Wirtschaftsgeschichte: Die Elektrifizierung


Seminararbeit, 2002

15 Seiten, Note: 1

Anonym


Leseprobe


Inhaltsangabe

1. Einleitung

2. Zu These 1: Die Stadt als Zentrum des Fortschritts – das Land als peripherer Raum

3. Zu These 2: Die Produzenten der Elektrizität als Verbreiter des Stroms

4. Schlussbemerkung mit Beurteilung der beiden Thesen:

5. Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Der folgende Text behandelt das Thema der Elektrifizierung Deutschlands von Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des zweiten Weltkrieges. Dabei werde ich besonders auf die ungleichen zeitlichen Entwicklungen und die strukturellen Unterschiede in den Städten und den ländlichen Räumen eingehen. Im wesentlichen stehen zwei Thesen im Mittelpunkt, an denen sich der Text orientiert.

Die erste These lautet:

- Eine höhere Dichte von Unternehmen, öffentlichen Einrichtungen und Bevölkerung ist an eine größere Innovationsbereitschaft gekoppelt. Die technische Neuerung Elektrizität schreitet in der Stadt ohne jegliche Hemmnisse voran, und findet dort somit wesentlich schneller als in peripheren Räumen statt.

Die zweite These lautet:

- Die Verbreitung der Elektrizität wurde in entscheidenden Maße durch die Geschäftspraktiken und die Werbemaßnahmen der Produzenten gelenkt und so den Verbrauchern aufgezwungen. Die Bedürfnisse der privaten Abnehmer spielten dabei keine Rolle.

Ich betrachte die Thesen getrennt voneinander und überprüfe sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Forschung. In einer abschließenden Stellungnahme werde ich die einzelnen Punkte der beiden Thesen bewerten und ihre Tatsächlichkeit begründen bzw. widerlegen.

Zuerst gehe ich jedoch auf den Forschungstand der Elektrizität in der Geschichtswissenschaft ein: Die Geschichtswissenschaft hat nicht von Anfang an das Phänomen der Elektrifizierung untersucht. Zuerst wurde dieses Gebiet durch die Technikgeschichtsschreibung abgedeckt, jedoch wurde hier der Blick lediglich einseitig auf die Durchsetzung technischer Errungenschaften gelenkt, was zu einer „bilderbuchartigen Technikgeschichte“ führte[1]. Oft waren die Autoren solcher Veröffentlichungen Techniker oder Ingeneure jener Zeit, die ihre Leistungen auf diesem Gebiet darstellten. Die Konsequenz war eine einseitige Beschreibung der technischen Entwicklungen und der Verbreitung der Elektrizität, die aber die sozialen Auswirkungen nicht beachtete. Auch nach dem ende des zweiten Weltkrieges wurde noch immer der Schwerpunkt auf diesen Bereich gelenkt, wobei vermehrt auf technische Daten sowie ihre Bedeutung für die Industrie wertgelegt wurde. Der entscheidende Wandel in der Geschichtsschreibung fand mit den gesellschaftlichen Umbrüchen der siebziger Jahre statt. Neben den zuvor schon behandelten technische Einzelheiten der Elektrizität wurden nun zunehmend auch andere Faktoren berücksichtigt. Diese waren auch gesellschaftlicher und kultureller Art um die Veränderungen des Alltags der Menschen beschreiben zu können. Zu diesem Zusammenspiel zwischen Mensch und Technik haben sich anschließend zwei verschiedenen Ströme der Forschung bebildet. Zum einem wäre da Wolfgang Zängl zu nennen, der die Verbreitung der Elektrizität wesentlich mit Werbemaßnahmen und der wachsenden Einfluss der Stromerzeuger im Zusammenhang sieht[2]. Zu erwähnen ist an dieser Stelle das Sammelwerk herausgegeben von Wolfgang König und Wolfhard Weber („Propyläen Technik Geschichte“)[3], welches sich mit den technischen Merkmalen und seinen Verbreitungen der Elektrizität befasst.

Im Kontrast dazu steht Thomas P. Hughes, der die nicht nur die Fortschritte der Technik betrachtet, sondern daneben auch die sozialen, kulturellen und politischen Ausmaße der Elektrifizierung erkennt[4]. Da es mehrere Beiträge zu diesem Thema aus den letzten Jahren gibt, scheint das Thema in der Forschung durchaus aktuell zu sein.

Diese verschiedenartigen Anschichten sollen in diesem Text bei der Bearbeitung der Thesen berücksichtigt und eingeflochten werden.

2. Zu These 1: Die Stadt als Zentrum des Fortschritts – das Land als peripherer Raum

Die Verbreitung der Elektrizität in den deutschen Städten fand auf mehreren Gebieten statt. Die Erfindung funktionstüchtiger Glühlampen war eine bedeutsame Tatsache, die die Popularität der Elektrizität in der Bevölkerung beschleunigte[5]. Anhand dieser Glühlampen wurde die neue Technik für eine breite Masse durch das Erleben und das visuelle Erfassen erlebbar. Veranschaulicht wurde die Errungenschaft durch die häufigen Ausstellungen in dieser Zeit. Sie fanden ausschließlich in den großen Metropolen statt, wie z.B. die erste deutsche Elektrizitätssaustellung in München im August des Jahres 1881. Oskar von Miller, der sich besonders mit der Entwicklung von Wasserkraft und regionalen Netzen auseinander setzte, war einer der Hauptinitiatoren[6]. Er schuf für diese Ausstellung eine absolute Neuheit für die damalige Zeit: Die Stromübertragung von einem entfernten Ort, an dem die Energie durch Wasserkraft erzeugt wurde nach München. Auf der Ausstellung wurde die Elektrizität durch Glas und Wasser beeindruckend in Szene gesetzt. Mehrere Straßenzüge sowie die Frauentürme wurden während der Ausstellung durch elektrisches Licht beleuchtet. Es herrschte allgemeine Zustimmung und Begeisterung für diese Innovation[7]. Gerade die städtische Bevölkerung hatte dabei die Möglichkeit, erste Eindrücke zu bekommen und sich mit der Neuheit vertraut zu machen. Für die ländliche Bevölkerung waren die Chancen solche Ausstellungen zu besuchen sehr schlecht, da die Verbindungen zu den Städten durch öffentliche Verkehrsmittel und der heute hohe Grad der Motorisierung noch nicht gegeben waren. Zwischen Stadt und Land herrschte somit ein außerordentliches Gefälle der Popularität der Elektrizität.

