Auf den Spuren Norbert Elias in Ghana


Seminararbeit, 1998

26 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A Einleitung

B.I Biographie Norbert Elias´ bis 1962
B.II Elias´ Entscheidung nach Ghana zu gehen
B.III Die Universität von Ghana 1962
B.IV Elias an der University of Ghana
B.V Elias´ Aktivitäten außerhalb der Universität

C.I Ghana im historischen Rückblick
C.II Staatsgründer Kwame Nkrumah
C.III Die panafrikanische Bewegung
C.IV Nkrumahs Ende und die Zeiten politischer Umstürze
C.V Das heutige Ghana

D Literaturverzeichnis

E Abbildungsverzeichnis F Fußnoten

A Einleitung

Norbert Elias gilt als einer der großen Universalisten des 20. Jahrhunderts. In Elias Lebenswerk besticht seine interdisziplinäre Sichtweise, die in einer Synthese aus Soziologie, Philosophie und Psychologie in historischer Perspektive einen prozeß-analytischen Ansatz entstehen läßt, der in seiner Komplexität in der wissenschaftlichen Fachwelt seinesgleichen sucht. Dabei ergibt sich sozialer Wandel für Elias als fortlaufender Prozeß aus dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. Diese These liegt auch seinem Hauptwerk Ü ber den Prozeßder Zivilisation 1 zugrunde: Die gesellschaftliche Entwicklung, die sog. Soziogenese, und die Individualentwicklung, die sog. Psychogenese, können nicht getrennt, sondern nur im Zusammenhang untersucht werden.

Zeit seines Lebens verstand sich Elias nicht als Spezialist, sondern als Generalist, als "Menschenwissenschaftler". Er hat eine der ungewöhnlichsten Gelehrtenkarrieren dieses Jahrhunderts durchlaufen. Erst 1976, mit nahezu achtzig Jahren, gelang ihm mit Ü ber den Prozeßder Zivilisation der große wissenschaftliche Durchbruch. Damit avancierte er vom Außenseiter zu einem zentralen Theoretiker der Sozialwissenschaften.

Noch vor dieser Zeit entschied sich Elias nach seiner Lehrtätigkeit als Dozent für Soziologie an der Universität Leicester eine Gastprofessur an der Universität von Ghana bei Accra anzunehmen. In den meisten Biographien wird jedoch nichts oder nur sehr wenig über Elias Aktivitäten in Ghana und sein zweijähriges Wirken an der größten Universität des Landes berichtet. Im Rahmen eines zweimonatigen Aufenthalts in dem westafrikanischen Land nahm ich die Gelegenheit wahr, auf den Spuren Norbert Elias´ in Ghana einige Nachforschungen anzustellen. Dabei konnte ich einige interessante Details, Elias´ Leben und Werk betreffend zu Tage fördern, die in dieser Arbeit zusammengestellt sind. Ergänzend dazu habe ich im Abschnitt C dieser Arbeit versucht, für Ghana eine "Biographie einer Staatsgesellschaft" zu konstruieren, wie es Elias zum besseren Verständnis nationaler Sonderwege anregt: "Denn genau wie in der Entwicklung eines Einzelmenschen Erfahrungen früherer Zeiten in der jeweiligen Gegenwart fortwirken, so auch in der Entwicklung einer Nation."2

B.I Biographie Norbert Elias´ bis 1962

Norbert Elias wurde 1897 in Breslau als Fabrikantensohn geboren. Dort studierte er von 1918 an zunächst Medizin und Philosophie, seit 1919 dann nur noch Philosophie. Außer in Breslau studierte Elias jeweils ein Semester in Heidelberg und eines in Freiburg. Von 1922 bis 1924 übernahm Elias eine Tätigkeit in der Industrie, die ihn jedoch überhaupt nicht erfüllte. 1924 schloß er nach einigen Querelen mit seinem Lehrer Richard Hönigswald sein

Promotionsverfahren ab. Anschließend wechselte er sowohl das Fach als auch den Ort: von der Philosophie zur Soziologie und von Breslau nach Heidelberg. Von 1925 bis 1929/ 30 war Elias Habilitant bei Alfred Weber in Heidelberg und von 1930 1933 Assistent bei Karl Mannheim in Frankfurt am Main, dem damaligen geistigen Zentrum der Soziologie. Er konnte jedoch das Habilitationsverfahren nicht mehr abschließen und emigrierte 1933 aufgrund politischer Verfolgung zunächst nach Paris, 1935 dann nach England. Dort wurde er zwar freundlich aufgenommen, seine Sprachkenntnisse allerdings waren spärlich, die Chancen für Soziologen an den Universitäten der Insel kümmerlich. Im Lesesaal des Britischen Museums, wo einst schon Karl Marx durch die kritische Lektüre bürgerlicher Ökonomen die Bewegungsgesetze der kapitalistischen Wirtschaft aufzudecken versuchte, brachte Elias seinen Prozeßder Zivilisation in eine publikationsreife Form. 1940 starb sein Vater Hermann in Breslau, 1941 wurde seine Mutter Sophie von den Nazis in Auschwitz ermordet.

Für einige Jahre arbeitete Elias in verschiedenen Organisationen der Erwachsenenbildung in London. Im Alter von 57 Jahren, im Jahre 1954, erhielt Elias erstmalig ein Angebot für eine Dozentenstelle für Soziologie, und zwar an der Universität Leicester. "Ich entschied mich für Leicester, wo Neustadt saß, der aus Odessa stammte. Ich half mit, die Abteilung [für Soziologie, S.K.] in Leicester aufzubauen."3

Mit Ilya Neustadt verband Norbert Elias eine enge freundschaftliche und außerordentlich fruchtbare Zusammenarbeit an der Universität von Leicester. Die ähnlichen Erfahrungen als politische Flüchtlinge im Exil kamen hinzu. Aus dem günstigen Umfeld dieser Zusammenarbeit entsprangen heute international renommierte englische Soziologen wie Anthony Giddens und John H. Goldthorpe, die damals Assistenten bzw. Studenten der beiden Migranten waren.

Neustadt arbeitete seit 1949 in Leicester, zunächst im Department of Economics, später im Department of Sociology. Er verbrachte bereits 1957 ein Jahr als Gastprofessor in Ghana und kehrte nochmals für mehrere Monate 1960 und 62 dorthin zurück, um die Arbeit an der ersten Volkszählung4 des damals noch jungen Staates abzuschließen. Seine Begeisterung für das Leben und Arbeiten in Ghana beschrieb Neustadt mit dem Eindruck "it is ... as if the processes of social evolution described by Durkheim and Weber were being enacted under one´s eyes, but with the motionsaccelerated."5

Diese unmittelbare Veränderung und der damit verbundene gesellschaftliche Wandel waren etwas, das die meisten Anthropologen nach Neustadts Ansicht aufgrund eines zu statischen Konzepts sozialer Strukturen vergaßen. Neustadt ging so in einem nächsten Schritt vom Wandel direkt aus, um zu untersuchen, ob und wie sich soziale Institutionen und individuelle Persönlichkeiten diesem anpaßten.

B.II Elias´ Entscheidung nach Ghana zu gehen

Nachdem Elias und Neustadt im Department für Soziologie in Leicester neue inhaltliche Strukturen einführen konnten6, hätte Elias nach den Universitätsstatuten 1962, im Alter von 65 Jahren aus seinen akademischen Ämtern ausscheiden müssen. Um dies zu verhindern, stellte Neustadt einen Antrag, Elias´ Vertrag um fünf Jahre zu verlängern. Neustadt begründete sein Anliegen mit der Qualität der Lehre von Elias und mit der Bedeutung der Person für die innere Struktur des Departments. Dieser Bitte entsprach der Academic Registrar der Universität und bot Elias eine außerordentliche Stelle für die nächsten zwei Jahre an. Jedoch entschied sich Elias nach einer kurzen Bedenkzeit, das Angebot nicht wahrzunehmen: "I have decided to accept the chair in Sociology in the University of Ghana."7

Mehrere Gründe für diese Entscheidung Elias´ erscheinen plausibel. Ein Grund für die Gastprofessur in Ghana waren sicherlich die bereits oben geschilderten Erfahrungen Neustadts, die das Interesse bei Elias geweckt haben. Dessen Verbindungen in Ghana konnten Elias zudem den Einstieg erleichtern. Als Neustadt Elias die briefliche Anfrage aus Ghana zeigte, sagte er: "Das mache ich."8 In demselben Interview bekennt Elias weiter: "Viele meiner Freunde hielten mich für verrückt - schließlich war ich schon über 60. Aber ich habe eine immense Neugierde auf Unbekanntes, also ging ich nach Ghana."9

Ebenso gewichtig scheint aber auch die Aussicht gewesen zu sein, doch noch die seit Schülertagen angestrebte Position als Universitätsprofessor10 zu erreichen, die durch die besonderen Umstände seines Lebenslaufs schon in fast unerreichbare Ferne gerückt war.

