Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
I) Einleitung
I.1) Vorworte im Blickfeld der Germanistik – eine Abgrenzung
I.2) Vorworte im didaktischen Zusammenhang – eine kurze Einführung
II) Hauptteil
II.1) Über die Autoren
II.1.1) Über Lew Kopelew
II.1.2) Über Jochanan Trilse-Finkelstein
II.2) Inhaltliche Zusammenfassung der Vorworte
II.2.1) Das Vorwort Kopelews
II.2.2) Die Vorrede Trilse-Finkelsteins
II.3) Ein Thema – zwei Werke: Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Vorworte
III) Schlußteil: Wie gelingt die didaktische Vermittlung – ein Resümee
Literaturverzeichnis
Anhang: Die bearbeiteten Primärtexte:
Vorwort zu Lew Kopelews Heine-Biographie ,,Ein Dichter kam vom Rhein“
Vorrede zu Jochanan Trilse-Finkelsteins Heine-Biographie ,,Gelebter Widerspruch“
I) Einleitung:
I.1) Vorworte im Blickfeld der Germanistik – eine Abgrenzung
Beschäftigt man sich im Rahmen der Germanistik mit Vorworten als Textsorte, stellt man schnell fest, daß es praktisch keine wissenschaftliche Sekundärliteratur zu diesem Thema gibt. Dabei können Vorworte bereits derart viel über das nachfolgende Werk, die Biographie des Autors und seine Intentionen aussagen, daß schon Ludwig Börne bezüglich der Vorworte seines ,,feindlichen Bruders“[1] Heinrich Heine, wenn auch spöttisch, anmerkte, daß dessen Vorworte oft besser seien, als die nachfolgenden Werke[2]. Diese Worte Börnes entstanden, als Vorworte als Textsorte geradezu ihre ,,Hoch-Zeit“ erlebten, im 19. Jahrhundert. Heute dagegen sind sie als literarische Textsorte aus der Mode gekommen, besonders im Zusammenhang mit fiktionalen Texten. Dort existieren mittlerweile Vorworte und Einleitungen, Pro- und Epiloge, Waschzettel und Klappentexte nebeneinander. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, eine klare Abgrenzung zwischen diesen Textsorten zu treffen.
Das Vorwort ist eine eröffnende Vorrede zu einem Buch, welche über Entstehung, Sinn und Zweck des Werkes berichtet[3]. Es ist meistens vom Autor selbst verfaßt worden und spricht den Leser direkt an. Oft, gerade auch bei Heine und Börne, enthält das Vorwort auch eine Rechtfertigung des Verfassers und Erwiderungen auf frühere Kritiken z.B. von Kollegen[4].
Ein Klappentext dagegen ist der auf die Klappen des Schutzumschlages gedruckte Einführungstext über das Buch, der vom Verlag verfaßt wird und neben der Information vor allem Werbezwecken dient[5]. Auch der Waschzettel wird vom Verlag verfaßt. Es ist der den Besprechungsexemplaren beigelegte Zettel mit Inhaltsangabe, Charakteristik des Buches und sonstigem wissenswerten Material für den Rezensenten[6].
Pro- und Epilog dagegen sind ein typisches Dramenphänomen. Der Prolog ist dabei eine kurze Einleitung in das Dramengeschehen, durch welche die Personen und Handlungen vorgestellt werden[7]. Der Epilog dagegen bildet die Schlußrede eines Theaterstückes, die sich, oft belehrend, an die Zuschauer richtet und im modernen Drama eine satirisch-parodistische Funktion hat[8].
I.2)Vorworte im didaktischen Zusammenhang – eine kurze Einführung
Da Vorworte als didaktische Textsorte betrachtet werden sollen, ist es nötig, eine kurze Einführung in die Didaktik der eigentlichen Textarbeit voranzustellen. Die Didaktik wird durchweg als die Wissenschaft vom Lehren und Lernen verstanden Dabei gibt es themenmäßige Schwerpunkte in der Auswahl und Vermittlung von Inhalten (Bildungsdidaktik), in der Organisation und Optimierung von Lernprozessen (Informationsdidaktik), in der Bestimmung von Faktoren, die den Unterricht prägen (lerntheoretische Didaktik), sowie in der Durchführung unterrichtlicher Interaktionen (schülerorientierte Didaktik)[9]. Zudem gibt es eine weitere Unterteilung der Didaktik, die sich auf die einzelnen Unterrichtsfächer bezieht (Fachdidaktik)[10] Im vorliegenden Fall werden die Vorworte in Hinsicht auf die germanistische Fachdidaktik und hier insbesondere die Literaturdidaktik untersucht. Die Funktion der Literaturdidaktik liegt vor allem darin, daß durch den Umgang mit Literatur eine Auseinandersetzung mit praktischer und ästhetischer Sprache sowie eine Bewußtseinserweiterung und die Aktivierung von Phantasie, Distanz, Identifikation und Genuß gefördert werden soll. Zudem soll die Arbeit mit der Literatur ein direkt praxisbezogenes Lernen und Handeln beim Lernenden hervorrufen[11].
