Die Einsendeaufgabe beschäftigt sich mit innovativen Versorgungsformen im deutschen Gesundheitssystem. Zunächst wird daher auf den Zweck innovativer Versorgungsformen im deutschen Gesundheitssystem eingegangen und erläutert, auf welchem zentralen Problem des deutschen Gesundheitswesens die Notwendigkeit innovativer Versorgungsformen basiert.
Im Anschluss werden die wahrgenommenen Merkmale einer Innovation dargestellt, welche allgemein Einfluss auf die Akzeptanz- oder Ablehnungsentscheidung haben. Zudem soll beschrieben werden, an welcher Stelle des Innovations-Entscheidungs-Prozesses diese Merkmale ihren Einfluss ausüben. Es werden zwischen fünf verschiedenen innovationsbezogenen Einflussfaktoren in Bezug auf die Akzeptanz- oder Ablehnungsentscheidung unterschieden.
Im Nachfolgenden wird die Methode des Morphologischen Kastens dargestellt und im Anschluss daran diskutiert, ob dieses Modell im Zusammenhang mit der Generierung kreativer Ideen im Bereich der Versorgungsentwicklung im Gesundheitswesen eine geeignete Methode darstellt. Die Generierung von kreativen Ideen ist ein Ergebnis vielfältiger Einflussfaktoren, welche notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung zur Entwicklung von Innovationen sind.
Inhaltsverzeichnis
1 INNOVATIVE VERSORGUNGSFORMEN
1.1 Zweck innovativer Versorgungsformen
1.2 Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem
1.3 Handlungsformen innovativer Versorgung
1.4 Unsicherheiten bei der Einführung innovativer Versorgungsformen
2 INNOVATIONS-ENTSCHEIDUNGS-PROZESS
2.1 Merkmale einer Innovation
2.2 Schwierigkeiten bei der Akzeptanz innovativer Versorgungsformen
3 KREATIVITÄTSTECHNIKEN
3.1 Der „Morphologische Kasten“
3.2 Methode der Kreativitätstechnik
4 E-HEALTH
4.1 Ziele der Telemedizin
4.2 Mehrwerte der Telemedizin für Hauptakteure im Gesundheitswesen
4.3 Herausforderungen bei der Umsetzung von Telemedizin
5 LITERATURVERZEICHNIS
6 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
1 Innovative Versorgungsformen
1.1 Zweck innovativer Versorgungsformen
Zunächst wird auf den Zweck innovativer Versorgungsformen im deutschen Gesundheitssystem eingegangen und erläutert, auf welchem zentralen Problem des deutschen Gesundheitswesens die Notwendigkeit innovativer Versorgungsformen basiert.
Dem deutschen Gesundheitswesen wird nachgesagt, dass es leistungsstark, jedoch nicht effizient sei, da der hohen Qualität der Leistungserbringung und dem uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung sehr hohe Kosten gegenüberstehen. Vor allen Dingen im Bereich der sektoralen Versorgung zeigt sich ein enormes Optimierungspotential, sodass diesem Bereich eine viel diskutierte Reformbedürftigkeit zugeschrieben wird. Das zentrale Problem des deutschen Gesundheitswesens, auf welchem die Notwendigkeit innovativer Versorgungsformen basiert, ist die sektorale Fragmentierung. Diese Schnittstellen zwischen ambulantem Sektor, stationärem Sektor, Rehabilitation und Pflege kooperieren nur unzureichend miteinander und es herrscht kaum ein Informationsaustausch zwischen den Sektoren, sodass Behandlungsabläufe länger und letztendlich teurer werden durch beispielsweise teure Doppel- und Mehrfachuntersuchungen (Dietrich, 2019, S. 43). Aus diesem Grund nimmt die Behebung solcher Schnittstellenprobleme eine immer größere Relevanz für das deutsche Gesundheitssystem ein. Daher zielen alle künftigen gesundheitspolitischen Bemühungen auf eine Überwindung der fragmentierten Versorgungsstrukturen ab. Ziel ist es dabei, die Kosten für die Gesundheitsversorgung zu dämpfen und gleichzeitig eine weiterhin hochwertige Versorgungsqualität gewährleisten zu können, indem Ausgaben und Leistungen gesteuert und die Effektivität und Effizienz im Gesundheitswesen sichergestellt werden. Hierzu implizierte der Gesetzgeber Ende der 1990er Jahre Regelungen, die es Krankenkassen und anderen Leistungserbringern ermöglichte, in bestimmten Bereichen von der Regelversorgung abzuweichen und innovative Versorgungsformen zu