Interkulturelles Erzählen am Beispiel von Kirsten Boies Kriminalroman "Schwarze Lügen"


Bachelorarbeit, 2016

40 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

INHALT

Tabellenverzeichnis

1. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit

2. Forschungsergebnisse
2.1 Kinder- und Jugendliteratur
2.2 Interkulturalität in der Literatur

3. Romananalyse
3.1 Entstehungsrahmen
3.2 Die Art der Darstellung
3.2.1 Zeit
3.2.2 Modus
3.2.2.1 Distanz
3.2.2.2 Fokalisierung
3.2.3 Stimme
3.3 Handlung und erzählte Welt
3.3.1 Handlung
3.3.2 Erzählte Welt
3.3.3 Figur
3.3.3.1 Melody
3.3.3.2 Kenneth
3.3.3.3 Lukas
3.3.3.4 Der Polizist Anatolij
3.3.3.5 Kai-Hinrich Sönnichsen
3.3.3.5 Weitere Figuren
3.3.4 Raum

4. Rückblickende Schlussbetrachtung

5. Literatur

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Tag-/Kapitelverhältnis

Tabelle 2: Perspektivübernahmen

1. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit

Interkulturalität bezeichnet einen gegenseitigen Prozess des Austauschs und der Interaktion, welcher zustande kommt und an Bedeutung gewinnt, wenn Kulturen in Kontakt miteinander kommen und über unterschiedliche Wertorientierungen, Bedeutungssysteme und Wissensbestände verfügen.1 In der heutigen Zeit findet diese Interkulturalität aufgrund von Globalisierung und zunehmenden fremdkulturellen Erfahrungen eine immer größer werdende Bedeutung in unterschiedlichen Bereichen des Lebens, darunter auch in der Literatur. Besonders in den letzten vierzig Jahren ist eine relevante Literatur entstanden, die sich mit interkulturellen Begegnungen auseinandersetzt und die Leser und Leserinnen zu einer aktiven Auseinandersetzung anregt.2

Dies findet nicht nur in der Erwachsenenliteratur statt, sondern ebenfalls in der Kinder- und Jugendliteratur.

In der folgenden Ausarbeitung soll es um interkulturelles Erzählen gehen, welches anhand von Kirsten Boies Roman „Schwarze Lügen“ erläutert wird. Kirsten Boie ist nicht nur eine bei Kindern beliebte Autorin, sondern auch in der Forschung für ihre Fähigkeit bekannt, gesellschaftliche und politische Strukturen in den Fokus zu nehmen und auf Veränderungen aufmerksam zu machen.3

Hierbei soll jedoch aufgrund von Umfangsmangel nur auf die für diese Thesis relevanten Forschungsergebnisse eingegangen werden. Das heißt, die im Folgenden genannten Forschungsergebnisse umfassen nicht das gesamte bisherige erforschte Spektrum in der Literaturwissenschaft, sondern das Kapitel begrenzt sich knapp auf relevante Aspekte, die in der darauf folgenden Analyse wieder aufgefasst werden.

Anschließend erfolgt die Analyse des vorliegenden Romans „Schwarze Lügen“ von Kirsten Boie. Diese wird in Anlehnung an Martinez und Scheffel nach inhaltlichen und stilistischen Aspekten separiert untersucht, wobei eine klare Trennung dieser beiden Bereiche natürlich nicht vollständig möglich ist. Hierbei liegt das besondere Augenmerk auf der inhaltlichen Analyse mit der Erforschung der Figurenkonzeption, da dieser Aspekt eine große Relevanz für die Vermittlung von Interkulturalität hat. Dadurch soll ausführlich gezeigt werden, welche Spezifik den Roman selbst und ihn als Vermittler von Interkulturalität auszeichnet.

Abschließend erfolgt ein zusammenfassender Rückblick, welcher die gesammelten Forschungs- und Analyseergebnisse noch einmal betrachtet.

2. Forschungsergebnisse

In diesem Kapitel soll auf die Forschungsergebnisse zur Kinder- und Jugendliteratur und Interkulturalität in der Literatur eingegangen werden. Wie in der Einführung bereits beschrieben, wird hierbei nur auf Aspekte eingegangen, die für diese Thesis relevant sind. Hinweise zu weiteren Ausführungen der genannten Aspekte werden in den Fußnoten gegeben.

