Häufig gestellte Fragen zu: Gliederung der Jugoslawischen Wirtschaft unter Tito
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Der Text bietet eine umfassende Übersicht über die jugoslawische Wirtschaft unter Tito, insbesondere über die Arbeiterselbstverwaltung und die sozialistische Marktwirtschaft. Er umfasst die Entwicklung der jugoslawischen Wirtschaft, die Ziele und Ideologie der Arbeiterselbstverwaltung, deren Funktionsweise und Organisation, Probleme und Kritik sowie eine abschließende Bilanz. Zusätzlich werden Quellenangaben genannt.
Wann wurde die Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien eingeführt?
Die Einführung der Arbeiterselbstverwaltung begann ab 1950. Sie wurde 1963 mit der Namensänderung von FNRJ zu SFRJ weiterentwickelt und 1965 erhielt Jugoslawien ein entsprechendes Gesicht. 1974 wurde sie schließlich in der neuen Verfassung verankert. Vorher gab es fast jährliche Reformen, die wichtigste davon 1964/65 mit der Freigabe der Rohstoffpreise.
Was waren die Ziele und die Ideologie der Arbeiterselbstverwaltung und der sozialistischen Marktwirtschaft?
Das Hauptziel war die Überwindung der Entfremdung der Arbeiter von ihrer Arbeit, sowohl im Kapitalismus als auch im sowjetischen Planwirtschaftssystem. Die Devise lautete: "Die Fabriken den Arbeitern - die Leitung der Produktion den Produzenten". Die jugoslawischen Gesetzgeber betonten die selbstständige Organisation und Erweiterung der Produktion durch die Werktätigen. Drei Grundprinzipien zum Aufbau des Sozialismus wurden formuliert: das sofortige Beginnen des Prozesses des Absterbens des Staates, die Distanzierung der KPJ vom Staatsapparat und die Übergabe des Staatseigentums an die unmittelbaren Produzenten. Das Ziel war die Verknüpfung von Demokratie und Sozialismus, was zur "sozialistischen Marktwirtschaft" führte.
Wie funktionierte die Arbeiterselbstverwaltung in der Praxis?
Die Funktionsweise zielte auf die Erlangung eines "Überflusses an Waren", um den Wert der Massenverbrauchsgegenstände zu reduzieren. Voraussetzungen waren die freie Erwerbbarkeit von Produktionsmitteln und Konsumgütern, Gewinnmaximierung, ein Arbeitsmarkt und eine von staatlicher Bevormundung freie Produktionspolitik. Die Unternehmen teilten den Gewinn selbstständig auf und führten selbstständige Außenwirtschaftsbeziehungen. Die Finanzierung erfolgte hauptsächlich durch Eigenmittel und Kredite, die sich an Rentabilitätskriterien orientierten, sowie durch ausländische Beteiligungen (bis zu 49%). Die Organisation basierte auf "Grundorganisationen der frei vereinten Arbeit", die sich zu größeren Einheiten zusammenschlossen. Ein Rotationsprinzip im Arbeiter- und Verwaltungsrat sollte die Demokratie sichern. Die Planung war als Richtlinie und informelle Prognose konzipiert, nicht als verpflichtende Auflage.
Welche Probleme und Kritikpunkte gab es an der Arbeiterselbstverwaltung?
Die Kritikpunkte umfassten den Bildungsmangel der Arbeiter, die Tendenz zu Gewinnausschüttungen statt Investitionen, die oktroyierte (nicht erkämpfte) Natur der Demokratie, den Konsumbürgertum, negative Außenhandelsbilanzen, Inflation, staatlich geförderte Kartell- und Monopolbildung, regionale Bindungen der Industriezweige, die Förderung schwach entwickelter Gebiete im Widerspruch zur Dezentralisierung, Bürokratie und Koordinierungsprobleme sowie die Frage der Planbarkeit in einer Marktwirtschaft.
Welche Bilanz zieht der Text über die Arbeiterselbstverwaltung?
Der Text kommt zu dem Schluss, dass Jugoslawien über seine Verhältnisse lebte und der Lebensstandard auf geliehenem Geld beruhte. Es bildete sich trotz der Dezentralisierung eine Technokratenschicht. Das System trug nicht zur nationalen Einheit bei, sondern verstärkte regionale Disparitäten. Es entstand nicht eine nationale Wirtschaft, sondern acht regionale Wirtschaften, die nicht untereinander handelten.
Welche Quellen wurden verwendet?
Der Text nennt eine Reihe von Büchern und Internetquellen, darunter Werke von Lienau, Gumpel, Hildebrandt, Liebe, Eger, Büchenfeld, Soergel und Roggemann sowie verschiedene Internetseiten mit Informationen zu Jugoslawien.