implizieren, die zunächst unter dem Begriff „integrierte Versorgung“ bezeichnet wurden. Damit nun eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in Deutschland sichergestellt werden kann, wurden in den vergangenen Jahren von der Regelversorgung abweichende innovative Versorgungsformen im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassen, wodurch neue Versorgungskonzepte, neue Organisationsformen, sowie neue Finanzierungsformen und Formen der Vertragsgestaltung mit Leistungserbringern genutzt werden können (Dietrich, 2019, S. 19). Dieser Ansatz dient 3/30 primär dazu, die Gesundheitsversorgung dahingehend zu gestalten, die Leistungsanbieter besser miteinander zu verzahnen und die Kooperation und Kommunikation der Schnittstellen der einzelnen Sektoren untereinander zu optimieren. Durch den Ausbau innovativer Versorgungsformen soll zum einen der Patient besser in eine strukturierte Behandlungskette eingebunden werden und dadurch teure Doppel- und Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. Außerdem sollen die Übergänge von stationärer in die ambulante oder rehabilitative Versorgung vereinfacht und die Dauer des stationären Aufenthalts verkürzt werden. Zudem sollen durch innovative Versorgungsformen dem Patienten standardisierte, den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft entsprechende Behandlungspläne zugeführt werden (Dietrich, 2019, S. 44). Abbildung 1 verdeutlicht die Überwindung von Sektorengrenzen.
Demzufolge verfolgen innovative Versorgungsformen den übergeordneten Zweck, die Leistungserbringung und Finanzierung in unterschiedlichem Ausmaß zusammenzufassen mit dem Ziel die Sektoren und Leistungserbringer im Sinne einer regionalen, Outcome- orientierten Gesundheitsversorgung zu integrieren, sowie deren Effizienz zu verbessern (Dietrich, 2019, S.46).
1.2 Entwicklungen im deutschen Gesundheitssystem
Im Folgenden werden weitere relevante Entwicklungen erläutert, die es notwendig machen, gegenwärtige Versorgungsstrukturen des deutschen Gesundheitssystems mit Hilfe innovativer Versorgungsformen anzupassen.
Demografische Entwicklung: Aufgrund der geringen Geburtenzahlen und der zunehmenden Lebenserwartung der Bevölkerung wird Deutschland zunehmend zu einer alternden Gesellschaft. Allerdings ist zwischen einem längeren Leben in Krankheit und Gesundheit zu unterscheiden. Vor diesem Hintergrund werden mit steigender Zahl älterer Bürgerinnen und Bürger der Bedarf an Gesundheits- und Pflegeleistungen wachsen, sodass die Ausgaben für Gesundheitsleistungen steigen werden. Somit wird der demografische Wandel in Deutschland direkten Einfluss auf die Gesundheitsversorgung in Deutschland nehmen (Dietrich, 2019, S. 15). Abbildung 2 veranschaulicht die demografische Entwicklung in Deutschland von 2000-2100.
Wandel des Krankheitsspektrums/Morbiditätsspektrums: Ein wesentlicher Aspekt, der mit der demografischen Entwicklung in Deutschland einhergeht, ist die Veränderung des Morbiditätsspektrums. Mit der demografischen Alterung der Gesellschaft verändert sich auch das Krankheitsspektrum, da die Zahlen chronischer Erkrankungen und mehrfach erkrankter Personen steigen wird. Daraus resultieren Veränderungen in der Inanspruchnahme der medizinischen Leistungen. Somit gewinnt die Wichtigkeit einer langfristig funktionierenden hausärztliche Primärversorgung mehr an Bedeutung. Daraus ergibts ich die Notwendigkeit durch tragfähige Konzepte wie innovativer Versorgungsformen diese Versorgungslast, bedingt durch chronische Erkrankungen und Multimorbidität bewältigen zu können (Dietrich, 2019, S. 27). Das führt dazu, dass der Fokus der Gesundheitsversorgung nicht mehr allein auf die Akutversorgung gelegt werden kann, sondern Versorgungsstrukturen geschaffen werden müssen, welche eine adäquate und effiziente Behandlung chronischer Erkrankungen ohne Versorgungsbrüche ermöglichen. Dabei ist eine gezielte Koordination der Versorgung durch die einzelnen Spezialisten von größter Bedeutung (Dietrich, 2019, S.15).
