Marketing and Advertising im Internet


Ausarbeitung, 1998

8 Seiten


Leseprobe


Vortrag: Marketing and Advertising im Internet (1. Teil)

Von: Kristian Luge

Am: 11.11.1998

MAI (Mundpropaganda) SONY (Push)

M$ (Pull)

Verwirrend, Verwirrend. Doch alles wird sich gleich lüften.

MAI bedeutet Marketing Advertising Internet,

SONY ist ein Mediaunternehmen und

M$ ist unser geliebtes Microsoft.

Mit was das zu tun hat wird man gleich erkennen.

Mein Vortrag handelt über Marketing verbunden mit dem Internet. Doch, wenn man überlegt; was ist Marketing, was ist das Internet.

Marketing, das scheint klar, ist eine Ware bestmöglichst an den Mann zu bringen. Das ist die Meinung in der "Realität". Internet, das ist, wenn man es als ganzes betrachtet ein Medium, ein Abbild der "Realität". Doch, wenn man alles so sieht, läuft man an dem Kern der Wahrheit vorbei.

Das Internet ist ein Medium, ja, aber nicht die Realität, die wir um uns herum gewohnt sind.

Es ist eine völlig neue und eigenständige Form. Zwar mit gleichen Mitspielern, doch spielen sie anders als in der uns vertrauten Umgebung. Und so komme ich auch zu meinem Thema - Netmarketing.

Ich möchte hier nicht die unzähligen Formen des Marketings ansprechen, mehr die Struktur und die unterschiede zwischen Marketing und Netmarketing, jetzt und in Zukunft.

Marketing im Allgemeinen sieht so aus, das man dem Menschen etwas anbietet und zwar so, das er es kaufen will. Das nennt man Push - Technologie(man hat uns gezeigt was der Name SONY bedeutet), man zeigt dem Kunden was er sehen soll, was er kaufen soll.

Das ist in unserer gewohnte Umgebung der Fall. Im Net existiert sie auch,aber auch noch eine andere Form, die der Pull - Technologie. ( Das was wir sehen möchten [M$] ;-) Um nun die beiben Techniken besser zu verstehen will ich sie kurz näher erläutern, da sie zwei Grundbausteine im Netmarketing sind.

Zum ersten, beide Technologien habe Ihre Verfechter, und beide Gruppen sind davon überzeugt, die andere das Medium Web nicht versteht. Recht haben beide.

Die Pull-Verfechter gehen davon aus, daß die Mehrzahl der Surfer ein Minimum an Intelligenz besitzt und selektiv anfordert, was benötigt wird. Die Lieferanten von Pull-Technologie wissen darüberhinaus, daß Orientierungen, Interessen, Probleme und Schwerpunkte ständigem Wandel unterliegen.

Die andere Gruppe bezieht sich auf eher obskure Studien, die behaupten, die Mehrzahl der Surfer frequentiere bestenfalls zehn oder zwanzig Sites regelmäßig. Diese Gruppe geht davon aus, daß das Web eine Art Fernsehen mit reduzierter Bandbreite, aber unendlich vielen Kanälen ist. Hier finden wir meist den Medienkonzernen nahestehende Unternehmen, die durch feingliedrige Strukturierung des Angebots eine unendliche Zahl von Datenströmen in genauso viele Haushalte einrichten möchte.

Diese Datenströme sind meist so ausgelegt, daß sie vom Benutzer-PC als Zusatzinformation auf das Desktop geholt werden, wo sie dann gelesen werden kann. Eine zweite Art beschränkt sich darauf, Zusatzinhalt auf dem Desktop nur dann zu zeigen, wenn der automatische Screen Saver einkickt - bei mir ist das der Fall, wenn ich zu Tisch gehe oder aus anderen Gründen nicht an der Maschine sitze. Ständig aktualisierte Nachrichten und Börsenkurse sind Push-Favoriten, weil diese Art Inhalt bei den Lieferanten ohnehin vorhanden ist und neue Abnehmer finden soll.

Push-Befürworter richten sich damit an eine Zielgruppe, deren Merkmale sich eindeutig von den Eigenschaften der ersten unterscheiden: Pull setzt Aktivität voraus, Push hält dem Surfer Konserven unter die Nase.

Interessant ist, daß trotz technologischer Rafinesse, oft wertvoller Angebote und auch steigender Abnehmerzahlen Push-Lieferanten bisher nicht in der Lage sind, Gewinne zu erzielen.

