phantasien und den sich daraus ergebenden Rollenerwartungen an das Kind. Grundlage dieser Erwartungen ist das Bestreben der Eltern, sich des Kindes bei der Austragung eines eigenen Konflikts zu bedienen. Die Rolle des Kindes wird durch die Gesamtheit der elterlichen Erwartungen konstituiert. Dabei soll das Kind entweder die Rolle eines anderen Partners oder eines Teils des eigenen, elterlichen Selbst ausfüllen. Je nachdem, ob dem Prozeß eine Übertragung oder eine narzißtische Projektion zugrundeliegt. Hierin sieht Richter wesentliche Merkmale der kindlichen Rolle im elterlichen Konflikt.

Im folgenden Abschnitt werden nun die einzelnen Rollentypen sowie deren traumatische Bedeutung für das Kind erklärt.

6.1. Das Kind als Substitut für eine Elternfigur

Bei dieser Rolle dient das Kind als Ersatz für eine Elternfigur. Es erscheint zunächst einmal naheliegend, daß Eltern sich gegenüber ihren Kinder so verhalten, wie sie es selbst in ihrer Kindheit erlebt haben. Es kann aber auch der genau umgekehrte Fall einer Identifikation vorliegen: die Eltern identifizieren sich nicht mit den eigenen Eltern, also den Großeltern des Kindes, sondern sie schlüpfen in ihre eigene kindliche Rolle und das Kind übernimmt die Funktion der Großeltern. E. Jones (1948 ; zitiert nach Richter, 1972, S. 105) bezeichnete dieses Phänomen als ,,Phantasie der Generations-Umkehrung.

Das Kind identifiziert sich unter dem Druck der elterlichen Übertragung ganz mit einer großelterlichen Figur und muß dann erleben, wie ungelöst gebliebene Konflikte an ihm ausagiert werden. Damit es zu einer solchen Übertragung kommen kann, muß eine gewisse Ähnlichkeit zwischen dem Kind und den Großeltern bestehen. Diese Ähnlichkeit kann real oder phantasiert sein. Richter verweist auf Fälle aus seiner eigenen Untersuchung, bei denen Eltern voller Überzeugung vortrugen, ein zweijähriges Kind sei ,,ganz der Großvater" (Richter, 1972, S. 106). In solchen Aussagen sieht er dann auch einen wichtigen diagnostischen Hinweis für das Vorliegen eines Rollenkonflikts vom hier beschriebenen Typ. Ein weiterer wichtiger Hinweis liegt vor, wenn sich die Eltern ihrem Kind gegenüber nach einem sehr infantilen Muster verhalten, indem sie von ihrem Kinde passiv Strafe oder Zuwendung erwarten.

Der traumatische Aspekt dieser kindlichen Rolle ist in der beständigen Überforderung zu sehen, der das Kind unterliegt.

Gleichgültig, welche speziellen Erwartungen, in denen die Eltern von ihren eigenen Eltern enttäuscht worden sind, auf das Kind übertragen werden, stets muß das Kind mehr geben, als es seinem Entwicklungsstand entsprechend vermag. Es wird ihm ein Maß an Aktivität abgefordert, das seine Kräfte bei weitem übersteigt.

Es soll die unerfüllten Liebesbedürfnisse der Eltern sättigen, es soll sie für narzißtische Kränkungen entschädigen und ihren Nachholbedarf an narzißtischer Bestätigung erfüllen, es soll zugleich ihren Vorwürfen wie ein Erwachsener standhalten, und zwar soll es dies alles besser leisten, als dies seine Großeltern vermochten, deren frustrierendes Verhalten es ja nunmehr wettmachen soll (Richter, 1972, S. 123).

Eine Mutter, die sich in ihrer Kindheit selbst als nicht genug von ihrer Mutter geliebt erlebt hat, wird von ihrer Tochter ein Maß an Zuneigung erwarten, das diese weder qualitativ noch quantitativ zu leisten in der Lage ist.

Es hängt dabei immer von den Prädispositionen des Kindes ab, ob und in welchem Maße es diese Rolle übernimmt. Dabei ist eine solche Übernahme je wahrscheinlicher, desto ausgeprägter der kindliche Narzißmus ist. Das Kind erfährt ja beim Vorliegen der hier beschriebenen Situation zunächst eine ungeheuerliche Aufwertung seiner Stellung innerhalb der Familie. Es erlebt durchaus die Kontrollmacht, die es über seine Eltern ausüben kann. Das Kind kann viele seiner, aus dem primären Narzißmus entspringende Omnipotenzphantasien ausleben. Gleichzeitig erfährt es aber wiederum krasse Zurücksetzungen, die ihm das Mißverhältnis zwischen seiner tatsächlichen und zu phantasierten Position vor Augen führen. Die Situation wurzelt ja nicht in irgendeiner Weise in den realen Gegebenheiten, sondern nur in der Phantasien desjenigen Elternteils, der dieser Übertragung unterliegt.

Als mögliche Folgen können sich beim Kind depressive Symptome einstellen, da es ständig erleben muß, wie es dabei scheitert, die übersteigerten Elternerwartungen zu erfüllen (Richter, 1972, S. 127). Ebenso sei häufig die Herausbildung einer übersteigerten Geltungssucht oder einer besonders ausgeprägten Anspruchshaltung zu beobachten; die Kinder versuchen, ihre Umgebung in dem Maße zu kontrollieren, wie es ihnen zuvor in der familiären Situation ,,vergönnt" war.