Vielleicht erhoffte sich Elias auch, in Ghana mehr Zeit für seine Arbeit zu finden. In den Jahren in Leicester publizierte er wenig und fand kaum die Zeit zu schreiben, zu forschen oder seine Theorien zu verfeinern. In einem Brief an einen Freund beklagt er sich über die mangelnde Zeit in Leicester: "My trouble is that I cannot devote to my own writings as much time as I need ... that is rather a harrassing experience."11

B.III Die Universität von Ghana 1962

Bei der Ankunft von Norbert Elias 1962 hatte die 1948 als erste Universität des Landes gegründete University of the Gold Coast gerade durch einen parlamentarischen Beschluß von 1961 den Status erlangt, der ihr ermöglichte, auch eigene akademische Auszeichnungen und Ränge zu verleihen. Zudem war das Department für Soziologie zu diesem Zeitpunkt bereits auf das London External Degree 12 ausgerichtet. Die Organisationsstrukturen der Universität entsprachen ebenfalls wie heute noch dem englischen Hochschulmodell.

Die Universität von Ghana liegt etwa 13 Kilometer in nord-östlicher Richtung vom Zentrum der Hauptstadt Accra entfernt, im Bezirk Legon. Sie überrascht durch den großzügig angelegten Campus und die teilweise nach japanischem Vorbild gestalteten Gebäude. Die Balme Library vor Ort ist mit über 240.000 Büchern und 5000 internationalen Zeitschriften die wahrscheinlich bedeutendste Bibliothek im ganzen Land. Heute studieren an der Universität von Legon ca. 10.000 StudentInnen in Studiengängen fünf verschiedener Fachbereiche: Landwirtschaft, Kunst, Rechtswissenschaften, Natur- und Sozialwissenschaften, darunter ca. 2000 Haupt- und NebenfachstudentInnen in Soziologie.

Als Norbert Elias seine Arbeit an der Universität aufnahm, waren zwischen 50 und 100 StudentInnen für Soziologie immatrikuliert, wie die Professoren trugen sie zu dieser Zeit noch Talare. "Die Universität war nach dem Vorbild von Oxford und Cambridge eingerichtet ... alles viel stilvoller, als ich es aus Leicester gewohnt war."13 Elias konnte eine komplett eingerichtete Wohnung direkt auf dem Campusgelände beziehen und ihm standen ein eigener Wagen mit Chauffeur und ein Koch zur persönlichen Verfügung.

B.IV Elias an der University of Ghana

Im Department for Sociology fungierte Elias während seiner zweijährigen Lehrtätigkeit als Leiter der gesamten Abteilung. Er veranstaltete die Vorlesungen zur Einführung in die Soziologie für die StudentInnen des Grundstudiums und bot Seminare zu den Theorien von Max Weber und Georg Simmel an. Insbesondere empfahl Elias seinen StudentInnen, sich genauer mit den Werken dieser Klassiker der Soziologie auseinanderzusetzen, um der Struktur und Funktion sozialer Konflikte besser auf den Grund gehen zu können. Zu diesem Zweck verteilte er englische Übersetzungen von Büchern und Aufsätzen Webers und Simmels sowie Off-Prints seiner eigener Schriften. Diese befinden sich teilweise noch heute in der Seminarbibliothek der Soziologie.

Elias soziologische Analyse langfristiger sozialer Prozesse wie dem Figurationswandel waren jedoch zu diesem Zeitpunkt in der gesamten wissenschaftlichen Fachwelt noch relativ unbekannt und so stellten seine Vorstellungen soziologischer Theorie und Erkenntnis auch an der Universität von Ghana etwa gänzlich neues und unbekanntes dar. Für die StudentInnen und auch die akademischen Lehrkräfte bedeutete dies eine beachtlichen Arbeitsaufwand, um sich das nötige Wissen für das Verständnis Elias´ universalistischer soziologischer Konzeptionen anzueignen.

Dies war gerade in Ghana um so dringender nötig, da sonst Elias Zivilisationstheorie leicht auch als eine zielgerichtete unilineare Entwicklung fehlinterpretiert werden könnten. Diese Vorstellung einer Entwicklung zum "besseren Menschsein" vom Typus früherer Evolutionstheorien zeichnet ein Zerrbild vergangener und fremder Kulturen, das zur ideologischen Rechtfertigung des Kolonialismus verwendet werden konnte.14 Auch und gerade während Elias Aufenthalt an der Universität von Ghana, der in die antikolonialistische Aufbruchsphase desjungen Staates fiel, wurde dieser Punkt immer wieder sehr kontrovers diskutiert. Gerade wenn die eigene Epoche für "zivilisierter" gehalten wird als vergangene Zeiten oder den westlichen Gesellschaften ein höheres Niveau an Affektkontrolle zugeschrieben wird als den Entwicklungsländern, dann können diese Vergleiche leicht als Werturteile interpretiert werden.

Das Dilemma mit dem Begriff der Zivilisation charakterisierte Elias folgendermaßen: "Ich konnte nach ideologisch weniger belastenden Begriffen für langfristige Veränderungen der Verhaltensstandarde Umschau halten oder aber versuchen, den Zivilisationsbegriff von seinen ideologischen Belastungen loszulösen und mit Hilfe von sachdienlichen Belegen in einen ideologisch neutralen Begriff zu verwandeln."15 Elias entschloß sich für die letztere Alternative, da er keinen geeigneteren Schlüsselbegriff für seine Überlegungen finden konnte.

Er entwickelte den Zivilisationsbegriff im engsten Zusammenhang mit reichlichen empirischen Belegen zu einem ideologisch nicht verfänglichen neutralen Sachbegriff und zugleich als Schlüsselbegriff einer Theorie zivilisatorischer Prozesse weiter. "Es entsprach dieser Absicht, daß ich das erste Kapitel meines Buches [Über den Prozeß der Zivilisation, S.K.] im wesentlichen der älteren, vornehmlich ideologischen Entwicklung der beiden Begriffe "Kultur" und "Zivilisation" widmete."16

Dem Vorwurf des Ethnozentrismus und dem oft unterstellten teleologischen Charakter seines Zivilisationsprozesses begegnete Elias in späteren Schriften, indem er nicht mehr von "höheren", sondern neutraler von "anderen" Zivilisationsgraden sprach. Dies ist keineswegs als Sprachkosmetik mißzuverstehen. Dahinter verbirgt sich eine differenziertere Betrachtung des Zivilisationsprozesses, mit der Elias weiteren Mißverständnissen und Kritiken vorbeugte, insbesondere der Kritik am Zivilisationsprozeß selbst.

Auch im sechsten Kapitel von "Was ist Soziologie?" mit der bezeichnenden Überschrift "Das Problem der Notwendigkeit gesellschaftlicher Entwicklungen"17 diskutiert Elias die für ihn problematische Grundannahme vieler Gesellschaftstheorien, daß gesellschaftliche Entwicklung und die Zivilisation zwangsläufig eine bestimmte Richtung nehmen müßten, auf Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zurückgeführt werden könnte und eine bestimmte Prognose bezüglich der weiteren Entwicklung nahelegten. In Abgrenzung hiervon versteht Elias gesellschaftliche Entwicklung als "Figurationsstrom", der eine ungeplante und nicht vorhersehbare Richtung nimmt.

Die in einer Figuration miteinander verflochtenen Individuen bringen zwar soziale Entwicklungen in Gang, durchschauen diese aber nicht immer und können diese auch nicht kontrollieren, der Gang der Ereignisse entgleitet ihnen.

