Der Konziliarismus und sein Potential für die Reform der Kirche


Seminararbeit, 1998

24 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Wurzeln des Konziliarismus
1. 1 Die Entstehung konziliarer Ideen vom Decretum Gratiani bis zum großen Schisma
1. 11 Das Verhältnis von Papst und Kirche
1. 12 Der Papst und das Generalkonzil
1. 13 Die Absetzung eines Papstes
1. 14 Aspekte der Ekklesiologie im 13. Jahrhundert
1. 15 Konziliare Ideen im 14. Jahrhundert bis zur Zeit des großen Schismas
1. 151 Johannes von Paris
1. 152 Wilhelm Durant
1. 153 Marsilius von Padua
1. 154 William von Ockham
1. 2 Das Schisma von 1378 und seine Auswirkungen auf die Entwicklung des Konziliarismus
1. 21 Die Frage nach der Lösung des Schismas
1. 212 Peter Bohier
1. 213 Pierre d'Ailly
1. 214 Heinrich von Langenstein und Konrad von Gelnhausen
1. 215 Franciscus Zabarella
1. 216 Johannes Gerson

2. Konziliarismus und Reformversuche auf den Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel

2. 1 Das Konzil von Pisa
2. 11 Zum Verlauf des Konzils von Pisa
2. 12 Das Konzil von Pisa und die Reform
2. 2 Das Konzil von Konstanz
2. 21 Die Vorgeschichte
2. 22 Der Verlauf des Konzils
2. 23 Der Konziliarismus und das Konzil von Konstanz
2. 24 Das Konzil von Konstanz und die Reformanliegen
2. 3 Das Konzil von Basel
2. 31 Die Vorgeschichte
2. 32 Der Verlauf des Konzils
2. 33 Das Konzil von Basel und der Konziliarismus
2. 34 Das Basler Konzil und die Kirchenreform

Einleitung

Der Konziliarismus, wie er besonders im Spätmittelalter auf den Konzilien von Konstanz und Basel begegnet, ist ein komplexes Phänomen. Die Schriften, die dieser Richtung zuzuordnen sind, lassen jedoch einiges von der Mentalitätsgeschichte des Konziliarismus erahnen. Veränderungen in der Struktur der mittelalterlichen Kirche haben zunehmend die Kirche als solche in den Blick kommen lassen. Diese vermehrte Beschäftigung mit der Kirche führte auch zu neuen Kirchenmodellen. Eines dieser Modelle, welches die Kirche als Korporation vorstellte, wurde von den Kanonisten des 13. Jahrhunderts entwickelt und bildet eine Grundlage des Konziliarismus, wie er am Ende des 14. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts begegnet. Eine weitere Wurzel des Konziliarismus dürfte die mittelalterliche Wiederentdeckung des Aristoteles sein, auf den sich manche Konziliaristen, wie zum Beispiel der radikale Marsilius von Padua, explizit beziehen. Andere, wie Gerson oder Nikolaus von Cues, sind über Pseudo-Dionysius platonistisch beeinflußt. Auch Nominalismus und Skeptizismus eines William von Ockham sind, auch wenn ihre Einflüsse verschieden beurteilt werden, aus der Geistesgeschichte des Konziliarismus kaum wegzudenken. Vielleicht kann aber nicht nur der Blick in die Vorgeschichte des Konziliarismus Aufschluß über das Denken und das Gefühl der Konziliaristen geben, sondern auch ein Blick in das Zeitalter, das mit ihrer Zeit beginnt. Das Zeitalter von Humanismus, Rennaissance, Naturwissenschaften und neuer Entdeckungen an der Schwelle zur Neuzeit. Das Bewußtsein der Bedürftigkeit nach Reform ist in der Zeit des Konziliarismus stark und ein Ruf nach reformatio in capite et in membris häufig und zentral, wofür das Dekret Haec sancta zeugt. Die Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Kirche und die Sehnsucht nach der Wiederkehr eines verlorenen Zustands scheint Triebfeder der ganzen konziliaristischen Bewegung zu sein, gleich ob dieser ersehnte Zustand der vor dem Schisma, die Zeit der alten Kirche mit ihren Konzilien, oder die Urkirche ist. Wenn auch bei den Reformversuchen die Betonung auf "Versuch" bleiben muß, so scheint mir mit der Beendigung des Schismas von 1378 ein wesentlicher Reformpunkt gelungen zu sein, wenngleich sich der Konziliarismus gut zwanzig Jahre später beinahe wieder um diese Frucht bringen wollte und es für einige Jahre auch getan hat.

In der vorliegenden Arbeit konnte ich nur einige Aspekte dieser Bewegung herausgreifen. Besonders habe ich versucht, auf die Wurzeln des Konziliarismus die der Kirche und ihrem Lebensvollzug selbst entspringen einzugehen. Da eine allgemeine Beschreibung des Konziliarismus aufgrund der Vielfalt und auch Widersprüche nur schwer möglich ist, habe ich versucht, einige Personen herauszugreifen um mich durch sie dem Gesamtphänomen zu nähern. Da Reform ein zentrales Anliegen des Konziliarismus war, und natürlich auch durch das Thema des Seminars bedingt, habe ich versucht, den Reformaspekt besonders zu betrachten, was ich vor allem für die Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel getan habe.

1. Die Wurzeln des Konziliarismus

Von August Franzen stammt folgende Definition des Konziliarismus: "Unter Konziliarismus (konziliare Theorie) versteht man die Lehre, die das Generalkonzil als den höchsten Gewaltenträger in der Kirche betrachtet und es (bedingt oder grundsätzlich) dem Papsttum überordnet."1

Im Anschluß daran unterscheidet er genauer zwischen: "a) einem gemäßigten, legitimen Konziliarismus der lediglich für Notsituationen gewisse "konziliare" Sicherungen zum Schutz oder zur Wiederherstellung der obersten hierarchischen Spitze vorsah, und b) einem prinzipiellen, revolutionären Konziliarismus, der die auf Schrift und apostolischer Tradition beruhende hierarchische Kirchenstruktur mit primatialer Spitze im Papsttum zugunsten einer Demokratisierung des Kirchenregimentes "konziliaristisch" ändern wollte."2

Diese Bestimmungen von Franzen zeigen deutlich die Komplexität des Phänomens "Konziliarismus". Entsprechend der Vielgestaltigkeit ist auch die Erforschung seiner Ursachen kein leichtes Unterfangen und es wundert daher nicht, daß es bezüglich seiner Ursprünge verschiedene Auffassungen gibt.

Harald Zimmermann hat im Rahmen seiner Untersuchungen über Papstdepositionen im Mittelalter3gezeigt, daß die Einschränkung der Macht des Papstes durch das Konzil schon häufig geübte Praxis war, noch bevor sie zum Gegenstand kanonistischer Abhandlungen geworden ist. Er hat festgestellt, daß der Satz "Prima sedes a nemine iudicatur" in ähnlichem Wortlaut schon zur Zeit des Papstes Symmachus (498-514) auftaucht, aber in seiner Anwendung auf die einzelnen Päpste viele Ausnahmen erfahren hat, falls ein Papst in Häresie gefallen ist.4Erst die Dekretisten der späteren Jahrhunderte, unter ihnen besonders Huguccio, haben versucht, die genauen Umstände einer Häresie festzulegen, die für eine Papstabsetzung ausreichend sind.

1. 1 Die Entstehung konziliarer Ideen vom Decretum Gratiani bis zumgroßen Schisma

Die Bedeutung der Kanonisten seit der Zeit des Decretum Gratiani für die Entstehung des Konziliarismus hat Brian Tierney in seiner Abhandlung "Foundations of the Conciliar Theory"5hervorgehoben.

1. 11 Das Verhältnis von Papst und Kirche

Für die Bestimmung des Verhältnisses von Papst und Kirche waren sowohl für das Decretum Gratiani67, sowie für die nachfolgenden Dekretisten die Worte Jesu an Petrus in Mt 16,18-19 bedeutsam: "Ich aber sage dir: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein."

Die Anrede "Du bist Petrus" verbindet Gratian mit dem Gedanken der päpstlichen Vorherrschaft in der Kirche sowohl in legislativer als auch in juristischer Hinsicht, was auch die Unterordnung der lokalen Kirchen unter die römische Kirche mit einschließt. Indem Petrus die Schlüssel empfängt, repräsentiere er die Kirche: "Quodcumque ligaveris super terram erit ligatum et in caelo. Si hoc Petro tantum dictum est non hoc facit ecclesia. Si autem in ecclesia fit, uti quae in terra ligantur in caelo ligantur...Si ergo hoc in ecclesia fit, Petrus quando claves accepit ecclesiam sanctam significavit."8 Die Dekretisten beschrieben diesen Sachverhalt mit einem von Augustinus kommenden Terminus nach dem Petrus "in figura ecclesiae" steht. Daß der Papst "in figura ecclesiae" steht, spielt später bei Nikolaus von Cusanus eine wichtige Rolle, wobei bei ihm aber das Generalkonzil die Kirche adäquater repräsentiert. Wenn der Papst "in figura ecclesiae" steht, ergab sich für Gratian und die Dekretisten die Frage, ob ein Papst in Häresie fallen könne. Ihre Antwort darauf war, daß Christus nur der Kirche als ganzer Beständigkeit versprochen habe, ein einzelner Papst aber sehr wohl in Häresie fallen könne, da er nur einen Teil der Macht besitzt, die der ganzen Kirche gegeben wurde. Das am häufigsten angeführt Beispiel für einen häretischen Papst war Anastasius II.

Der Dekretist Huguccio von Pisa9machte auf die zweifache Bedeutung der "romana ecclesia" auf der auch schon das Decretum Gratiani basiert, aufmerksam: Romana ecclesia einerseits als die ganze "congregatio fidelium", die alleine vor Irrtum bewahrt bleiben wird, und andererseits als die lokale Autorität der römischen Kirche, die, obwohl Petrus "in figura ecclesiae" steht, nicht die gesamten Gaben besitzt, die Christus der Kirche gegeben hat.