Die Pull-Verfechter wissen, daß das Web kein Broadcast-Medium wie Fernsehen oder Radio ist, sondern daß die überwiegende Zahl der Site-Besuche nach der Befragung einer oder mehrerer Suchmaschinen erfolgt.

Nebenbei gleich noch ein weiterer Punkt in Sachen Netmarketing. Das richtige beschreiben in Suchmaschinen. Wie leicht da eine Site zu finden ist und wie einladend das Suchmaschinen-Ergebnis auf den Suchenden wirkt, hängt maßgeblich vo der Ergebnismeldung ab. Nichtssagende oder nur Navigationselemente zeigende Suchergebnisse sind nicht besonders einladend. Deshalb ist es wichtig, daß die Ergebnismeldung der Suchmaschine nicht nur zeigt, daß eine Site existiert, sondern daß diese besonders attraktiv ist, warum sie, vor allen anderen, besucht werden will.

Doch weiter im Text...

Trotzdem darf man auf Push nicht verzichten - allerdings nicht in der Form, wie sie von den Vertretern der Technologie gesehen wird. Die wirksamste, preiswerteste und gleichzeitig vom Surfer am meisten akzeptierte Push-Technologie ist immer noch email. Wer auf seiner Site keinen Erinnerungsdienst bietet, zahlt für jeden Surfer unnötige Höchstpreise. Wer dagegen nach jeder Site-Aktualisierung oder Erweiterung eine kurze email an früher dagewesene Besucher schickt, baut ständigen Verkehr zu wesentlich geringeren Kosten.

Was auch hier in dieses Proseminar paßt. Es soll kommuniziert werden, eben ecommerce.

Dieser Art Marketing und maßgeschneidertem Verkauf gehören eindeutig die Zukunft. Push eignet sich hervorragend zur Kostensenkung bei der Kunden-Aquisition, nicht aber als Liefermechanismus.

Wir wissen, daß Firmen, die keine Site unterhalten, bei der "Web-Bevölkerung" inzwischen als antiquiert gelten. Eine Web Site, die eine Übersicht über das Angebot, Kontakt-Adressen, eine kurze Selbstdarstellung und, bei börsennotierten Unternehmen, Anleger-Informationen bietet, ist heute so selbstverständlich, wie ein Eintrag im Telefonbuch. Eine solche Web Site erfüllt aber keine eigentliche Funktion und sollte nur dann errichtet werden, wenn ein Unternehmen sich ausdrücklich gegen eine wirkliche Web Präsenz entschließt.

Die erfolgreiche Implementierung betrieblicher Web Sites setzt voraus, daß klare Vorstellungen über die gewünschte Funktionalität herrschen. Eine Web Site muß jedem [potentiellen] Kunden, der diese besucht, Vorteile bieten: zeitsparende Kommunikation, Selbstbedienung bei der Bestell- oder Kundendienstabwicklung, weiterführende Information, Selbsthilfe.

Eine der häufigsten Redewendungen auf deutschsprachigen Seiten ist "wir über uns" [bei Altavista 84476 Treffer]. Fotos des Managements, die Firmengeschichte und Philosophie können auf der Web Site veröffentlicht werden - aber nicht so, daß jeder Besucher zwangsläufig darüber stolpert. Wenn's unbedingt sein muß, reicht eine abseits gelegene Seite. Eine Firma ist nicht der Nabel der Welt. Im Vordergrund sollte einzig und allein der Anwendernutzen stehen.

Auch die interne Struktur eines Unternehmens interessiert den Surfer nicht. Er verlangt nur, optimal bedient zu werden. Sites, deren Aufbau sich an der Firmenstruktur orientiert, tendieren dazu, den Anwendernutzen zu vernachlässigen oder ignorieren. Erstrangig ist immer die Funktionalität Anwender, die beim Wechsel innerhalb verschiedener Bereiche unterschiedliche Designs und damit alternative Navigationsmöglichkeiten vorfinden, werden frustriert. Selbst wenn verschiedene Aufgabenstellungen wie z.B. Grafik oder Programmierung das Outsourcing der Implementierung an mehrere Shops zwingend vorschreibt, darf es für die Gesamtnavigation einer Webpage nur eine Zuständigkeit geben.