2.1 Kinder- und Jugendliteratur

Der Begriff der Kinder- und Jugendliteratur ist nicht eindeutig geklärt, sondern mehrdeutig konnotiert. Obwohl es auch von Kindern und Jugendlichen geschaffene Literatur gibt, wird dieser Begriff mehr für die Werke genutzt, die von Erwachsenen produziert werden und die Kinder und Jugendlichen als Rezipienten vorsehen4 oder durch Bearbeitung anderer Literatur entstanden sind.5 Aus diesem Grund herrscht kein eindeutiges Verständnis des Begriffs „Kinder- und Jugendliteratur“, da dieser nach Gansel folgende unterschiedliche Facetten in der Bedeutung aufweisen kann:

1. Die Gesamtheit der für Kinder und Jugendliche als geeignet empfundene Literatur (intentionale KJL).
2. Die Gesamtheit der für Kinder und Jugendliche geschriebenen fiktionalen und nichtfik­tionalen Texte (spezifische KJL).
3. Die Gesamtheit der von Kindern und Jugendlichen rezipierten fiktionalen und nichtfik­tionalen Texte (Kinder- und Jugendlektüre).
4. Ein Teilsystem des gesellschaftlichen Handlungs- bzw. Sozialsystems „Literatur“ („Subsystem kjl“).“6

Diese verschiedenen Auffassungsweisen sind bei der Arbeit mit dem Begriff zu berücksichtigen, da sich die Kinder- und Jugendliteratur nicht einfach an bestimmten Textmerkmalen (wie beispielsweise Einfachheit und typisierte Figurengestaltung) klassifizieren lässt.7

Des Weiteren lässt sich diese Literatur nicht nach genau definierten Altersgruppen unterscheiden, da einerseits der Begriff der Kindheit und dessen Bedeutung einem ständigen historischen Wandel unterlegen sind8 9 10 und andererseits Gattungen und Genres wie Abenteuerromane, Kriminalromane, phantastische oder historische Literatur et cetera ähnliche Themengebiete umfassen, wie jene Literatur, die Erwachsene als Rezipienten vorsieht.9,10 Veränderungen in den Genres und Gattungen resultieren dabei hauptsächlich aus den Reaktionen auf Geschehnisse oder den Wandlungen in der Umwelt, aber auch in Folge der Entwicklungen in den Sozialsystemen und den Prozessen der gesellschaftlichen Modernisierung.11 12 Einen wichtigen Grundstein für den Detektiv- oder Kriminalroman hat dabei Erich Kästner mit Emil und die Detektive gelegt.12,

Bedingt durch ihre Adressatenspezifik weist die Kinder- und Jugendliteratur einen Einsatz bestimmter formaler und inhaltlicher Mittel auf, welche bei dem Rezipienten eine kognitive, praktische und emotionale Reaktion erzielen und damit signifikante Kompetenzen erzeugen soll.13

Dies erfolgt durch gezielte Adaption in verschiedenen Bereichen, wie bei Stoff und Thematik, formalen Aspekten, Sprache und Stil, Wertungsinstanz und Medium.14 Bei der stofflichen Adaption werden Themenwelten aus der realen Welt, welche die Adressaten betreffen (wie Freundschaft oder Ferienabenteuer), als ein Thema für die literarische Gestaltung genutzt. Die formale Adaption passt das Literarische formal an die möglichen kognitiven Leistungen der Adressaten an, sodass diese den Text bestmöglich erschließen können und er ansprechend für sie gestaltet ist. Hierbei werden beispielsweise Aspekte wie die Auswahl der Erzählerperspektive oder Elemente der Leseranrede angepasst. Die sprachlich­stilistische Adaption sorgt für Verständlichkeit bei den Adressaten, indem sie beispielsweise komplexe Satzkonstruktionen und Ähnliches vermeidet. Bei der thematischen Adaption wird der inhaltliche Kern des literarischen Erzeugnisses an die Adressaten angepasst. Das heißt, die Aussage, die vermittelt werden soll, muss die Adressaten auch ansprechen und ihnen bewusst werden. Bei der axiologischen/wertenden Adaption wird festgelegt, welche Wertungsinstanz im Text agiert und in wieweit diese dem Adressaten eine eigene Wertung erlaubt. Die mediale Adoption entscheidet abschließend über die Darstellungsart und -weise und beinhaltet bei der schriftlichen Darstellung ebenfalls das Design und die Darstellungsweise.