Nach Richter (1972) zeigen sich die neurotischen Symptome der Kindern, die unter diesen Bedingungen aufwuchsen, häufig zuerst in einem unangepaßten Verhalten in der Schule. Den Schuleintritt erleben solche Kinder als besonders belastend, weil damit der Verlust ihrer herausragenden Stellung verbunden ist.

Der weitere Weg, eines mit dieser Rolle überlasteten Kindes, hängt weiterhin von den Voraussetzungen seiner sozialen Umgebung ab. Und zwar kann es entscheidend sein, wie sich die übrigen Bezugspersonen dem Kinde gegenüber verhalten. Der andere Elternteil, die tatsächlichen Großeltern, Lehrer etc. können den Konflikt durch ihr Verhalten verschärfen oder kompensatorisch wirken; was im übrigen auch für alle weiteren Rollentypen gilt.

6.2. Das Kind als Gatten-Substitut

Vater oder Mutter erleben in dieser Situation das Kind als eine Art Liebespartner. Zu dieser Übertragung kommt es besonders häufig bei Verlust des tatsächlichen Partners durch Tod oder Scheidung.

Dies ist aber, wie Richter betont, nicht der ursächliche, sondern nur ein begünstigender Faktor. Wesentlicher für die Generierung dieser Rolle sei eine ,,psychische Reifestörung der betreffenden Mutter oder des betreffenden Vaters" (Richter, 1972, S. 130). Die Frage, worin diese psychische Reifestörung besteht, beantwortet Richter unter Hinweis auf väterliche Kastrationsphantasien oder mütterlicher Angst vor der männlichen Aggressivität, also mit allgemeinen Sexualhemmungen. Diese Schlußfolgerung zieht er aufgrund seiner eigenen klinischen Erfahrung.

Das Kind bietet aufgrund seines Geschlechts genug Ähnlichkeit mit dem zu substituierenden Partner, damit die Übertragung zustande kommen kann. Es fehlen ihm aber die als bedrohlich erlebten Aspekte des anderen Geschlechts.

Die Übertragung kann darüber hinaus eine stark narzißtische Färbung aufweisen, wenn eine Mutter ihren Sohn oder ein Vater seine Tochter als eine Verlängerung des eigenen Selbst ansieht; hier käme dann die angeborene Bisexualität zu tragen (vgl. S. 9).

In jedem Fall muß das Kind Ansprüche befriedigen, die im Normalfall an den Gatten gerichtet sind. Hier sind zwei wichtige Aspekte zu unterscheiden: es kann vom Kind erwartet werden, daß es mehr die partnerschaftliche oder mehr die Liebhaberrolle ausfüllt.

Richter (1972) unterscheidet die potentiellen traumatisierenden Faktoren, die sich aus der Rolle ergeben somit nach zwei Gesichtspunkten:

1. die Einflüsse auf die allgemeine Charakterentwicklung und auf die soziale Anpassung,
2. den speziellen Einflüsse auf die kindliche Sexualentwicklung.

Im ersten Fall liegt der Anknüpfungspunkt wiederum am Narzißmus des Kindes, durch den die Bereitschaft zur Rollenübernahme gesteigert sein kann. Hierin besteht auch der Berührungspunkt zur Rolle des Kindes als Substitut für eine Eltern-Figur - mit ähnlichen traumatischen Folgen.

Im Zweiten Fall ergibt sich die Bereitschaft des Kindes zur Rollenübernahme aus den ödipalen, kindlichen Inzestwünschen, woraus sich eine immense und altersunangemessene Verführung (vgl. S. 6f. bzw. S. 11f.) ergibt.

Der Extremfall dieser Rollensituation ist im sexuellen Inzest zu sehen (Richter, 1972, S. 138), auf den hier aber nicht näher eingegangen werden soll. Die besondere Traumatisierung, die sich aus einem konkreten sexuellen Mißbrauch ergeben, bedarf wohl auch keiner Erläuterung an dieser Stelle.

Auf der Vorstufe zu diesem Extrem, die vorliegt, wenn die Eltern ihre Impulse in sublimierter Form an das Kind herantragen, wird die kindliche Sexualität zunächst altersunangemessen stimuliert. Die hierdurch geweckten Sexualimpulse des Kindes richten sich selbstverständlich stets auf den Elternteil, der sie hervorruft. Da den zuvor geweckten Triebregungen aber weiterhin Grenzen entgegengesetzt werden, müssen diese vom Kind übermäßig stark verdrängt werden. Mit allen Folgen, die sich daraus für die weitere Sexualentwicklung ergeben mögen. Denkbar wäre etwa, daß eine Ablösung vom jeweiligen Elternteil gänzlich mißlingt.

Neben diesen Spätfolgen weist Richter aber auch auf die Konsequenzen hin, die sich für die familiäre Situation unmittelbar ergeben. Ist der im Kind substituierte Partner in der reellen Situation noch vorhanden, ist es vorstellbar, daß er auf diese Situation mit starken Eifersuchtsgefühlen reagiert. Das Verhältnis dieses Elternteils zum Kind wird dann besonders konfliktreich sein.

Katastrophale Folgen können sich ergeben, wenn das Kind in die ödipale Phase eintritt und das Verhältnis zum gleichgeschlechtlichen Elternteil ohnehin konfliktgeladen ist (vgl. Richter, 1972, S.151). Aufgrund der unangemessenen Verführung, der das Kind beständig ausgesetzt war, würde ihm höchstwahrscheinlich jede Möglichkeit fehlen, dem ödipalen Konflikt angemessen zu begegnen.