1. 12 Der Papst und das Generalkonzil

Bei den Dekretisten herrschte übereinstimmend die Auffassung, daß der Papst durch die Beschlüsse eines Generalkonzils gebunden sei. So stammt von Johannes Teutonicus1011 der Ausspruch "synodus maior est papa". Jedoch verweist Tierney auf die damals bestehende Identifikation von Generalkonzil mit der Gesamtkirche: "It seems that, in the earlier opinion, the identification between a General Council and the whole Church was so complete that a canon of a Council relating to the whole Church was assumed to be necessarily beneficial to the Church; or, at least, it was supposed that normally the interests of the Church would be more effectively safeguarded in the statues of a Council than in the decrees of a Pope; and hence papal action against a general statue was condemned as prejudicial to the state of the Church."12

Der Papst (in figura ecclesiae) und das Generalkonzil waren für die Dekretisten die zwei Institutionen, durch welche die der gesamten Kirche innewohnende Autorität repräsentiert werden könne. Da die Beschlüsse eines Generalkonzils durch universale Zustimmung entstehen, besitzen sie eine überragende Autorität.

1. 13 Die Absetzeung eines Papstes

Wichtigen Einfluß auf das Denken der späteren Konziliaristen haben die Auffassungen der Dekretisten über die Absetzbarkeit von Päpsten ausgeübt.

Das Decretum Gratiani nimmt auf fünf Fälle von Papstabsetzungen bezug.1314 Gratian stellt aber fest, daß diese Abdankungen freiwillig gewesen seien und daß kein Mensch und auch keine Gruppe von Menschen das Recht habe, einen Papst zu verurteilen. Diese Auffassung steht in einer gewissen Spannung zur Häresieklausel, die Gratian ebenfalls, in der Form wie sie Kardinal Humbert formuliert hatte, in sein Decretum aufgenommen hat: "(Papa) a nemine est iudicandus, nisi deprehendatur a fide devius."15

Diese ins Decretum aufgenommene Formulierung lies also einen Weg offen, einen Papst im Falle von Häresie abzusetzen.

Rufinus16dehnte die Absetzbarkeit in seiner Summa zum Decretum auf das Schisma aus, da ein anhaltendes Schisma immer mit Häresie gepaart sei.17

Huguccio hat die genauen Umstände zu formulieren versucht, wann ein Papst abzusetzen ist. Nach ihm könne ein Papst nur abgesetzt werden, wenn die Häresie öffentlich sei und es sich außerdem schon um eine bekannte Häresie handle. Wenn es eine neue Lehre ist, die der Häresie verdächtig ist, oder wenn eine bereits bekannte Häresie nur geheim ausgeübt wird, sei das für eine Absetzung nicht ausreichend. Außerdem müsse der Absetzung eine zweimalige Ermahnung vorausgehen. Unter den Tatbestand der Häresie fällt bei Huguccio auch ein notorisches Verbrechen, da hier die Wohlfahrt der gesamten Kirche gefährdet sei. Jedoch gilt auch für die Verbrechen, daß sie notorisch und außerdem öffentlich sein müssen.

Dennoch bleibt das Problem bestehen, wie eine Absetzung mit dem damals bekannten Rechtssatz "Prima sedes a nemine iudicatur" vereinbar ist. Schon bei Gratian taucht der Gedanke auf, daß ein Häretiker niederer als der schlechteste Katholik sei und deshalb der Satz nicht zutreffe. Auch Huguccio ist ihm darin gefolgt, indem er sagt: "Cum papa cadit in heresim non iam maior sed minor quolibet catholico intelligitur."18

Die Dekretisten der Generation nach Huguccio akzeptierten ohne Frage die Absetzbarkeit unter den von Huguccio beschriebenen Umständen, sie ignorierten oder verneinten jedoch seine sorgfältig gemachten Einschränkungen. So sind bei Johannes Teutonicus auch geheime Häresien oder Gewalttaten für die Absetzung ausreichend.

1. 14 Aspekte der Ekklesiologie im 13. Jahrhundert

Besonders unter Innozenz III, aber auch in weiterer Folge, herrschte unter den Kanonisten eine stark papalistische Richtung vor, welche betonte, daß der Papst alle Gewalt Christi auf Erden besitze. Trotz des Festhaltens am Konzept der absoluten Machtfülle des Papstes auf Erden und denn damit verbundenem Zentralismus erscheint die Kirche des 13. Jahrhunderts zunehmend als Föderation halbautonomer Einheiten. Bistümer, Abteien, Priorate, Kongregationen, Bruderschaften, Universitäten und nicht zuletzt die neuen Brüderorden forderten ihre Privilegien und Immunitäten ein und übten auch ihr Recht auf Selbstbestimmung aus. Das führte einer Flut von Rechtssteitigkeiten und machte die Lösung der daraus erwachsenden Probleme zu einer dringenden Notwendigkeit.19 Auf die vielen konkreten Fragen mußten auch konkrete und praktikable Antworten gefunden werden, was zu vielen Reflexionen über die Prinzipien der Kirchenstruktur führte. Daraus erwuchs die Sicht der Kirche als Korporation, die zu einer Grundlage für die späteren konziliaristischen Theorien geworden ist.

Einer der Kanonisten, der sich intensiv mit der Struktur der Kirche auseinandersetzten war Henricus de Segusio (Hostiensis)20, Kardinalbischof von Ostia. Seine Theorie über die Verteilung von Autorität in einer Gemeinschaft fand bei den folgenden Kanonistengenerationen großen Anklang. Tierney21 teilt die Problemkreise, die Hostiensis und seine Zeitgenossen diskutiert haben, in drei große Gruppen ein. Erstens: die den Staus der Glieder einer Körperschaft betreffen wenn sie gemeinsam mit dem Haupt agieren. Zweitens: die mit der Rolle eines Vorstehers als Repräsentant seiner Gemeinschaft zu tun haben und drittens was die Autorität einer Gemeinschaft betrifft, wenn das Haupt fehlt.

Was den ersten Problemkreis betrifft, so kommt Hostiensis zum Schluß, daß Autorität in einer Körperschaft nicht im Haupt alleine konzentriert sei, sondern allen Gliedern innewohne und sich so die praktische Konsequenz ergäbe, daß in wichtigeren Angelegenheiten, die das Wohlergehen der ganzen Körperschaft betreffen, der Vorsteher nicht ohne Zustimmung der Glieder handeln könne.

Zum zweiten Problemkreis meint Hostiensis, daß der Vorsteher im alltäglichen "Business" Handlungsfreiheit brauche und er daher im gewöhnlichem Alltag ohne ein spezielles Mandat agieren könne. Zugleich betont er auch, daß die Autorität, die er ausübt nur abgeleiteter Natur sei und nicht gegen das Wohlergehen der Kirche benützt werden könne.

Die Vakanz (besonders die bischöfliche) betreffend, haben die Kanonisten unterschieden zwischen der Gewalt, die durch die Wahl gegeben ist, und derjenigen, die durch die Ordination verliehen wird. Im Falle der Vakanz soll die Gewalt, die der Wahl entstammt, auf Niedrigere übergehen, die durch die Ordination verliehene aber auf Höhergestellte. Schon im Decretum Gratiani ist festgelegt, daß der Klerus anstelle des Bischofs handeln solle, wenn er durch Alter oder Krankheit unfähig wird.22 Huguccio hat diese Lehre auch auf einen nachlässigen Bischof transferiert, wobei sich die Basis dafür schon im Decretum Gratiani findet. Dieser Absatz hat später zu vielen Kontroversen beigetragen: "Si forte in provincia unum tantum contigerit remanere episcopum, superstes episcopus convocet episcopos vicinae provinciae et cum eis ordinet comprovinciales sibi episcopos. Quod si facere neglexerit, populi conveniant episcopos vicinae provinciae."23Auf dieser Basis schreibt auch Johannes Teutonicus: "Arguo quod si praelatus non vult vel negligit facere ea quae debet, debent suppleri per subditos, et converso."24

Bezüglich des Verhältnisses von Papst und Kardinälen25meint Hortensis (der selber Kardinal war): "...Unde et dicti sunt cardinalis a cardine quasi cum papa mundum regentes...unde et dictum est non iudicabis in singulari sed iudicabitis in plurali, ut non solum papa sed et cardinales includerentur etiam in expressione plenitudinis potestatis."26Für Hostiensis ist also die plenitudinis potestatis nicht eine alleine dem Papst innewohnende Gewalt, sondern sie erstreckt sich auch auf das Kardinalskollegium. So kann er auch die Frage nach dem Status der Kardinäle während einer Papstvakanz beantworten: "Pone papam mortuum, quaero penes quem resideret haec potestas? Respondeo utique penes Romanam ecclesiam quae mori non potest...sed numquid collegium cardinalium habet jurisdictionem papae et etiam exercitium ipsius..."27 Außerdem meinte er, daß die Kardinalbischöfe mit päpstlicher Autorität ausgestattet seien seitdem sie den Platz der Metropoliten bei der Konsekration eines neuen Papstes eingenommen hätten. Die Kardnäle würden mit dem Papst gewissermaßen einen Leib formen an dem aber die ganze Kirche teilhabe. Er geht aber noch weiter, wenn er die Frage stellt, was wäre, wenn während einer Papstvakanz alle Kardinäle umkommen würden. Wie die Autorität des Papstes während einer Va kanz auf die Kardinäle übergehe, so würde sie nun auf Klerus und Volk übergehen. Diese selbst könnten nun einen Papst aufstellen, oder passender, ein Generalkonzil einberufen.

1.15 Konziliare Ideen im 14. Jahrhundert bis zur Zeit des großen Schismas

Zur Zeit des Papstes Bonifatius VIII (1294-1303) kam es auf der einen Seite zu den extremsten papalistischen Forderungen (Unam sanctam), andererseits entstanden gerade in dieser Zeit erste Formulierungen der konziliaristischen Lehren.