2.2 Interkulturalität in der Literatur

Interkulturalität bezeichnet den Austausch von Kulturen, wobei nicht definiert ist, in welcher Art und Weise dies geschieht, beziehungsweise ob es positiv oder negativ konnotiert ist.15 Um das Andere zu verstehen muss sowohl einen Innenperspektiven desjenigen eingenommen werden können als auch eine Außenperspektive.16 Erst bei diesem Austausch wird die eigene Identität durch den Vergleich mit etwas Fremden oder Andersartigem hergestellt und Eigenes und Fremdes werden wahr genommen.17 Fremdes bezeichnet dabei jedoch nicht immer zwangsweise Unbekanntes, sondern es können auch verdrängte Eigenschaften oder Verhaltensweisen abgespalten und projiziert und damit verbunden als fremd angesehen werden.18 Hierbei wird die Meinungsbildung des eigenen Ichs und des Fremden jedoch nicht als starr angesehen, sondern als ein offener Prozess, der stetig voran läuft, aufgefasst und aufgrund der Unmöglichkeit des absoluten Verstehens zu keinem Ende kommen kann.19

Interkulturalität in der Literatur tritt nicht erst seit kürzerer Zeit auf, sondern ist schon zu Beginn des Mittelalters und der frühen Neuzeit aufzufinden. Seitdem hat dieser Themengegenstand viele zeitliche Epochen und damit verbundene Bedeutungsveränderungen durchwandelt.20 Durch die Einflüsse der Arbeitsmigration und Fluchtbewegung bedingt wirkte die Literatur besonders im 19. Jahrhundert als wichtiger Unterstützer zur Herstellung und Weiterentwicklung von kultureller Identität, wobei sie sich des notwendigen kritischen Reflektierens bewusst war, und führte zu einem expliziten Forschungsschwerpunkt in der Germanistik.21 Ortfried Schäffter weist dabei auf vier verschiedene Facetten des Fremdverstehens hin, die beachtet werden sollten.22 Das Fremde kann als Resonanzboden des Eigenen gesehen werden, wobei man durch intensive Auseinandersetzung mit dem Fremden, Merkmale des Eigenen wiedererkennt, wodurch die Grenzen der Fremdheit verschwinden und Ähnlichkeiten erkennbar werden. Das Fremde kann auch als Gegenbild betrachtet werden, wobei eine eindeutige Negation des Andersartigen und eine gegenseitige Unvereinbarkeit mit Ausgrenzungsfunktion herrscht. Das Fremde kann jedoch auch als Ergänzung gesehen werden, das heißt es wird als positive Erweiterung des Eigenen angesehen. Hierbei findet ein, sich stetig wandelnder Prozess, der eigenen Identitätsentwicklung durch Assimilation und Akkomodation statt und die Grenzen zwischen Eigenem und Fremden schwinden. Des Weiteren kann das Fremde auch als das Komplementäre aufgefasst werden. Hierbei wird das Fremde nicht negativ konnotiert, sondern es wird anerkannt und respektiert, auch wenn man die Grenzen zwischen Fremdheit und Eigenem nicht vollständig niederlegen kann.

Die Meinungen zur Bedeutung der Literatur als Helfer für das Fremdverstehen sind unterschiedlich. Auf der einen Seite wird kritisiert, dass die Literatur hauptsächlich eine fiktive Welt erschafft und Charaktere und Handlungen nicht unbedingt wahrheitsgemäß wiedergegeben, sondern angepasst oder frei erfunden werden. Gerade dieses kann jedoch dabei helfen die Geschehnisse mit anderen Augen und aus anderen Perspektiven zu sehen oder sie besser zu verstehen.23 Besonders Heidi Rösch hebt hervor, wie ein mehrfacher Perspektivenwechsel auf kulturelle Selbst- und Fremdreflexion abzielt und damit verbunden auch auf Empathie, die nicht auf Fremdverstehen reduziert bleibt, sondern gleichermaßen Selbstverstehen durch die Auseinandersetzung mit dem Fremden einschließt.24 Es gibt somit einen relevanten Zusammenhang zwischen literarischem und interkulturellem Verstehen, da in beiden Bereichen der Adressat eine Perspektivübernahme vornehmen und die Relevanz von bestimmten Handlungen oder Ereignissen deuten muss.25