6.3. Das Kind als Substitut für eine Geschwisterfigur

Die wesentlichen Aspekte der sich aus den elterlichen Übertragungen für das Kind ergebenden Konflikte sind in den beiden vorangegangen Abschnitten bereits skizziert worden, so daß auf die besonderen Merkmale dieser Rolle nur kurz eingegangen werden soll. Bei den Affekten, die Eltern bei einer Übertragung der hier besprochenen Art ausleben, handelt es sich im wesentlichen um Rivalitätskonflikte, wie sie in der eigenen Kindheit erlebt worden sind (Richter, 1972, S. 182). Eine Elternfigur, die einer solchen Übertragung unterliegt, wird von ihrem Kind die gleiche narzißtische Kränkung erwarten, wie sie in der eigenen Biographie erlebt worden ist.

Im Vordergrund steht dann, nach Richter der Wunsch, das Kind für diese narzißtische Kränkung stellvertretend zu bestrafen. Dies kann dann soweit gehen, daß diese Bestrafung schon erfolgt, bevor das Kind das erwartete Verhalten tatsächlich zeigt. Vorstellbar ist auch, daß der Elternteil seine aggressiven Impulse unterdrückt und im Sinne einer Reaktionsbildung ein besonders liebevolles Verhalten zeigt. In der besonderen Zuwendung, welche das Kind erfährt, werden dann aber aggressive Untertöne mitschwingen. Kinder sind sehr wohl in der Lage, solche Untertöne herauszuspüren (Richter, 1972, S. 66ff.). Weiterhin ist denkbar, daß die Eltern-Figur jede Regung und Verhaltensweise antizipatorisch unterdrückt, durch die sie nur im entferntesten an das eigene Rivalitätsverhältnis erinnert wird.

Die sich aus dieser Rolle ergebenden traumatischen Faktoren sind so vielfältig, daß Richter auf eine ausführliche Darstellung mit dem Hinweis verzichtet, nur die allgemeinen Merkmale der wichtigsten Rollentypen erfassen zu wollen (Richter, 1972, S. 183).

6.4. Das Kind als Abbild schlechthin

Allen bislang besprochenen Rollentypen ist gemeinsam, daß das Kind als Substitut für einen realen Partner dienen muß. Bei den Rollentypen des zweiten Typs dient es als Projektionsfläche für Aspekte des elterlichen Selbst. Es geht nicht mehr darum, daß das Kind eine Stellvertreterrolle für einen Partner einnimmt. Vielmehr soll es im Falle einer narzißtischen Projektion Aspekte des elterlichen Selbst realisieren, die von diesen externalisiert werden.

Das wesentliche Merkmal der Rolle des Kindes ,,als Abbild schlechthin" ist, daß die Eltern an das Kind den Anspruch erheben, genau das Bild zu reproduzieren, das sie von sich selber haben. Das Kind soll eine genaue Kopie der elterlichen Wünsche, Ideologien und sogar der Abwehrmechanismen sein.

Als Grundlage für eine Projektion dieses Typs, sieht Richter (1972) einen ausgeprägten Narzißmus der Eltern, die mit der Phantasie leben, selbst perfekt zu sein. Damit die Illusion der eigenen Perfektion aufrechterhalten werden kann, müssen die Eltern in letzter Konsequenz ihr Ich-Ideal verleugnen und eine Realitätsprüfung weitgehend neutralisieren. Nur so läßt sich die Diskrepanz zwischen tatsächlichem und imaginierten Selbst dauerhaft verschleiern.

Das Kind, als Teil der Realität, stellt nun insofern eine Bedrohung für den perfektionistischen Narzißmus der Eltern dar, als es diese Illusion zerstören könnte, wenn es nicht Teil dieser Vorstellung wird.

p>Solche Eltern haben ohnehin Mühe, ihre narzißtische Perfektionsphantasie in einer sozialen Realität aufrechtzuerhalten, die ihnen täglich zeigt, daß ihr Selbst-Bild auf Illusion aufgebaut ist. Übernimmt ihr Kind aber ihre Abwehrformen in identischer Weise und kopiert es wunschgemäß ihr Selbst-Bild, so haben sie sich wenigstens einen Bundesgenossen verschafft, der ihnen Recht zu geben scheint (Richter, 1972, S. 191).

Die Rollenvorschrift wird für das Kind traumatisierend, wenn der elterliche Druck so stark ist, daß das Kind an der Ausbildung eines eigenen Ich-Ideals gehindert wird. In diesem Fall wird die Konsequenz für das Kind sein, daß es der gleichen narzißtischen Illusion unterliegen wird, wie seine Eltern.

Vor allen Dingen darf das Kind die Eltern in keinem Bereich übertreffen. Würde sich in der Entwicklung des Kindes etwa zeigen, daß es imstande ist, irgendeinen Konflikt besser zu bewältigen als die Eltern, würden diese versuchen, ein Scheitern des Kindes herbeizuführen (vgl. Richter, 1972, S. 201).

Weitere Belastungsmomente sind nach Richter im elterlichen Bemühen zu sehen, die Fähigkeit des Kindes zur Realitätsprüfung auszuschalten und in den ständigen Konflikten mit der Umwelt, welche die narzißtische Illusion ja ständig gefährdet. Solche Kinder werden häufig von ihren Eltern als Bundesgenossen für ihre eigenen sozialen Konflikte mißbraucht und von vornherein dazu gedrängt, soziale Außenseiterpositionen zu übernehmen. Aus letzterem ergeben sich wiederum weitere Belastungsmomente, die bei der Besprechung ,,des Kindes als umstrittener Bundesgenosse" dargestellt werden.