1. 151 Johannes von Paris

Johannes von Paris (1260-1306) war der erste, der eine klare konziliaristische Lehre formulierte. Dieser Dominikaner kann als eine Mittlerfigur zwischen den Lehren der Kanonisten und den konziliaristischen Theorien des 14. Und 15. Jahrhunderts gesehen werden. Von den Kanonisten haben besonders die "glossa ordinaria" eines Johannes Teutonicus, wie auch die "Lectura" des Hostiensis, großen Einfluß auf ihn ausgeübt. Daneben war er auch der aristotelisch-thomistischen Sozialphilosophie verpflichtet.2829

Sein Werk "De potestate Regia et Papali" (1302/03) beginnt er indem er sagt, daß so wie jede Diözese eine Einheit sei, auch die Körperschaft aller Gläubigen eine Einheit sei. Daher sei auch ein Oberhaupt notwendig, daß die generellen Rechte der Administration besitzt. Für ihn ist jedoch die Beziehung von Papst und Kirche keine andere als die eines jeden anderen kirchlichen Vorstehers zu seiner Gemeinschaft. Die Vorsteher sind für ihn nicht "domini", sondern "tutores, procuratores, dispensatores".30 So wie der Bischof Verwalter der Güter seiner Lokalkirche ist, so ist der Papst "universalis dispensator". Er betont, daß die kirchliche Autorität zum Aufbau der Kirche gegeben sei und er deshalb nicht dominus sein könne, weil er sonst mit den kirchlichen Gütern machen könne, was er wolle. Dasselbe macht er auch für die geistliche Autorität geltend: der Papst besitze zwar die Jurisdiktionsgewalt, dürfe aber keine Glaubensartikel ändern. Für Fragen die den Glauben der ganzen Kirche betreffen sei nicht der Papst alleine, sondern das Generalkonzil höchste Autorität. Für ihn ist die kirchliche Autorität nicht im Papst konzentriert, sondern sie breitet sich auch auf die anderen Glieder der Kirche aus. So haben auch die Bischöfe ihre Gewalt nicht vom Papst verliehen bekommen, sondern er bestimme nur die Grenzen, in denen ihre Macht ausgeübt wird. Daher könne auch königliche Macht nicht vom Papst kommen, wenn schon die der Bischöfe nicht vom Papst gegeben ist. Nach Johannes ist die Gewalt, die sich in den Gliedern der Kirche ausbreitet, letztlich gleich der, die im Haupt zentriert ist. Trotzdem definiert er die Position des Papstes als "caput" und "principale membrum" der Kirche. Woraus folgt, daß seine Autorität zwar größer ist als die eines jeden anderen einzelnen, aber nicht größer als die aller zusammen.

Diese Argumente benützt er auch in seiner Diskussion über die Deposition eines Papstes. Nach Johannes könne ein Papst nicht nur bei Häresie oder notorischem Verbrechen abgesetzt werden, sondern auch schon bei bloßer Inkompetenz. Denn der Papst habe seine Gewalt nicht nur für die Kirche, sondern auch von der Kirche erhalten. Wenn er nun sein Mandat als Repräsentant einer Gemeinschaft schlecht erfülle, könne er von eben dieser Gemeinschaft auch wieder zurückgerufen werden. So könne dann auch ein Papst, der seine Gewalt als Verwalter mißbrauche, abgesetzt werden.

Dennoch betont er den göttlichen Ursprung päpstlicher Gewalt. Aber von Gott sei diese Gewalt nur als solche gegeben. Die Entscheidung, wer der jeweilige Träger dieser Gewalt sei, liege bei den Menschen und könne daher auch von Menschen wieder zurückgenommen werden. Der Papst sei aber nicht die einzige Gewalt göttlichen Ursprungs, sondern "in collegio sive in tota ecclesia" existiere eine Macht, die der des Papstes letztlich gleich sei. Aus diesem Grund kann er auch dem alten Rechtssatz, daß der Papst gegenüber jedem menschlichem Gericht immun sei, nichts abgewinnen.

Er führt auch genauer aus, auf welche Art der Papst seine Macht von den Menschen erhält. Er unterscheidet dabei gemäß alter kanonistischer Tradition zwischen der Gewalt, die dem Ordo entspringt und der Jurisdiktionsgewalt. Da bei Petrus der Ordo den anderen Aposteln gleich gewesen sei, könne der Unterschied, und daher das eigentliche des päpstlichen Primates, nur in der Jurisdiktionsgewalt liegen. Da diese jedoch von Menschen übertragen werde, könne sie ihm deshalb auch wieder genommen werden. Ein dieser Gewalt beraubter Pontifex sei nicht mehr Papst, sondern nur mehr Bischof.

Die Idee, das die Jurisdiktionsgewalt eines Pastes durch die ganze Kirche übertragen wird, ist integraler Bestandteil des Denksystems von Johannes. Aber in der Praxis wird der Papst vom Kardinalskollegium erwählt. Johannes ist aber der Meinung, daß die Kardinäle anstatt der ganzen Kirche handeln können. In dieser Meinung wird er auch von einigen Kanonisten unterstützt. So hat der Kanonistenpapst Innozenz IV die Beschreibung des Kardinalskollegiums als Senat der Kirche wiederbelebt. Dieser Titel war nicht bloßer Ehrentitel, sondern er entstammt dem römischem Recht, welches besagt, daß die Senatoren anstatt des römischen Volkes handeln.

Zur Bedeutung des Johannes von Paris schreibt Tierney: "His work in fact provides by far the most consistent and complete formulation of conciliar doctrine before the outbreak of the Great Schism..."31

1. 152 Wilhelm Durant

Wilhelm Durant schrieb für das Konzil von Vienne (1311/12) ein Gutachten mit Reformvorschlägen, wie es Clemens V. gewünscht hatte. Der Titel dieses Werkes ist "Tractatus de modo generalis concilii celebrandi". In dieser Schrift widmet er sich dem Gegenstand der Reform. Reform solle nach Durant immer an der alten Kirche ausgerichtet sein, so wie sie in den kanonischen Grundsätzen, vor allem in den Kanones der alten Konzilien, verwirklicht sei. Die Kirche seiner Zeit sieht er in einem sehr dekadentem Zustand. Grund dafür sei, daß diese alten Gesetze vergessen worden seien. Die Schuld daran trügen vor allem Papsttum und Kurie. Die päpstlichen Maßnahmen wie Zentralisation, Reservationen, Dispense und Exemtionen würden dem Recht der alten Konzilien widersprechen und vor allem auch die Stellung der Bischöfe, Nachfolger der von Christus eingesetzten Apostel, minimieren. Um die Macht des Papstes zu begrenzen fordert er, daß periodisch alle zehn Jahre ein Konzil gefeiert werden solle. Er nimmt damit schon die Forderung des Dokuments "Frequens" des Konstanzer Konzils mehr als hundert Jahre früher vorweg. Als Begründung für eine breite Beteiligung an der Gesetzgebung der Kirche führt er den alten römisch-rechtlichen Satz an: Quod omnes tangit ab omnibus approbari debet.33

1. 153 Marsilius von Padua

Sehr umstritten in der Forschung ist der Einfluß des Marsilius auf die späteren konziliaristischen Theorien. In der älteren Forschung dürfte er jedoch oft überschätzt worden sein, während er zum Beispiel von Tierney eher gering eingeschätzt wird, wenn nicht unterschätzt wird.

Mit seiner Schrift Defensor pacis führte Marsilius einen Angriff auf das Papstsystem aus. Unter Bezugnahme auf die Politeia des Aristoteles wie auch auf die Praxis der lombardischen Stadtstaaten dachte er den Staat, aber auch die Kirche, von unten her. Die Autorität in der Kirche habe nach Masilius von den Gläubigen auszugehen, wie auch die Autorität im Staate vom Volk auszugehen habe. Durch die Institution eines Konzils solle die Macht des Papstes radikal reduziert werden. Da nach Marsilius das Generalkonzil die Gläubigen repräsentiere, komme diesem auch Unfehlbarkeit zu. Die Unfehlbarkeit des Papstes hingegen beruhe auf einer Verfälschung des Evangeliums und sei deshalb usurpiert. Auch er begründet die Teilnahme der Gläubigen an der Entscheidungsfindung durch ein Konzil mit dem bekanntem Satz "Quod omnes tangit ab omnibus approbari debet". In einer christlichen Gesellschaft sei aber die Versammlung der Gläubigen ident mit der Versammlung der Bürger. Da die Bürgergemeinschaft ihre Kompetenz an ein weltliches Haupt, den Kaiser, deligiert habe, trete dieser als Vertreter des Konzils dem Papst gegenüber und sei diesem daher auch übergeordnet.

1. 154 William von Ockham

Größeren Einfluß auf die Entstehung des Konziliarismus als dem radikalen Marsilius wird in der Forschung William von Ockham35zugebilligt. Die wichtigsten Aussagen über das Konzil finden sich im Dialogus. Anlaß für die Abfassung dieses monumentalen Werkes war der Kampf im Armutsstreit der Franziskaner gegen den nach seiner Auffassung häretischen Papst Johannes XXII..34

Ockham nimmt das Konzil in erster Linie als Lehrinstanz in den Blick und erst in zweiter Linie als Jurisdiktionsinstanz. Völlig abwesend ist bei ihm die Idee eines Konzils als Reforminstrument der Kirche.

Einen wichtigen Stellenwert nimmt bei ihm die Frage nach der Unfehlbarkeit der Generalkonzilien ein, der er in seinem Dialogus breiten Raum widmet. Jedoch sagt er nirgends, was für ihn ein Generalkonzil genau sei. Ebenso wage ist er auch, was den Begriff "Definition" auf einem Generalkonzil anbelangt.

In seinem Dialogus führt er zahlreiche Argumente pro und contra Unfehlbarkeit eines Generalkonzils an. Bei den Gründen für die Unfehlbarkeit dürfte es sich wahrscheinlich um eine Sammlung von Argumenten handeln, die damals in Umlauf waren. Das erste Argument für die Unfehlbarkeit knüpft an die kanonistische Lehre an, daß in Glaubensfragen die Synode über dem Papst stehe und lautet: Nur unter der Voraussetzung, daß das Konzil unfehlbar ist, ist ihm der fehlbare Papst unterstellt. Beim zweiten Argument argumentiert er mit der Glaubensgewißheit, die durch die Konzilien die Kirche auch in schwierigen Glaubensfragen nicht verlassen habe. Weitere Argumente ergeben sich für ihn aus der fehlenden Berufungsmöglichkeit gegen ein Generalkonzil, sowie daraus, daß es kein Forum gäbe, vor dem ein Generalkonzil der Häresie bezichtigt werden könne. Auch die unangefochtene Geltung der vier Generalkonzilien der Alten Kirche bringt er als Argument für die Unfehlbarkeit. Weiters führt er unter anderem auch das traditionelle Selbstverständnis der Konzilien, in ihren Definitionen vom Heiligen Geist inspiriert zu sein, an. Ein Argument, das später bei den Konziliaristen oft genannt wird nennt er nicht: die Herleitung der Unfehlbarkeit mit Hilfe des Repräsentationsgedankens.