Gliederung :
1. Entwicklung der jugos. Wirtschaft unter Tito
2. Ziel und Ideologie der Arbeiterselbstverwaltung bzw. sozialistischen Marktwirtschaft
3. Funktionsweise und Organisation/Struktur der Arbeiterselbstverwaltung
4. Probleme und Kritik
5. Bilanz
6. Quellenangaben
1. Entwicklung der jugoslawischen Wirtschaft unter Tito :
- Einführung der Arbeiterselbstverwaltung ab 1950.
- 1963 Namensänderung FNRJ -> SFRJ
- erst ab 1965: "Jugoslawien erhält ein der Eigenverwaltung entsprechendes Gesicht"( Liebe)
- in der neuen Verfassung von 1974 rechtlich verankert
- davor fast jährlich Reformen (wichtigste: 1964/65 : Freigabe der Rohstoffpreise)
Grundlage und Voraussetzung für die Entwicklung der Arbeiterselbstverwaltung war der Kominformkonflikt 1948
Folgen : (1) Befreiung aus der Vormundschaft Moskaus
(2) Minimalste Wirtschaftsbeziehungen zu den sowjetsozialistischen Staaten
2. Ziel und Ideologie der Arbeiterselbstverwaltung bzw. sozialistischen Marktwirtschaft
"Die Fabriken den Arbeitern - die Leitung der Produktion den Produzenten "
- Man hatte erkannt das durch das Modell der sowjet. Planwirtschaft der Arbeiter genauso
von seiner Arbeit entfremdet wird wie im Kapitalismus ; Abhilfe durch Mitbestimmung
- jugoslawische Gesetzgeber:
"In frei vereinter Arbeit organisieren und erweitern die Werktätigen in den Unternehmen
auf der Grundlage gesellschaftlicher Mittel und Selbstverwaltung ständig Produktion, Umsatz und andere wirtschaftliche Tätigkeiten und befriedigen dabei ihr Einzel und gemeinschaftliches Interesse "
- "Delegation der Verantwortung von unten nach oben " (Gumpel) (entspr. Demokratie)
- 3. Grundprinzipien zum Aufbau des Sozialismus
(1) Der Prozeß des Absterbens des Staates kann nicht in die Zukunft verschoben
werden. Er soll sofort beginnen.
(2) Die KPJ muß sich vom Staatsapparat distanzieren, wenn sie nicht die
Wesensmerkmale einer Klassenpartei verlieren und Teil des Machtapparates werden will
(3) Das Staatseigentum muß Gesellschaftsbesitz werden und ist der Verwaltung der
unmittelbaren Produzenten, d.h. der Arbeiter zu übergeben.
=> Verknüpfung von Demokratie und Sozialismus
Übertragung des Prinzips der Arbeiterselbstverwaltung auf alle Bereiche des Staates führt zur "sozialistischen Marktwirtschaft"
3. Funktionsweise und Organisation, Struktur der Arbeiterselbstverwaltung
Funktionsweise
- Zur Verwirklichung des Kommunismus wird das Kollektiv dem Markt ausgesetzt um einen "Ü berflußan Waren zu erlangen, so daßdie Erzeugnisse des Massenverbrauchs nicht mehr ihren eigenen Wert besitzen" (vgl. Gumpel)
Voraussetzungen :
(1) Produktionsmittel und Konsumgüter müssen frei erwerbbar sein
(2) Gewinnmaximierung, d.h. der Arbeiter erhält die Möglichkeit sich ein möglichst hohes Einkommen zu sichern
(3) Existenz eines Arbeitsmarktes
(4) Gestaltung der Produktionspolitik (durch Produzenten) frei von staatlicher Bevormundung u.a.