6.5. Das Kind als Substitut des idealen Selbst

Auch hier gilt prinzipiell was im vorherigen Abschnitt gesagt worden ist. Auch hier soll das Kind die elterliche Ich-Organisation übernehmen. Aber, und hier liegt der entscheidende Unterschied, daß Kind soll erfolgreicher sein als die Eltern.

Wie Richter zu Recht bemerkt, liegt die Problematik bei dieser elterlichen Rollenvorschrift nicht in dem Wunsch an sich, daß Kind möge sein Leben möglichst erfolgreich meistern, indem es aus den Fehlern der Eltern lernt.

Die Funktion dieser Rolle ist darin zu sehen, daß sich die Eltern über eine besonders starke Identifizierung mit dem erfolgreichen Kind für das eigene Scheitern und die damit verbundene narzißtische Kränkung entschädigen wollen (vgl. Richter, 1972, S. 203).

Noch allgemeiner formuliert geht es darum, daß Menschen, die einem solchen Konflikt unterliegen, am anderen das suchen, was ihnen zur Verwirklichung ihres eigenen Ich-Ideals fehlt.

Die Eltern können sich ihr Kind jedoch nicht aussuchen, d. h. bedeutet, es ist unter Umständen gar nicht in der Lage oder Willens, gerade den Aspekt abzudecken, den es den Eltern ermangelt. Richter berichtet z. B. von einem besonders krassen Fall, der ihm in seiner Praxis begegnet ist:

ein epileptischer Vater erblickte in seinem hochgradig untergewichtigen, bejammernswert schwächlichen Jungen bereits einen Helden-Athleten und drangsalierte ihn mit Boxunterricht (Richter ,1972, S. 230).

In diesem Fall stehen die Eltern vor dem Problem, aus ihrem Kind einen Menschen formen zu müssen, der ihre Anforderungen erfüllt. Mit allen Konsequenzen, die sich hieraus ergeben können.

Bei der narzißtischen Projektion dieses Typs muß weiterhin unterschieden werden, ob der positive oder negative Aspekt des Über-Ichs im Vordergrund steht.

Die Über-Ich-Instanz ist ,,doppelgesichtig. Sie zeigt erstens, wie man sein möchte, zweitens aber auch, wie man nicht sein darf" (Richter, 1972, S. 203).

Hieraus ergeben sich dementsprechend starke Unterschiedlichkeiten in den Auswirkungen dieser Rollenvorschrift für das Kind. Im ersten Fall werden die Eltern versuchen, daß ihr Kind bestimmte Eigenschaften annimmt - gegebenenfalls durch starke Förderung. Im zweiten Fall steht demgegenüber der strafende Aspekt im Vordergrund: dem Kind werden als negativ erachtete Eigenschaften unter Umständen regelrecht abdressiert. Auch eine Vermischung der beiden Anteile ist denkbar.

Durch den starken Druck der seitens der Eltern auf das Kind ausgeübt wird, möglicherweise ganz im Gegensatz zu den tatsächlichen Befähigungen des Kindes, bewirkt dabei eine permanente Überforderung.

Jedoch kommt es, wie Richter stets betont, darauf an, inwieweit das Kind die Rollenansprüche der Eltern internalisiert respektive abwehren kann. Werden die Ansprüche schon früh fest in die Ich-Struktur des Kindes integriert, können sich beim Kind starke Schuldgefühle einstellen. Dies geschieht, weil es ja merkt, daß es bei den Ansprüchen der Eltern immer versagt und schließlich schlußfolgert: ,,Ich bin schlecht". Nach Richter (1972) kann dies soweit führen, daß das Kind zur Verringerung seiner Schuldgefühle absichtlich Bestrafungen herbeiführt. Ein solches Verhalten könnte den Anschein erwecken, das Kind wehre sich gegen die Ansprüche der Eltern. In Wirklichkeit hat es diesen Anspruch zur Gänze übernommen.

Neben diesen ,,Verwahrlosungszügen" (Richter, 1972, S. 232) ist auch die Entstehung schwerer Depression und Selbsthaß vorstellbar. Richter schildert den Fall eines jungen Mädchens, das einen Suizidversuch unternahm, weil sie fürchtete, durch ihr Scheitern ,,ihre Mutter zu erniedrigen" (1972, S. 233).

Allen narzißtischen Projektionen ist dieses Ergebnis gemeinsam: das Kind muß, sofern nicht irgendwelche kompensatorische Einflüsse wirksam werden können, fast zwangsläufig bei der Ich-Integration scheitern. Vereinfacht gesagt, wird sich ein solcher Mensch nur als ,,Verlängerung" seiner Eltern verstehen (vgl. Richter, 1972, S. 234). Es läßt sich in diesem Zusammenhang auch von einem Identitätskonflikt im Sinne von Erikson sprechen.

6.6. Das Kind als Substitut der negativen Identität (Sündenbock)

Hier nun projizieren die Eltern all das auf ihr Kind, was sie gerade nicht sein möchten: ,,die unbewußte negative Identität" (Richter, 1972, S. 237). Den Begriff der ,,negativen Identität" führte Erikson ein. Sie ist definiert durch ,,die Kombination aller Dinge, die den Wunsch hervorrufen, ihnen nicht zu gleichen" (Erikson, 1961; zitiert nach Richter, 1972, S. 237). Gewissermaßen handelt es sich um die individuelle Ausformung des Archetyps, die Jung als ,,den Schatten" bezeichnet hat (vgl. Seite 7).