Bei den Argumenten gegen die Unfehlbarkeit des Konzil widerlegt er zuerst die vorhin genannten Argumente pro und bringt dann davon unabhängige Argumente ein. Der Beweis aus der Judizierbarkeit des Papstes unterstelle, daß nur unfehlbare Instanzen Unterwerfung beanspruchen könnten, was aber offensichtlich falsch sei. Gegen das zweite Argument sagt er, daß die Glaubensgewißheit damit gegeben sei, daß die einzelnen Christen in den wesentlichen Wahrheiten ihres Glaubens nicht irren, wozu aber das kirchliche Amt und die Konzilien nicht unfehlbar zu sein bräuchten. Zum nächsten Argument meint er, daß die Berufung gegen ein Konzil erlaubt sein müßte. Bezüglich der dauernden Geltung der Konzilien mit Bezug auf die vier alten Generalkonzilien meint er, sie gälten nicht, weil sie de iure unfehlbar waren, sondern weil sie de facto wahr seien. Bezüglich des Arguments einer besonderen Inspiration durch den heiligen Geist führt er bei seinen Widerlegungen das Apostelkonzil an. Die Gesetzesfreiheit der Heiden sei nicht aufgrund einer besonderen Offenbarung des Heiligen Geistes definiert worden, sondern die Apostel hätten sich an der Praxis und Lehre Jesu orientiert. Auch die Zeugnisse der Väter seien im Sinne dieser allgemeinen Inspiration, wie sie auch für jedes gute Werk nötig sei, zu erklären. In einem weiteren Schritt will Ockham zeigen, daß der Begriff eines unfehlbaren Konzils im Widerspruch zu fundamentalen Wahrheiten des christlichen Glaubens stehe. Eine solche fundamentale Wahrheit sei die von der Unfehlbarkeit der ecclesia universalis. Die Unfehlbarkeit gehöre jedoch nicht zu den Privilegien die vom Repräsentierten auf den Repräsentierenden übergehe. Ein unfehlbares Konzil sei auch nicht mit der Freiheit der Gläubigen vereinbar, da es die Freiheit zum Irrtum und Unglauben nähme. Es sei aber auch ein Widerspruch zur souveränen Freiheit Gottes, denn es könne nicht in Menschenhand gelegt sein, daß Menschen den Glauben bewahren und nicht in Unglauben fallen.

Wie sollen sich die Gläubigen aber gegenüber einem grundsätzlich fehlbarem Konzil verhalten? Die Antwort ist, daß ein Konzil soviel Zustimmung beanspruchen könne, wie es für seine einzelnen Aussagen verdient und es der einzelne Gläubige nicht besser weiß. Tatsachenbehauptungen seien den Konzilsvätern aber bis zum Beweis des Gegenteils abzunehmen. Für theoretische Sätze, die nur spekulativ aus anderen Erkenntnissen gewonnen werden können, verlangt er jedoch nicht die gleiche Bereitschaft zur Anerkennung. Die Zustimmung hänge auch vom Wissensstand der Gläubigen ab: Wer sicher sei, daß ein Konzil irrt, brauche ihm nicht zuzustimmen.

Bezüglich der Rezeption eines Konzils meint Ockham, daß der Papst ein Urteil über das formale Vorgehen auf einem Konzil fällen müsse, für den Inhalt aber die Theologen und Exegeten zuständig seien. Außerdem müsse die Zustimmung zu den Konzilsdefinitionen einstimmig sein, da sonst der Konsens der ecclesia universalis als Autorität fehle, denn es sei ja möglich, daß sich gerade in demjenigen Gläubigen, der dagegen stimmt, die Wahrheit befände.

Das Konzil als repraesentatio ecclesiae ist für Ockham eine geeignete Vorstellung. Die Basis für ihn ist das von den Kanonisten entwickelte Korporationsrecht. Die Kirche sei demnach eine selbständige Körperschaft und die Zusammenkunft der gewählten Stellvertreter sei eben das Konzil. Aufgrund der Konzeption des Generalkonzils als "repraesentatio omnium christianorum" fordert er auch die Teilnahme von Laien und Frauen am Konzil. Bezüglich der Frauen am Konzil meint er: "Die Teilnahme von Frauen käme auch der Glaubensentscheidung selber zugute. Sie bekäme eine Qualität, die ihr ohne die typisch frauliche Weisheit, Güte und Kraft fehlte."36

Bezüglich der Häufigkeit von Konzilien meint er, daß ein Konzil nicht generell, sondern nur von Zeit zu Zeit die beste Regierungsform sei. Es sei nur einzuberufen, wenn die Lösung von Problemen die Fähigkeiten eines einzelnen übersteigen würden. Außerdem sei die Zahl der Teilnehmer eines Konzils auf das unbedingt notwendige zu begrenzen. So sieht Ockham ein Konzil sehr ambivalent: "Eine größere Zahl ist einerseits leichter zu ´pervertieren`, andererseits findet sich in ihr auch mehr Wissen, mehr Klugheit und mehr Güte als in einem einzelnen. Von daher sei eine Konzilsberufung ein Risiko. A priori kann man nicht wissen, ob die positiven oder die negativen Elemente die Oberhand gewinnen werden. Es gibt Situationen, wo dieses Risiko eingegangen werden muß, dann nämlich, wenn der eine, der Monarch, das heißt der Papst, nicht mehr weiterweiß. Ist es jedoch von vornherein klar, daß das Konzil vom rechten Weg abweichen wird, dann ist seine Einberufung zu vermeiden, und zwar nach dem Grundsatz, daß es besser ist, nicht zu handeln als Böses zu tun."37

1.2 Das Schisma von 1378 und seine Auswirkungen auf die Entwicklung des Konziliarismus

Nach der Rückkehr Gregors XI. 1377 von Avignon nach Rom und dessen bald darauf folgenden Tod am 27. März 1378 war eine Papstwahl notwendig geworden, die von Anfang an unter schlechten Vorzeichen stand: Im Kardinalskolleg gab es drei Parteien: die Limousiner, die Franzosen und als kleinste Gruppe vier Italiener, die sich alle gegenüberstanden.38Außerdem bestand die römische Bevölkerung auf einem römischen oder zumindest italienischen Papst, um die Rückkehr der Kurie nach Rom zu sichern. Diese Forderung führte neben anderen tumultarischen Zuständen zu einem Einbruch ins Konklave. Dennoch einigte man sich auf Bartholomäus Prignano, Erzbischof von Bari, der nicht Kardinal war und auch aus niederen Verhältnissen stammte. Die Kardinäle "gingen wohl davon aus, den Papst, der sich Urban VI. nannte, nach Belieben lenken zu können. Doch dafür war der neugewählte Nachfolger Petri nicht der Mann. Er war entschlossen, den Einfluß, welchen die Kardinäle im 14. Jahrhundert auf die Kirchenleitung gewonnen hatten, zu reduzieren und das Kolleg zu reformieren, insbesondere seine Einkünfte zu beschneiden."39

Am 20. Juli erließen die französischen Kardinäle ein Schreiben, indem sie die Wahl von Urban VI. für ungültig erklärten und darauf am 20. September 1378 in Fondi Kardinal Robert von Genf (Clemens VII.) zum Papst wählten.

Bei der Fragen nach den Ursachen dieser Entwicklung führt Frech40einerseits den Starrsinn und die Intransigenz Urbans VI. auf, andererseits aber die Haltung des Kardinalskollegs, die es auf eine Spaltung ankommen ließ. Dahinter steht für Frech eine ekklesiologische Frage: "Wer regiert letztlich die irdische Kirche? Ein absolut herrschender Papst oder ein Rat von Kardinälen, dessen Vorsitzender der Papst ist? Beide Komponenten waren in der dekretalistischen Doktrin und auch in der papalistischen Lehre verbunden. Bei identischer Interessenlage von Papst und Kardinälen konnte dieses System auch durchaus arbeitsfähig sein, doch bei einem Interessenkonflikt mußte diese Sachlage zu schwerwiegenden Differenzen führen."41

1. 21 Die Frage nach der Lösung des Schismas

Während des Schismas wurden zahlreiche Modelle ins Auge gefaßt, wie dieses zu lösen sei. In Erwägung gezogen wurden die via facti (militärische Durchsetzung des Papates), die via informationis, welche in der Ansicht gründete, daß der wahre Papst sich von selbst durchsetzen werde, wenn nur die gesamte Christenheit über die Wahl informiert würde. Weiters die via iustitiae, indem sich beide Päpste einem Gerichtshof stellen, oder die via discussionis bei der beide Päpste ihren Rechtsstandpunkt diskutieren sollten. Neben einigen anderen Vorschlägen wurde auch die via miraculi, die ein übernatürliches eingreifen von Gott erwartete, vertreten.42

1. 212 Peter Bohier

Einen interessanten Vorschlag machte auch Peter Bohier, Bischof von Orvieto, der mit Hilfe alter ekklesiologischer und kanonistischer Vorstellungen die Papstwahl auf die römische Lokalkirche reduzieren wollte und daher entweder die Rom benachbarten Bischöfe oder Klerus und Volk von Rom den Streit entscheiden sollten.43

1. 213 Pierre d'Ailly

Pierre d'Ailly44geht in seiner Schrift "Utrum indoctus iuste praeesse possit" von 1380 auf mehrere Wege zur Beendigung des Schismas ein. Erstens auf den Weg der Stärke, der eine Beendigung des Schismas durch Exkommunikation und Gewalt vorsieht. Zweitens auf die Möglichkeit eines allgemeines Konzils. Dieser Lösung steht er aus folgendem Grund kritisch gegenüber: Das allgemeine Konzil besitze zwar Irrtumsfreiheit in Glaubensangelegenheiten, aber nicht in Sachverhalten. Die Entscheidung für einen Papst falle aber unter eine Entscheidung über Sachverhalte. Mehr traut er der Lösung des Schismas durch die schiedsrichterliche Anordnung eines Kompromisses oder durch ein Teilkonzil zu. Für ein Teilkonzil spräche, daß es kürzer, sicherer und weniger aufwendig als ein allgemeines Konzil wäre. Außerdem argumentiert er historisch, indem er sagt, daß niemals eines der vergangenen 22 Schismen durch ein allgemeines Konzil beendet worden sei, sondern die wahren Päpste hätten an verschiedenen Orten Teilkonzilien einberufen. Wenn sich nun eine Partei weigern würde, an einem Teilkonzil teilzunehmen, könne gegen sie wie gegen einen hartnäckigen Schismatiker oder einen Zerstörer der Kirche vorgegangen werden.45

1. 214 Heinrich von Langenstein und Konrad von Gelnhausen

In der ersten Zeit des Schismas gewann die Idee einer Beendigung der Spaltung durch ein Generalkonzil rasch an Popularität. Als eine der ersten haben zwischen 1379 und 1381 die beiden deutschen Professoren der Pariser Universität Heinrich von Langenstein und Konrad von Gelnhausen dieses Anliegen formuliert. In der Literatur werden sie deshalb öfter als die eigentlichen Begründer des Konziliarismus aufgeführt.46

Das erste Dokument in dieser Hinsicht war Heinrichs Epistola pacis vom Mai 1379. Dies ist ein Dialog zwischen einem Urbanisten und einem Clementisten, mit dessen Hilfe er für die Neutralität der Universität plädiert und daß diese die Entscheidung durch ein Konzil herbeiführen solle.47Am 31. August desselben Jahres folgte die Epistola brevis des Konrad von Gelnhausen. 1379/80 lies er der Epistola brevis die Epistola concordiae folgen. Aus der Zeit von Mai/Juni 1381 stammt die Epistola concilii pacis des Heinrich von Langenstein.

