Die Karriere des Georges Duroy und die Bedeutung für den Roman „Bel-Ami“ von Guy de Maupassant


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

25 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der (scheinbare) Aufstieg Duroys

3 Die Identität Duroys

4 Lotmans Raumsemantik

5 Kritische Auseinandersetzung mit der Darstellung der Karriere Duroys

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Der Roman Bel-Ami ist eines der berühmtesten Werke des französischen Schriftstellers Guy de Maupassant. Das 1885 erstmals erschienene Werk handelt von dem Werdegang des ehemaligen Unteroffiziers Georges Duroy und spielt im Paris der 1880er Jahre. Der Protagonist begegnet zufällig einem ehemaligen Kameraden, der ihm zu einer Anstellung bei der Zeitung La Vie Française verhilft. Daraufhin gibt der Protagonist seinen unterbezahlten Arbeitsplatz bei der Bahn auf und beginnt seine Karriere als Journalist. Georges Duroy wird in die gehobene Pariser Gesellschaft eingeführt und macht Bekanntschaft mit diversen Damen, die ihm zu seinem finanziellen Aufstieg verhelfen. Am Ende des Werkes steht der ehemals mittellose Mann an der Spitze der Pariser Gesellschaft.

Es entsteht der Eindruck, dass der Protagonist beruflich und finanziell aufsteigt, während er moralisch verfällt, denn es gelingt Duroy nur, seinen sozialen Status und sein Ansehen zu verbessern, indem er sein fehlendes Talent für das Schreiben verbirgt und sich die moralisch fragwürdigen Vorgehensweisen der Presse aneignet. Auch die geschickte Ausnutzung einflussreicher Frauen, die dem Protagonisten diverse Vorteile verschaffen, scheint mit einem moralischen Verfall verbunden zu sein. Im Rahmen dieser Hausarbeit gilt es zu erforschen, ob es sich bei dem Werdegang Duroys tatsächlich um einen beruflichen, finanziellen und sozialen Aufstieg handelt, der jedoch mit einem moralischen Verfall verbunden ist. Zudem soll die Karriere des Protagonisten in Bezug auf die Raumsemantik des russischen Literaturwissenschaftlers Jurij Lotman untersucht werden, um deren Bedeutung für den gesamten Roman herauszustellen.

Im Folgenden wird zunächst die Darstellung des Werdegangs Duroys im Roman thematisiert, um deutlich zu machen, warum angenommen werden könnte, dass mit dem finanziellen und beruflichen Aufstieg ein moralischer Verfall einhergeht. Hierbei sollen die berufliche Sphäre, die erotische Sphäre und die Identität Georges Duroys betrachtet werden. Anschließend wird der erzähltheoretische Ansatz Lotmans erklärt, wobei der Fokus auf dem Sujetbegriff liegen soll. Dazu werden sowohl Kriterien für sujethafte als auch sujetlose Texte vorgestellt. In Hinblick auf diese Kriterien soll der Werdegang Duroys anschließend kritisch analysiert werden. Die bereits vorgestellten Sphären und die Identität Duroys werden vor dem Hintergrund des Sujetbgegriffes noch einmal aus einer anderen Perspektive betrachtet. Schließlich werden die Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst und es wird festgestellt, ob die Hypothese, dass Duroys finanzieller und beruflicher Aufstieg mit einem moralischen Verfall einhergeht, bestärkt werden kann. Außerdem wird die Frage beantwortet, ob es sich in Bezug auf Lotmans Raumsemantik bei dem Roman Bel-Ami um einen sujethaften oder einen sujetlosen Text handelt.