Unter dem individuellen Aspekt steht der Schatten für das ,,persönliche Dunkel" als die Personifikation der während unseres Lebens nicht zugelassenen, verworfenen, verdrängten Inhalte unserer Psyche, unter dem kollektiven Aspekt für die allgemeinmenschliche dunkle Seite in uns, für die jedem Menschen innewohnende strukturelle Bereitschaft zum Minderwertigen und Dunklen (Jacobi, J., 1949; zitiert nach Richter, 1972, S. 237).

Die Funktion der ,,Sündenbock"-Rolle ist denkbar einfach: es geht darum, die für das eigene Selbst unerträglichen Schuldgefühle auf jemand anderen abzuwälzen.

Damit wird nach Richter zweierlei erreicht: ,, Ersatzbefriedigung" und ,,externalisierte Selbstbestrafung" (1972, S. 239).

Die ,,Ersatzbefriedigung" ergibt sich aus der teilweisen Identifizierung der Eltern mit dem ,,Sündenbock"-Kind. Dem Kind wird durch die Projektion unterstellt, es lebe gerade diejenigen Triebregungen aus, die den Eltern heftigste Schuldgefühle verursachen. Durch die Beschäftigung mit dem kindlichen Verhalten, freilich unter dem Deckmantel ,,Sorge um das Kind", entsteht der Ersatzbefriedigungseffekt. Als Beispiel für ein solches Verhalten nennt Richter Eltern, die sich geradezu zwanghaft mit dem tatsächlichen oder phantasierten Onanieverhalten ihrer Kinder beschäftigen.

Indem die Eltern dieses Verhalten am Kinde suchen und sanktionieren, suchen sie sich jedoch lediglich selbst zu strafen.

Als Voraussetzung für das Zustandekommen einer Rollenvorschrift dieser Art wird wiederum eine Tendenz der Eltern zu ,,narzißtischen Beziehungsformen" genannt (Richter, 1972, S. 240). Die Sündenbock-Funktion ergibt sich, so Richter, bei diesen Voraussetzungen häufig aus einem Umschlag einer Projektion des Idealen-Ichs in ihr Gegenteil. Merken die Eltern, daß ihr Kind nicht in der Lage ist, ihre Anforderungen zu erfüllen, erfährt ihr Narzißmus eine weitere Kränkung. Das Selbstwertgefühl der Eltern ist soweit getroffen, daß die Idealisierung in die negative Sündenbock-Einstellung umschlägt.

Denn durch das Scheitern des Kindes werden den der Projektion unterliegenden Eltern ihre eigenen negativen Aspekte vorgehalten, die sie um jeden Preis verdrängen wollten. Sie empfinden es geradezu wie ,,Anklagen" (Richter, 1972, S. 241).

Ein junger Mann, der trotz Heirat schwere Onanie-Schuldgefühle nicht überwunden hat, ertappt seinen 4jährigen Sohn beim Masturbieren. Nach längeren Bestrafungen, ausgesprochener Kastrations-Drohung, Schlafen mit Handfesseln, kann der Junge vor Angst nicht mehr sein Glied beim Urinieren berühren. Er fürchtet sich, anderen Jungen die Hand zu geben, verweigert die Benutzung fremder Aborte. Nachdem er den Dorfbäcker an einem Baum hat urinieren sehen, mag er kein Brot mehr essen. Körperliche Symptome stellen sich ein.

Als der Junge heilpädagogisch behandelt wird und während dieser Zeit vorübergehend erneut masturbiert, erhebt der Vater schwere Vorwürfe und spricht von der Gefahr ,,sittlicher Verwahrlosung". Schließlich ist der Junge gesund. Die Reaktion des Vaters auf die Heilung des Sohnes ist bezeichnend.

[...] Seine Schuldgefühle konnte er jetzt nicht länger am Sohne sättigen, indem er an ihm unterdrückte, was er an sich selbst nie hatte unterdrücken können: Die Sexualität. Vor der Behandlung war es dem Vater gelungen, die ,Schuld` auf den Sohn zu projizieren und am Sohn zu bekämpfen. Jetzt sah er sich gleichsam gezwungen, sie auf sich selbst zurückzunehmen. Die Folge waren Schwäche- und Krampferscheinungen an den Gliedern, insbesondere an seinem rechten Arm. Es entwickelte sich ein richtiger Schreibkampf (Richter, 1972, S. 246).

Dieses Beispiel verdeutlicht das bisher Gesagte besonders plastisch. Es wäre auch denkbar, daß der Vater die Behandlung des Sohnes abgebrochen hätte, weil er gar nicht wollte, daß dieser geheilt würde. Richter führt denn auch Beobachtungen an, die ein solches Verhalten belegen. Er berichtet von Eltern, die ihre Kinder geradezu in ein delinquentes Verhalten drängten, um eben gleichermaßen ihr eigenes Trieb- und Strafbedürfnis zu befriedigen (vgl. Richter, 1972, S. 247ff.).

Die Sündenbock-Rolle bezeichnet Richter ,,grundsätzlich als die gefährlichste für das Kind" (Richter, 1972, S. 269). Denn es liege gerade im Wesen dieser Rolle, daß das Kind scheitern soll. Es soll den Triebkonflikt nicht bewältigen, damit es seine Funktion erfüllen kann, den Eltern die negativen Aspekte des eigenen Selbst abzunehmen.

Dementsprechend tendiert die Elternfigur - unbewußt . dazu, die Triebabwehr des Kindes beständig zu schwächen (Richter, 1972, S. 269).