Beide Professoren sahen das Schisma als das größte Problem ihrer Zeit an. Der einzige Lösungsweg, dem sie vertrauten, war das Generalkonzil. Aber auch diese Lösung war problematisch, da ein Konzil nur vom Papst einberufen werden konnte, aber keiner der zwei kontrahierenden Päpste wollte ein Konzil. In dieser Situation argumentierten Heinrich und Konrad mit Hilfe des aristotelischen Begriffs der Epikie. Sie waren der Meinung, daß durch das Schisma eine außergewöhnliche Situation eingetreten sei und es nun auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordere, da sich die congregatio fidelium in einer für den Bestand der Kirche gefährlichen Notlage befände. In soch einer Notlage sei das bonum commune ein höherer Wert als das Verbot eines allgemeinen Konzils ohne päpstliche Einberufung. Dieses Konzil könne nun durch verschiedene Instanzen berufen werden: durch die verschiedenen Kontrahenten auf dem Papststuhl, durch das, oder, die Kardinalskollegium/kollegien, durch Prälaten oder durch Laien, wobei hier dem Kaiser oder dem König von Frankreich eine besondere Bedeutung zukomme. Dieses Konzil sei zwar nicht vom Papst autorisiert, dafür aber von Christus selber. Und da es von Christus autorisiert sei wirke in ihm der Heilige Geist in besonderer Weise und es könne so herausfinden, wer der richtige Papst sei.

Die Ekklesiologie, die ihrer Theorie zugrunde liegt, wurzelt in der Korporationstheorie. Sie versteht die Kirche als Gemeinschaft aller Gläubigen und die Ämter waren wesentlich eine Folge des sozialen Zusammenlebens. Auch der Papst ist ein zum Nutzen ihrer Gemeinschaft eingesetzter Vorstand, die ihr Recht zur Papstwahl nur an die Kardinäle deligiert hat. So habe nach ihrer Meinung auch die gesamte Kirche das Schisma zu entscheiden, wobei auch sie wieder den Rechtssatz "Quod omnes tangit ab omnibus approbari debet" anführten. Das Generalkonzil, daß diese Entscheidung treffen solle, sahen sie in seiner Entstehung von unten her: "...sie schlagen Synoden auf Diözesan-, Provinzial- und Landesebene über die Unionsproblematik vor, bei welchen die Deligierten für das Generalkonzil bestimmt werden sollen."48

1. 215 Franciscus Zabarella

Die Korporationstheorie ist auch die Basis der Ausführungen von Franciscus Zabarella, der auch auf dem Konzil von Konstanz eine wichtige Rolle gespielt hat.49

In seinem "Tractatus de Schismate" sieht er das Schisma als eine quasi - Vakanz. Unter diesen Umständen könne die Autorität auch durch die congregatio fidelium ausgeübt werden. Konkret würde die Gewalt der congregatio fidelium durch die pars valentior in einem Generalkonzil ausgeübt. Zabarella geht aber auch auf das Problem der Konzilseinberufung ein, die nach dem traditionellem Recht nur dem Papst zusteht. Wenn die Päpste aber die Konzilseinberufung verweigern, so Zabarella, dann seien auch die Kardinäle dazu berechtigt und bei deren Verweigerung auch das Volk, da die plenitudo potestatis eine von den Gliedern einer Gemeinschaft übertragene Gewalt sei. So stehe es der Kirche auch zu, einen irrenden Papst zu korrigieren oder auch abzusetzen. Zu den bekannten Argumenten dafür fügt er noch ein eigenes hinzu: die plenitudo potestatis, die Christus der Kirche vermacht habe und die normalerweise ein Attribut des Papstes sei, könne jedes positive Gesetz überflügeln und so sei das Generalkonzil, im Besitz dieser plenitudo potestatis, durch kein positives Recht gebunden.

1. 216 Johannes Gerson

Der Wandel von einer stark kanonistisch geprägten Argumentation zu mehr theologisch geprägten Argumenten zeigt sich bei Johannes Gerson5051, Kanzler der Pariser Universität von 1395 bis 1397, dem auch auf dem Konstanzer Konzil eine wichtige Rolle zuteil wurde. Gersons Ekklesiologie, die stark von Gedanken des Pseudo-Dionysius geprägt ist, ist streng hierarchisch ausgerichtet. Die "subcoelestis hierarchia" der Kirche entspreche der "coelestis hierarchia" der Engel. Die Kirche sei somit Imitation der himmlischen Welt. So bezeichnet er die Kirche auch als "acies ordinata". Die hierarchische Aktivität beschreibt er mit den Funktionen von purgare, illuminare und perficere. Das oberste Amt, das sind Papst und Kardinäle, übten diese Funktion am Mittelbau der Hierarchie aus (Erzbischöfe, Bischöfe, Priester...) und deren Subjekt sei der Unterbau, die Laien. Diese hierarchische Aktivität besitze einen Reformdynamismus, sie habe die Gewalt zur Selbstreform. Die hierarchische Struktur manifestiere sich am effektivsten am Generalkonzil und damit übe es auch am besten die hierarchischen Funktionen von purgare, illuminare und perficere aus. Durch diese Funktionen der hierarchischen Aktivität werden auch die Union, Liebe und Friede wiederhergestellt.

2. Konziliarismus und Reformversuche auf den Konzilien von Pisa, Konstanz und Basel

2.1 Das Konzil von Pisa

Obwohl schon seit Beginn des Schismas 1378 Forderungen nach einem Generalkonzil auftauchten um eine Lösung herbeizuführen, wurde dieser Lösungsweg lange nicht beschritten. Neben innerkirchlichen Ursachen waren dafür auch politische ausschlaggebend: Frankreich mit seiner damaligen Vormachtstellung in Europa bevorzugte den Lösungsweg der Cession, da es sich vom Nachfolger Clemens VII., Benedikt XIII., einem Spanier, keine Vorteile erwartete. Cession hätte geheißen, daß beide Päpste zurücktreten sollen um einer Neuwahl durch das vereinte Kardinalskollegium Platz zu machen. Doch auch dieser Weg führte nicht zur Beendigung des Schismas.52

Mit dem Konzil von Pisa wurden beide Wege beschritten: der Konzils- und der Cessionsweg. "Formal wurde mit der Berufung des Konzils von Pisa durch die beiden vereinigten, von ihren Päpsten abgefallenen Kardinalskollegien der von Konrad und Heinrich eingeschlagene Weg eingeschlagen. Aber material verwirklichte dieses Konzil den Cessionsweg; denn seine Prämisse war die Ablehnung beider Prätendenten. Die Synode entschied nicht über die Rechtmäßigkeit von einem der beiden, sondern beide wurden abgesetzt, die Cession quasi gewaltsam durchgeführt."53

2.11 Zum Verlauf des Konzils von Pisa

Nachdem alle Verständigungsversuche zwischen den Päpsten scheiterten, einigten sich 13 Kardinäle, die von Gregor XII. und Benedikt XIII. abgefallen waren, ein allgemeines Konzil nach Pisa einzuberufen. Am 25. März 1409 wurde es eröffnet. Ein Drittel der Teilnehmer waren Franzosen. Insgesamt war das Konzil sehr gut besucht. Es kamen 24 Kardinäle, 90 Bischöfe, 80 Äbte, Prokuratoren von 100 Bischöfen und 200 Äbten, sowie Vertreter der Orden und Universitäten. Gregor XII und Benedikt XIII.54 wurden vor das Konzil zitiert, erschienen aber nicht. Darauf setzte sie das Konzil am 5. Juni 1409 ab. Am 26. Juni wurde der Franziskaner Peter Filarghi als Alexander V. zum Papst gewählt.

Bendikt XIII und Gregor XII hatten dem Konzil schlecht besuchte Synoden entgegengestellt und hielten an ihrem Anspruch fest, legitime Machthaber zu sein.

2. 12 Das Konzil von Pisa und die Reform

Am Konzil von Pisa wurde viel von der Reform an Haupt und Gliedern gesprochen. Schon in der ersten Sitzung unter Alexander V. sprach dieser, daß er beabsichtige "reformare statum ecclesie tam in capite quam in membris."56Auch die Akten des Konzils vom 10. Juli sprechen von diesem Reformanliegen an Haupt und Gliedern. Ein Reformgutachten wurde erstellt und dem Papst am 27. Juli übergeben. Dieses Dekret fordert ebenfalls eine Reform an Haupt und Gliedern, sagt aber über eine solche überhaupt nichts genaueres aus, sondern stellt die Reform völlig dem Belieben des Papstes anheim. An diesem 27. Juli wurden tatsächlich einige55 Reformmaßnahmen erlassen: die Feier eines weiteren Konzils innerhalb von drei Jahren, sowie Verzichte des Papstes auf Spolien und Visitationsprokurationen sowie auf Annaten und Servitien. Frech beurteilt die Reformarbeit des Konzil dennoch negativ: "Daß die häufig angeführte und wohlklingende Reform an Haupt und Gliedern durch das Konzil durchgeführt sein sollte, konnte eigentlich niemand behaupten."57Derselbe Autor führt das Scheitern der Reformversuche in Pisa darauf zurück, "...daß die einzelnen Gruppen von Prälaten und Klerikern zwar sehr genaue Vorstellungen hatten, wie eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern durchzuführen sei, von der Reform des eigenen Standes aber nichts wissen wollten."58

2. 2 Das Konzil von Konstanz

2. 21 Die Vorgeschichte

Der erste Papst Pisaner Obödienz, Alexander V. starb schon 1410. Auf ihn folgte Johannes XXIII.. Nachdem König Ladislaus von Ungarn Gregor XII fallen lies und dieser nach Rimini flüchten mußte, konnte Johannes in Rom einziehen. Dorthin berief er 1413 ein Konzil, welches vor allem der Reform dienen sollte. Jedoch blieb dieses römische Konzil wirkungslos.