Leider konnten die zwei Jahre, die Elias an der Universität von Ghana verbrachte nicht ausreichen, um einen entscheidenden Einfluß auf das Department für Soziologie zu nehmen. Nichtsdestotrotz bedauerten die Lehrkräfte und Studenten der Soziologie Elias´ Rückkehr an die Universität von Leicester nach dem Ende seiner befristeten Professur sehr. Elias, der sich als großer Musikliebhaber damals kein Konzert entgehen ließ, wurde aufgrund seines breiten Wissensspektrum und seiner tiefgehenden Kompetenz auf vielen verschiedenen Fachgebieten sehr geschätzt. Oft wurde Elias von Studenten zu Besuch mit nach Hause genommen. "Dort mußte ich lernen, wie formalisiert und ritualisiert das ghanaische Leben ist: der Student stellte sich hinter dem Stuhl seines Vaters auf und verhielt sich ihm gegenüber fast wie ein

Diener."18 Elias schien ständig zu beobachten und war an allen noch so kleinen Details, die ihn umgaben, interessiert. Unablässig sammelte er zu dieser Zeit Artikel aus ghanaischen und englischen Zeitungen und Zeitschriften. Die noch nicht sehr große Publikationstätigkeit in dieser Phase ging keineswegs auf mangelnde schriftstellerische Tätigkeit zurück. Elias arbeitete immer an einem oder mehreren Projekten zugleich und war stets begierig darauf, sie mit anderen zu diskutieren.

Bei einem offiziellen Essen nach europäischen Tischsitten, bei dem das zu den verschiedenen Gängen gehörende Besteck und Geschirr schon auf der Tafel angerichtet war, wurde Elias von Dr. Mends den übrigen Gästen vorgestellt. Mit dem Zusatz jedoch, daß man vorsichtig sein solle, da dieser Mann sich eingehend mit den Manieren bei Tisch und deren Kultivierung beschäftigt habe. Elias mußte herzlich lachen und beklagte sich anschließend bei Mends, daß er ihm jetzt alles verdorben habe.

B.V Elias´ Aktivitäten außerhalb der Universität

Das Ghana, das Norbert Elias zu Beginn der 60er Jahre vorgefunden hat, war sehr stark von politischen, wirtschaftlichen und damit auch sozialen Veränderungen geprägt. Entscheidend waren hier die Einflüsse, die von der Person des ghanaischen Sozialisten und bedeutenden Panafrikanisten Dr. Kwame Nkrumah ausgegangen sind. Er führte Ghana 1957 als erste ehemalige Kolonie Schwarzafrikas in die Unabhängigkeit und baute Schritt für Schritt einen Staatsapparat nach sozialistischem Muster auf. Dabei übernahm seine Convention People ´ s Party (CPP) sämtliche Schlüsselpositionen in allen politischen und wirtschaftlichen Bereichen. Mit einer straffen Planwirtschaft sollten die großen Lücken in der Entwicklung der Wirtschaft und die Defizite in den Bereichen Bildung und Gesundheit in wenigen Jahren überbrückt werden. Um diese Ziele ungehindert realisieren zu können, beschnitt Nkrumah die Rechte und den Einfluß der wenigen Oppositionsparteien und schränkte die lokale Macht der traditionellen Chiefs erheblich ein.

Die Verdrängung ehemals etablierter Machthaber auf so breiter Ebene durch neue politische Kräfte und die daraus resultierenden sozialen Auswirkungen, müssen Elias sehr interessiert haben. In diesem Zusammenhang unternahm er unzählige Reisen in die alten Städte des Landes wie beispielsweise Cape Coast, Elmina oder Kumasi. Dort interessierte er sich für die alten Eliten, verkörpert durch traditionelle Königsfamilien19, die CPP-Funktionäre als neue Machthaber und das Verhältnis zwischen den beiden Positionen.

Bei diesen Untersuchungen traditioneller elitärer Familien und deren sozialer Akzeptanz betrieb Elias viel Feldforschung mit seinen StudentInnen. Vor allem auch bei Reisen übers Land versuchte Elias mit seinen StudentInnen in den kleinen Dörfern die Machtverteilung und typische Etablierte- und Außenseiter-Konstellationen aufzudecken.20 Hier konnte er den sozialen Wandel im Zeitraffer studieren, wie dies Ilya Neustadt bereits vorher treffend charakterisiert hatte.

Wie Elias später schreibt, sind Machtbalance und Figurationswandel Prozesse, die eng miteinander verschmolzen sind - soziale und politische Probleme entstehen sowohl durch eine Veränderung der Machtbalance wie durch eine Verhinderung einer solchen Veränderung.21 So gehören Spannungen und Konflikte ganz allgemein zur Eigendynamik von Figurationen und sind eben nicht ein Merkmal bestimmter Personen oder Personengruppen. Die Komplexität menschlicher Figurationen kommt in einem ständigen Auf und Ab an Gruppenspannungen, Machtproben, Konflikten und Interdependenzen zum Ausdruck.

Figurationen von Etablierten und Außenseitern charakterisieren nach Elias zahlreiche Beziehungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen, seien es etwa Adlige versus Bürgerliche oder später Kapitalisten versus Arbeiter, Reiche versus Arme, Weiße gegenüber Schwarzen, Christen gegenüber Juden, Männer gegenüber Frauen, Alte gegenüber Jungen und umgekehrt oder in einem größeren Maßstab die Industrieländer gegenüber den Schwellen- und Entwicklungsländern.22 "Man kann Varianten derselben Grundfiguration, Zusammenstöße zwischen Gruppen von Neuankömmlingen, Zuwanderern, Ausländern und Gruppen von Alteingesessenen überall auf der Welt entdecken."23 In den Städten und Dörfern in Ghana konnte Elias die Figurationen von Etablierten und Außenseitern im kleineren, innergesellschaftlichen Maßstab24 untersuchen, auf die gleichzeitig noch immense politische Umwälzungen einwirken mußten.

Sowohl in der Mikrosoziologie kleiner Gruppen als auch in der Makrosoziologie ganzer Gesellschaften gibt es - wie gesehen - eine Fülle von Anwendungsfeldern, wo das Modell der Figuration von Etablierten und Außenseitern adäquatere Erklärungen erlaubt, als traditionelle Ansätze. Die Kernaussage des Modells von Elias und Scotson, daß Verhaltensunterschiede Machtdifferentiale zwischen sozialen Gruppen begründen können, läßt sich generell auf ein Schlüsselthema sozialwissenschaftlicher Forschung anwenden: die Analyse sozialer

Ungleichheit. Wie insbesondere der französische Soziologe Pierre Bourdieu in seinen Studien mit dem aussagekräftigen Titel Die feinen Unterschiede 25 für die soziale Hierarchie der westlichen Gegenwartsgesellschaften gezeigt hat, grenzen sich die etablierten Angehörigen der oberen Sozialschichten gegen die Außenseiter aus den niedrigeren Schichten, die ihre Standards hinsichtlich der Verhaltensregulation nicht erfüllen, im wesentlichen mit den gleichen Mitteln ab, die Elias und Scotson in ihrer Gemeindestudie aufgezeigt haben.

In den Dörfern und Städten von Ghana sah Elias auch zum ersten Mal, was es bedeutet, wenn kein elektrisches Licht vorhanden ist, "statt dessen gab es Hunderte von kleinen Flammen aus Lämpchen, die jeder bei sichtrug."26 Bei der Schilderung seiner Erfahrungen und Erlebnisse vor allem in den Dörfern schlug Elias oft einen bewundernden und romantisierenden Ton über das "einfache" Leben ihrer Bewohner an. Elias wehrte sich entschieden gegen den Gebrauch des Wortes "primitiv", um die ghanaische oder allgemein afrikanische Kulturen zu charakterisieren und bestand auf "einfacher", im Sinne von "weniger differenziert".