Je nachdem, welcher speziellen Erziehungstechnik sich die Eltern dabei bedienen, wird es entweder zu einer Verwahrlosung oder zu einer mannigfaltigen neurotischen Symptombildung beim Kind kommen.

Letzteres tritt ein, wenn die Elternfigur äußerlich stark moralisierend auf das Kind einwirkt. Wie bereits beschrieben, wird dies dazu führen, daß das Kind diese Strenge in das eigene Über-Ich integriert (siehe Seite 10). Gleichzeitig wird die Erziehung aber auch stark verführend angelegt sein, damit das Kind ein für die Rolle notwendiges Verhalten zeigen kann. Das Kind wird zwischen diesen widersprüchlichen Anforderungen ständig hin und her gerissen. Es erscheint dann zwangsläufig, daß es bei der postulierten Synthese zwischen den Triebanforderungen des Es und den Anforderungen des Über-Ich scheitern muß.

Besitzt die Eltern-Figur selbst eine defizitäre Über-Ich-Struktur, wird der Erziehungsstil dementsprechend laxer ausfallen. Die Verführung wird jedoch bestehen bleiben. Als Konsequenz steht in diesem Fall keine Neurosenbildung im engeren Sinne, sondern eben eine Verwahrlosung des Kindes.

Richter betont aber ausdrücklich, daß die eigentliche traumatische Bedeutung dieser Rolle durch die Dichotomie von Strenge/Laxheit-Verführung nicht ausreichend erfaßt wird. Er hält das wechselseitig Aufeinanderbezogen-Sein von Elternfigur und Kind bei dieser Rollenkonstellation für wesentlicher. Eltern und Kind bilden eine Einheit, bei welcher der jeweils andere Partner die Aspekte ausfüllt, die dem eigenen Selbst fehlen. Das Kind trägt die negative Seite, den Schatten, der Elternfigur und erkennt dies in gewisser Weise auch. Es spürt, daß es keine eigene, von dieser Rollenanforderung losgelöste Identität entwickeln darf. Demgegenüber verkörpert die Elternfigur den positiven Aspekt des Ich-Ideals, den das Kind nicht entwickeln soll.

In diesem Sinne wird der traumatische Effekt der Rollenanforderung letztlich eine spezifische Identitätsstörung beim Kinde sein.

6.7. Das Kind als umstrittener Bundesgenosse

Ein wesentlicher Gesichtspunkt blieb bislang unberücksichtigt. Es handelt sich hierbei um die Frage, inwieweit die affektiven Anforderungen der Eltern an das Kind konform gehen, ob eine Anforderung im Vordergrund steht oder diese sich sogar widersprechen. Richter schreibt dazu, daß wenn die Anforderungen eines Elternteils übermächtig seien, der jeweils andere Elternteil in den Hintergrund trete. Dies sei immer dann der Fall, wenn der sich zurückziehende Elternteil im Grunde froh ist, sich den Anforderungen entziehen zu können. Dies bedeutet für das Kind einerseits in gewisser Weise eine Entlastung, andererseits wird ihm aber eine wichtige Unterstützung entzogen. Es wurde ja bereits angesprochen, daß andere Bezugspersonen stark ausgleichend wirken können.

Sobald die Rollenanforderungen der Eltern konvergieren, ist auch mit einer entsprechenden Addition der schädlichen Einflüsse auf das Kind zu rechnen. Besonders bei den narzißtischen Projektionen des idealen Selbst und der ,,Sündenbock-Rolle" ist eine solche Konvergenz nach den Ergebnissen von Richter (1972) sehr wahrscheinlich.

Sehr belastend wird die Situation für das Kind auch sein, sobald es sich widersprüchlichen Rollenvorschriften ausgesetzt sieht, was bei der Rolle des Kindes als umstrittener Bundesgenosse immer der Fall ist. Je stärker das Kind die Rollenvorschrift des einen Elternteils internalisiert, desto konfliktreicher wird sich das Verhältnis zu dem anderen Elternteil gestalten.

Die Rolle des ,,umstrittenen Bundesgenossen" unterscheidet sich von den bisher besprochenen unter anderem dadurch, daß ihr nicht einer der beiden bislang besprochenen psychodynamischen Mechanismen zugrundeliegt. Weder stehen die Eigenschaften des Kindes, noch sein Erfolg im Vordergrund. Das Kind muß keine Übertragung oder narzißtische Projektionen auslösen. Wichtig ist, daß es sich als Bundesgenosse bei der Auseinandersetzung mit dem Partner bewährt. Es wird auf diese Weise dazu instrumentalisiert, den Ehe- oder Partnerschaftskonflikt auszutragen. Zu diesem Rollenanspruch kommt es besonders häufig im Vorfeld, oder während Ehescheidungsverfahren. Die Anforderung an das Kind ist dabei denkbar einfach: hält es zu mir, ist es ein gutes Kind, ansonsten ein schlechtes.

Freud (1915) führt dieses ,,elterliche Primitiv-Verhalten", wie Richter (1972, S. 279) es bezeichnet, auf eine regressive Wiederbelebung einer frühen kindlichen Reaktionsweise zurück. Das noch ganz dem Lustprinzip verhaftete Kind introjiziert Lust vermittelnde Objekte und stößt Unlust vermittelnde ab. Exakt diesem Prinzip folgen die Eltern in ihrem Verhalten dem Kind und sich selbst gegenüber: das ,,gute" Kind wird aufgenommen, das ,,schlechte" abgestoßen. Das ablehnende und aufnehmende Verhalten kann in Abhängigkeit vom kindlichen Verhalten auch in rascher Folge wechseln.