In dieser Lage wurde der deutsche König Sigmund aktiv. Er konnte Johannes den XXIII. für eine Synode im deutschen Raum gewinnen. Man einigte sich auf Konstanz. Das Konzil wurde zuerst durch den König (am 30. Oktober 1413) und erst dann durch den Papst (9. Dezember 1413) für Allerheiligen 1414 einberufen. Noch bevor der Papst am 28. Oktober 1414 in Konstanz erschien, traf er mit Herzog Friedrich von Österreich und dem Markgrafen von Baden die Abmachung, daß sie ihm ein Verlassen des Konzils jederzeit ermöglichen sollen; offenbar fürchtete er um seine Stellung.

2. 22 Der Verlauf des Konzils

Das Konzil wurde am 5. November eröffnet. In den ersten zwei Monaten war es aber nur schwach besucht. Erst zu Beginn des Jahres 1415 setzte ein großer Zuzug an Konzilsteilnehmern ein, unter ihnen auch 29 Kardinäle. Am Anfang sah es noch so aus, als sei Johannes XXIII. der Herr des Konzils. Aber bald setzte sich unter den Teilnehmern die Meinung durch, daß nur eine erneute Aufrollung der Frage nach dem richtigen Papst unter Ausklammerung der Ergebnisse von Pisa, inklusive der Ausscheidung der drei Päpste, zum Ziel führen könne. So sprach sich die deutsche, die englische und auch die französische Konzilsnation5960 für den Rücktritt Johannes XXIII. aus. Nur die italienische war dagegen. Darauf gab Johannes tatsächlich ein feierliches Rücktrittsversprechen. Jedoch flüchtete er in der Nacht vom 20. auf 21. März nach Schaffhausen. Von dort versuchte er das Konzil aufzulösen. Jedoch konnte König Sigmund eine Auflösung des Konzils gerade noch verhindern. Das Konzil beschloß nun die Festnahme des Papstes und die Eröffnung des Prozesses gegen ihn. Mitte Mai bracht der Burggraf von Nürnberg Johannes im Auftrag des Konzils nach Radolfzell. Am 29. Mai wurde er abgesetzt.

Gregor XII. war zu einem freiwilligem Abgang bereit, nachdem der durch seinen Kardinal Johannes Dominici die Synode von Konstanz formell noch einemal einberufen durfte und König Sigmund als römischen Kaiser approbierte, um seine Macht als höchste irdische Autorität zu unterstreichen.

Benedikt XIII. war, nachdem Frankreich sich von ihm losgesagt hatte in den Herrschaftsbereich des Königs von Aragon übersiedelt. Sigmund suchte ihn mit einer Gesandtschaft des Konzils in Narbonne auf. Benedikt forderte für seinen Rücktritt, daß das Konzil von Pisa annuliert werde und das Konzil von Konstanz nach Südfrankreich verlegt werde. Die zweite Forderung wurde ihm aber nicht bewilligt. Daraufhin floh Benedikt in die Bergfestung Peniscola, worauf sich fast alle Anhänger von ihm losssagten. Auf dem Konzil wurde nun Benedikt der Prozeß gemacht. Am 26. Juli wurde er abgesetzt.

Nun konnte man einen neuen Papst wählen. Nach komplizierten Verhandlungen über den Wahlmodus einigte man sich auf den Vorschlag der Franzosen, daß zur Gültigkeit der Wahl zwei Drittel der Stimmen der Kardinäle sowie zwei Drittel der Stimmen einer jeden Konzilsnation notwendig seien. Am 8. November 1417 begann das Konklave. Am 11. November stand der neue Papst fest: Oddo Colonna, der sich nach dem Tagesheiligen Martin V. nannte.

2. 23 Der Konziliarismus und das Konzil von Konstanz

Die wichtigsten Denker auf dem Konzil von Konstanz wie Johannes Gerson, Pierre d'Ailly, Franciscus Zabarella oder Dietrich von Niem waren sich über gewisse Ideen einig. Dazu gehörte die Auffassung, daß Christus die Unfehlbarkeit und Unvergänglichkeit nicht einer Person gegeben habe, sondern der gesamten Gemeinschaft der Gläubigen anvertraute. Auch sind sich diese Denker darin einig, daß die höchste Instanz in der Kirche das allgemeine Konzil sei. Dennoch zweifeln die Konziliaristen auf Konstanz nicht den Primat Petri an. Aber der Papst ist für sie eine Art "konstitutioneller Monarch"61, der abgesetzt werden könne. Die konziliaristischen Meinungen auf dem Konzil waren jedoch von einigen Nuancen getrennt. Die radikaleren Denker forderten die Einrichtung einer ständigen Synode, während andere ein Konzil nur in außergewöhnlichen Fällen angebracht sahen. So ist es erst nach dem psychologischem Schock der Flucht Johannes XXIII. zur Ausformulierung der Oberhoheit des Konzils über den Papst im am 6. April 1415 dekretierten Dekret "Haec sancta" gekommen. Auch dieses Dekret kann die Spannung zwischen einer Notstandsmaßnahme und allgemeiner Gültigkeit der Oberhoheit eines Konzils, die es beansprucht, kaum verbergen.

Hier ein Auszug aus Haec sancta:

"In nominae sanctae et individue Trinitatis, Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen.

Haec sancta synodus Constantiensis generale conciliium faciens, pro exstirpatione praesentis schismatis, et unione ac reformatione ecclesiae Dei in capite et in membris fienda, ad laudem omnipotentis Dei in Spiritu Sancto legitime congregata, ad consequendum facilius, securius, uberius, et liberius unionem ac reformationen ecclesiae Dei ordinat, diffinit, statuit, decernit, et declarat, ut sequitur.

Et primo declarat, quod ipsa in spiritu sancto ligtime congregata, generale concilium faciens, et ecclesiam catholicam militantem repraesentans, potestatem a christo immediate habet, cui quilibet cuiscumque status vel dignitatis, etiam si papalis exsistat, obedire tenetur in his quae pertinent ad fidem et exstirpationem dicti schismatis, ac generalem reformationem dictae ecclesiae Dei in capite et in membris.

Item declarat, quod quicumque cuiuscumque conditionis, status, dignitatis, etiam si papalis exsistat, qui mandatis, statutis, seu ordinationibus, aut praeceptis huius sacrae synodi et cuiuscumque alterius concilii generalis legitime congregati, super praemissis, seu ad ea pertinentibus, factis, vel faciendis, obedire contumaciter contempserit, nisi resipuerit, condignae poenitentiae subiiciatur, et debite puniatur, etiam ad alia iuris subsidia, si opus fuit, recurrendo."62

1417 wurde dieses Dekret kurz vor der Wahl Martins V. durch das Dekret "Frequens" ergänzt, welches die Abhaltung des nächsten Konzils in fünf Jahren, des übernächsten sieben Jahre darauf und der folgenden im Abstand von je zehn Jahren vorschreibt.

2.24 Das Konzil von Konstanz und die Reformanliegen

Im Dekret Haec sancta vom 6. April 1415 mit dem sich das Konzil selbst legitimierte, indem es den Vorrang der Versammlung vor jeder anderen Autorität festlegte, haben die Konzilsväter die Reform an Haupt und Gliedern zu ihrem vorrangigen Ziel erklärt. Die Situation des Schismas hatte deutlich gemacht, daß sich Reform nicht nur auf Orden, Prälaten oder Kleriker beschränken durfte, sondern auch das Papsttum und die Kurie miteinbeziehen mußte. In der 43. Sitzung am 21. März 1418 wurden auch sieben Reformdekrete verabschiedet, welche zum Beispiel die Zahl der Kardinäle auf 24 beschränkten oder auch versuchten, die päpstlichen Eingriffe in das Ämter- und Pfründewesen zu beschränken.

Die wichtigsten Angelegenheiten wurden aber nicht vom Konzil selbst geregelt, sondern waren in auf fünf Jahren befristeten Abkommen des Papstes mit den einzelnen Konzilsnationen, den sogenannten "Konstanzer Konkordaten", formuliert. Sie hatten die Anerkennung der Bischofs- und Abtswahlen durch den Papst, Beschränkungen der Reservationen von Pfründen sowie der Abläße als auch die Zahlungen der Annaten (Abgaben an die Kurie bei Ämterverleihungen) zum Inhalt.63

2. 3 Das Konzil von Basel

2. 31 Die Vorgeschichte

Martin V. berief gemäß dem Konstanzer Dekrets Frequens für 1423/24 ein Konzil nach Pavia ein, das dann nach Siena verlegt wurde. Es war nur schwach besucht und wurde ohne ein Ergebnis wieder aufgelöst.

Dennoch berief Martin V., wieder gemäß Frequens, ein Konzil nach Basel ein, starb aber bald darauf. Sein Nachfolger Eugen IV. (1431-47) fürchtete aber ein Wiederaufleben des Konziliarismus und stand dem Konzil von Basel daher ablehnend gegenüber.

2. 32 Der Verlauf des Konzils

Das Konzil wurde am 31. Juli 1431 vom Vertreter des päpstlichen Legaten Cesarini eröffnet. Da es sehr schwach besucht war, wollte es Eugen IV. am 18. Dezember wieder auflösen. Doch das Konzil verweigerte in diesem Punkt dem Papst den Gehorsam. Nach einem zwei Jahre dauernden Konflikt des Konzils mit dem Papst gab dieser nach und zog am 15. Dezember das Auflösungsdekret zurück, nicht zuletzt weil die Husiten die Prager Kompaktaten, die ihnen unter bestimmten Bedingungen den Laienkelch gewährten, annahmen und das Konzil somit einen Erfolg verbuchen konnte. In diesen zwei Jahren begann das Konzil sich als höchste Gerichts- und Verwaltungsinstanz der Kirche zu etablieren und legte sich einen großen Behörden und Beamtenapparat zu. Nur mehr weniger als zehn Prozent der Teilnehmer waren Kardinäle, Bischöfe oder Äbte. Dennoch hatte jeder der Teilnehmer Stimmrecht und konnte in die vier Ausschüsse für allgemeine Fragen, Glaube, Reform und Friede gewählt werden. Eugen IV. hatte mit seinen mehrmaligen Protesten dagegen in den Jahren 1435 und 1436 keinen Erfolg.64

Zum endgültigen Bruch zwischen Papst und Konzil kam es 1437, als der Papst das Konzil für die Unionsgespräche mit den Griechen nach Ferrara und später nach Florenz verlegte. Eine Minderheit folgte dem Translationsdekret wie zum Beispiel Nikolaus von Cues oder Kardinal Cesarini. Die Mehrheit blieb jedoch in Basel.