Medizinisch-technische Entwicklungen: Durch den medizinisch-technischen Fortschritt ergeben sich immer mehr Behandlungsmöglichkeiten, welche auch in den Versor- gungs- und Organisationsstrukturen berücksichtigt werden müssen (Dietrich, 2019, S. 1415). Die Gesundheitsausgaben in Deutschland sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten stetig gestiegen. Der medizinisch-technische Fortschritt ist eine weitere Ursache der Ausgabensteigerung. Die Nachfrage nach neuen Innovationen hängt unter anderem von politischen Rahmenbedingungen, als auch von demografischen Veränderungen in der Gesellschaft ab (Bratan & Wydra, 2011). Demografische Entwicklung und medizinisch-technischer Fortschritt (MTF) hängen im Wesentlichen eng zusammen: so begünstigt ein zunehmender MTF die zunehmende Alterung der Bevölkerung durch moderne und innovative Behandlungsmöglichkeiten, wodurch wiederum die Höhe der Gesundheitsausgaben für das deutsche Gesundheitssystem steigen, aus denen heraus wiederum der MTF gefördert wird. Demnach hat der MTF Einfluss auf die Leistungsausgaben für das deutsche Gesundheitssystem und trägt im Wesentlichen zur Allgemeinen Kostenproblematik bei (Henke & Reimers, 2006, S. 12). Abbildung 3 verdeutlicht die Auswirkungen des medizinisch-technischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung auf die Leistungsausgaben der GKV.
Finanzierungsproblematik/Kostenproblematik: Die Auswirkungen einer alternden Gesellschaft im Zusammenhang mit einem zunehmend medizinisch-technischen Fort- schritt haben bislang zu einer wesentlichen Kostenproblematik für das deutsche Gesundheitssystem geführt, welche trotz vieler Reformbemühungen und Maßnahmen der Kostendämpfungspolitik bisweilen nicht gelöst werden konnte (Dietrich, 2019, S.15). Es scheint plausibel, dass zwischen einem Zusammenhang von Alter und Gesundheitsausgaben ausgegangen wird. Es lässt sich beobachten, dass zunehmend weniger Beitragszahler zur Verfügung stehen, die durchschnittlichen Leistungsausgaben pro Kopf anwachsen und die Lebenserwartung der Bevölkerung steigt. Demzufolge zeigt sich, dass bei Fortgelten des bisherigen Finanzierungssystems in der GKV schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung von einer Beitragssatzsteigerung ausgegangen werden muss (Henke & Reimers, 2006, S. 10). Abbildung 4 veranschaulicht die Prognosen zum GKV-Beitragssatz. Eine steigende Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen im Gesundheitswesen ergibt sich aus der Steigerung der Gesundheitsausgaben durch den demografischen Wandel und des MTF. „Folglich gilt es, die durch das GKV-Modernisie- rungsgesetz vom 1.1.2004 bereits ausgebauten Möglichkeiten der Integrierten Versorgung (§ 140a-e SGB V)28 vor allem hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Mittel aus der Gesamtvergütung zu erweitern sowie die rechtlichen Voraussetzungen zur Integration von Versicherungs- und Leistungserbringungsfunktion zu schaffen.“ (Henke & Reimers, 2006, S. 16)
Ärztemangel: Allerdings lässt sich heute schon ein Mangel an Hausärzten vor allem in ländlichen Regionen, sowie ein Mangel an Fachärzten in Pflegeheimen verzeichnen, was besonders besorgniserregend ist, da die ambulante Behandlung an der Schnittstelle zwischen dem ambulanten und stationären Sektor den Schlüssel für eine effiziente Gesundheitsversorgung darstellt. (Dietrich, 2019, S. 29).
1.3 Handlungsformen innovativer Versorgung
Nachfolgend werden die im SGB V festgeschriebenen Handlungsformen innovativer Versorgung skizziert. Darüber hinaus wird ein selbstgewähltes Beispiel einer innovativen Versorgungsform im Sinne eines spezifischen Projekts ausführlich beschrieben, wobei insbesondere auf die Aspekte Finanzierung und Vergütung eingegangen wird.