Elias begann in Ghana auch, sich für afrikanische Kunst zu interessieren. Im Laufe der Zeit lernte er zu unterscheiden, was ein gutes und echtes Stück ist und trug so eine beachtliche Sammlung zusammen. Vom 24. April bis zum 17. Juni 1970 gab es eine Ausstellung im City of Leicester Museum and Art Gallery, die eine Auswahl afrikanischer Kunst aus Elias´ Sammlung präsentierte.27 Elias hatte eine große Affinität zur zeitgenössischen europäischen Malerei und Bildhauerei, die sich noch vertiefte, als er die afrikanische Kunst für sich entdeckte. Die Kunst dieser Epoche spricht die Emotionen viel stärker und direkter an als die traditionelle Kunst des 19. Jahrhunderts oder die der Renaissance. "Und dies paßt sehr gut zu meiner ganzen Theorie von Zivilisationsprozessen; denn in der Renaissance fand ein enormer Zivilisationsschub statt, der sich nicht zuletzt in dem Versuch äußerte, Gemälde und Skulpturen so realistisch wie möglich zu machen."28

Im 20. Jahrhundert kam es für Elias dann zu einer Reaktion dagegen: In der nicht- naturalistischen Kunst sei auf einer neuen Ebene ein höheres Maß an Affektausdruck erlaubt, sie sei vielmehr traumähnlich. Auf die Beziehungen zwischen afrikanischer Kunst und der Kunstentwicklung in Europa anspielend29, bemerkt Elias in diesem Zusammenhang: "Afrikanische Skulpturen haben dieselbe Qualität. Da gibt es angsterregende Masken und freundliche Masken, aber sie alle sprechen stärker das Unbewußtean."30 So konnte Elias unter diesem Eindruck, stärkerer und unmittelbarer Emotionen vieles erleben, wovon die Erfahrung in entwickelteren Gesellschaften seiner Meinung nach farblos geworden ist.

Beispielsweise stellen magische Handlungen wie ein rituelles Tieropfer eine Erfahrung dar, die zivilisierte Menschen, auf unserer Zivilisationsstufe, nicht mehr reproduzieren können.

In diesem Zusammenhang stehen auch Überlegungen, die Elias zu den psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds angestellt hat. Er war immer der Ansicht, daß die Theorie der innerhalb der Psychoanalyse aufgezeigten Persönlichkeitsstrukturen aus dem Es, dem Ich und Ü ber-Ich und deren Konstitution weiterentwickelt werden müßte: "Ich dachte mir, daß die Ü ber-Ich -Bildung, und auch die Ich -Bildung, in einfacheren Gesellschaften von der unseren verschieden sei, und diese Erwartung wurde in Ghana vollauf bestätigt."31 Um sich selbst zu zügeln, genügt es nicht, daß sich ein Individuum auf die eigene innere Stimme verläßt. Ohne sich selbst von früh an einen Selbstzwang aufzuerlegen, könnten Menschen also nicht überleben. Dafür sei allerdings die Vorstellung nötig, daß es Wesen außerhalb ihrer gibt, die sie zwingen können, dies oder jenes zu tun. Diese außerhalb stehenden Instanzen würden in einfacheren Gesellschaften durch die zahlreichen lokalen und häuslichen Götter sowie spezielle Gegenstände repräsentiert, die als Fetische fungieren. "Man sieht es überall, wenn man in ein solches Land geht. Jemand findet am Strand eine seltsam geformte Muschel; die nimmt er dann mit sich, und sie wird sein persönlicher Fetisch, den er um Hilfe bitten kann."32

Für Elias leben die Menschen auf dieser Stufe gesellschaftlicher Entwicklung in einer sehr großen Unsicherheit. Sie sind viel größeren Gefahren ausgesetzt als Mitglieder von entwickelteren Gesellschaften, etwa Gefahren der Krankheit. "Das Unerwartete kann sie weit mehr überfallen als uns, und darum benötigen sie einen Schutz, den ihnen nur die Götter oder Geister zu bieten vermögen."33 So kann ein einzelnes Dorf fünfzig verschiedene Götter kennen und zudem nochmals jeder einzelne Haushalt seine ganz privaten Götter um Hilfe anrufen.

Übertragen auf die Persönlichkeitsstruktur nach Freud sieht Elias hier einen anderen Aufbau des Ü ber-Ich, da alle diese Götter und Fetische als Repräsentanten des Ü ber-Ich stehen. Sie üben die Funktion des moralischen Gewissens, der Ideale und der Selbstbeobachtung aus. Das Ü ber-Ich spielt somit gegenüber dem Ich die Rolle des "Richters" oder "Zensors", also eine Art Kontrollinstanz. Verstöße gegen die von ihm auferlegten Forderungen bewirken Angstgefühle.

Insoweit sich in diesen Forderungen allgemeinere gesellschaftliche Normen und Werte niederschlagen, kann das Ü ber-Ich auch als Träger der soziokulturellen Traditionen der Gesellschaft betrachtet werden.

Damit zusammenhängend stellt Elias auch bei den beiden anderen Instanzen des psychischen Apparates der Menschen, dem Ich und dem Es, entscheidende Unterschiede fest. Das Es repräsentiert den Naturaspekt des Menschen, der nicht in den Formungen seiner gesellschaftlichen Bearbeitung aufgeht. Aus dem Es wirkt die Dynamik der Triebe, dabei chaotisch dem Lustprinzip folgend. Dem gegenüber steht das Realitätsprinzip des Ich. Das Ich vermittelt zwischen den Triebbedürfnissen des Es, den Ü ber - Ich -Forderungen und den

Notwendigkeiten der Realität. Es und Ich sind Verbündete und Kontrahenten zugleich. Einerseits dient das Ich dem Es als Vermittlungsinstanz zur Realität hin, andererseits schützt sich das Ich im Interesse seiner Realitätsangepaßtheit und im Sinne des Ü ber - Ichs vor chaotischen Impulsen aus dem Es. Bei dieser "Balance" zwischen Es und Ich waren für Elias in Ghana "die Grenzen zwischen Phantasie und Wirklichkeit noch nicht so scharf und fest wie bei uns."34 Er begründet dies damit, daß die Ich -Struktur der Menschen noch sehr viel durchlässiger sei für Es -Impulse. Dies erinnert zunächst an eine kindliche Entwicklungsstufe der Persönlichkeitsstruktur, was aber für Elias zu kurz greift:

"Es gibt gegenüber einer solchen Erfahrung zwei Einstellungen, die ich beide für falsch halte. Die erste ist - die übliche kolonialistische Einstellung: daß wir rationaler sind, fortgeschrittener, und daß sie einfach irrationaler sind, kindlicher. Wir sind, mit einem Wort einfach besser. Die zweite, ebenso falsche Einstellung betont, wieviel besser es ist, wenn man seinen Gefühlen und Affekten freien Lauf lassen kann. Es ist in der Tat farbiger und leicht zu romantisieren."35

Von beiden dieser einengenden Sichtweisen unterscheidet sich Elias Einstellung, die auf den dargelegten Beobachtungen zur Persönlichkeitsstruktur der breiten Masse der Ghanaer basiert.

"Ich sehe ganz klar, daß unsere Lebensweise nur möglich ist, weil unsere physische Sicherheit unvergleichlich viel größer ist als die ihre. Wenn wir in einer ähnlichen Unsicherheit lebten, würden wir ebenfalls die Hilfe unsichtbarer Mächte suchen. Denn Menschen können nicht überleben, wenn sie immerzu, in jedem Moment Gefahren ausgesetzt sind, die sie nicht zu kontrollieren vermögen."36

Insgesamt beschreibt Norbert Elias seine Eindrücke, die er während seiner zwei Jahre in Ghana sammeln konnte, als großartiges Erlebnis. Wie er selbst bekundet, gewann er dort eine tiefe Zuneigung zur afrikanischen Kultur. Im Zusammenhang mit seiner Theorie der Zivilisationsprozesse stellten die geschilderten starken und unmittelbaren Emotionen bei den Menschen eine unverzichtbare Erfahrung für ihn dar.

Damit möchte ich diesen Teil der persönlichen Erfahrungen und Beobachtungen Norbert Elias in Ghana in den Jahren 1962 bis 64 abschließen und zum zweiten Abschnitt dieser Arbeit kommen, in dem ich versuchen werde, eine Art Biographie Ghanas als Staat zu skizzieren. Dabei sollen neben einem historischen Abriß und einer Beschreibung der heutigen politischen Verhältnisse noch einmal zentrale Thesen Norbert Elias´ im Vordergrund stehen.

