2. Übung: Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Was ist der zentrale Gegenstand der Analyse in "2. Übung"?
Der Text analysiert den Begriff "Feuilleton", seine Entwicklung und Rolle im 20. Jahrhundert, insbesondere im Kontext der Wiener Presse. Ein besonderer Fokus liegt auf der Rolle jüdischer Autoren im Wiener Feuilleton und deren Darstellung durch Wilmont Haacke.
Wie definiert der Text den Begriff "Feuilleton"?
Der Text bezieht sich auf die Duden-Definition des Feuilletons als journalistische/literarische Kunstform im unterhaltenden, künstlerischen und wissenschaftlichen Teil der Tagespresse. Haacke differenziert weiter zwischen Feuilleton als Ressort, Stilform und "reinem" Feuilleton.
Welche Schwierigkeiten im Bezug auf das Feuilleton werden im Text angesprochen?
Haacke beschreibt Schwierigkeiten beim Erhalt des Feuilletons aufgrund seiner oft geringschätzenden Wahrnehmung durch Verlage und Redaktionen. Der Feuilletonist wurde als oberflächlich und unwissenschaftlich betrachtet. Der Text relativiert diese Sichtweise und betont die heutige Wertschätzung des Feuilletons als unterhaltsame journalistische Form.
Welche historische Rolle spielte das Feuilleton?
Das Feuilleton diente schon im Absolutismus als Forum für Regimekritiker (z.B. Heine und Börne), die zwischen den Zeilen revolutionäre Ideen äußerten. Auch die NS-Kulturpolitik konnte das Feuilleton nicht vollständig zum Schweigen bringen, obwohl es an Einfluss verlor.
Welche Rolle spielt die jüdische Beteiligung am Wiener Feuilleton laut Haacke?
Haacke sieht die jüdischen Feuilletonisten als mitverantwortlich für den Verlust an Ruhm des Feuilletons im 20. Jahrhundert. Er behauptet eine Linie jüdischer Manier und Verhaltensmerkmale in der Entwicklung des Wiener jüdischen Feuilletons, die er teilweise negativ darstellt.
Welche jüdischen Feuilletonisten werden im Text erwähnt und wie werden sie dargestellt?
Der Text erwähnt Joseph von Sonnenfels, Moritz Gottlieb Saphier, Daniel Spitzer, Peter Altenberg und Alfred Polgar. Die Darstellung ist von Haackes subjektiver Perspektive geprägt, mit differenzierenden Einschätzungen – während Polgar positiv dargestellt wird, werden andere Autoren kritisch bewertet, oft unter verallgemeinernden und stereotypen Vorurteilen.
Welche Kritik übt der Text an Haackes Darstellung?
Der Text kritisiert Haackes unsachliche und verallgemeinernde Darstellung der jüdischen Feuilletonisten. Die Behauptung, Juden seien für den Niedergang des Feuilletons verantwortlich, wird als überzogen und voreingenommen zurückgewiesen. Die Autorin/der Autor wirft Haacke auch Neid auf seine jüdischen Kollegen vor.
Welche Schlussfolgerung zieht der Text bezüglich des Niedergangs des Feuilletons?
Der Text argumentiert, dass der Niedergang des Feuilletons nicht primär auf jüdische Feuilletonisten zurückzuführen ist, sondern auf den gesellschaftlichen Wandel und die veränderte Funktion des Feuilletons. Die Notwendigkeit, Meinungen zu verschleiern, ist heutzutage nicht mehr gegeben.
Welche Literatur wird im Text genannt?
Der Text nennt folgende Literatur: Feldmeier (Hrsg.), Abiturtraining Geschichte Grundkurs K 12, Stark Freising, 1993; Gebhard, Handbuch der deutschen Geschichte, 4/2 „Die Zeit der Weltkriege“, Klett München, 1978; Grundkurs Geschichte K 12, Cornelsen Stuttgart, 1993.