Spinner weist ebenfalls auf die bedeutende Rolle der Empathie hin, auch wenn bisher nicht belegt werden konnte, „ob aus empathischer Literaturrezeption tatsächlich ein moralisch besseres Handeln folgt“.26 Ihm zufolge gibt es aus literaturtheoretischer Sicht sechs Verfahren, die zu empathischem Verstehen führen sollen.27 Hierzu zählen die Helden mit Gegenspielern, Lebensgeschichten, Komplikationen und Dilemmasituationen, narrative Mittel der Innensicht, räumliche Atmosphäre und Leiblichkeit. Die Gegenüberstellung von Helden oder guten Personen und ihren Gegenspielern wird schon seit langem in der Literatur genutzt. Durch diesen Vergleich der beiden Parteien entwickelt der Leser Empathie für den Helden oder die gute Seite. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass dadurch auch Stereotype verstärkt werden können und Figuren nicht in bloße Schemata gepresst werden sollten. Ein weiteres narratives Mittel ist die Schilderung von Lebensgeschichten, welche den Leser zu einer reflektierten Empathie führt. Des Weiteren können Komplikationen und Dilemmasituationen empathische Leserreaktionen auslösen, denn durch die dabei auftretende Spannung versetzt sich dieser stärker mit seinen eigenen Gedanken und Ideen in die Perspektive der Figur hinein. Narrative Mittel wie die erlebte Rede, der innere Monolog und der Bewusstseinsstrom können ebenfalls eine empathische Wirkung haben. Diese Mittel erlangten immer größer werdende Beliebtheit und wurden auch in der Kinder- und Jugendliteratur immer stärker übernommen. Bei der räumlichen Atmosphäre geht es nicht nur um die Atmosphäre und den Raum an sich, sondern vielmehr um die Stimmung, welche die Figuren umgibt. In vielen literarischen Werken spiegelt dabei die räumliche Atmosphäre die Stimmung und Gefühle der Figur wider. Hierdurch wird das empathische Verstehen des Lesers zusätzlich sprachlich und visuell unterstützt. Das Verfahren der Leiblichkeit findet ebenfalls auf sprachlicher und visueller Ebene statt, denn durch besonders ausführliche Beschreibungen der körperlichen Aktivitäten und Reaktionen der Figuren kann sich der Leser noch stärker in die Situation hineinversetzen und spürt sie womöglich am eigenen Leib.

Auch in dem Genre der Kriminalliteratur hat Interkulturalität schon seit längerer Zeit eine Bedeutung. Während zu Beginn der 1930er Jahre Kriminalromane noch durch eine Thematisierung der aktuellen gesellschaftlichen Konflikte wie Korruption, organisierte Kriminalität und Gewalt geprägt waren, so brachte die Veränderung des sozialen Bewusstseins nach 1968 den sozialkritischen Kriminalroman ins Rollen, bis in den 1990er Jahren der Ethnokrimi geschaffen wurde.28 Hierbei sollte die Thematik und Auseinandersetzung mit den multikulturellen Identitätsproblemen in eine spannende Mörderstory gepackt werden. Immer häufiger trat dabei ein, einer minoritären Kultur zugehöriger, Detektiv auf. Dieser bietet dadurch dem Publikum nicht nur eine spannende Lektüre, sondern führt sie zeitgleich auch in eine neue spannende kulturelle Welt ein.29 Jeanne Ruffing schlägt demnach die folgende Definition vor:

Ethnokrimis oder ethnische Kriminalromane sind Krimis, in denen ein Ermittler, der einer im fiktionalen Universum als partikular präsentierten ethnischen Gruppe angehört, aus seiner ethnischen Position heraus ermittelt und in denen identitäre Probleme ethnischer Gruppen sowie soziale Probleme der multikulturellen und multiethnischen Gesellschaft erörtert werden.30

Der Ethnokrimi soll somit nicht nur eine spannenden und interessante Lektüre darstellen, sondern auch mit der Thematik verbunden auf kulturell bedingte Probleme hinweisen und zur Identitätsentwicklung und interkulturellem Verständnis anregen.