Auch eine nicht allzu detailreiche Charakteristik bzw. Biographie des heutigen Ghana im Sinne Norbert Elias würde bei weitem den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Sollen zudem die vielfältigen Auswirkungen eingehend berücksichtigt werden, die sich aus Elias theoretischen Überlegungen zu Figurationswandel, Wir-Ich-Balance und Zusammenwirken von Soziogenese und Psychogenese ergeben, muß ungleich mehr Raum und Zeit veranschlagt werden.

In einem noch weitreichenderen Maßstab könnten Elias prozeßorientierte Ansätze meiner Meinung nach einen überaus fruchtbaren Impuls auf die Soziologie der Entwicklungsländer bzw. die Entwicklungssoziologie ausüben. In Bezug auf "das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großenTheorie"37 in der Entwicklungspolitik der neuen Unübersichtlichkeit in den 90er Jahren erscheint eine der zunehmenden Differenzierung innerhalb der "ehemaligen" Dritten Welt Rechnung tragende Analyse nach Eliaschem Muster als sehr empfehlenswert. Dabei könnten unter anderem seine Gedanken zur Zeit als gesellschaftliches Konstrukt bzw. Symbol ein geeignetes Analyseraster zur Erklärung von Entwicklungsunterschieden liefern. In "Über dieZeit"38 untersucht Elias die langfristige Entwicklung des Orientierungssymbols der Zeit vom diskontinuierlichen Zeitmessen und Zeitempfinden der Menschen in einfacheren Gesellschaften mit einem niedrigeren Grad der Staatsbildung und sozioökonomischer Funktionsteilung zu dem immer gleichmäßigeren, feingegliederten Zeitraster von Stunden, Minuten und Sekunden in modernen Industriegesellschaften.

Das Zusammenspiel von Soziogense und Psychogenese wie Elias es beschrieben hat, erscheint in Perspektive auf die Gesellschaften und Staaten der meisten Entwicklungsländer, die entscheidend durch ihre (neo)koloniale Abhängigkeit geprägt waren und sind, als äußerst interessant. Der koloniale Staat in Afrika und Asien war in den meisten Fällen ein künstlicher Staat. Kaum ein koloniales Territorium stimmte mit den historisch gewachsenen Einheiten überein: Hier ist es "zu klein" für ein bestehendes Volk und zerschneidet es, dort ist es "zu groß" und sperrt verschiedene, oft sehr unterschiedliche Volksgruppen zusammen. Die Unabhängigkeit änderte an diesen Grundmustern nur wenig. "Unabhängigkeit bedeutete nicht, daß eine Nation sich einen Staat gab, sondern daß der Staat versuchte, sich eine Nation zu schaffen."39

C.I Ghana im historischen Rückblick

Es ist unmöglich, die Geschichte des heutigen Ghana zu charakterisieren, ohne zeitlich und geographisch einen etwas größeren Rahmen zu wählen, denn auch das Gebiet um das heutige Ghana herum muß in die geschichtliche Betrachtung miteinbezogen werden. In ganz Afrika waren Grenzen in der Form, wie sie heute existieren, unbekannt. Wenn also von einem bestimmten Land gesprochen wird, ist damit das ganze Siedlungsgebiet, in dem das Volk damals lebte, gemeint. Hinlänglich bekannt ist auch, daß die bestehenden nationalstaatlichen Grenzen in Afrika ohne Rücksicht auf die ethnischen Zusammenhänge willkürlich gezogen wurden.40 Der Name Ghana leitet sich vom alten Königreich Gana ab, das im ersten nachchristlichen Jahrtausend in der Region des heutigen Republiken Mauretanien, Senegal und Mali lag. Das alte Gana gelang zu sagenumwobenem Reichtum und Macht, da es den Goldhandel auf den wichtigsten Handelsrouten zwischen den Oasenvölkern der Sahara und den Bewohnern der Waldgebiete des Südens kontrollierte. Zudem lag auch der Handel mit Salz, Kupfer und Elfenbein in den Händen des Reiches. Die Ankunft der Europäer im 15. Jahrhundert verschob die alten Handelsstrukturen, der Großteil der wirtschaftlichen Aktivitäten konzentrierte sich fortan auf die westafrikanische Küstenlinie. Zunächst war es der lukrative Handel mit Gold aus dem Inneren des Landes, der die Portugiesen als erste dazu veranlaßte, 1482 einen mächtigen Stützpunkt zu errichten. Ihrem Fort bei Elmina ("die Mine") folgte über die Jahrhunderte eine große Anzahl weiterer Festungsbauten der anderen europäischer Mächte. Mit der Entdeckung Amerikas 1492 und der darauf folgenden raschen Entwicklung der dortigen Tabak-, Baumwoll- und Zuckerindustrie entstand jedoch ein großer Bedarf an billigen Arbeitskräften: Der Handel mit Menschen an der "Goldküste" wurde lukrativer als der Handel mit Gold und anderen Bodenschätzen. Ab 1505 begannen die Sklaventransporte über die Stützpunkte der konkurrierenden Kolonialmächte nach Nord-, Mittel- und Südamerika und die Karibik. Sie sollten das Schicksal Afrikas für mehr als drei Jahrhunderte grundlegend bestimmen.41

Mit der Proklamation der Gold Coast zur britischen Kronkolonie am 24. Juli 1874 begannen sich die politischen Grenzlinien des heutigen Ghana abzuzeichnen. Zunächst umfaßte die Kolonie nur den Küstenstreifen, der vom Arkan-Volk der Fanti besiedelt war. Mit ihnen standen neben den Engländern auch die anderen europäischen Mächte seit langem in regen Handelsbeziehungen. Der Handel der Fanti bestand hauptsächlich darin, gefangene Sklaven von den Aschanti im Landesinneren aufzukaufen und sie dann an die Europäer weiterzuleiten. Die Aschanti selbst, auch ein Arkan- Volk, die bis 1700 ein geschichtsloses Bauernvolk gewesen waren, hatten in Sklavenjagd und Sklavenhandel ein sehr einträgliches Geschäft entdeckt und sich auf diese neue Tätigkeit eingestellt. Nach einigen kriegerischen Auseinandersetzungen wurde das Aschantiland 1902 von den Engländern annektiert, um ebenso wie das im Norden gelegene englische Protektorat der Kronkolonie Goldküste angegliedert zu werden.

Das Gebiet umfaßte nun drei Zonen: die ursprüngliche Goldküste, das dahinter gelegene Siedlungsgebiet der Aschanti und das Protektorat der Nordterritorien. Alle drei Sektoren wurden vom gleichen Gouverneur mit Residenz in Accra verwaltet. Die so dreigeteilte Goldküste galt fortan als eine Musterkolonie im Britischen Empire. Sie lieferte ein Drittel der gesamten Weltproduktion von Kakao, was ihr trotz des Kolonialsystems ein gewisses Maß an Wohlstand sicherte. Doch schon damals mehrten sich in Teilen der Bevölkerung Zeichen der Unzufriedenheit mit dem kolonialen Abhängigkeitsstatus der Goldküste. Es entstand eine Reihe von Organisationen, die sich ernsthaft mit dem Kampf für die Unabhängigkeit des Landes befaßten.

Bereits 1868 wurde die Fanty Confederacy von gebildeten Königen der Fanti- Küstenvölker gegründet, um das Selbstbestimmungsrecht ihrer Völker gegenüber Britannien zu betonen. Zwar fruchtete ihre Arbeit wenig, jedoch war zum ersten Mal organisierter Protest zu vernehmen. 1897 formierte sich die Aborigines Rights Protection Society, die ebenfalls britische Ansprüche auf ihr Land zurückwies. Doch auch dieser halboffiziellen Organisation fehlte eine breite gesellschaftliche Basis, um durch ihre Proteste die Engländer unter Druck setzen zu können. Ziel dieser frühen Gruppierungen war die sofortige und vollständige Unabhängigkeit.