Innovative Versorgungsformen stellen Vertrags-Konstrukte zwischen unterschiedlichen Leistungsanbietern und Kostenträgern dar. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz aus dem Jahr 2015, das eine Neustrukturierung der Handlungsformen vorsieht, werden folgende vier Handlungsformen vorgesehen:
Besondere Versorgung nach § 140a SGB V
Kennzeichnend für die Regelversorgung im deutschen Gesundheitswesen ist einerseits, dass bei der diagnostischen Neuaufnahme oft die bereits an anderer Stelle gewonnenen Untersuchungsergebnisse nicht berücksichtigt werden können und andererseits, dass zwischen den Leistungserbringern nur ein minimaler Informationsaustausch stattfindet. Somit kommt oft keine Kontinuität in der Behandlung von Patienten zustande. Damit nun Versorgungsbrüche durch einen mangelhaften Informationsaustausch verhindert werden können, ist eine bessere Integration unterschiedlicher Versorgungsbereiche notwendig. Demnach soll unter der Besonderen Versorgung nach § 140a SGB V eine verbesserte sektorenübergreifende Versorgung über unterschiedliche medizinische Disziplinen hinweg möglich gemacht werden. Die Abbildung 5 veranschaulicht die Zusammenfassung der vormals bestehenden Versorgungsformen zur Besonderen Versorgung.
Wie aus Abbildung 5 zu entnehmen, stellt die Besondere Versorgung das Ergebnis der Zusammenfassung der vormals bestehenden Strukturen der Integrierten Versorgung, der Strukturverträge, sowie der Besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung dar. Allerdings kann die Besondere Versorgung auch als weiterentwickelte Form der Integrierten Versorgung angesehen werden, da die Besondere Versorgung in wesentlichen Aspekten auf der Integrierten Versorgung aufbaut und der Großteil der entsprechenden Regelungen in die Besondere Versorgung übernommen wurde. Die entsprechenden Merkmale der bis 2015 bestehenden Integrierten Versorgung wurden zu großen Teilen in die Besondere Versorgung übernommen wurden (Dietrich, 2019, S. 52).
Modellvorhaben nach §§ 63-65 SGB V
Modellvorhaben können bereits seit 1997 zur Weiterentwicklung der Versorgung nach §63 SGB V von Krankenkassen und ihren Verbänden durchgeführt werden. Charakteristisch für Modellvorhaben ist die experimentelle Eigenschaft und sind maximal auf 8 Jahre befristet, müssen wissenschaftlich begleitet, ausgewertet und veröffentlicht werden. Seit dem 1. Juli 2008 wurden mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz auch Möglichkeiten der Erprobung zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Gesundheitsberufen im Rahmen von Modellvorhaben zu erproben. Die Merkmale von Modellvorhaben sind nach §§ 6365 SGB V festgelegt (Dietrich, 2019, S. 54-55).
Grundsätze der Modellvorhaben: Im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenstellung zur Verbesserung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Versorgung können Krankenkassen und ihre Verbände Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Verfahrens-, Or- ganisations-, Finanzierungs-, Vergütungsformen der Leistungserbringung durchführen oder nach § 64 vereinbaren. Außerdem können Krankenkassen diese Modellvorhaben zu Leistungen zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten, sowie zur Krankenbehandlung durchführen oder nach § 64 vereinbaren (Dietrich, 2019, S. 55).
Hausarztverträge nach § 73b SGB V
Krankenkassen sind seit dem GKV- Wettbewerbsstärkungsgesetz aus dem Jahr 2007 dazu verpflichtet, den Versicherten eine hausarztzentrierte Versorgung anzubieten, indem die Kassen mit besonders qualifizierten Hausärzten entsprechende Verträge abschließen. In diesem Zusammenhang nehmen Hausärzte eine Art „Lotsenfunktion“ oder auch Gatekeeper entlang der Versorgungskette ein. Versicherte verpflichten sich gegenüber der Krankenkasse für den Erstkontakt einen vorab ausgewählten teilnehmenden Hausarzt aufzusuchen, welcher entweder alle weiteren Behandlungsmaßnahmen nach dem Erstkontakt zum Patienten selbst erbringt, oder entsprechende Facharztbesuche und stationäre Aufenthalte koordiniert. Dadurch soll eine effiziente und qualitativ hochwertige Behandlung sichergestellt werden und überflüssige und unnötige teure Doppeluntersuchungen sollen vermieden werden (Dietrich, 2019, S. 56). Die Abbildung 6 veranschaulicht den Ablauf der Hausarztzentrierten Versorgung.