2. Übung
Als Basis einer Diskussion der beiden Texte Wilmont Haackes „Das Wiener jüdische Feuilleton“ und „Das Feuilleton des 20. Jahrhunderts“ möchte ich zunächst den Begriff „Feuilleton“ allgemein klären. Das Dudenlexikon definiert „Feuilleton“ folgendermaßen:
„ Bezeichnung f ü r die journalistische bzw. literarische Kunstform, die dem unterhaltenden, k ü nstlerischen und wissenschaftlichen Teil der Tagespresse das Gesicht gibt. Das Feuilleton unterscheidet sich von anderen Formen der Berichterstattung und Unterrichtung durch den Stil und eine gepflegte Sprache. Es umfasst Fortsetzungsromane, Novellen und Skizzen, Besprechungen ü ber Theater, Literatur, bildende Kunst, Film und Fernsehen, popul ä rwissenschaftliche Darstellungen, sowie Nachrichten aus den Gebieten der K ü nste und Wissenschaften. “ Wilmont Haacke differenziert das Feuilleton des weiteren wie folgt: Zum einen als „das Ressort, wie es in Zeitungen, Zeitschriften und anderen Medien als selbständige Sparte oder Programmteil erscheint“. Weiterhin als Stilform, in der Nachrichten und Meinungen, „um des besseren Ankommens willen“, geschrieben werden und zum dritten als das „reine“ Feuilleton.
Des weiteren spricht Haacke von Schwierigkeiten, das Feuilleton zu erhalten, da es in seiner dreifachen, oben beschriebenen Form seit jeher von Verlagen, Redaktionen und Sendeleitungen „leichtfertig scheel“ angesehen wird. Ebenso werde der Feuilletonist als oberflächlicher, unwissenschaftlicher Schriftsteller belächelt, der sich, unsicher und eingeschüchtert, stets vor dem Spott der schreibenden Kollegen fürchten müsse.
An dieser Stelle möchte ich bemerken, dass ich diese Behauptung für etwas überzogen halte, dem Feuilletonisten wird heutzutage sehr wohl weitgehend der nötige Respekt gezollt. Zwar hat seine Funktion an „politischer“ Bedeutung verloren, da es heutzutage nicht mehr nötig ist, seine Meinung hinter gekonnten Wortspielen zu verstecken. Als Kabarettist unter den Journalisten wird der Feuilletonist gerade wegen seiner Fähigkeit, über die reine Berichterstattung hinaus, den Leser zu unterhalten, geschätzt.
Für die erkannte Notwendigkeit des Feuilletons spricht die Tatsache, dass es wider Erwarten immer noch existiert. Obwohl es, sei es durch Zensur und Sprachregelungen eingeschränkt wurde, hat sich das Feuilleton doch durch verschiedene politische Systeme hindurch gehalten.
Schon im Absolutismus war das Feuilleton ein Forum für Regimekritiker, so hatten unter anderen Jungdeutsche wie Heinrich Heine oder Ludwig Börne im Feuilleton die Möglichkeit trotz strenger Zensur und gegen oktroyierte Auffassungen, revolutionäre Ideen zwischen den Zeilen zu äußern: Während im politischen Teil der Zeitung die von Metternich erlassene „öffentliche Meinung“ zu lesen war, nahm vor allem Börne in Form von Theater und Literaturkritiken zu gesellschaftspolitischen Fragen Stellung und plädierte für eine republikanische Staatsform. Den gekonnten Wortspielen einiger Feuilletonisten sei Dank, konnte die Zensur nicht zupacken, die „Botschaft“ war ja auch nur zwischen den Zeilen zu lesen. Gerade deshalb wurde das Feuilleton den Verrissenen ein besonderes Ärgernis, weil es im Grunde unangreifbar war.
Selbst die wohlorganisierte NS-Kulturpolitik war nicht in der Lage, die leise Aussageweise des Feuilletons vollends zu stoppen. Jedoch wurde ihm innerhalb des deutschsprachigen Raumes sein bis dato gehaltener exponierter Platz genommen, und diese günstige Platzierung hat es nach 1945 auch nicht wieder erhalten.