Erst die 1947 gegründete United Gold Coast Convention konnte die vorhandene Opposition im Lande bündeln und dadurch effektiver machen. Die UGCC war eine Sammelbewegung von liberalen Intellektuellen, reichen Kaufleuten und einigen Chiefs, wie die Landes-Könige von den Briten bezeichnet wurden. Sie hatten zwar einen gewissen Erfolg, waren aber nur an einem schrittweisen Prozeß zur Unabhängigkeit interessiert, den sie mit dem Slogan

"Independence in the shortest possible time" umschrieben. Grundlegende Veränderungen waren mit diesem gemäßigten nationalliberalen Programm nicht zu erreichen. Hinzu kam, daß die UGCC eine elitäre Partei ohne ausreichenden Rückhalt im Volk war. Dies änderte sich jedoch schlagartig als die Führer der Bewegung Dr. Kwame Nkrumah aus London holten und ihn zum Generalsekretär der Partei machten.

C.II Staatsgründer Kwame Nkrumah

Der am 21. September 1909 im Südwesten Ghanas geborene Nkrumah konnte durch glückliche Umstände seit 1935 an den amerikanischen Universitäten von Lincoln und Pennsylvania studieren. Während seines Aufenthalts in den USA begegnete er prominenten Kämpfern für die Freiheit der afrikanischen Völker inner- und außerhalb Afrikas, Persönlichkeiten wie W. E. B. du Bois, Marcus Garvey, Eric Williams und anderen. Nachdem Nkrumah in politischer Wis-senschaft promoviert hatte, ging er 1945 nach London, um dort mit anderen afrikanischen Intellektuellen den Pan African Congress ins Leben zu rufen. In Ghana organisierte Nkrumah mit der UGCC Boykotte europäischer Handelsgüter. Nach zwei Jahren verließ Nkrumah aufgrund strategischer Differenzen die UGCC und gründete seine eigene Partei, die Convention People ´ s Party (CCP). Mit der Devise "Independence NOW" entfachte er eine beispiellose Agitationskampagne, mit der es ihm gelang, die Unterstützung der Arbeiter zu gewinnen und die Massen zu mobilisieren. Über die organisierten Boykotte, Streiks und Massenkundgebungen, auf denen Nkrumah als mitreißender Redner zu überzeugen wußte, zog der Wille nach Unabhängigkeit in der Öffentlichkeit immer größere Kreise. Unter diesem Eindruck sah sich die britische Regierung gezwungen, eine neue Verfassung in Kraft treten zu lassen. Der Weg zu einer ersten allgemeinen Wahl wurde so geebnet. Die CPP errang 34 der 37 Sitze und Nkrumah wurde als Premierminister mit der Regierungsbildung betraut. 1954 verabschiedete das Parlament eine neue Verfassung, welche die direkte Wahl aller Abgeordneten und das Ausscheiden der Europäer aus der Regierung vorsah. Diese Verfassung wurde von London anerkannt und in Kraft gesetzt.Wieder erreichte die CPP die parlamentarische Mehrheit und verlangte die totale Unabhängigkeit, die von Großbritannien gewährt und am 6. März 1957 verkündet wurde. Bei dieser Gelegenheit taufte Nkrumah die Goldküste um. Um dem neuen Staat Ghana das Prestige des versunkenen Reiches zu verleihen, wurde die sehr umstrittene

These verkündet, daß einstmals Erben des alten Gana aus dem Inneren des Kontinents an die Küste ausgewandert seien. Eine neue und in einem Referendum gebilligte Verfassung machte Ghana am 1. Juli 1960 zur Republik, und der mit einer starken Mehrheit wiedergewählte Kwame Nkrumah wurde ihr Präsident und stand als solcher der Exekutive vor. Wieder übernahm Ghana eine Modellfunktion als Glanzlicht im antikolonialistischen Aufbruch als erstes schwarzafrikanisches Land, das die Unabhängigkeit erreichte.

C.III Die panafrikanische Bewegung

Ghana ging mit viel Hoffnung und guten wirtschaftlichen Voraussetzungen in die Unabhängigkeit. Dank guter Weltmarktpreise für Kakao, Gold und Diamanten war Ghana am Vortag der Unabhängigkeit die reichste Kolonie Afrikas, mit einer intakten Wirtschaft und beträchtlichen Devisenreserven. Eine hervorragende Ausgangsposition für eine vielversprechende Zukunft. Politisch setzte Kwame Nkrumah auf die Afrika-Karte. Getreu seiner Überzeugung, daß Afrikas Wohl in seiner Einigkeit liege, ließ er nichts unversucht, diesen Prozeß zur Einigkeit voranzutreiben.42

Grundsätzlich betrachtete Nkrumah Ghanas Freiheit als Fanal einer panafrikanischen Revolution, die zur Befreiung aller Kolonien führen sollte. Er unterstützte finanziell und politisch fast alle Befreiungs- und Unabhängigkeitsbewegungen auf dem Kontinent. Dieser Weg bedeutete einen klaren Konfrontationskurs zur Politik der westlichen Mächte, die kein Interesse an einem nach dem Modell der Vereinigten Staaten von Amerika organisierten vereinigten Afrika hatten. Nkrumah bezeichnete die Westmächte als imperialistisch und näherte sich im gleichen Maße der Sowjet Union und den anderen sozialistischen Ländern an. Der Panafrikanismus wurde zur bestimmenden Komponente der ghanaischen Außenpolitik. Nkrumah konnte in seinem Buch Africa must unite wirtschaftlich recht plausibel begründen, daß eine wirtschaftliche Gesundung und Entwicklung Afrikas nur auf der Basis gesamtafrikanischer Planung möglich sein könnte.43

Jedoch trat zum Anspruch Nkrumahs "dem ganzen Afrika nicht nur ein ghanaisches Modell rascher Entkolonisierung und politisch-ökonomischer Mobilisierung vor Augen zu führen, sondern auch vom Zentrum Ghana her die ,Vereinigten Staaten von Afrika’ zu schaffen ... die Realität eines eng begrenzten Aktionsfeldes für den ... Kleinstaat Ghana"44 entgegen.

Die relativ günstige finanzielle und wirtschaftliche Ausgangsbasis Ghanas war nach einigen Jahren Unterstützung für revolutionäre politische Unabhängigkeitsbewegungen im Ausland rasch aufgebraucht. Auch die enormen Kraftakte Nkrumahs Politik zur Überwindung der Entwicklungslücken im Inneren Ghanas belasteten das panafrikanische Solidaritätsgefühl großer Teile der Bevölkerung. Die Staatsfinanzen waren aufgebraucht, die Kredite ausländischer Banken belasteten den Haushalt schwer. Die Preise stiegen, die Inflation zerrte am Lebensstandard, allgemeine Unzufriedenheit machte sich breit, die neuen Oppositionsbewegungen Auftrieb gab. In der allgemeinen Konfusion geriet die Entwicklung Ghanas ins Stocken.

C.IV Nkrumahs Ende und die Zeiten politischer Umstürze

Das politische Ende Kwame Nkrumahs kam 1966, als er während eines Aufenthaltes in Peking durch eine Militärputsch abgesetzt wurde. Am 24. Februar 1966 putschte zum ersten Mal in der Geschichte Ghanas eine Gruppe von Offizieren. Die panafrikanischen Bestrebungen, die rasche Industrialisierung, der Kampf gegen die Opposition im Inneren und seine Alleinherrschaft brachten Nkrumah Probleme und viele Feinde. Unter diesen Umständen fand der Staatsstreich Zustimmung in allen Bevölkerungsschichten. Die restlichen Jahre seines Lebens mußte Nkrumah im Exil in Guinea verbringen, bis er 1972 im Alter von 63 Jahren in Bukarest an Krebs verstarb.

In Anerkennung seines Wirkens entschied sich die heutige Regierung Ghanas Anfang der 90er Jahre, ein Mausoleum für den ersten Präsidenten Ghanas zu errichten. Am 1. Juli 1992 wurde Kwame Nkrumah als Held der Nation in Accra mit allen Ehren an dem Ort begraben, von dem aus er die Unabhängigkeitsproklamation verkündet hatte. Das Kwame Nkrumah Mausoleum zählt heute zu den wichtigsten Anziehungspunkten für Besucher aus der ganzen Welt, vor allem für Afro-Amerikaner.