In Basel wurde daraufhin die Oberhoheit des Konzils über den Papst als Glaubenssatz verkündet. Der Papst leugnete ihn natürlich, worauf er am 25. Juni 1439 vom Konzil als Häretiker abgesetzt wurde. Als sein Nachfolger wurde am 5. November desselben Jahres Herzog Amadeus von Savoyen als Felix V. gewählt. Der Anhang des Gegenpapstes war aber nur klein: die Schweiz, Österreich, ein Teil Bayerns und einige Hochschulen, darunter die Pariser Universität. Frankreich und Deutschland verhielten sich neutral. Wobei Frankreich und der deutsche Episkopat einen Teil der Baseler Reformdekrete als verbindlich annahmen. Aufgrund der Zusage eines dritten Konzils konnte Deutschland für Eugen gewonnen werden. Nachdem auch Frankreich seine Neutralität aufgegeben hatte, resignierte Felix V. am 7. April 1449.

2. 33 Das Konzil von Basel und der Konziliarismus

Ein Kennzeichen des Konziliarismus auf Basel ist eine zunehmend stärker theologisch und weniger rechtlich geprägte Argumentation. Damit verbunden ist auch ein freierer Umgang mit der Bibel, wenngleich die Konziliaristen gegen den zugespitzten Schriftprimat der Husiten und Wiclifianer die Autorität des kirchlichen Lehramtes verteidigen.65

Bezüglich der Unfehlbarkeit des Konzils gibt es auf Basel sehr verschiedene Auffassungen. Jedoch kann gesagt werden, daß die "papalistischen" Denker auf dem Konzil eher den Vorrang der Schrift vertreten, während die konziliaristischen Theoretiker eher die Unfehlbarkeit des Konzils zu begründen versuchen. Als Argumente für die Unfehlbarkeit werden unter anderen die Inspiration des Konzils durch den Heiligen Geist aufgeführt, sowie, die auf das Konzil, aufgrund der Identitäts-Repräsentation (Konzil=Kirche), übertragbare Unfehlbarkeit der Gesamtkirche. Schließlich bedient man sich noch eines Arguments "ex necessitate": Es müsse eine letzte unfehlbare Instanz des christlichen Lebens geben, da sonst der Glaube selbst unsicher würde.

Eventuell auch unter dem Einfluß der Humanisten entstand ein wachsendes historisches Methodenbewußtsein, welches sich unter anderem in verstärkten Rückgriffen auf die Konzilien der alten Kirche oder auch im systematischem Vergleich kontroverser Zitatreihen äußerte.

Kennzeichnend für Basel sind die vielen Prinzipiendiskussionen, die nicht zuletzt durch den starken Rechtfertigungsdruck des Konzils nach außen bedingt waren.

Trotz dieser Versuche, einige allgemeine Charakteristika des Basler Konziliarismus aufzuzeigen, muß gesagt werden, daß die Vielfalt der Meinungen und Denker, die teilweise auch die Front wechselten, eine allgemeine Beschreibung schwer machen.

An dieser Stelle seien einige der Basler Theoretiker aufgeführt:

Nicolaus von Cues(1401-64): 1433 entstand mit seiner "Concordantia catholica" das bedeutendste kirchen- und staatstheoretische Werk seiner Epoche. In seinen Grundzügen ist es eine ins metaphysisch gewandte Kanonistik mit historischem Ansatz.66

Am repräsentativsten für den Basler Konziliarismus sind Johannes von Segovia sowie Johannes von Ragusa.

Der "Tractaus de ecclesia" des Johannes von Ragusa ist aus der Husitendebatte entstanden. Darin setzt er dem spiritualistischen Kirchenbegriff der "congregatio praedestinatorum" eine Bestimmung der Kirche als "glaubende Heilsgemeinschaft auf Grund der von Gott verliehenen besonderen Gnadengaben greifbar in den Amtsträgern und Propheten dieser Gemeinschaft"67entgegen.

Johannes von Segovia ist auch als der Geschichtsschreiber des Konzils bekannt. In seiner "Historia generalis synodi Basiliensis" besitzt er einen starken Zug zu spekulativer Synthese. Sein Spätwerk ist wahrscheinlich aufgrund der Erfahrungen in Basel stärker episkolpalistischhierarchisch gewendet.68

Nicolo de Tudeschi (Panormitanus) kann in seinen frühen Werken aus den zwanziger Jahren noch kaum als Konziliarist bezeichnet werden, wurde aber auf dem Konzil einer der führenden Köpfe und Streiter zugunsten des Konziliarismus.69

Nicht zum Kreis der Konziliaristen kann man den Dominikaner Juan de Torquemada zählen, der ein Vertreter des "monarchischen Gedankens" war. Dennoch hat er in seiner "Summa de ecclesia" von 1449 trotz ekklesiologischer reductio ad unum im Papst einige wesentliche Gedanken des Konzils aufgenommen.70

2.34 Das Basler Konzil und die Kirchenreform

Das Konzil von Basel ist mit dem Ziel einer "reformatio generalis ecclesiae in capite et membris"72angetreten.71

In der fruchtbarsten Phase des Konzils zwischen Juli 1433 und März 1436 wurden zahlreiche Dekrete zur Kirchenreform verabschiedet.

Was die reformatio in capite betrifft, so wurde versucht, die päpstlichen Rechte bei Stellenbesetzungen zurückzudrängen. Die päpstlichen Reservationen wurden eingedämmt und die Annaten und Expektionen abgeschafft.

Eine Reform des kirchlichen Prozeßwesens bekämpfte den Mißbrauch der Apellation und trat für eine Milderung von Bann und Interdikt ein.

Das Papstwahldekret forderte den Eid der gewählten auf die Konstanzer und Basler Dekrete und enthielt auch Verwaltungsbestimmungen von Kurie und Kirchenstaat.

Die Priorität einer reformatio in capite wurde mit der Hierarchielehre von Gerson legitimiert, da die Aktivität der Hierarchie als purgare, illuminare und perficere Friede, Einheit und Liebe bei allen zur Folge hat.

Dennoch wurden vom Konzil auch zahlreiche Dekrete erlassen, welche die reformatio in membris betreffen.

Das Dekret "De conciliis provincialibus et synodalibus" vom 26. 11. 1433 hat die durchgehende Kollegialisierung der Kirche zum Ziel: Der Rolle des Generalkonzils für die Gesamtkirche sollen auf unterer Ebene die Diözesan- und Provinzialsynoden entsprechen. Daneben enthielt dieses Dekret Bestimmungen über Qualität und Sittlichkeit des Klerus. Den Klerus betrifft auch das Konkubinariendekret, daß mit Pfründenentzug und Amtsenthebung droht, falls die Konkubine nicht innerhalb von zwei Monaten entlassen wird. Weiters wurden auch Bestimmungen zur würdigen Abhaltung des Gottesdienstes und zum Chorgebet erlassen.

Das Judendekret der 19. Session ist in einem sehr scharfen und missionarischem Ton abgefaßt.

Was die Reform von Simonie und Pfründewesen betrifft, so stellt Helmrath ihr Scheitern fest.73

Trotz der zahlreichen Reformbestimmungen des Konzils gilt die Basler Reform in der Forschung als gescheitert. Was die reformatio in capite betrifft, so scheiterte sie an Eugen IV. sowie an der fehlenden Exekutive des Konzils. Auch die reformatio in membris ist zumindest Stückwerk geblieben.

Untersuchungen über die Rezeption der Reformdekrete auf den Diözesan- und Provinzialsynoden haben ergeben, daß hauptsächlich nur ein kleiner Kernbestand, dieser aber häufig, rezipiert wird. Das betrifft das Konkubinariendekret, das Dekret "De excommunicatis non vitandis", die Milderung von Bann und Interdikt, die Dekrete über das Chorgebet und die Gottesdienstgestaltung sowie auch das Judendekret.74

Der Tatsächliche Erfolg dieser Reformdekrete sei aber nach Helmrath schon schwerer zu beurteilen. Er bringt aber einen Vergleich von Visitationsprotokollen aus der Diözese Genf aus den Jahren 1411-14 und 1443-45, nach denen der Anteil der Konkubinarier von 9:50 auf 1:50 gesunken sei.75

Literatur

Fink,K. A., Das Konzil von Konstanz, in (Hg.)Bäumer, R.: Das Konstanzer Konzil, Darmstadt 1977, 143-164

Franzen,A., Konziliarismus, in (Hg.)Bäumer,R.: Die Entwicklung des Konziliarismus, Darmstadt 1976, 75-81

Frech, K. A., Reform an Haupt und Gliedern. Untersuchung zur Entwicklung und Verwendung der Formulierung im Hoch- und Spätmittelalter, Frankfurt am Main 1992

Helmrath,E., Das Basler Konzil 1431-1449. Forschungsstand und Probleme, Köln 1987

Jedin,H., Kleine Konzilingeschichte. 7., durchgesehene und um einen Bericht über das Zweite Vatikanische Konzil vermehrte Auflage, Freiburg im Breisgau 71966

Pascoe,L. B., Jean Gerson: Mysticism, Conciliarism, and Reform, in: AHC 6 (1974), 135- 153

Pichler,I., Die Verbindlichkeit der Konstanzer Dekrete. Untersuchungen zur Frage der Interpretation und Verbindlichkeit der Superioritätsdekrete "Haec sancta" und "Frequens", Wien 1967

Pillat,M., Papst und Konzil in den Schriften Pierre d'Aillys. Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, Innsbruck 1996

Sieben,H. J., Die Konzilsidee des lateinischen Mittelalters (847-1378), Paderborn 1984Tierney, B., Foundations of the Conciliar Theory, Cambridge 21968

De Vooght, P., Der Konziliarismus bei den Konzilien von Konstanz und Basel, inBotte,B.

u. a., Das Konzil und die Konzile. Ein Beitrag zur Geschichte des Konzilslebens der Kirche, Stuttgart 1962, 165-210

Zimmermann,H., Papstabsetzungen des Mittelalters, Graz 1968

[...]