3. Romananalyse

Im folgenden Kapitel soll der vorliegende Roman „Schwarze Lügen“ von Kirsten Boie mit eingebundenem Rückblick zu den zuvor genannten Forschungsergebnissen analysiert werden.

Blicken wir auf diese zurück, so lassen sich auf den ersten Blick viele Aspekte finden, die auf eine Adaption nach Gansel an die Adressaten in Form von Kindern und Jugendlichen deuten. Mit Schwerpunkten wie Liebe, Freundschaft und Familienwelt werden Themen aus der realen Welt des Adressaten aufgegriffen und für die literarische Gestaltung genutzt um eine stoffliche Adaption durchzuführen. Durch die Gestaltung der verschiedenen und mehrfachen Wechsel der Perspektivübernahmen wird auf die formale Adaption eingegangen. Dieses zielt darauf ab den Text verständlicher für die Adressaten zu machen. Hierbei wird ebenfalls die thematische Adaption unterstützt, denn die vielen Perspektivwechsel sorgen dafür, dass die Thematik der Interkulturalität den Adressaten bewusst wird und durch die Verpackung in einen Kriminalroman mit Jugendlichen als Hauptfiguren anspricht. Zusätzlich unterstützt es die axiologische/wertende Adaption, denn durch die verschiedenen Ansichtsweisen, die dem Adressaten gezeigt werden, kann dieser sich unter Berücksichtigung unterschiedlicher Blickwinkel sein eigenes Bild und mögliche anschließende Wertung bilden. Und auch im sprachlichen und stilistischen Bereich ist eine Adaption an die Kinder- und Jugendliteratur erfolgt, denn Boie arbeitet mit schlichten verständlichen Sätzen sowie einfachen Wörtern und verzichtet auf komplexe Satzbauten oder schwer verständliche Wörter. Bezüglich der medialen Adaption wurde ein auffallendes und aufmerksamkeiterregendes Cover gestaltet und der Roman mit dicken Seiten und einer großen Schriftart für ein erleichterteres Lesen versehen

Im Folgenden soll jedoch noch tiefer in die Analyse gegangen werden, wobei auch der Bezug zur Interkulturalität und interkulturellem Erzählen deutlicher wird. Der Analyseaufbau findet dabei in Anlehnung an Matias Martinez’ und Michael Scheffels „Einführung in die Erzähltheorie“ statt.31

Diese weisen bereits zu Beginn ihres Textes auf die Notwendigkeit einer separierten Untersuchung von Inhalt und Stilistik hin.

Beim Lesen eines narrativen Textes können wir eine bestimmte Einstellung gegenüber dem Text einnehmen, in der wir von den Worten, dem Stil oder den Erzählverfahren absehen, mit denen uns die Geschichte vermittelt wird. Die Umstände der Vermittlung treten dann in der Wahrnehmung zurück zugunsten der erzählten Welt, die der Text beschreibt. In dieser Einstellung identifizieren wir uns mit bestimmten Figuren und nehmen Anteil an ihrem Schicksal, wir erklären und beurteilen ihr Verhalten nach Maßstäben unserer lebensweltlichen Praxis.32 33 34

Um diesen Fehler zu vermeiden wird nun im Folgenden, nach einer knappen Entstehungserläuterung, separat auf das Erzählte und das Wie des Erzählten eingegangen um eine Vollständigkeit zu gewähren.

3.1 Entstehungsrahmen

Kirsten Boie gilt heutzutage als eine der renommiertesten und vielseitigsten deutschen Kinder- und Jugendbuchautorinnen, welche zugleich auch von ihren Adressaten hoch geachtet wird.33,34 In ihren Werken legt sie nicht nur Wert auf die Vermittlung von Lesefreude, sondern macht auch auf Veränderungen in den gesellschaftlichen, sozialen und politischen Strukturen aufmerksam.35

[...]


1 Vgl. Barmeyer, Christoph (2011): Interkulturalität. In: Christoph Barmeyer, Petia Genkova und Jörg Scheffer (Hrsg): Interkulturelle Kommunikation und Kulturwissenschaft. Grundbegriffe, Wissenschaftsdisziplinen, Kulturräume. Passau: Stutz, S. 69-113 und Spencer-Oatey, Helen und Peter Franklin (2009): Intercultural Interaction. A multidisciplinary approach to intercultural communication. Basingstoke: Palgrave Macmillan.