"In Afrika wird Nkrumah wegen seiner unmißverständlichen und radikalen Opposition gegen Fremdbestimmung und seines starken Plädoyers für eine politische Einheit Afrikas geschätzt. Aus heutiger Sicht - einer Zeit, in der Afrika viele Konfliktherde aufweist - bleiben die Weitsicht und grundsätzliche Richtigkeit seiner Analysen bewundernswert."45

Zwischen den Jahren 1966 und 1981 wurde Ghana von einer schwierigen Phase politischer Instabilität geprägt. Ständige zum Teil erfolgreiche Putschversuche bescherte der ghanaischen Bevölkerung ein Wechselbad von Zivil- und Militärherrschaften. Im bis heute letzten Militärputsch vom 31.12.1983 kam eine Clique um den Fliegerleutnant Jerry John Rawlings an die Macht. Als Staatschef rief Rawlings das Provisional National Defensce Council

(PNDC) ins Leben, ernannte ein Kabinett von zivilen Technokraten, setzte die Verfassung der

Dritten Republik (1979-1981) außer Kraft, löste die Nationalversammlung auf und verbot die Tätigkeit von politischen Parteien. Gleichzeitig ließ Rawlings drakonische Säuberungen durchführen, denen hunderte politische und militärische Rivalen zum Opfer fielen.

C.V Das heutige Ghana

John Jerry Rawlings Erscheinen auf der politischen Bühne markiert einen dramatischen Umschwung in der Wirtschaftspolitik des potentiell reichen Landes. Nach Jahren der Mißwirtschaft und Stagnation gelang es Rawlings, dem Land Stabilität und Ordnung zurück zu bringen. Zum dritten Mal befindet sich Ghana in einer Art Vorreiterrolle: Nachdem es als Musterkolonie des britischen Empire im 19. und 20. Jahrhundert fungierte, war Ghana dann das Glanzlicht im antikolonialistischen Aufbruch in Afrika und gilt heute als das "Musterland des IWF".46 Die deutlich über dem afrikanischen Vergleich liegenden Wachstumsraten werden den mit der Weltbank und dem IWF seit 1983 vereinbarten Strukturanpassungsprogrammen (SAP) zugeschrieben. Rawlings sah sich nach seiner Machtübernahme genötigt, den strengen Maßnahmenkatalog des SAP aus Geldabwertung, Subventionsabbau und Massenentlassungen bei den überbesetzten Staatsunternehmen eisern umzusetzen.

Die Rückkehr des Vertrauens seitens ausländischer Investoren, die Bildung neuer Devisenreserven und die Fähigkeit, drückende Auslandsschulden wieder abtragen zu können, scheinen dieser Radikalkur Recht zu geben. Dennoch ist Ghana bis heute nach der Definition des IWF und der Weltbank eines der höchstverschuldeten Länder der Welt.47 Die staatlichen Sparmaßnahmen im Zuge der Strukturanpassung treffen vor allem das Erziehungs- und Gesundheitsystem: Die ländlichen Gebiete sind weitgehend ohne ärztliche Versorgung und die einst beispielhaften Einschulungsquoten sind rückläufig.48 Jedoch herrscht heute ein wiedergefundenes Selbstvertrauen in dem multi-ethischen und multi- religiösen Land, das nach den panafrikanischen und sozialistischen "Experimenten" unter Nkrumah und der folgenden langen Ära der Instabilität, Korruption und Mißwirtschaft als unbestrittener Verdienst John Jerry Rawlings und seiner PNDC-Regierung gilt. 1991 wurde die Mehrparteiendemokratie mit starken Anleihen am US-amerikanischen Regierungssystem wieder hergestellt. Rawlings errang erwartungsgemäß bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen bereits im ersten Wahlgang 58% der Stimmen und ließ alle Konkurrenten weit hinter sich. Mit den Parlamentswahlen, die von der Mehrzahl der Oppositionsparteien, die sich schon vor der Aufhebung des Parteienverbots entlang der alten ethnisch-politischen Lager in Clubs und Gesellschaften formiert hatten, boykottiert wurden, gingen 189 von 200 Sitzen an Rawlings National Democratic Convention (NDC). Mit dem Übergang zur Zivilregierung verbesserte sich die Menschenrechtssituation: eine Reihe politischer Gefangener wurde freigelassen und die nichtregierungseigene Presse erhielt einen größeren Spielraum. Diese bildet seit dem Beginn der IV. Republik zusammen mit der People ´ s Convention Party (PCP) und der National Patriotic Party (NPP) das Sprachrohr einer außerparlamentarischen Opposition.

Ghana zählt heute zu den wenigen demokratischen Ländern Afrikas und scheint gewillt, seine frühere Rolle als Fanal der Freiheit für andere afrikanische Länder wieder spielen zu wollen.

D Literaturverzeichnis

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E Abbildungsverzeichnis

1: Homepage des University College Dublin unter http://www.ucd.ie/figurate/nebiog.html

2: Homepage der University of Ghana unter http://www.ug.edu.gh

3: Photographie des Verfassers

4: Elias, Norbert: Über sich selbst, Frankfurt/ Main 1990, S. 104

5: Photographie des Verfassers

6: Photographie des Verfassers

7: Photographie des Verfassers

8: Homepage der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung unter http://www.dse.de

9: Magellan Geographix Santa Barbara CA (800) 929-4MAP 1992 auf der Homepage der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung unter http://www.dse.de

10: Homepage des Bildarchivs Corbis unter http://www.corbis.com 11: Photographie des Verfassers

12: Homepage der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung unter http://www.dse.de

F Fußnoten

[...]


1: Erscheint erstmals 1939 in einem kleinen Schweizer Verlag in Basel, nur wenige Exemplare werden verkauft. Erst 1976 mit dem Erfolg der Taschenbuchausgabe von Ü ber den Prozeßder Zivilisation bei Suhrkamp wird Elias einem breiteren Publikum bekannt.zurück

2: Norbert Elias: Zivilisation und Gewalt, Über das Staatsmonopol der körperlichen Gewalt und seine Durchbrechungen, in: Joachim Matthes (Hg.): Lebenswelt und soziale Probleme. Verhandlungen des 20. Deutschen Soziologentages zu Bremen. Frankfurt/ Main, New York 1981, S. 103.zurück

3: A. J. Heerma van Voss, A. van Stolk: Biographisches Interview mit Norbert Elias, in: Norbert Elias über sich selbst, Frankfurt/ Main 1990, S. 84.zurück

4: Veröffentlicht in zwei Teilen: Walter Birmingham, Ilya Neustadt, E. N. Omaboe (Hg.): A Study Of Contemporary Ghana Vol. I, The Economy Of Ghana, London 1966 und Vol. II, Some Aspects of Social Structure, London 1967.zurück

5: Anthony Giddens, Gavin Mackenzie: Social Class And The Division Of Labour, Essays in honour of Ilya Neustadt, Cambridge 1982, S. XV des Vorworts.zurück

6: Hierzu ausführlich Hermann Korte: Norbert Elias an der Universität Leicester, in: Karl-Siegbert Rehberg: Norbert Elias und die Menschenwissenschaften, Studien zur Entstehung und Wirkungsgeschichte seines Werkes, Frankfurt 1996, S. 77- 86.zurück

7: Ebd., S. 85.zurück

8: Van Voss/ van Stolk: Interview mit Norbert Elias, S. 87.zurück

9: Ebd.zurück

10: In dem von van Voss und van Stolk geführten Interview gibt Elias diese Anekdote aus seiner Schulzeit auf Seite 19 zum Besten: "Wir sprachen in der Klasse über unsere Berufspläne. Ich sagte, ich wollte Professor werden, an der Universität, und ein Klassenkamerad warf ein: , Die Laufbahn ist dir bei der Geburt abgeschnitten worden.´ Großes Gelächter, beim Lehrer und natürlich in der ganzen Klasse. Und eigentlich war es nicht einmal bösartig - es war eine sehr kluge Bemerkung."zurück

11: Korte: Elias an der Universität Leicester, S. 84.zurück

12: Am Ende einer solchen akademischen Ausbildung außerhalb Großbritanniens steht eine Abschlußprüfung in London, die die Qualität der Lehre international garantieren soll.zurück