2 Der (scheinbare) Aufstieg Duroys

2.1 Die berufliche Sphäre

Die berufliche Entwicklung des Protagonisten Georges Duroy spielt eine zentrale Rolle in dem Roman. Zu Beginn ist der Protagonist noch bei der Bahn angestellt und verdient wenig Geld. Er muss sich sogar überlegen, ob er seine verbleibenden drei Francs am Ende des Monats für „deux dîners sans déjeuner“ oder „deux déjeuners sans dîner“1 ausgibt. Duroys Situation ändert sich jedoch durch die zufällige Begegnung mit seinem ehemaligen Kameraden Charles Forestier, der ihn zur Redaktion der Zeitung La Vie Française, bei der er arbeitet, mitnimmt. Dort macht der Protagonist bereits die Bekanntschaft einiger Journalisten. Während eines Abendessens bei Charles Forestier und seiner Frau Madeleine, lernt Duroy schließlich den Direktor der La Vie Française, Monsieur Walter, kennen. Dieser bietet dem ehemaligen Soldaten die Möglichkeit, einen Artikel über seine Erlebnisse im Krieg in Algerien zu schreiben.2 Obwohl Duroy noch nie etwas geschrieben hat, sieht er darin die Chance auf ein besseres Leben und willigt ein. Die Entwicklung, die er daraufhin bei der La Vie Française durchmacht, zeigt zum Einen seinen beruflichen Aufstieg und zum Anderen die unmoralischen Praktiken des Journalismus.

Es stellt sich schnell heraus, dass der Protagonist keinerlei Talent für das Schreiben hat. Dies führt dazu, dass er sich Hilfe bei Madeleine Forestier holt, die ihm schließlich seinen gesamten Artikel diktiert. Hier werden zum ersten Mal die moralisch fragwürdigen Herangehensweisen der Presse deutlich. Diese Presse hat in der Gesellschaft der Dritten Republik, die in dem Roman dargestellt wird, einen enormen Einfluss und große Macht. Sie wird als „force tyrannique et omniprésent“3 beschrieben und als „vénale et corrompu“4 bezeichnet. Zu Beginn seiner Karriere ahnt Duroy noch nichts von diesen Verhältnissen. Im Verlauf des Romans lernt er jedoch beispielsweise, dass genau der gleiche Artikel mit kleinen Modifikationen mehrmals veröffentlicht werden kann, um sich Arbeit zu ersparen5 oder wie die Presse mit gezielten Kampagnen politische Persönlichkeiten, wie Minister, denunzieren kann.6 „[...] dans la presse, comme dans les finances, comme dans la politique, tout est bon pour arriver vite et la fin justifie le moyen.“7

Durch die erlernten Praktiken gelingt es Duroy, trotz seiner mangelnden Schreibbegabung beruflich aufzusteigen. Anfangs schreibt er lediglich vereinzelte Artikel über seine Erfahrungen im Algerienkrieg. Als die „souvenirs d'un chasseur d'Afrique“ Erfolg haben, wird der ehemalige Soldat zum „chef des Échos“ befördert. Nachdem er anschließend zum „rédacteur politique“ aufsteigt, wird Duroy schließlich Chefredakteur.8

Mit dieser beruflichen Entwicklung geht auch eine Steigerung des sozialen Ansehens und der finanziellen Lage des Protagonisten einher. Dies wird besonders an der Wohnsituation Duroys deutlich. Während er zu Beginn in einem kleinen Zimmer in der Rue Boursault, in der er sich nicht wohlfühlt, lebt, verbessert sich mit zunehmendem beruflichem Erfolg auch die Wohnsituation des Protagonisten. Er verkehrt im Verlauf des Romans unter anderem in der Rue de Constantinople und der Rue Fontaine. Letztere ist „plus bourgeois, encore que récemment urbanisée et de population mêlée“9. Schließlich zieht Duroy als Chefredakteur der La Vie Française in die prachtvolle Rue du Faubourg-Saint-Honoré in Richtung der Champs-Elysées. Diese Tatsache beschreibt die berufliche und finanzielle Entwicklung Duroys und gibt ebenfalls Aufschluss über seinen sich verändernden sozialen Status. Während die Rue Boursault zu den boulevards extérieurs an der alten Zollgrenze gehört, sind die Boulevards in der Nähe der Champs-Elysées die Orte, an denen sich die Neureichen ansiedeln. Sie sind das Herz von Paris.10 Die Stadt als Schauplatz der Handlung erscheint insgesamt als „vaste champ clos où se livrent de dures batailles économiques, politiques et sociales“.11 Dort kommen nur die starken und geschickten Persönlichkeiten zu Erfolg und die ehrlichen Personen gehen unter. Paris wird vom Geld regiert und von jenen repräsentiert, die sich mit fragwürdigen Aktionen bereichert haben und die Stadt nun käuflich und tyrannisch erscheinen lassen.12 Der Preis für den beruflichen Aufstieg Duroys scheint auf den ersten Blick, ein damit verbundener moralischer Verfall zu sein.