1A. Franzen,Konziliarismus, inR. Bäumer(Hg.): Die Entwicklung des Konziliarismus, Darmstadt 1976, 75-81, 75

2Ebd.

3H. Zimmermann,Papstabsetzungen des Mittelalters, Graz 1968

4Die einschränkende Häresieklausel geht auf die Verurteilung des Papstes Honorius auf dem Konzil von Konstantinopel (681) zurück, wurde schon von Hadrian II (867-872) offiziell anerkannt und von Kardinal Humbert endgültig formuliert (Papa a nemine iudicatur, nisi deprehendatur a fide devius). (Vgl.Franzen, aaO., 75f.)

5B. Tierney,Foundations of the Conciliar Theory, Cambridge 21968. Die Ausführungen über die Kanonisten stützen sich größtenteils auf dieses Werk.

6Vgl. ebd., 23-46

7Das Decetum Gratiani wurde um 1140 von Johannes Gratian, der Kamaldulenser und Magister an der Schule von Bologna war, verfaßt. Wahrscheinlich hieß sein ursprünglicher Titel "Concordia Discordantium Canonum". Wie schon der Name sagt, handelt es sich hier um eine Sammlung und Systematisierung des bisher bekannten Rechtsstoffes.

8C. 24 q. I c. 6. Zitiert nach Tierney,aaO. (Anm. 5), 34

9Huguccio, geb. in Pisa, war von 1178-90 Professor in Bologna und starb 1210 als Bischof von Ferrara. Er war Lehrer von Innozenz III und schrieb eine Summa zum Decetum Gratiani, welche er frühestens 1188 vollendete.

10Siehe auchTierney,aaO. (Anm. 5), 47-56

11Johannes Teutonicus, geb. in Halberstadt, gest. 1245 (46?) als Dompropst ebendort. Vorher war er Magister in Bologna und schuf zwischen 1210 und 1215 eine Summa zum Decretum Gratiani. Die von ihm nochmals überarbeitete und kurz nach dem 4. Laterankonzil fertiggestellte Summa wurde als "glossa ordinaria" rezipiert.

12Tierney,aaO. (Anm. 5), 53

13Vgl. Tierney,aaO. (Anm. 5), 56-67

14Es sind diese Marcellinus, Symmachus, Sixtus III, Damasus und Leo IV.

15Dist. 40 c. 6. Zitiert nach Tierney,aaO. (Anm. 5), 57

16Rufinus war Kanonist zu Bologna. Auf der 3. Lateransynode war er als Bischof von Assisi anwesend. Um 1157-59 schrieb er eine Summa zum Decretum Gratiani. Gestorben ist er um 1190.

17Vgl. Tierney,aaO. (Anm. 5), 57

18Vgl. Tierney,aaO. (Anm. 5), 63, Fußnote 2

19Vgl. Tierney,aaO. (Anm. 5), 87-153

20Hostiensis wurde in Susa (Bistum Turin) geboren und ist 1271 in Lyon gestorben. Er war Lehrer des

kanonischen Rechts in Bologna und Paris. 1261 wurde er Kardinalbischof von Ostia. Bekannte Werke von ihm sind die"Lectura in Decretalium Gregorii IX" und die "Summa aurea (oder) Summa archiepiscopoi super titulis Decretalium" (Erklärungen zu den Dekretalien Gregors IX.).

21Siehe Tierney, aaO. (Anm. 5), 108-131

22C. 7q. I c. 4. (Vgl.Tierney,aaO. (Anm. 5), 130)

23Dist. 65 c. 9, a. Zitiert nach:Tierney,aaO. (Anm. 5), 130

24Glossa ad Dist. 89 c. 2. Zitiert nach:Tierney,aaO. (Anm. 5), 130

25Diese Ausführungen stützen sich aufTierney,aaO. (Anm. 5), 149-153

26Lectura ad IV.Xvii.3 fol. 38v a. . Zitiert nachTierney,aaO. (Anm. 5), 150

27Lectura ad V.XXXViii.14 fol. 102r a.. Zitiert nachTierney.aaO. (Anm. 5), 150

28Die Ausführungen über Johannes von Paris stützen sich aufTierney,aaO. (Anm. 5), 165-178

29Vgl.H. J.Sieben,Die Konzilsidee des lateinischen Mittelalters (847-1378), Paderborn 1984, 331

30Tierney, aaO. (Anm. 5), 167

31Ebd., 177

32Wilhelm Durant, geb. 1267, wurde 1295 Bischof von Mende. Gestorben ist er 1330 auf einer Legationsreise. Bezüglich der Ausführungen über Wilhelm Durant vgl.. K. A. Frech,Reform an Haupt und Gliedern. Untersuchungen zur Entwicklung und Verwendung der Formulierung im Hoch- und Spätmittelalter, Frankfurt am Main 1992, 196-211

33Marsilius lebte etwa von 1270-1342/43. Er war Philosoph und Arzt und seit 1312 an der Universität Padua

tätig. 1324 vollendete er sein Werk Defensor pacis. Nach der Aufdeckung seiner Autorschaft flüchtete er nach München.

34Die Ausführungen über Ockham stützen sich aufSieben,aaO. (Anm. 29), 410-469.

35William von Ockham studierte in Oxford. 1324 wurde der Franziskaner wgen Häresie nach Avignon ziiert.

Obwohl er in einigen Punkten für schuldig befunden wurde, verurteilte ihn der Papst nicht formell, aber er durfte ab nun die Stadt Avignon nicht verlassen. 1328 aber floh er gemeinsam mit dem Odrensgeneral der Franziskaner, worauf beide exkommuniziert wurden. Ab 1330 lebt er in München. Gestorben ist er 1347

36Sieben,aaO. (Anm. 29), 458.

37Ebd., 462f.

38Vgl.Frech,aaO. (Anm. 32), 270

39Ebd., 270f.

40Vgl. ebd., 272

41Ebd., 272

42Zu diesen Lösungsvorschlägen vgl. ebd., 273f., 279f.

43Vgl. ebd. 279f.

44Pierre d'Ailly, geboren 1350(51?), gestorben 1420, promovierte 1380 in Paris am Kolleg von Navarra. 1395

wurde er Bischof von LePuy und 1397 Bischof von Cambrai. Ab 1411 lebte er als Kardinal in Avignon. Auf dem Konzil von Konstanz leitete er die Komission, die Jan Hus als Häretiker verurteilte. (Vgl.M. Pillat,Papst und Konzil in den Schriften Pierre d'Aillys. Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Geisteswissenschaftlichen Fakultät, Innsbruck 1996)

45Zu den Ausführungen über Pierre d'Ailly vgl. Pillat,aaO. (Anm. 44), 22-25

46Die Ausführungen über Heinrich von Langenstein und Konrad von Gelnhausen stützen sich vor allem aufFrech,aaO. (Anm. 32), 281-293

47Vgl. Ebd. 283

48Ebd. 286

49Die Ausführungen über Franciscus Zabarella stützen sich aufTierney,aaO. (Anm. 5), 220-237

50Die Ausführungen über Johannes Gerson stützen sich aufL. B. Pascoe,Jean Gerson: Mysticism, Conciliarism, and Reform, in: AHC 6 (1974), 135-153

51Johannes Gerson (1363-1429) war Schüler von Pierre d'Ailly. Von 1395 bis 1397 war er Kanzler der Pariser Universität. Ab 1397 war er Dekan in Brügge. Sein wichtigstes Werk ist "De mystica theologia" von 1408.

52Vgl.Frech,aaO. (Anm. 32), 292f.

53Ebd. 293

54Vgl.H. Jedin,Kleine Konziliengeschichte. 7., durchgesehene und um einen Bericht um das Zweite Vatikanische Konzil vermehrte Auflage, Freiburg im Breisgau 71966, 63f.

55Vgl.Frech,aaO. (Anm. 32), 336-344

56Ebd., 338

57Ebd., 339

58Ebd.

59Vgl.K. A. Fink,Das Konzil von Konstanz, in (Hg.)R. Bäumer,Das Konstanzer Konzil, Darmstadt 1976, 143- 164

60Die Abstimmungen am Konzil von Konstanz erfolgten nicht nach Köpfen, sondern nach Konzilsnationen. So wurde die italienische Mehrheit an Köpfen relativiert. Die Abstimmung nach Konzilsnationen, wobei in einer Konzilsnation auch mehrere Staaten zusammengefaßt sein konnten, zeigt auch die politische Bedeutung der Papstfrage. Die Konzilsnationen waren England, Italien, Deutschland, Frankreich und ab 1417 auch Spanien

61Vgl.P. de Vooght, Der Konziliarismus bei den Konzilien von Konstanz und Basel, inB. Botte u. a.,Das Konzil und die Konzile. Ein Beitrag zur Geschichte des Konzilslebens der Kirche, Stuttgart 1962, 167

62I.Pichler, Die Verbindlichkeit der Konstanzer Dekrete, 32-36. Pichler hat den Text aus den einander ähnlichen Dekreten der Sessiones vom 30. 3. 1415 und 6.4.1415 zusammengestellt.

63Vgl.Jedin,aaO. (Anm. 54), 69f.

64Vgl. ebd., 72-77

65Vgl. dazuJ. Helmrath,Das Basler Konzil 1431-1449. Forschungsstand und Probleme, Köln 1987, 408-434

66Vgl. ebd., 436f.

67Ebd., 369

68Vgl. ebd., 439f.

69Vgl. ebd., 440

70Vgl. ebd., 440f.

71Vgl. ebd., 327-352

72Ebd., 331

73Vgl. ebd., 337

74Vgl. ebd., 346

75Vgl. ebd., 347

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Der Konziliarismus und sein Potential für die Reform der Kirche
Veranstaltung
Versuch einer Kirchenreform im Mittelalter
Autor
Jahr
1998
Seiten
24
Katalognummer
V96038
ISBN (eBook)
9783638087155
Dateigröße
408 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konziliarismus, Potential, Reform, Kirche, Versuch, Kirchenreform, Mittelalter
Arbeit zitieren
Hermann Schachner (Autor:in), 1998, Der Konziliarismus und sein Potential für die Reform der Kirche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96038

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