13: Den überwiegenden Teil der Informationen in diesem Abschnitt meiner Arbeit verdanke ich einem Interview, das ich am 30.09.1998 mit Herrn Dr. Mends führen konnte. Dr. Mends war während Elias Aufenthalt in Ghana als Assistent am Lehrstuhl für Soziologie tätig und lernte ihn so auch persönlich kennen. Der eremitierte Dr. Mends leitet heute als Gastdozent die Einführungsvorlesung in Soziologie für Erstsemester. Leider existieren keinerlei schriftliche Aufzeichnungen oder Protokolle über die von Elias gehaltenen Vorlesungen und Seminare im Archiv des Department for Sociology. Die persönlichen Eindrücke Elias habe ich aus dem bereits erwähnten Interview entnommen, das van Voss und van Stolk mit ihm geführt haben, siehe hierzu insbesondere S. 87ff.zurück

14: Vergleiche hierzu Hans Peter Dürr: Der Mythos vom Zivilisationsprozeß, Band 1: Nacktheit und Scham, Frankfurt/ Main 1988. Sowie die Kontroverse zwischen Dürr und Elias in: Die Zeit, Nr. 21 vom 20.05.1988, Die Zeit, Nr. 22 vom 27.05.1988 sowie Die Zeit, Nr. 25 vom 17.06.1988.zurück

15: Norbert Elias: Was ich unter Zivilisation verstehe, Antwort auf Hans Peter Dürr, in: Die Zeit, Nr. 25.zurück

16: Ebd.zurück

17: Norbert Elias: Was ist Soziologie?, München 1970, S. 175- 195.zurück

18: Van Voss/ vanStolk: Interview mit Norbert Elias, S. 88.zurück

19: Zum Verständnis an dieser Stelle ist wichtig, daß es auch heute noch in praktisch jedem Ort eine Königsfamilie gibt, aus der traditionell ein Mitglied als Chief bestimmt wird.zurück

20: In dem sehr ausführlichen und gut aufgebauten Literaturanhang bei Helmut Kuzmics, Ingo Mörth (Hg.): Der unendliche Prozeß der Zivilisation, Zur Kultursoziologie der Moderne nach Norbert Elias, Frankfurt/ Main 1991, S. 269- 304, findet sich auf S. 284 der Hinweis zu unveröffentlichten Feldforschungen, die Elias in Ghana betrieben hat. Sein Vorhaben diese Materialien zu Sozialstrukuren und Machtverteilung in afrikanischen Dörfern publikationsreif zu machen, blieb aber leider unausgeführt.zurück

21: Elias: Soziologie, S. 189.zurück

22: Norbert Elias/ John L. Scotson: The Established and the Outsiders, London, New York 1965. Um eine theoretische Einleitung von Norbert Elias erweitert, herausgegeben und übersetzt von Michael Schröter: Etablierte und Außenseiter, Frankfurt/ Main 1990, S. 8.zurück22

23: Ebd.: S. 229.zurück p>

24: Eine solche empirisch- theoretische Untersuchung auf gesellschaftlicher Mikroebene liegt ursprünglich auch dem Ansatz der Etablierten-Außenseiter-Figuration zugrunde. Diese Untersuchung hat Elias gemeinsam mit John L. Scotson, einem Schüler, 1958/ 9 während seiner Dozententätigkeit an der Universität Leicester durchgeführt. Die Bevölkerung eines kleinen Industrievororts in der Nähe von Leicester verstehen Elias und Scotson als Etablierten-Außenseiter-Figuration - wobei die Langansässigen die Etabliert(er)en und die Neuankömmlinge die Außenseiter sind.zurück

25: Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede, Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt/ Main 1982.zurück

26: Van Voss/ van Stolk: Interview mit Norbert Elias, S. 88.zurück

27: Der dazugehörende Ausstellungskatalog mit einer Einleitung von Norbert Elias "On African Art" sollte als Buch ausgearbeitet werden. Dieses Publikationsvorhaben wurde bisher aber ebenfalls nicht realisiert.zurück

28: Van Voss/ van Stolk: Interview mit Norbert Elias, S. 92.zurück

29: Eine wichtige Quelle des Kubismus ist die afrikanische Skulptur, in der Picasso den Schlüssel zu seinem Grundproblem fand, eine zugleich gegenständliche und antinaturalistische Kunst zu schaffen.zurück

30: Van Voss/ van Stolk: Interview mit Norbert Elias, S. 92.zurück

31: Ebd., S. 90.zurück

32: Ebd.zurück

33: Ebd.zurück

34: Ebd.zurück

35: Ebd., S. 90f.zurück

36: Ebd., S. 91.zurück

37: Vgl. Hierzu die prägnante Darstellung von Ulrich Menzel: Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie, Frankfurt/ Main 1992.zurück

38: Norbert Elias: Über die Zeit, Frankfurt/ Main, 1984.zurück

39: Theodor Hanf: Die Schule der Staatsoligarchie, Zur Reformunfähigkeit des Bildungswesens in der Dritten Welt, in: Bildung und Erziehung, 33 (1980) 5, S. 411.zurück

40: Eine prägnante Darstellung des Ghanaischen Weges von der Kolonie zur unabhängigen Republik in Pierre Bertaux (Hg.): Afrika, Von der Vorgeschichte bis zu den Staaten der Gegenwart, Fischer Weltgeschichte, Band 32, S. 46ff, 226ff, 283ff.zurück

41: Die Goldküste war der Hauptumschlagplatz für den Sklavenhandel. Bis zum offiziellen Ende des Menschenhandels 1810, der aber noch über Jahrzehnte illegal weitergeführt wurde, befanden sich 36 der 42 afrikanischen Sklavenburgen an der Goldküste.zurück

42: In zahlreichen Veröffentlichungen im Verlag Panaf Books, London hat Kwame Nkrumah sein politisches Konzept und seine Ideen zur panafrikanischen Einheit dargelegt. Die wichtigsten Werke Nkrumahs im Literaturverzeichnis hervorgehoben.zurück

43: Kwame Nkrumah: Africa must unite, London 1963, insbesondere S. 167ff.zurück

44: Franz Asprenger/ Heide Traeder/ Rainer Tetzlaff: Die politische Entwicklung Ghanas von Nkrumah bis Busia, München 1972, S. 39.zurück

45: Jojo Cobbinah: Ghana, Praktisches Reisehandbuch für die "Goldküste" Westafrikas, Frankfurt/ Main 1993, S. 61zurück

46: Dieter Nohlen (Hg.): Lexikon der Dritten Welt, Reinbek 1998, S. 301.zurück

47: Unter den sogenannten 41 Heavily Indepted Poor Countries (HIPC) des IWF und der Weltbank belegt Ghana mit ca. 5,4 Mrd. US-$ Auslandsschulden Rang 17. Veröffentlicht in: Der Spiegel Nr. 5, vom 01.02.1999, S. 127.zurück

48: Nohlen: Lexikon der Dritten Welt, S. 301.zurück

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Auf den Spuren Norbert Elias in Ghana
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Seminar: Theorie und Empirie von Norbert Elias, Dozent: Dr. Baldo Blinkert
Autor
Jahr
1998
Seiten
26
Katalognummer
V96451
ISBN (eBook)
9783638091275
Dateigröße
494 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spuren, Norbert, Elias, Ghana, Seminar, Theorie, Empirie, Norbert, Elias, Dozent, Baldo, Blinkert
Arbeit zitieren
Stephan Köhler (Autor:in), 1998, Auf den Spuren Norbert Elias in Ghana, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96451

Kommentare

  • Gast am 15.2.2001

    Auf den Spuren Norbert Elias in Ghana.

    Die Arbeit ist ausgesprochen gut. Ich finde es sehr verdienstvoll, sich auch mal mit den biografischen Fakten eines Wissenschaftlers auseinanderzusetzen. Es hat mir viel Freude bereitet, die Arbeit zu lesen. Die Bewertungsskala auf der Web-Seite funktioniert offenbar nicht so, wie sie soll - ich habe sie mit "sehr zu empfehlen" bewertet.

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