Maupassant verwendet in seinem Roman zahlreiche sich wiederholende Motive und sprachliche Bilder, um den Aufstieg Duroys darzustellen. Ein besonders auffallendes Motiv ist jenes der Tür. Dabei wird es auf verschiedene Art und Weise eingebracht. Neben der geläufigen Verwendung einer Tür als Metapher für Erfolg und Weiterentwicklung sieht der amerikanische Literaturwissenschaftler Michael G. Hydak noch weitere Funktionen im Gebrauch dieses Motivs. Beispielsweise untermauere eine Tür, die in Verbindung mit Licht beschrieben wird, bedeutende Momente in der Karriere des Protagonisten.13 Dies wird besonders an der Stelle deutlich, an der Forestier den noch unerfahrenen Duroy mit zum Redaktionsgebäude der La Vie Française nimmt. Dort heißt es: „Ils arrivèrent au boulevard Poissonnière, devant une grande porte vitrée, derrière laquelle un journal ouvert était collé sur les deux faces. […] Au-dessus de la porte s'étalait, comme un appel, en grandes lettres de feu dessinées par des flammes de gaz: La Vie française. Et les promeneurs, passant brusquement dans la clarté que jetaient ces trois mots éclatants, apparaissaient tout à coup en pleine lumière, visibles, clairs et nets comme au milieu du jour, puis rentraient aussitôt dans l'ombre. Forestier poussa cette porte : -Entre, dit-il.“ 14

Hier bekommt Duroy die Möglichkeit, einen Einblick in die Arbeit der Journalisten zu erlangen und den Chef der Zeitung, Monsieur Walter, kennenzulernen. Dieser bietet ihm dauraufhin eine Anstellung an. Der Gang durch die erleuchtete Eingangstür der La Vie Française stellt für Georges Duroy den Anfang seiner Karriere als Journalist und somit auch seines beruflichen Aufstiegs dar, denn nach dieser Erfahrung kündigt er seine Stelle bei der Bahn und konzentriert sich auf seine Karriere als Journalist.

Auch das vorläufige Ende seines Aufstieges und somit der Höhepunkt seiner Karriere wird mit einer in Verbindung mit Licht auftretenden Tür dargestellt: „Il allait lentement, d'un pas calme, la tête haute, les yeux fixés sur la grande baie ensoleillée de la porte“.15 Bei dieser Tür handelt es sich um den Eingang der Kirche La Madeleine, in der die Hochzeit mit Suzanne Walter stattfindet. Diese Tür symbolisiert den Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt, in dem Duroy mit der Tochter einer einflussreichen Familie verheiratet und wohlhabend ist. Er erblickt außerdem während der Hochzeit den Saal, in dem sich die Abgeordneten der Nationalversammlung versammeln. Dies lässt in ihm den Wunsch entstehen, Abgeordneter zu werden: „Et il lui sembla qu'il allait faire un bond du portique de la Madeleine au portique du Palais-Bourbon.“16 Hier wird also deutlich, dass Duroys Karriere als Journalist ihm höchstwahrscheinlich die Türen zur Politik öffnen wird und so eine weitere Karriere möglich sein könnte.

2.2 Die erotische Sphäre

Der berufliche Aufstieg könnte ohne die sozialen Kontakte, die Duroy im Verlauf des Romans knüpft, nicht gelingen. Dies beginnt bereits damit, dass der Protagonist von seinem ehemaligen Kameraden Charles Forestier zum Journalismus gebracht wird und dieser ihm auch den Weg in die gehobene Pariser Gesellschaft bereitet. Allerdings ist es nicht allein Forestier, der Duroy zu seinem Aufstieg verhilft, denn vor allem seine diversen Liebschaften mit verschiedenen Frauen spielen eine zentrale Rolle dabei. Duroys gutes Aussehen und sein Charme verhelfen ihm zu Beziehungen mit Frauen, die ihm diverse Vorteile verschaffen.