Ob und inwieweit diese und andere Lernziele der Literaturdidaktik mit Hilfe der vorliegenden Vorworte verwirklicht werden, kann erst festgestellt werden, nachdem eine genaue literaturwissenschaftliche Untersuchung der Texte vorgenommen wurde.
II) Hauptteil:
Ziel dieses Hauptteil ist es, die Inhalte und Hintergründe der untersuchten Vorworte sowie die Schreibintentionen der Autoren Kopelew und Trilse-Finkelstein aus den Texten zu ermitteln. Deshalb erfolgt zunächst ein Blick auf die biographischen Daten der Autoren. Dann erst können die Vorworte in literaturwissenschaftlicher Hinsicht untersucht werden, um im letzten und entscheidenden Schritt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Texte sowie ihre didaktische Funktion zu ermitteln.
II.1) Über die Autoren
II.1.1) Über Lew Kopelew
Der russische Schriftsteller, Germanist und Journalist Lew Sinowjewitsch Kopelew wurde am 9. April 1912 als Sohn eines jüdischen Agronomen geboren[12]. Er verließ mit 15 Jahren die Schule und begann, nach einigen Aushilfstätigkeiten, am Moskauer Institut für Fremdsprachen, Philosophie und Sprachen ein Studium der Germanistik[13]. 1941 erfolgte die Promotion mit einer Dissertation über Schillers Dramen. Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Kopelew, damals noch überzeugter Kommunist, für die Propagandaabteilung der Armee[14] und wirkte an der Umerziehung deutscher Gefangener mit[15]. 1945 wurde er verhaftet, wobei ihm die Anklage unter anderem bürgerlich-humanistische Propaganda und Mitleid mit dem Feind vorwarf. Daraufhin verbrachte Kopelew fast zehn Jahren in Straflagern und traf dort mit Alexander Solschenizyn zusammen[16]. Nach seiner Rehabilitierung im Jahre 1956 lehrte er in Moskau deutsche Literatur und Theaterwissenschaft und setzte sich in diesem Zusammenhang für die Rezeption amerikanischer und deutscher Literatur in der UdSSR ein[17]. 1968 fiel Kopelew erneut in Ungnade und wurde daraufhin aus Partei und Schriftstellerverband ausgeschlossen[18]. Während eines Studienaufenthaltes in Deutschland erfolgte 1981 seine Ausbürgerung. Er lebte fortan in Köln. Am 18. Juni 1997 verstarb er im Alter von 85 Jahren.
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[1] vgl. Reich-Ranitzky, Marcel, Über Ruhestörer – Juden in der deutschen Literatur, S. 59
[2] Börne, Ludwig in: Rippmann, Inge und Peter, Sämtliche Schriften, Bd. 2, S. 885 ff.
[3] Best, Otto F., Handbuch literarischer Fachbegriffe, S. 567
[4] Wilpert, Gero v., Sachwörterbuch der Literatur, S. 773
[5] Wilpert, Gero v., a.a.O., S. 333
[6] Wilpert, Gero v., a.a.O., S. 775; Best, Otto F., a.a.O., S. 571
[7] Krywalski, Dieter (Hrsg.), Knaurs Lexikon der Weltliteratur, S. 930
[8] Krywalski (Hrsg.), a.a.O., S. 874
[9] Beisbart, Ortwin; Marenbart, Dieter, Einführung in die Didaktik der deutschen Sprache und Literatur, S. 23 f.
[10] Beisbart; Marenbach, a.a.O., S. 25
[11] Nündel, Ernst (Hrsg.), Lexikon zum Deutschunterricht, S. 272
[12] Bondy, Francois u.a (Hrsg.), Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, S. 1662
[13] Bondy u.a. (Hrsg.), a.a.O., S. 1662
[14] Killy, Walther, Literaturlexikon, S. 491
[15] Krywalski, a.a.O., S. 404
[16] Bondy u.a. (Hrsg.), a.a.O., S. 1663, Krywalski, a.a.O., S. 404
[17] Krywalski, a.a.O., S. 404
[18] Killy, a.a.O., S. 491