Medizinische Versorgungszentren nach § 95 SGB V
Als vierte und letzte Handlungsform innovativer Versorgungsformen sind die medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zu nennen, welche Einrichtungen darstellen, in welchen Ärzte unterschiedlicher Spezialisierungen unter einem Dach zusammenarbeiten. Nach § 95 Absatz 1 SGB V „sind medizinische Versorgungszentren „fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen“, in denen Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sein können.“ (Dietrich, 2019, S. 58) Zur Gründung eines MVZ sind nur noch Vertragsärzte, Krankenhäuser, bestimmte Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen, sowie bestimmte gemeinnützige Trägerorganisationen berechtigt, was mit dem GKV-Versor- gungsstrukturgesetz ab 2012 geregelt wurde, um zu verhindern, dass medizinische Entscheidungen von Kapitalinteressen beeinflusst werden. Mit diesem Gesetz wurde es auch Kommunen möglich MVZ zu gründen, damit die medizinische Versorgung in der Region mitgestaltet werden kann. Zugelassen muss ein MVZ vom Zulassungsausschuss, die Leitung muss von einer Ärztin oder einem Arzt selbst erfolgen und es müssen Ärzte aus mindestens zwei verschiedenen Fachrichtungen zusammenarbeiten. Medizinische Ver- sorgungszentren nehmen an der vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenkassen teil, wie selbstständig niedergelassene Ärzte und sind somit denselben Auflagen der Leistungserbringung unterworfen. Das besondere Merkmal von MVZ ist die Chance einer patientenorientierten Behandlung entlang der gesamten ambulanten Wertschöpfungskette in einem Haus (Dietrich, 2019, S. 58).
Das Medizinische Zentrum Bonn - Friedensplatz als Beispiel einer innovativen Versorgungsform Dr. med. Wolfgang Nagel ist Facharzt für Urologie im Medizinischen Zentrum BonnFriedensplatz und einer von vier Ärzten, die das Zentrum betreiben. In diesem MVZ arbeiten Mediziner aus zehn verschiedenen Fachbereichen zusammen: Chirurgie, Dermatologie, Gynäkologie, Gefäßchirurgie, HNO, Innere Medizin, Neurologie, Physikali- sche/Rehabilitative Medizin, Psychiatrie und Urologie. Diese Interdisziplinarität ist gesetzlich vorgeschrieben. Das Zentrum soll mit der Erweiterung durch die physiotherapeutische Abteilung ausgebaut werden. Das Medizinische Versorgungszentrum Bonn beschäftigt derzeit rund 20 Ärztinnen und Ärzte, welche hier als Angestellte in einem großen Team zusammenarbeiten, auch wirtschaftlich. Hier geht es mehr um die Frage, wer dem Patienten am besten helfen kann, nicht darum, wer die meisten Gewinne erzielt - laut Wolfgang Nagel. Nicht nur die Förderung des kollegialen Austauschs untereinander hätte das MVZ Bonn zum Erfolgsmodell gemacht, sondern auch die wirtschaftlichen Vorteile, die sich durch diese innovative Versorgungsform ergeben würden. Durch die gemeinsame Nutzung der Räumlichkeiten und Geräte durch die Ärzte, werden Kosteneinsparungen erzielt und die Anschaffung modernster Technik kann gewährleistet werden, was in einer Einzelpraxis zum Teil nicht umsetzbar ist. Was den Aufbau des MVZs anbelangt, liegen verwandte Fachrichtungen auf der gleichen Etage nahe zusammen, der Raum für die urodynamischen Untersuchungen liegt zwischen Gynäkologie und Urologie. Ein spezielles Untersuchungsgerät wird von Ärzten drei verschiedener Fachrichtungen verwendet, was eine gute Organisation untereinander voraussetzt. Nicht nur Geräte, sondern auch Räumlichkeiten für beispielsweise ambulante Operationen werden von den verschiedenen Fachrichtungen gemeinsam genutzt. Für den Mediziner Wolfgang Nagel gibt es viele Gründe in einem MVZ tätig zu sein: Durch die Zusammenarbeit im Team fällt das Risiko einer Selbstständigkeit weg. Was die Arbeitszeiten für Ärzte anbelangt ist es im MVZ Bonn sogar möglich einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, was die Vereinbarung von Familie und Beruf für Ärzte erleichtert. Das MVZ Bonn genießt allgemein durch den Status eines Akademischen Lehrzentrums und die Partnerschaft mit dem Bonner Universitätsklinikum einen sehr anerkannten Ruf. Eine Arbeit als angestellter Arzt in einem MVZ kann für viele Ärzte eine gute Alternative zur Einzelpraxis sein. Angestellte Ärzte können sich auf die reine ärztliche Tätigkeit konzentrieren und müssen sich nicht um die Abrechnung kümmern, sodass die anstehenden Verwaltungsaufgaben wegfallen. Darüber hinaus erhalten angestellte Ärzte ein festes Grundgehalt zuzüglich leistungsabhängiger Zusatzzahlungen. Die Abrechnung und Auszahlung des Honorars erfolgt über die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Trägerschaft dieses MVZ in Bonn übernimmt eine Gruppe von Medizinern.