Es scheint, als würde der Status der Frauen, zu denen der Protagonist eine Beziehung unterhält, auch seinen eigenen Status widerspiegeln. Die erste Frau, mit der Duroy im Roman in Kontakt kommt, ist die Prostituierte Rachel, die er in den Folies-Bergère kennenlernt. Sie hat einen niedrig angesehen Status in der Gesellschaft, genau wie Duroy zu Beginn. Rachel hat für ihn, außer der sexuellen Befriedigung, allerdings keinen Nutzen.17

Nachdem sich die beiden ehemaligen Kameraden Georges Duroy und Charles Forestier wiedergetroffen haben, lädt Forestier den Protagonisten zu sich nach Hause ein. Bei dem Abendessen im Haus der Forestiers lernt Duroy Clotilde de Marelle kennen. Sie ist eine Freundin von Madeleine Forestier und unglücklich mit einem Bahninspektor verheiratet, der oft unterwegs und nicht bei seiner Familie ist.18 Obwohl Duroy sich mehr für Madeleine Forestier interessiert, kommt es zu einer Liebschaft mit Clotilde de Marelle. Mit ihr fühlt sich der Protagonist „comme s'ils eussent été d'anciennes connaissances“.19 Sie führen eine nahezu eheliche Beziehung und Clotilde mietet sogar eine eigene Wohnung für die beiden in der Rue de Constantinople. Dies ist für Duroy eine eindeutige Steigerung, da er bisher in einer kleinen Wohnung in der Rue Boursault gelebt hatte.20 Clotilde de Marelle unterstützt den sozialen Aufstieg Duroys nicht unmittelbar. Sie repräsentiert allerdings eine wirkliche Freundin und Geliebte für ihn und er sieht mit ihr die Möglichkeit, sich der oberen Pariser Gesellschaft anzunähern.21 Außerdem hat die Beziehung zu ihr andere Vorteile für den Protagonisten, denn während dieser schärft Duroy seinen Geist und er erweitert „son expérience amoureuse et journalistique“.22 Weiterhin wird er immer sicherer und beginnt seine Talente zu erkennen. Zudem macht die Liebschaft mit Clotilde Madeleine Forestier nach und nach eifersüchtig, was Duroy sehr freut, da er sich schon lange für sie interessiert.23

Durch den Ehrgeiz und die Hartnäckigkeit des Protagonisten kommt es dazu, dass er schließlich auch Madeleine Forestier für sich gewinnt. Madeleine gehört zur Oberschicht der Pariser Gesellschaft, obwohl sie aus einfachen Verhältnissen stammt. Sie ist politisch interessiert, besitzt journalistisches Geschick und ist intelligent.24 Obwohl sie Duroy zunächst zurückweist, heiratet sie ihn nach dem Tod ihres Mannes Charles. Sie hat einen entscheidenden Einfluss auf die soziale Entwicklung des Protagonisten. Zum Beispiel bringt sie ihn dazu, seinen Namen von Duroy in du Roy de Cantel zu ändern, damit er mondäner und vor allem adliger klingt. Durch die Ehe mit Madeleine Forestier beschleunigt sich Duroys sozialer Aufstieg, da er mit einflussreichen Persönlichkeiten in Kontakt kommt, die aus Madeleines sozialem Umfeld stammen. Er tritt durch diese Ehe in die Pariser Oberschicht ein. Während der Protagonist Madeleine bewundert, sieht sie in der Ehe mit ihm einen Versorgungsgaranten und die Aufrechterhaltung ihres Standards nach dem Tod ihres Mannes. Sie liebt Duroy nicht wirklich. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass sie eine Affäre mit dem Minister Laroche-Mathieu beginnt und sich dabei von ihrem Ehemann erwischen lässt. Der Ehebruch ist für Georges Duroy nicht tolerierbar und er trennt sich von Madeleine. Zugleich nutzt er die Gelegenheit und schreibt einen Artikel über die Geschehnisse, um Laroche-Mathieu, der bis zu dem Zeitpunkt ein hohes Ansehen bei La Vie Française genossen hat, als Minister zu diskreditieren.25 Es ist hier erkennbar, dass Duroy Vorteile aus seinem privaten Leben für seine journalistische Karriere nutzt.