Erste Abnehmer von Strom waren ausschließlich Geschäfte und öffentliche Einrichtungen. Die Vorteile einer elektrischen Beleuchtung gegenüber der bis dahin üblichen Gasbeleuchtung waren unverkennbar. Es waren in erster Linie Aspekte der Sicherheit, die überzeugten. Die häufigen Theaterbrände sprachen für sich, mit elektrischem Licht konnte das vermieden werden. Auch die Hitze- und Rußentwicklung und die damit verbesserte Luftqualität war entscheidend[8]. Trotz des höheren Preises der Elektrizität und des bereits vorhandenen Gasversorgungsnetzes, welches 1880 zum Großteil in kommunaler Hand war, konnte sich die neue Technik dank dieser Vorteile weitgehend rasch verbreiten. Es Gab allerdings auch kritische Stimmen von denen, die in der Nähe eines städtischen Kohlekraftwerkes zur Erzeugung von Elektrizität wohnten, denn die Erzeugung des Stroms war keineswegs frei von Emissionen. Befürchtet wurden Verschmutzungen durch Rauch und Ruß[9]. Ob diese Proteste jedoch eine Verzögerung der Verbreitung der Elektrizität, wie in meiner These formuliert, hervorriefen lässt sich anhand dieser Quellen nicht sagen. In den Anfangsjahren konnten sich lediglich die großen Warenhäuser in den Innenstädten die Energie leisten, die durch die Beleuchtung ihrer Schaufenster größere Kundenströme binden konnten. Auslagen in den Schaufenstern erleuchteten so in einem gleißenden Licht, das die Kunden durch diese Wirkung angelockt wurden. Neben den Kaufhäusern machte sich die neue Beleuchtung besonders bei den Juwelieren bemerkbar. Doch auch Hotels und Restaurants nahmen diese Technik auf und erfreuten sich erhöhter Aufmerksamkeit. Auf besondere Qualität einer Lokalität wies der Zusatz ‚elektrisch beleuchtet’ hin. Die Präsentation eines Geschäfts oder eines Hotels mit elektrischem Licht wurde entscheidend für den Ruf und die jeweiligen Einnahmemöglichkeiten[10]. Elektrisches Licht galt in dieser Zeit als sehr elitär, was auch durch den hohen Preis hervorgerufen wurde..

[...]


[1] Binder, Beate (1999): Elektrifizierung als Vision. Zur Symbolgeschichte einer Technik im Alltag. Tübinger Vereinigung für Volkskunde e.V., Tübingen. S. 15

[2] Zängl, Wolfgang (1989): Deutschlands Strom. Die Politik der Elektrifizierung von 1866 bis heute. Campus Verlag, Frankfurt a/M

[3] König, Wolfgang und Weber, Wolfhard (Hg.) (1990): Propyläen Technik Geschichte. 1840-1914 Netzwerke, Strom und Stahl. Propyläen Verlag, Berlin

[4] Hughes, Thomas P. (1983): Networks of Power. Electrification in Western Society, 1880-1930. The John´s Hopkins University Press, Baltimore

[5] Vgl. Zängl, Wolfgang (1989): Deutschlands Strom. S. 15

[6] Hughes, Thomas P. (1983): Networks of Power. Electrification in Western Society, 1880-1930. The John´s Hopkins University Press, Baltimore. S. 66 f.

[7] Strom, Martin (1988): Elektrizität, Telephon, Großmarkthalle – innovativer Wandel einer Großstadt. In: München – Musenstadt mit Hinterhöfen. Die Prinzregentenzeit von 1886 – 1912. Prinz, Friedrich und Krauss, Marita ( Hg.). C. H. Beck Verlag, München. S. 183

[8] König, Wolfgang und Weber, Wolfhard (Hg.) (1990): Propyläen Technik Geschichte. 1840-1914 Netzwerke, Strom und Stahl. Propyläen Verlag, Berlin. S. 326 f.

[9] Birkefeld, Richard und Jung, Martina (1994): Die Stadt, der Lärm und das Licht. Die Veränderung des öffentlichen Raumes durch Motorisierung und Elektrifizierung. Kallmeyer´sche Verlagsbuchhandlung, Seelze. S. 26

[10] Binder, Beate (1999): Elektrifizierung als Vision. S. 81 f.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Wirtschaftsgeschichte: Die Elektrifizierung
Hochschule
Universität Bremen  (Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar: Urbanisierung und Großstadtentwicklung in Europa
Note
1
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V9611
ISBN (eBook)
9783638162685
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wirtschaftsgeschichte, elektrifizierung
Arbeit zitieren
Anonym, 2002, Wirtschaftsgeschichte: Die Elektrifizierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9611

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