Weiter ist bei Webpaging zu beachten:

- Interaktivität bringt höhere Ergebnisse. Tests zeigen, daß eine Aufforderung zum Handeln Ergebnisse verbessert. Der Mensch sieht etwas, entscheidet sich zum Handeln, und vergißt das Ganze. Coupons werden ausgeschnitten und erinnern an die getroffene Entscheidung. Formulare auf Web Seiten fordern Auseinandersetzung.
- Den Text auf lesbarkeit gestalten. Der Mensch hat sich an die in Zeitungen und Zeitschriften gebräuchlichen Texte gewöhnt. Größere Schriften bringen nicht mehr, sondern verlangsamen den Seitenaufbau. Dunkler Hintergrund mit hellen Schriften, vor allem wenn diese rot oder rot-braun sind, können oft nicht gelesen werden.
- Grafik verkauft nicht. Der zusätzliche Platz und die zusätzliche Bandbreite, die Bilder verschlingen, bringt keinen zusätzlichen Gewinn. Nur wenn Bilder erklären, sind sie Muß. Dekorative Elemente zur Auflockerung der Seiten vorladen indem man sie schon in der vorigen Site geladen hat, aber noch nicht anzeigt.
- Jeder Surfer muß sofort erkennen, "was hier für ihn zu holen ist".
- Superlative bringen nichts. Besser sind Fakten.
- Ohne Anfassen, ohne Probieren, ohne Kontakt verkauft man weniger.
- Jeder Link auf eine Site hat das Potential, zusätzliche Besucher zu bringen. Der gleiche Link riskiert den Besucherverlust der Site, die einen Link auf diese Seiten einrichtet. Das Einrichten von Links ist damit ein zweischneidiges Schwert. Ausschlaggebend für die Einrichtung eines Links ist ausschließlich der Zusatznutzen für Besucher dieser Site.
- Was Special-Effects kosten sie kosten Zeit, wenn jemand auf einer Site landet und 10 Minuten warten muß kommt er bestimmt nicht wieder. Genauso mit übertriebener Bannerwerbung, doch dazu komme ich später.
- Standards, sie sind keineswegs Profilier-Bühne akademischer Theoretiker. Sondern Basis alltäglicher reibungsloser Kommunikation. Standards werden nur nicht bewußt wahrgenommen, weil sich jeder daran orientiert. Davon abzuweichen kostet. Besucher und Kunden.
- Erst die Bedienung und Wartung, die Kommunikation, bringt den Erfolg. Dieser ist bei korrekt implementierten Sites stets größer als die zur Wartung anfallenden Kosten. Eine Web Site ohne Wartung und ohne entsprechenden Etat ist eine garantierte Fehlinvestition.

Das Web ist ein so neues wie einmaliges Medium. Es unterscheidet sich von allen anderen "Kommunikationskanälen" dadurch, daß es ein wirklicher ist. Alle anderen, mit Ausnahme des Telefons, sind Monolog-Kanäle. Web Sites, die dieser Tatsache nicht gerecht werden, sind vom Design her unfertig. Die Inhalts-Aufbereitung ist eines der größten Probleme. Attraktiver Web Inhalt setzt voraus, daß er ausschließlich [oder zuerst] für das Web entwickelt wird. Natürlich muß man erst außerhalb des Netzes für eine Webpage werben und URLs sieht man heute in fast jeder Anzeige, auf Lieferwagen, in TV Commercials und auf Produkt-Verpackungen.

Die meisten dieser Veröffentlichungen sind leider vertane Gelegenheiten, weil in 99 von 100 Fällen die Adresse der Webpage, statt die einer gelegenheitsbezogenen Seite veröffentlicht wird. Dabei ist es besser, einen Besucher nicht zu haben, als einen Besucher auf die Site zu locken, nur um ihn zu frustrieren.Effizientes Webpagedesign setzt voraus, daß man eine langfristig beibehaltene Struktur implementiert. Kurzfristige Aktionen sind in diese Struktur einzubinden. Und bei Ablauf so zu entfernen, daß ein verspäteter Zugriff nicht in einer Fehlermeldung, sondern einer informativen Seite resultiert. Wettbewerbe, Promotions, Sonderaktionen oder wichtige Veröffentlichungen sollten entsprechend direkt adressiert werden: http://www.home.com/Unternehmen/Thema.htm Direktes Erreichen der entsprechenden Seiten interessierter Besucher führt zur positiven Erfahrung. Links in die vollständige Struktur einer Site ermöglichen die Vertiefung dort, wo sie erwünscht ist. Wenn der Besucher Gewünschtes erst umständlich suchen muß, ist das Abwandern wahrscheinlicher als der Erfolg.