- selbständige Aufteilung des erwirtschafteten Gewinns
- selbständige Außenwirtschaftsbeziehungen
Finanzierung:
- vor allem durch Eigenmittel der selbstverwalteten Wirtschaft und Krediten, die sich aber an Rentabilitätskriterien orientieren
- durch Ausländer (Beteiligung bis 49 % erlaubt)
Organisation & Struktur
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- "Grundorganisation der frei vereinten / assoziierten Arbeit" als Basisstruktur
- bei größerer Stärke Unterteilung in "ökonomische Einheiten"
- Zusammenschlüsse mehrere "Grundorganisationen der frei vereinten / assoziierten Arbeit" bilden Unternehmen
Rotationsprinzip :
-Wechsel des Arbeiter- und Verwaltungsratesrates alle zwei Jahre (jedes Jahr eine Hälfte)
- "Niemand kann in zwei aufeinanderfolgenden Perioden in den Arbeiterrat oder in dasselbe Vollzugsorgan gewählt werden " (Art. 102, Abs.3 der Verfassung)
Planung
"An die Stelle des allmächtigen Staates traten nun die selbständigen Unternehmen, die in einem vom Staat gesetzten Rahmen ihre Produktionspläne selbst erstellten" (Gumpel)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- "Plan" wird als Richtlinie / "informelle Prognose" und nicht als verpflichtende Auflage aufgefaßt ; ist damit variabel und kann an geänderte Bedingungen angepaßt werden
4. Probleme und Kritik :
- Bildungsmangel der Arbeiter => Hervorhebung von Managern und Technokraten
- Arbeiter sind tendentiell an Gewinnausschüttung (= mehr Lohn) interessiert, statt an Investitionen
- oktroyierte Demokratie ; nicht von den Arbeiter erkämpft sonder von oben diktiert
- Konsumbürger ; gesättigter Markt
- negative Außenhandelsbilanzen
=> hohe Inflation ; Erhöhung der Lebenshaltungskosten um 15-18 % durchschnittlich "Es ist auf längere Zeit nicht tragbar, daß wir viel mehr verbrauchen, als wir produzieren. Wir müssen
uns damit abfinden, unbedingt Verbrauch und Produktion in ein richtiges Verhältnis zueinander zu bringen " Edvard Kordelj - slow. Sozialismustheoretiker 1971
- staatlich geförderte Kartell- und Monopolbildung obwohl dezentralisiert werden sollte
- Bindung der einzelnen Industriezweige an regionale Gegebenheiten
- Förderung schwach entwickelter Gebiete als Widerspruch zur Arbeiterselbstverwaltung
- Bürokratie und Koordinierungsprobleme
- Was kann man in einer Marktwirtschaft planen ???
5. Bilanz:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fazit 1: Das Land lebte über seine Verhältnisse ; der erreichte Lebensstandard beruhte vor allem auf geliehenem Geld
Fazit 2: Es bildete sich trotz allem eine Technokratenschicht
Fazit 3: Das System trug nicht zur Einigung des Landes bei, es stärkte eher regionale Disparitäten
" ... Tito's decentralization had given it not one national economy but eight. None of the republics traded with each other."(Bondi)
Quellenangaben :
Literatur :
LIENAU , Cay : "Materalien zum HS Südosteuropa" , Münster 1997 ; GUMPEL, Werner : "Das Wirtschaftssystem" aus :GROTHUSEN, K.-D., Hrsg : "Südosteuropa-Handbuch : Jugoslawien" ; Vandenhoeck&Ruprecht ; Götingen ; HILDEBRANDT, Walter : "Die innenpolitische Abwendung vom Stalinismus nach dem Kominformkonflikt " aus :"Osteuropa-Handuch : Jugoslawien " Böhlau-Verlag 1954 ;
LIEBE, Klaus "6mal Jugoslawien, 1 mal Albanien" ; Piper&Co. Verlag, München ; EGER, Thomas : "Das regionale Entwicklungsgefälle in Jugoslawien" aus "Schriften der Gesamthochschule Paderborn, Reihe Wirtschaftswissenschaften ; Schöningh, München, 1980 ;
BÜSCHENFELD, Herbert : "Jugoslawien" ; Klett-Länderprofile ; SOERGEL, W. : "Arbeiterselbstverwaltung oder Managersozialismus", München 1979 ; Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Mannheim 1975 ; ROGGEMANN, Herwig ; "Das Modell der Arbeiterselbstverwaltung in Jugoslawien" ; europ. Verlagsgesellschaft 1970 Internet :
http://www.xs4all.nl/%7etank/radikal/balkan ("Jugoslawien nach dem zweiten Weltkrieg" ; u.a. Texte zu Jugoslawien)
http://www.stud.uni..hann ( "Bundesrepublik Jugoslawien" ; Wirtschaftsinfos) http://lgm.fri.uni-lj/tito (Titos-Homepage)
http://wsvv.clas.virginia.edu/2rsbbc/yugos ("What is going on in (Ex-) Yugoslavia, Anyway ?! "; Zeitungsartkel aus Carlotteville,
Virginia, USA vom 16.9.1991, Copyright by Richard Bondi (1991-95)
- Arbeit zitieren
- Heike; Arning Becker (Autor:in), 1997, Das jugoslawische Modell der Wirtschaftsentwicklung unter Tito -Arbeiterselbstverwaltung - sozialistische Marktwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96246