Bereits während der Ehe mit Madeleine hat Duroy eine Affäre mit Virginie Walter, der Frau des Zeitungsdirektors. Dies bietet Duroy wiedermal Vorteile für seine soziale und berufliche Entwicklung. Allerdings verliebt sich Madame Walter in ihn, während Duroy keine Gefühle für sie hat. Er nennt sie „crampon“26, was deutlich macht, dass ihm die Affäre mit ihr zu anstrengend ist. Jedoch erhält Duroy von Madame Walter viele Informationen, besonders in der Marokko-Angelegenheit. So zieht er wieder berufliche Vorteile aus seinen privaten Kontakten. Außerdem gelingt es ihm durch die gute Beziehung zu Madame Walter auch Monsieur Walter in seinem Interesse zu beeinflussen. Allerdings beendet Duroy die Affäre mit Virginie schließlich. Diese ist daraufhin tief verletzt und verzweifelt. Vor allem als Duroy sich entscheidet, die Tochter der Walters, Suzanne, zu heiraten, empfindet Virginie tiefen Schmerz und weigert sich, ihr Einverständnis für die Ehe zu geben.27 Allerdings bleibt ihr keine andere Wahl und so ehelicht ihr ehemaliger Geliebter ihre Tochter. Suzanne Walter stellt in dem Roman die vorläufige Vollendung des sozialen Aufstiegs dar, weil sie eine Mitgift in Millionenhöhe in die Ehe mitbringt.28 Da sich der Status seiner Geliebten kontinuierlich zu steigern scheint, ist anzunehmen, dass sich an der Wahl seiner Partnerinnen auch Duroys eigener sozialer Aufstieg erkennen lässt.

Auch der scheinbare Aufstieg bezüglich der Frauen beginnt mit einer in Zusammenhang mit Licht auftretenden Tür. Als Duroy zum Abendessen bei Forestier eintrifft, begutachtet er sich zunächst in einem Spiegel und bemerkt, dass sein Äußeres nicht so lächerlich und grotesk aussieht, wie er befürchtet hatte.29 Mit dem neuen Selbstbewusstsein klingelt der Protagonist bei den Forestiers und wird von einem Angestellten an der Tür empfangen. Das erste Zusammentreffen mit Madame Forestier wird dann folgendermaßen beschrieben:

„Et il jeta le nom derrière une porte soulevée, dans un salon où il fallait entrer. Mais Duroy, tout à coup, perdant son aplomb, se sentit perclus de crainte, haletant. Il allait faire sonpremier pas dans l'existence attendue, rêvée. Il s’avança, pourtant. Une jeune femme, blonde, était debout qui l'attendait, toute seule, dans une grande pièce bien éclairée et pleine d'arbustes, comme une serre.“30

Dieses erste Abendessen bei Charles Forestier und das Zusammentreffen mit dessen Frau bringen Duroy mit der gehobenen Gesellschaft in Kontakt und das Eintreten in die Wohnung markiert den Eintritt in eben diese Gesellschaft und die dafür typische Welt der Salons.31 Duroy trifft an dieser Stelle im Roman auf einflussreiche Männer und deren Frauen, die den Protagonisten äußerst sympathisch finden und sich daher sehr für ihn interessieren.