Ein Fehler, oder ein Unterschätzung, die heute noch gemacht wird, ist, was ich anfangs schon erklärte, die Unterschätzung des Mediums. So wie "Wir über uns" auf webpages mit den höchsten Stellenwert genießt - und damit Besucher langweilt oder abstößt - betrachten genausoviele Web Designer das Web als ein Medium, auf dem Broschüren und Preislisten elektronisch dargeboten werden.

Doch das Web entwickelt sich eindeutig zum interaktiven Kommunikationskanal, der Selbstbedienung und sofortige Interaktion ermöglicht. So wie viele Firmen die kurzfristigen Auswirkungen überschätzen, werden die langfristigen Auswirkungen von genauso vielen Unternehmen unterschätzt. Die Welt wird im nächsten und übernächsten Jahr nicht grundlegend verändert. Aber spätestens dann, wenn die Mehrzahl Ihrer Kunden, die Mehrzahl der Verbraucher, vernetzt sind, wird jedes Unternehmen gezwungen, alle Betriebsabläufe und Kommunikationskanäle neu zu bewerten.

Wo ich auch gleich bei meinem gesetzten Hauptthema angekommen bin. Der Struktur des Netmarketings, jetzt und in Zukunft.

Zuerst das Jetzt:

Kürzlich hat eine bei NetRatings durchgeführte Untersuchung ergeben, daß Werbebanner die Publikums-Reichweite eines Produkts steigern, egal ob der Kunde sie mit einem Mausklick bedenkt oder nicht. Andere Untersuchungen im Jahr 1998 haben gezeigt, daß die Clickthrough-Raten für Werbebanner auf deutlich unter zwei Prozent gesunken sind. (Für Direkt-Mail liegt sie weit unter 1 Prozent!).

"Werbebanner funktionieren nicht", ist dann jetzt überall zu hören. Bevor ich die Gültigkeit dieser Aussage überprüfe, zuerst das empfohlene Heilmittel ansehen. Das wesentliche Heilmittel, das Werber vorschlagen, bedeutet fast immer, mehr Bandbreite zu verbrauchen - während wir in rasendem Rückwärtsgang zur alten Schule zurückfallen, die mit ihren fantastischen Bilderfluten die Augäpfel überwältigt. Manche Texte versichern, daß wir MEHR von jemandes Aufmerksamkeit gewinnen, wenn man eine Anzeige format-füllend auf seinen Bildschirm platziert. So bekommt man wirklich Aufmerksamkeit!

Ich garantiere, daß man sofort die Back-Taste nutzt und nie wieder kommt, wenn man eine Bildschirm-füllende Werbung vorgesetzt bekommt, bevor man die Webseite besuchen kann. Aber Aufmerksamkeit wird man gewonnen haben, schon deshalb, weil man sich erinnert und anderen Leuten empfiehlt, diese Seiten wie die Pest zu meiden.

Seit der Kommerzialisierung des WWW hat die werbetreibende Wirtschaft im neuen Medium alte Wege beschritten: analog der Welt der Printmedien schaltet man Banner und Buttons auf Seiten mit möglichst hohen Besucherzahlen. Banner verbreiten sich derzeit rasant, werden auch fantasievoller, aber sie entsprechen dem Medium nicht. Sie sind und bleiben das, was die Anzeige im Print ist. Das Web aber ist mehr, viel mehr als ein Haufen Magazine und alle Plakatwände dieser Welt.

Eine Latte an Unglücksfaktoren ist mit der standardisierten Bannerwerbung verbunden:

- Noch immer gibt es jede Menge Akzeptanzprobleme beim Surfer, der schließlich die Telefonkosten für die Datenübertragung zahlt. Wenn von 10 Bannern, die man zu Gesicht bekommt, neun in keiner Weise die eigenen aktuellen Interessen treffen, dann ist Ärger berechtigt. Viele Surfer akzeptieren zwar heute Bannerwerbung auf gern besuchten Webseiten - meist aber nur, weil dem webmaster die Einnahme gegönnt wird, nicht wegen eines Informations- oder Unterhaltungswerts der Banner selbst.
- Messungs- und Bewertungsfragen: Wer sich in Adclicks, Visits, Clickthroughs, Pageviews, Impressions, Verweilzeit und ihre Messung vertieft, kann nicht die Augen davor verschließen, daß hier sehr viel mehr gerechnet und vermutet wird, als die Daten wirklich hergeben. Und selbst wenn ein Surfer optimal "in der Site gehalten" wird, heißt das noch lange nicht, daß das dem Produkt etwas nützt.
- Es mangelt an Werbeträgern, denn es gibt nicht genug Webseiten, die wirklich von MASSEN besucht werden, die paar grossen Sites sind schnell belegt - und dann?
- Die allseits angestrebte Standardisierung der Banner zerschlägt in der Regel das Design der belegten Webseite
- Marketingfragen: Wo bringt eine Werbeeanbindung beiden Beteiligten Vorteile? Oft ist der BannerEigner gleichzeitig Konkurrent und zieht Surfer auf sich und von der belegten Seite weg.

Die Übertragung der Anzeigenwerbung auf das Web - ein zunächst naheliegender Gedanke - erweist sich so insgesamt als dem Medium mühsam aufgestülpt. Egal von welcher Seite man hinschaut, ob als Surfer, Webmaster oder Werbemacher: die schon sprichwörtlich öde Welt der Banner & Buttons bringt mehr Ärger als Freude, vorsichtig gesagt. Darüber helfen auch Innovationen wie das interaktive Banner, Banner-Spiele, etc. nicht hinweg.

Auf der Suche nach neuen Wegen wird versucht, neben dem "Modell Anzeige" eine andere Geste des Werbens zu realisieren: Die Wirtschaft hat die "Community" entdeckt, die Besuchergemeinde, die werblich betrachtet wird wie die Zuschauergemeinde einer Fernsehsendung. Ziel jeder kommerziellen Website soll es demnach sein, eine Gemeinde um sich zu sammeln, die ein geeignetes Umfeld für Produktwerbung und PR-Aktionen darstellt.

Diese aus der Fernsehwelt übernommene Idee steht dem Web bereits etwas näher, handelt es sich doch immerhin ebenfalls um Bildschirme, vor denen sich die Zielgruppe einfinden soll. Doch läßt sich auch die Community-Schiene nicht ohne Irritationen übertragen:

Vor den Zeiten des Netzes hätte man die Idee für absurd gehalten, daß jedes Unternehmen eine eigne Zeitschrift, eine Kneipe, ein Kino, einen Fußballverein oder Hobbykochklub aufziehen soll. Doch im Web glaubt man, das sei es! Wartungs- und Service-intensive Produkte (z.B. Software) sammeln zwar durchaus eine Usergemeinde und sorgen so selbst für Käuferbindung. Von der Mehrheit der Produkte und Unternehmen kann jedoch nicht ernsthaft angenommen werden, daß sich "unter ihrer Fahne / Marke" eine veritable Surferschaft einfindet. Da hilft auch kein Locken mit kostenloser Download-Software, Gewinnspielen und ähnlichem: zwar werden diese gern genommen, jedoch von einer Sammler-, Spieler- und Bastlerszene, der es vollständig egal ist, wo und von wem sie die angebotenen Benefits bezieht. Mit der avisierten Produktzielgruppe haben sie gar nicht oder nur zufällig zu tun. Es bedeutet auch nicht unerheblichen Einsatz, eine Webseite so interessant zu halten, daß sich eine dauerhafte Gemeinschaft bildet und auch hält, womöglich mehrt. Grosse Besucher- Gemeinden ("Massen") lassen sich nicht ohne zusätzliche Werbung in Massenmedien erzielen, sofern es sich nicht um Seiten handelt, die von den Notwendigkeiten des Webs leben (grosse Suchmaschinen, Homepages führender Programme, etc.). Insgesamt gibt es viel zu viele lockende, inhaltlich interessante Surf-Ziele, als daß Unternehmen mit Selbstdarstellungs- oder Produktseiten damit ohne weiteres konkurrieren könnten.

WebWerbung mit Banner & Community wird es trotz der Nachteile bestimmt noch lange geben. Es ist auch nicht alles nur Schrott. Aber muß man nicht mit Werbeformen zu experimentieren, die zum Web passen wie der Handschuh zur Hand?

Netmarkting in der Zukunft:

Wie also wäre Webwerbung? Da eine Webseite nun mal kein Massenmedium ist, wird man sich vom Gedanken verabschieden, auf wenigen Seiten viele erreichen zu wollen. Andrerseits: Wissen nicht alle, daß Mundpropaganda die wirkungsvollste Werbung ist? Also das, was zwischen Menschen, die sich kennen und vertrauen, weitergesagt und empfohlen wird?