2 Vgl. Bredella, Lothar (2002): Literarisches und interkulturelles Verstehen. Tübingen: Narr (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), S. 309.

3 Vgl. Mikota, Jana und Viola Oehme: Kirsten Boie. Lesekompetenz ist eine gesellschaftliche Aufgabe (2013). In: Siegener Werkstattgespräche mit Kinderbuchautorinnen und -autoren. Jg. 1 (2013) Bd. 2, S. 9-12.

4 Vgl. Kümmerling-Meibauer, Bettina (2012): Kinder- und Jugendliteratur. Eine Einführung. Darmstadt: WBG, S. 9.

5 Vgl. Dahrendorf, Malte (1996): Vom Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur. Plädoyer für einen lese- und leseorientierten Literaturunterricht. Berlin: Volk und Wissen (Edition Literatur­und Kulturgeschichte), S. 11.

6 Gansel, Carsten (2010): Moderne Kinder- und Jugendliteratur. Vorschläge für einen kompetenzorientierten Unterricht. 4., überarb. Aufl. Berlin: Cornelsen Scriptor, S. 13.

7 Ebd., S. 12.

8 Vgl. Dahrendorf, Malte (1996): Vom Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur. Plädoyer für einen lese- und leseorientierten Literaturunterricht. Berlin: Volk und Wissen (Edition Literatur­und Kulturgeschichte), S. 12.

9 Vgl. Kümmerling-Meibauer, Bettina (2012): Kinder- und Jugendliteratur. Eine Einführung. Darmstadt: WBG, S. 9-16.

10 Für ausführlichere Informationen bezüglich der genauen Entwicklung der Genres und Gattungen der Kinder und Jugendliteratur siehe Kapitel 4 zur Geschichte der deutschsprachigen Kinder- und Jugendliteratur in: Kümmerling-Meibauer, Bettina (2012): Kinder- und Jugendliteratur. Eine Einführung. Darmstadt: WBG oder bezüglich des Einflusses der Epochen auf die Kinder- und Jugendliteratur das Kapitel zum historischen Exkurs in: Dahrendorf, Malte (1996): Vom Umgang mit Kinder- und Jugendliteratur. Plädoyer für einen lese- und leseorientierten Literaturunterricht. Berlin: Volk und Wissen (Edition Literatur- und Kulturgeschichte).

11 Vgl. Schönert, Jörg (1993): Zur Kategorie der Modernisierung in kultur- und literaturgeschichtlichen Diskussionen. In: Differenzierung und Integration. Sprache und Literatur deutschsprachiger Länder im Prozeß der Modernisierung. Mitteilungsbulletin Nr. 2, S. 42.

12 Vgl. ebd. S. 57.

13 Vgl. Gansel, Carsten (2010): Moderne Kinder- und Jugendliteratur. Vorschläge für einen kompetenzorientierten Unterricht. 4., überarb. Aufl. Berlin: Cornelsen Scriptor, S. 21.

14 Vgl. ebd., S. 23-25.

15 Für eine genauere Erläuterung, was eine Kultur bezeichnet, siehe: Hofmann, Michael und Iulia- Karin Patrut (2015): Einführung in die interkulturelle Literatur. Darmstadt: WBG, S. 7.

16 Siehe hierzu: Bredella, Lothar (2010): Das Verstehen des Anderen. Kulturwissenschaftliche und literaturdidaktische Studien. Tübingen: Narr (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), XXIII-XXIV.

17 Vgl. Hofmann, Michael und Iulia-Karin Patrut (2015): Einführung in die interkulturelle Literatur. Darmstadt: WBG, S. 12.

18 Vgl.ebd., S. 13.

19 Vgl. ebd., S. 12 und Bredella, Lothar (2010): Das Verstehen des Anderen. Kulturwissenschaftliche und literaturdidaktische Studien. Tübingen: Narr (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), XXIV.

20 Für detaillierte Informationen zur Geschichte der interkulturellen Literatur siehe Kapitel IV in: Hofmann, Michael und Iulia-Karin Patrut (2015): Einführung in die interkulturelle Literatur. Darmstadt: WBG.

21 Vgl. ebd., S. 7-9.

22 Vgl. Schäffter, Ortfried: Modi des Fremderlebens. Deutungsmuster im Umgang mit Fremdheit.- in: Schäffter, Ortfried (Hrsg.): Das Fremde. Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung. Opladen: Westdeutscher Verlag 1991, S. 11-42.