Der Literaturwissenschaftler Michael Hydak sieht die Frauen selbst als „doors to succes“.32 Dies sei besonders an der Szene zu erkennen, in der Duroy seine zwischenzeitliche Situation rekapituliert. Dort heißt es: „Ce qui l'humiliait surtout, c'était de sentir fermées les portes du monde, de n'avoir pas de relation à traiter en égal, de ne pas entrer dans l'intimité des femmes.“33 Tatsächlich lässt sich das Motiv der Tür des Öfteren im Zusammenhang mit den Liebschaften Duroys wiederfinden. Besonders auffällig wird ist es in Bezug auf Clotilde de Marelle verwendet. Als Duroy Clotilde das erste Mal besucht, findet er eine nicht verschlossene Tür vor.34 Diese symbolisiert die sexuelle Verfügbarkeit von Clotilde und den ersten Schritt, den Duroy in die obere Pariser Gesellschaft macht. Die Beziehung der beiden endet nach einem Streit in der Rue de Constantinople. Duroy lässt die vor Eifersucht verzweifelte Madame de Marelle in der gemieteten Wohnung zurück und knallt die Tür hinter sich zu.35 Dies ist nur eins von mehreren Beispielen.

Maupassant stellt augenscheinlich die Karriere Duroys durch den beruflichen Aufstieg und die sich sozial scheinbar steigernden erotischen Beziehungen dar. Zur Veranschaulichung verwendet er verschiedene Motive, wie jenes der Tür. Auch die im Roman auftretenden Frauen scheinen zu Duroys moralischem Verfall beizutragen. Sie können folgendermaßen beschrieben werden: „[...] elles sont mal mariées, adultères, trompent sans vergogne un mari aveugle ou complice. La mésentente règne dans le couple comme si l'incompréhension était règle et la méfiance un loi. Si bien qu'au nom de l'amour on ne connaît guère que l'horrible souffrance de l'abandon ou de la jalousie.“36

Die Frauen sind Teil einer verkommenen und geldgierigen Gesellschaft. Sie scheinen nur aus Geldgründen geheiratet zu haben und haben keine Skrupel, ihre Ehemänner zu hintergehen und auszunutzen. Indem Duroy sich mit ihnen einlässt und sich durch die Frauen Vorteile verschafft, scheint auch er Teil der verkommenen Gesellschaft zu werden.

[...]


1 Maupassant, Guy de, Bel-Ami, Paris 2008, S. 45.

2 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 69.

3 Delaisement, Gérard, Bel-Ami, Maupassant: analyse critique, Paris 1972, S. 31.

4 ebd.

5 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 100.

6 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 345.

7 Delaisement, analyse critique, S. 34.

8 vgl. Delaisement, analyse critique, S. 36.

9 Facheux, Annie, Étude sur Bel-Ami Maupassant, Paris 2015, S. 42.

10 vgl. ebd.

11 Delaisement, analyse critique, S. 20.

12 vgl. ebd.

13 vgl. Hydak, Michael G., Door Imagery in Maupassant's Bel-Ami, in: the French Review, Vol. 49, Nr. 3, 1976, S. 337.

14 Maupassant, Bel-Ami, S. 52.

15 Maupassant, Bel-Ami, S. 371.

16 ebd.

17 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 104.

18 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 86.

19 Maupassant, Bel-Ami, S. 109.

20 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 124.

21 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 119.

22 Delaisement, analyse critique, S. 44.

23 vgl. ebd.

24 vgl. Delaisement, analyse critique, S. 57.

25 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 344f.

26 Maupassant, Bel-Ami, S. 288.

27 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 356.

28 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 326.

29 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 61.

30 Maupassant, Bel-Ami, S. 63.

31 vgl. Hydak, Door imagery, S. 338.

32 Hydak, Door imagery, S. 339.

33 Maupassant, Bel-Ami, S. 107.

34 vgl. Maupassant, Bel-Ami, S. 108.

35 vgl. Hydak, Door imagery, S. 340.

36 Delaisement, analyse critique, S. 12.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Karriere des Georges Duroy und die Bedeutung für den Roman „Bel-Ami“ von Guy de Maupassant
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Romanistik)
Veranstaltung
Aufbaumodul Literaturwissenschaft
Note
1,3
Jahr
2016
Seiten
25
Katalognummer
V966129
ISBN (eBook)
9783346314734
ISBN (Buch)
9783346314741
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Maupassant Bel-Ami Georges Duroy
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Die Karriere des Georges Duroy und die Bedeutung für den Roman „Bel-Ami“ von Guy de Maupassant, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/966129

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