Das Netz ermöglicht auf vielfältige Weise das Gespräch der Vielen mit den Vielen, hunderttausende Webseiten zeugen vom kreativen Schaffenswillen der Aktiven. Warum nicht diese gewaltige Kreativpotential nutzen? Warum nicht mit Autoren und Moderatoren von Kultur-, Kunst- und Hobbyseiten zusammenarbeiten, die bereits viel experimentiert haben, um geeignete Ausdrucksformen zufinden?

Solche Autoren sammeln im Lauf der Zeit Freundes- und Besucherkreise, die zahlenmäßig weit größer sind als die Kontakte im sog. "realen Leben" - andrerseits entwickeln sich laufend Communities mit Bezug auf die Inhalte ihrer Webprojekte. Es gibt vermutlich einige hundert, vielleicht ein paar wenige tausend Leute (in de, at, ch), die dabei ein Niveau und eine Kontinuität entfalten, wie sie sonst nur kommerziellen Projekten eigen ist.

Daß es (noch) nicht mehr sind, liegt mit am Mangel einer wirtschaftlichen Perspektive:

Eigendynamisches Engagement ohne finanzielle Rendite ist zwar zu Höchstleistungen fähig (die, kommerziell betrachtet, meist unbezahlbar sind), aber sprunghaft. Projekte entstehen und vergehen, veralten mangels Zeit und Lust, werden aufgegeben oder vernachlässigt, weil der Autor den Focus seines Engagements verlagert oder schlicht nicht mehr die Zeit aufbringt neben seiner Erwerbsarbeit das eingeführte Projekt zu pflegen.

Werbliche Aktivitäten, die dieses Defizit auf intelligente Weise und zu beiderseitigem Nutzen mildern, könnten ein Meilenstein auf dem Weg zur Akzeptanz sein. Zwar versuchen Web-Agenturen und Link- Tausch-Organisationen, eine größere Zahl Homepages zu erfassen, nach Zielgruppen zu ordnen und mit Werbebannern zu belegen. Die Krux dabei: Die Seiten sehen oft aus wie bloße Banner- Ausstellungshallen und verlieren an Attraktivität. Ein guter Grund für viele dies zu meiden.

Auch verführt das Bannergeschäft die webmaster dazu, selbst ein kleines Massenmedium kreieren zu wollen, damit der Wert der Belegung steigt. Auf den ersten Blick ein dem Werbezweck dienliches Verhalten, auf den zweiten manchmal kontraproduktiv. Wenn der webmaster nämlich nicht mehr seine Inhalte weiterentwickelt, sondern nun selbst mit pseudo-massenmedialen Mitteln lockt: Spiele, Downloads, Bilder, etc., dann verliert die Site ihren Werbewert im Blick auf die Zielgruppe, die im Cyber-Nirwana der Beliebigkeit verschwimmt.

Wer sich im Web umsieht, wird feststellen, daß viele nonkommerzielle Webseiten keinen anderen Sinn haben, als Besucher anzulocken - kaum Inhalt, jede Menge Links. Solche Seiten kommen für sinnvolle Werbung nicht in Betracht, sind aber auch nicht Surfers Wunschziel! Eine Gemeinsamkeit der Interessen zwischen Werbungtreibenden und Netz-Usern, die es verdient, festgehalten zu werden!

Inhaltlich konkretisierte, gut ausgebaute und gepflegte Webseiten, die zudem auch designerisch aus den Kinderschuhen hinaus sind, bilden den Pool, der für Web-Werbung in Frage kommt. Weg von der Standardisierung! Da all diese Seiten eine je eigene spezifische Gestalt haben, kann man ihnen nicht allen dasselbe Banner überbügeln. Für jedes Webprojekt ist eine andere Art der werblichen Anbindung passend, eine Art & Weise, die sich aus dem Projekt selbst ergibt.

Um Himmels Willen, welch ein Wahnsinn: nicht nur viele Seiten mit kleinen Gemeinden belegen, sondern auch viele verschiedene Werbemittel - wer soll denn sowas leisten können zu Preisen, die der Markt auch hergibt??? Ganz einfach: die webmaster selbst. Sie kreieren selbst die Form und Einbindung der Werbung, die zu ihrem Projekt und zum Produkt passt, wobei beide Seiten mit dem Ergebnis einverstanden sein müssen. Dabei ist eine gestalterische Bandbreite denkbar, die beim einfachen Link nach aussen zur Homepage (oder speziell gestalteten Werbeseite) des Unternehmens beginnt und bei der vom Autor kreierten Werbe-Site für das Produkt im Rahmen des jeweiligen Web- Projekts endet.