Wechselhaftigkeit im Verhalten ist besonders dann zu beobachten, wenn das Verhältnis der Eltern stark ambivalent im Sinne einer Haßliebe ist. Jedesmal, wenn die Eltern sich arrangieren, wird das Kind als Bundesgenosse wieder fallengelassen, so daß es erstens nie die Erfahrung macht, es werde um seiner selbst willen geliebt und zweitens, nie eine Stabilität in engen Beziehungen erfährt. Das Kind lernt: ,,Ich werde nur geliebt, wenn ich mich gegen den Vater/die Mutter stelle und das auch nur dann, wenn ich gebraucht werde". Diese Erfahrung ist dementsprechend um so belastender für das Kind, je früher es mit einer solchen Situation konfrontiert wird. In den ersten Lebensjahren besteht nach Erikson (1961, zitiert nach Trautner, 1991) eine wichtige Entwicklungsaufgabe gerade in der Herausbildung des ,,Urvertrauens". Ein Kind, dem diese wichtige Erfahrung fehlt, wird stets das Gefühl der Sicherheit und Stabilität in zwischenmenschlichen Bindungen entbehren. An Stelle des ,,Urvertrauens" steht ,,Mißtrauen" als Grundhaltung. Der Verrat und die Erwartung, doch betrogen zu werden, werden prägend.

Weiterhin ist häufig zu beobachten, daß Eltern versuchen, ihr Kind zu bestechen, um es auf ihre Seite zu ziehen. Eine weitere Folge wird dann sein, daß das Kind in seinem Sozialverhalten einen ausgesprochenen Opportunismus an den Tag legt und ständig versuchen wird, andere Menschen gegeneinander auszuspielen.

Die Grunderfahrung der elterlichen Unzuverlässigkeit macht es dem Kinde unmöglich, seine natürlichen Aggressionstriebe angemessen zu integrieren und zu neutralisieren. Vergegenwärtigt man sich, daß sich ein Kind durch Identifizierung so sehen lernt, wie es von den Eltern gesehen wird, so erfährt ein solches Kind von vornherein keine Wertschätzung für sich selbst und seine ,,echten" Leistungen. Es wird in seinen narzißtischen Bedürfnissen immer wieder aufs schwerste gekränkt, sobald es als Zankapfel oder Prügelknabe zwischen die gegeneinander agierenden Fronten gerät, wie es sich gerade aus der schwankenden elterlichen Konfliktlage ergibt.

[...] Diese schweren narzißtischen Kränkungen nötigen das Kind, sich selbst ebenfalls zu hassen (Richter, 1972, S. 302). Weiterhin ist zu bedenken, daß das Kind schwere Schuldgefühle gegen den Elternteil entwickelt könnte, den es gerade verrät: es ergibt sich ein immenser Loyalitätskonflikt. Das Kind wird quasi gezwungen, die primitiven elterlichen Abspaltungen und Idealisierungen zu übernehmen, um den Konflikt auflösen zu können.

7. Abschließende Betrachtungen

Es ist die Auffassung vertreten worden, die Entstehung von Neurosen gewissermaßen schicksalhaft aus einer Kombination von ubiquitären und unvermeidlichen Faktoren folgt, die auf ungünstige Prädispositionen beim Kinde stoßen. Diese Auffassung wurde später revidiert und die Rolle der Umwelteinflüsse entsprechend aufgewertet. Dabei stand zunächst das Kind mit seinen unbewußten Affekten im Fokus der Aufmerksamkeit.

Erst Richter lenkte das Augenmerk auf die unbewußten Affekte der Eltern, die auf das Kind gerichtet sind. Sein Modell leitete er aus Beobachtungen ab, die er während seiner Tätigkeit in einer familientherapeutischen Beratungsstelle machen konnte. Er betont dabei, wie bereits erwähnt, daß es sich bei seinem Modell um eine ideale und nicht um eine empirische Typologie handelt.

Es soll an dieser Stelle nicht auf die Schwierigkeiten und Probleme eingegangen werden, die stets mit einem solchen Ansatz verbunden sind. Ebenso erscheint es an dieser Stelle unmöglich , auf die psychoanalytischen Grundlagen des Modells in angemessener Weise einzugehen. Beides ist in der Vergangenheit auch bereits zur Genüge getan worden.

Dennoch ist anzumerken, daß das Modell Richters in seiner linearen Kausalitätsannahme das komplizierte Netzwerk ,,Familie" mit seinen filigranen und wechselseitigen Interaktionsmustern zu stark reduziert. Dies schon allein deswegen, weil er eine stark triadische Sichtweise einnimmt. Der Verlauf geht dabei stets von den Eltern zum Kind oder umgekehrt. Anderen Familienmitgliedern und Bezugspersonen kommen in diesem Modell allenfalls Nebenrollen zu. Es ist aber doch ganz naheliegend, daß Eltern mit mehreren Kindern ganz unterschiedliche Rollenerwartungen an jedes Kind stellen können. Diese könnten dann wiederum komplementär oder divergierend sein, woraus sich vielfältige Reaktionsmuster auf Seiten der Kinder ergeben. Diese Möglichkeit schließt Richter zwar nicht aus, berücksichtigt sie aber auch nicht, so daß das Modell hier zumindest unvollständig erscheint.