Für die Tatsache, dass das Feuilleton im 20. Jahrhundert an Ruhm verloren hat, macht Haacke neben dem Nationalsozialismus auch die jüdischen Feuilletonisten verantwortlich. Er behauptet, dass sich, trotz Schwierigkeiten bei der Darstellung der Entwicklung des Wiener jüdischen Feuilleton eine durchgehende Linie erkennen lässt, die immer wieder die gleichen Wesensmerkmale jüdischer Manier und jüdischen Verhaltens aufzeige.
Diese Linie beginnt mit Joseph von Sonnenfels, den einzigen nennenswerten jüdischen Schriftsteller, den das 18. Jahrhundert hervorgebracht hat, traten Juden in der Wiener Presse zu dieser zeit nur vereinzelt auf. Sonnenfels, Herausgeber der Zeitschrift „Der Mann ohne Vorurteil“ galt als Vertreter aufklärerischer Ideen, seine Beiträge trugen feuilletonistische Züge.
Einer der ersten jüdischen Zuwanderer, die während des nächsten Jahrhunderts nach Wien kamen, war Moritz Gottlieb Saphier. Laut Haacke verflachte er das Feuilleton mit plumpen Wortspielen während er Heinrich Heine und Ludwig Börne kopierte. Die „selbstgefällige Eitelkeit“ erscheine als Kennzeichen des jüdischen Feuilletons, weiter beginne mit ihm die jüdische Schuld am schlechten Beigeschmack, den das Feuilleton nach und nach bekommen hat.
Saphiers unmittelbarer Nachfolger wurde Daniel Spitzer, der die feuilletonistisch witzige Form nutzte, um sämtliche Erscheinungen der österreichischen Öffentlichkeit herabzuwürdigen, dies zeigt sich zum Beispiel in den „Liedern eines Wiener Flaneurs“, die er für die „Deutsche Zeitung“ und später für die „Neue Freie Presse“ schrieb. Spitzers Humor lebte vom spitzfindigen Wortspiel und von der Antithese, aber er schrieb, was ihm Haacke zum Vorwurf macht, nicht mit Herz sondern mit Verstand.
Ein neuer Typ des jüdischen Feuilletons und der Ausdrucksweise entwickelte sich in Peter Altenberg, einem der Hauptvertreter des modernistischen jüdischen Feuilleton. Sein Feuilleton appellierte an das Gefühl und lehnte sich an den deutschen Wiener Feuilleton an. Jedoch würden die Momente der verfeinerten Beobachtung durch eine allzu gesuchte psychoanalytische Ausdeutung übertönt.
Ein formgewandter Nachfolger Altenbergs, Alfred Polgar, zeichnete sich durch eine verknappte, mehr und mehr versachlichte Form, einen telegrammhaften Stil und expressionistische Sprachverkürzung aus. Die Tatsache, dass Polgar wie Haacke beim „Berliner Tagblatt“ tätig war erklärt vielleicht, warum Haacke ausgerechnet und eigentlich nur über Polgar positives zu sagen weiß. Seine Berichterstattung trägt unsachliche, in höchstem Maße verallgemeinernde Züge, dies fehlen jedoch hier. So bezeichnet Haacke Polgar sogar als „einen der intelligentesten Zeugen“ dieser Zeit.
Die Juden seien es gewesen, die den Internationalismus in die österreichische Abeiterpresse brachten und das anscheinend unpolitische Feuilleton nutzen um ihn in die Herzen der lesenden Arbeiterschaft du „filtrieren“. Hier widersprechen sich Haackes Texte: Betont er auf der einen Seite die Funktion des Feuilletons Auskunft zu erteilen und Aufklärung zu vermitteln, welche es für den Leser unentbehrlich, und zwar nicht nur als schlichte Beilage zur Tagespresse mache, nennt er es hier „unpolitisch“.