Auch jetzt schon gibt es Autoren und Site-Betreiber, die an Firmen herantreten und Sponsoring- Vereinbarungen aushandeln. Umgekehrt strecken Unternehmen und Agenturen die Fühler nach Netzaktivisten aus. Doch meist geht es dabei um die immer gleichen Formen: Banner, Community, Autorenbeiträge zu Unternehmensseiten. Wie wäre es, den webmasters die Initiative in der Frage des "Wie?" zu überlassen? Autoren und Web-Site-Konzeptioner sind (als solche) Produzenten, keine Konsumenten. Auf ihren Seiten sind sie unumschränkte Herrscher und lassen sich nur ungern reinreden, weder beim Inhalt noch in der Form. Sie haben vielfältige Mittel entwickelt, um Aufmerksamkeit auf ihre Seiten zu lenken und Besucher zum wiederkommen zu verführen - keine Massen, aber sehr spezifisch Interessierte. Home- und Hobby-Pager, Webautoren und Kunstschaffende - sie wissen am allerbesten, was ihre Community interessiert und welche Produkte und Dienstleistungen tatsächlich passend wären - schließlich haben sie sie versammelt.

Die Werbung weiß, daß ein Produkt zielgruppengerecht angeboten werden muß. Im Fall von Webseiten mit kleinen Gemeinden widerspricht es dieser Einsicht, dort eine unter massenmedialen Gesichtspunkten entwickelte Werbestrategie durchzuziehen.

Hört sich interessant an, aber wie wäre das denn in der Praxis zu realisieren?

Das Vorhaben, eine größere Zahl Webautoren und Homepager je individuell und doch "breitflächig" an Werbemaßnahmen zu beteiligen, wirft organisatorische Fragen auf: Unternehmen & Agenturen können doch nicht mit unzähligen Individuen über deren Ideen und Beiträge verhandeln - oder doch? Ein fettes Organisations- und Kommunikationsproblem, richtig. Aber die Neigung, stets zuerst das Problem zu sehen, verstellt den Blick auf das, was als Problem verschwindet: Das Beforschen und Erreichen einer Zielgruppe ist traditionell ebenfalls ein ungeheurer Aufwand, beginnend mit den Marktforschungs-Interviews. Überläßt man es der Selbstorganisation des Netzes, die richtigen Leute zu den passenden Angeboten zu führen, entfällt dieser Aufwand tendenziell. Führt man - was anzunehmen ist - die alte Strategie noch immer weiter, nutznießt sie sogar informatorisch von dem, was sich in der Eigendynamik des Netzes als Trend herausstellt.

Das Wichtigste aber: Netztechniken wie E-Mail, Webseiten, Formulare, CGI-Scripte, Foren und mehr ermöglichen heute die schnelle Abwicklung von Kommunikationsprozessen mit vielen. Wenn es mir als Individuum ein leichtes ist, binnen einer halben Stunde zu 3000 Leuten etwas zu sagen, so kann eine Agentur, die professionell herangeht, mit überschaubarem Aufwand Dinge in die Gänge bringen, die in der Offline-Welt unmöglich gewesen wären.

Um das Organisationsproblem zu lösen, braucht es innovative Webagenturen, die als Mittler zwischen den Webautoren und den Unternehmen und (Groß-) Werbeagenturen fungieren. Sie bauen sich einen Adressen-Pool der an Mitarbeit interessierten Site-Autoren auf und konkretisieren mit Hilfe interaktiver Webseiten den Ablauf der Aktivitäten. Mit interessierten Unternehmen entwickeln sie Konzepte, die aus den Ideen der Vielen schöpfen, wobei ihre Reputation auch davon abhängen wird, daß sie "ihre" Autoren nicht ausnutzen, sondern deren Benefit ebenso vertreten wie den des Werbekunden.