23 Vgl. Bredella, Lothar (2002): Literarisches und interkulturelles Verstehen. Tübingen: Narr (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), S. 306f.

24 Vgl. Rösch, Heidi (2013): Interkulturelle Literaturdidaktik im Spannungsfeld von Differenz und Dominanz, Diversität und Hybridität. In: Petra Josting (Hrsg.): 'Das ist bestimmt was Kulturelles': Eigenes und Fremdes in Kinder- und Jugendmedien. Kjl&m 13.extra. München: kopaed, S. 28 unter Rückbezug zu: Rösch, Heidi (1992): Migrationsliteratur im interkulturellen Kontext. Eine didaktische Studie zur Literatur von Aras Ören, Aysel Özakin, Franco Biondi und Rafik Schami. Frankfurt am Main: Verlag für Interkulturelle Kommunikation (Interdisziplinäre Studien zum Verhältnis von Migrationen, Ethnizität und gesellschaftlicher Multikulturalität, Bd. 5).

25 Vgl. Bredella, Lothar (2002): Literarisches und interkulturelles Verstehen. Tübingen: Narr (Giessener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), S. 308.

26 Spinner, Kaspar H. (2016): Empathie beim literarischen Lesen und ihre Bedeutung für einen bildungsorientierten Literaturunterricht. In: Brüggemann, Jörn, Mark-Georg Dehrmann und Jan Standke (Hrsg.): Literarizität. Herausforderungen für Literaturdidaktik und Literaturwissenschaft. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, S. 188 mit Verweis auf: Keen, Suzanne (2007): Empathy and the novel. New York, Oxford: Oxford University Press.

27 Vgl. ebd., S. 189-200.

28 Vgl. Ruffing, Jeanne (2011): Identität ermitteln. Ethnische und postkoloniale Kriminalromane zwischen Popularität und Subversion. Würzburg: Königshausen & Neumann (Saarbrücker Beiträge zur vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft, Bd. 51), S. 13.

29 Vgl. ebd.

30 Ebd., S. 36.

31 Gearbeitet wird hierbei mit: Martinez, Matias und Michael Scheffel (2012): Einführung in die Erzähltheorie. 9., aktualis. und überarb. Aufl. München: Beck (C.-H.-Beck-Studium) wobei sich die kursiv gesetzten Begriffe zurückführen lassen auf: Genette, Gérard (2010): Die Erzählung. 3., durchges. und korrigierte Aufl. Paderborn: Fink.

32 Martinez, Matias und Michael Scheffel (2012): Einführung in die Erzähltheorie. 9., aktualis. und überarb. Aufl. München: Beck (C.-H.-Beck-Studium), S. 22.

33 Vgl. Mikota, Jana und Viola Oehme: Kirsten Boie. Lesekompetenz ist eine gesellschaftliche Aufgabe (2013). In: Siegener Werkstattgespräche mit Kinderbuchautorinnen und -autoren. Jg. 1 (2013) Bd. 2, S. 9.

34 Auf ihrer Facebookseite veröffentlicht sie des Öfteren Fanbriefe von ihren Lesern, letzter Aufruf der Seite war am 04.09.2016 um 10:30 Uhr: https://www.facebook.com/KirstenBoie/

35 Vgl. Mikota, Jana und Viola Oehme: Kirsten Boie. Lesekompetenz ist eine gesellschaftliche Aufgabe (2013). In: Siegener Werkstattgespräche mit Kinderbuchautorinnen und -autoren. Jg. 1 (2013) Band 2, S. 12.

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Interkulturelles Erzählen am Beispiel von Kirsten Boies Kriminalroman "Schwarze Lügen"
Hochschule
Universität zu Köln  (IDSL)
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
40
Katalognummer
V965212
ISBN (eBook)
9783346317513
ISBN (Buch)
9783346317520
Sprache
Deutsch
Schlagworte
interkulturelles, erzählen, beispiel, kirsten, boies, kriminalroman, schwarze, lügen
Arbeit zitieren
Julia Kahl (Autor:in), 2016, Interkulturelles Erzählen am Beispiel von Kirsten Boies Kriminalroman "Schwarze Lügen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/965212

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