Richter weist selbst auf die engen Grenzen seines Modells hin, dessen Nutzen lediglich darin besteht, die Rolle der unbewußten Affekte und Konflikte auf Seite der Eltern zu erhellen. Sicherlich ist es wichtig diese Aspekte zu berücksichtigen, wenn man in der Praxis auf Eltern stößt, die der Meinung sind, ihr Kind benötige aufgrund seines Verhaltens therapeutische Hilfe. Eine Erkenntnis die mittlerweile so fest in der Familientherapie verankert ist, daß sie heute trivial erscheinen mag.

Bauriedl (1996) erweitert den hier vorgestellten Ansatz daher auch in zwei Richtungen: zum einen verfolgt sie einen triadischen Ansatz, der immer auch die Beziehungen der Eltern zueinander berücksichtigt, und zum anderen steht für sie nicht die Rolle des Kindes, sondern die sich aus den unbewußten Anforderungen der Eltern ergebende Beziehungsstruktur im Vordergrund. Sie verfolgt damit einen Ansatz, der quasi analytisch-systemisch zu nennen wäre. Sie bleibt den wesentlichen theoretischen Grundlagen der Psychoanalyse, insbesondere auch der kausaltheoretischen Perspektive, treu, verarbeitet in ihrer Beziehungstheorie aber auch zirkuläre Gesichtspunkte.

Der rollentheoretische Ansatz Richters erscheint in seiner dualistischen Perspektive hiergegen zu starr (vgl. auch bauriedl, 1993).

8. Literaturverzeichnis

¬ Alfred Adler. (1994). Der Sinn des Lebens. Frankfurt/Main: Fischer Taschenbuch Verlag.

¬ Battegay, Raymond. (1971). Psychoanalytische Neurosenlehre. Eine Einführung. Stuttgart: Verlag Hans Huber.

¬ Bauriedl, Thea. (1993). Beziehungsanalyse. Das dialektisch-emanzipatorische Prinzip der Psychoanalyse und seine Konsequenzen für die psychoanalytische Familientherapie. 4. Auflage. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag.

¬ Bauriedl, Thea. (1996). Auch ohne Couch. Psychoanalyse als Beziehungstheorie und ihre Anwendungen. Stuttgart: Verlag Internationale Psychoanalyse.

¬ Brenner, Charles. (1972). Grundzüge der Psychoanalyse. Frankfurt/Main: Fischer. ¬ Dorsch, Friedrich [Hg.] (1987). Psychologisches Wörterbuch. Bern: Huber.

¬ Freud, Sigmund. (1949). Zur Einführung in den Narzißmus. Gesammelte Werke. Band X. London: Imago Publishing Ltd.

¬ Freud, Sigmund. (1955). Der Untergang des Ödipuskomplexes. Gesammelte Werke. Band XIII. London: Imago Publishing Ltd.

¬ Jung, Carl Gustav. (1969). Gesammelte Werke. Band 4. Zürich. Rascher Verlag.

¬ Laplanche, J. und Pontalis, J.-B. (1996). Das Vokabular der Psychoanalyse. 13. Auflage Frankfurt/Main: Suhrkamp.

¬ Richter, Horst-Eberhard. (1972). Eltern, Kind und Neurose. Psychoanalyse der kindlichen Rolle. Stuttgart: Ernst Klett Verlag.

¬ Schon, Lothar. (1995). Entwicklung des Beziehungsdreiecks Vater-Mutter-Kind. Stuttgart: Kohlhammer.

¬ Schultz-Hencke, Harald. (1965). Der gehemmte Mensch. 2. Auflage. Stuttgart: Thieme. ¬ Tolstoi, Leo N. (1959). Anna Karenina. Berlin: Deutsche Buch-Gemeinschaft.

¬ Trautner, H. M. (1991). Lehrbuch der Entwicklungspsychologie. Band 2: Theorien und Befunde. Hogrefe: Göttingen.

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Elterlicher Konflikt und kindliche Rolle - Ein Ansatz von Horst-Eberhard Richter
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Psychologisches Institut)
Autor
Jahr
1997
Seiten
36
Katalognummer
V95930
ISBN (eBook)
9783638086080
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ältere psychoanalytische Ansätze der Neurosenlehre legten ihr Augenmerk in aller Regel auf die Triebregungen und Wünsche des Kindes. Der Bedeutung der Eltern wurde dabei unterschiedliches Gewicht beigemessen. Hauptsächlich aber wurden übermäßige Versagung, Verführung und indifferentes Verhalten der Eltern fürdie Entstehung von Neurosen verantwortlich gemacht. Das hier vorgestellte Modell geht von der Perspektive der unbewußten Konflikte der Eltern aus, wobei die Annahme maßgeblich ist, daß Eltern ihrem Kind eine bestimmte Funktion innerhalb ihres eigenen Konflikts zuweisen. Hieraus werden Rollenerwartungen mit unterschiedlichen traumatischen Konsequenzen für das Kind generiert. Die Rollenerwartungen kommen entweder durch den Prozeß der Übertragung zustande, bei dem das Kind als Substitut für einen realen Partner dient oder durch eine narzißtische Projektion, mit dem Kind als Projektionsfläche für Anteile des elterlichen Selbst. Auf die besonderen traumatischen Auswirkungen, die sich für das Kind ergeben, wird jeweils gesondert eingegange
Schlagworte
Elterlicher, Konflikt, Rolle, Ansatz, Horst-Eberhard, Richter, Psychologisches, Institut, Bonn
Arbeit zitieren
Wolfgang Dau (Autor:in), 1997, Elterlicher Konflikt und kindliche Rolle - Ein Ansatz von Horst-Eberhard Richter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95930

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