Teilnehmende Autoren könnten ihre Wunsch-Werbepartner der Agentur übermitteln, seien es Produkte, Branchen oder konkrete Namen/Marken, deren Einbindung sie für passend halten (und sei es "nur" über einen simplen Link!). Umgekehrt informiert die Agentur die Autoren über die Unternehmen/Produkte, die Interesse angemeldet haben und nach Werbeplätzen und Ideen suchen (- >Mailingliste). Die Agentur könnte auch eine Webseite mit den "Best of" führen, eine Auswahl besonders gelungener Werbebeiträge kreativer Autoren - die virtuelle Cannes-Rolle im kleinen... Aufgabe der Agenturen wäre selbstverständlich auch, ein gewisses Niveau zu garantieren, das Umfeld im Auge zu behalten und den Kunden so vor Negativ-Werbung zu schützen (Verspottungsausschluss!). Lektoren müßten monatlich die beteiligten Webprojekte besichtigen und z.B. verhindern, daß diese zu reinen Werbetextseiten mutieren. Eine Begrenzung der Transaktionen pro Autor ist sicher überlegenswert. Für manche Unternehmen könnte es sich anbieten, diese Organisationsarbeit selbst durchzuführen oder sich daran zu beteiligen. Im Sinn des Gebens & Nehmens könnten sie eine Link-Liste ihrer Werbepartner auf ihren Unternehmensseiten führen. Auch um diese herum entstände schnell ganz von selbst eine "Community" derer, die mit Interesse sehen, was die anderen so machen, es wäre ein ständig laufender Kreativwettbewerb mit Unterhaltungswert.

Die Realisierungschancen dieses Konzepts potenzieren sich in dem Moment, in dem sich eine simple Cybercash-Transfer-Methode durchsetzt. Gelingt es, die Einführungsphase der Zahlungssysteme zu nutzen, so ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten, den progressiven Charakter der individualisierten Webwerbung herauszustellen. Evtl. lassen sich Banken und Cybercash-Unternehmen gewinnen, das System zu unterstützen.

Webmarketing, die mit den traditionellen Herangehensweisen bricht, muß diese nicht verdrängen. Aktionen im Stil "Viele werben auf vielerlei Art" könnten als innovatives Add-On in normale WerbeEtats und Kampagnen eingeplant werden.

Ganz beiläufig entstehen auch neue Jobs und neue interessante Aktionsfelder für Selbständige und Unternehmen.

Aber individualisierte Webwerbung macht Arbeit und muß organisiert werden. Dazu braucht es:

- Webmaster, die gute Inhalte produzieren
- Kreative, die Webdesign und Grafik können
- Webwanderer, die die Seiten ansehen
- Promoter, die gern organisieren
- Programmierer, die die Abwicklung unterstützen

Zum e-commerce, der vielen braucht es interaktive Webseiten, evtl. Community-Software. Ein weites Feld für Programmierer, die sich hier einlassen wollen. Im Internet funktionieren Werbebanner als Wegweiser. Doch die Werbewirtschaft sehnt sich nach dem, was sie am besten kann: Wundervolle 30-Sekunden-kurze Fernsehspots, die jede Menge Leute erreichen. Ebenso kurze, aber fetzige Radio-Werbung, vierfarbige ganzseitige Mega-Botschaften und Plakatwände, die mit Ihrem visuellen Geschrei vorbeifahrende Autofahrer beeindrucken, aufmerksamkeit zu erregen. Doch ich habe neulich ein Zitat gelesen: "Kümmere Dich im Internet nicht darum, Aufmerksamkeit zu bekommen, sondern darum, Aufmerksamkeit zu schenken!" Aufmerksamkeit zu verschenken ist ein gänzlich anderes Spiel, eines, auf daß dieWerbe-Industrie strukturell nicht eingerichtet ist. Nur Amateure sehen das Web als multimedialen Kanal, der nur Besucher belohnt, die den Hindernislauf über Browser- und Plugin- Beschaffung und Installation überleben. Das Web ist Kommunikationsmittel. Zwischen Besucher und Unternehmen. Zwischen Bedarf und Befriedigung. Zwischen Nachfrage und Jahresgewinn und dabei wird Netmarketing eine entscheidende Rolle spielen.

Ende der Leseprobe aus 8 Seiten

Details

Titel
Marketing and Advertising im Internet
Autor
Jahr
1998
Seiten
8
Katalognummer
V96196
ISBN (eBook)
9783638088725
Dateigröße
351 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Marketing, Advertising, Internet
Arbeit zitieren
Kristian Luge (Autor:in), 1998, Marketing and Advertising im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96196

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