Abseits von Juden dieser internationalistischen Prägung standen Theodor Herzl und Karl Kraus. Letzterer, Herausgeber der Zeitschrift „Die Fackel“ hätte während des Weltkrieges, wie auch andere Juden des Wiener Feuilletons, auf den Zusammenbruch seines Gastlandes hingewirkt und dazu beigetragen, dass das Feuilleton herabgekommen war.
Um dieses Herabkommen zu belegen, benennt Haacke einige typische Merkmale des jüdischen Feuilletons. So zerpflücke das jüdische, im Gegensatz zum deutschen Feuilleton den Gegenstand seiner Aufmerksamkeit und ziehe ihn in den Schmutz, während das deutsche zu erbauen und erheben wisse. Beraube man das jüdische Feuilleton seinem Wortwitz, mit dem es zwar gewisse Leserkreise zu amüsieren wisse, so lasse es „Güte, Wohlwollen und Herz“ vermissen. Während das deutsche Feuilleton schön und schlicht sei, wolle das jüdische anderen ein Urteil aufdrängen, da die Zugewanderten Wien mit vorgefasster Meinung sähen und deshalb die „wahren Erscheinungen des kleinen Lebens in lauter, eitler und witziger Geschwätzigkeit“ an ihnen vorübergingen. Weiterhin wären Juden ohnehin nicht in der Lage, Feuilletons von solcher Qualität zu schaffen, wie es deutsche Feuilletonisten täten, da sie innerlich unbeteiligt seien, und das Lokale ihnen versagt wäre, da sie vor allem den Wiener Dialekt nicht beherrschten. Erotik, Eitelkeit und Sensation in jüdischen Feuilletons trügen die Verantwortung dafür, dass das Feuilleton einen schlechten Ruf bekommen hätte.
Nach eingehender Lektüre und Auseinandersetzung mit diesem Text muss man zwangsläufig den Eindruck bekommen, die Juden wären schuld daran, dass das Feuilleton im 20. Jahrhundert an Ruhm verloren hat. Jedoch sollte man bedenken, dass sich die Zeiten geändert haben. Das Feuilleton hat gerade deshalb nicht mehr einen so hohen Stellenwert, da es nicht mehr notwendig ist, seine wirkliche Meinung hinter Wortspielen oder zwischen den Zeilen zu verstecken. Denn wie bereits erwähnt war das Feuilleton schön früh ein Forum sich zu gesellschaftspolitischen Fragen zu äußern, allerdings hinter vorgehaltener Hand. Heutzutage ist das Feuilleton doch eher zur Unterhaltung „degradiert“, eine Tatsache, die aber nicht jüdische Feuilletonisten zu verantworten haben.
Neben dieser Polemisierung störe ich mich vor allem an Haackes Art und Weise den „Werdegang“ des jüdischen Wiener Feuilletons zu beschreiben. Seine Berichterstattung trägt unsachliche, in höchstem Maße verallgemeinernde Züge, was diesen Text in meinen Augen unprofessionell macht. Die ständigen abfälligen Bemerkungen Haackes und seine Art, den deutschen Feuilleton über das jüdische zu stellen lässt eine Vermutung aufkommen: War er gar neidisch auf die Fähigkeiten seiner jüdischen Kollegen?
Anmerkungen
1 vgl. Grundkurs Geschichte, S 197
2 vgl. Feldmeier, S 241
Literatur
Feldmeier (Hrsg.)
Abiturtraining Geschichte Grundkurs K 12, Stark Freising, 1993
Gebhard
Handbuch der deutschen Geschichte, 4/2 „Die Zeit der Weltkriege“, Klett München, 1978
Grundkurs Geschichte K 12, Cornelsen Stuttgart, 1993
- Arbeit zitieren
- Laura Gandlgruber (Autor:in), 2000, Das Feuilleton, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96603