Dieses von vielen Medizinischen Versorgungszentren stellt somit eine fachübergreifende, ärztlich geleitete Einrichtung dar, in der im Arztregister eingetragene Ärzte als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Durch diese strukturierte Zusammenarbeit mehrerer ärztlicher Fachgebiete kann eine patientenorientierte Versorgung aus einer Hand ermöglicht werden (Hibbeler, 2009).
Finanzierung: In einer innovativen Versorgungsform, wie dem Medizinischen Versorgungszentrum Bonn-Friedensplatz sind verschiedene Leistungserbringer Mitglied der vernetzten Gesundheitsstruktur. Im Zusammenhang mit der Finanzierung solcher Versorgungsformen fließen Finanzierungsströme von Kostenträger (Krankenkasse) zu Versorgungsorganisation (MVZ) und werden im Regelfall von hier aus an die verschiedenen Leistungserbringer im Rahmen der Vergütung weitergeleitet. Die wichtigste Form der Finanzierung sind wie im kollektivvertraglichen System die Beiträge durch Versicherte and die gesetzlichen Krankenversicherungen (Dietrich, 2019, S. 48). Die Finanzierung innovativer Versorgungsformen bezieht sich dabei auf interne und externe Kapitalaufbringung in der Gründungs- und Betriebsphase, wobei die externe Finanzierung durch staatliche oder private Zuschüsse erfolgen kann (Dietrich, 2019, S. 49). In der Abbildung 7 ist die Finanzierung und Vergütung innovativer Versorgungsformen abgebildet.
Vergütung: Von Vergütung spricht man im Zusammenhang mit der Honorierung der einzelnen internen und externen Leistungserbringern in Bezug auf die innovative Versorgungsform. Hierbei sind unterschiedliche Vergütungsformen mit verschiedenen Anreizstrukturen möglich: Fallpauschalen, Kopfpauschalen, Ergebnis- bzw. erfolgsorientierte Vergütung und Gewinnausschüttung (Dietrich, 2019, S. 49). Damit innerhalb eines Medizinischen Versorgungszentrum Leistungen zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversi- cherung abgerechnet werden können, ist die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung Voraussetzung. MVZ finanzieren sich über die Leistungseinnahmen der angestellten Ärzte, somit ist eine Abrechnungsgenehmigung gegenüber der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung grundlegend. Alle Leistungen, die gemäß der geltenden Regelungen nach EBM und regionaler Honorarverteilung HVM von den Ärzten des Medizinischen Versorgungszentrums höchstpersönlich erbracht wurden, sind abrechnungsfähig, sowie Igel- und Privatleistungen. Im Bezug auf die Abrechnung gelten im MVZ alle Regeln für niedergelassene Ärzte analog. Demnach rechnet ein Medizinisches Versorgungszentrum wie eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis ab. Jeder Arzt, der im MVZ tätig ist, bekommt ein Regelleistungsvolumen RLV zugeteilt. Diese RLVs aller im MVZ tätigen Ärzte werden zusammengerechnet und bilden das Gesamtbudget für das Medizinische Versorgungszentrum. Als wesentliche Bezugsgröße für die Honorierung eines im MVZ tätigen Arztes ist der jeweilige medizinische Fall, von dessen konkreter Definition die Höhe des ärztlichen Honorars abhängt. Außerdem wird Medizinischen Versorgungszentren je nach Behandlungsfall ein Kooperationszuschlag gewährt, was durch die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab vorgegebenen Grundstruktur der Honorierung festgelegt ist (Bundesverband Medizinische Versorgungszentren-Gesundheitszentren-Inte- grierte Versorgung e.V.).
1.4 Unsicherheiten bei der Einführung innovativer Versorgungsformen
Im Folgenden sollen Unsicherheiten und Problematiken in Bezug auf die Einführung innovativer Versorgungsformen im Gesundheitswesen erläutert werden.
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