Konzert für Mandoline in C-Dur RV 425 von Antonio Vivaldi. Ein Vorbereitungsstück für die "Vier Jahreszeiten"?


Hausarbeit, 2020

13 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Fragestellung und Vorgehen

2. Formanalyse
2.1 Das Ritornell bei Vivaldi
2.2 Formelle Übersichtsanalyse des 1. Satzes
2.3 Analyse

3. Die Mandoline als Instrument
3.1 Die „lombardische“ und „neapolitanische“ Mandoline
3.2 Die Mandoline in Vivaldis Werken:

4. Schlusswort

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen des Moduls 6 „Musikgeschichte des 15. bis 17. Jahrhunderts- Grundlagen“ soll in der folgenden Hausarbeit Antonio Vivaldis (1678-1741) „Konzert für Mandoline“ C-Dur RV 425 untersucht werden. Zunächst soll eine historische Einordnung des Werks sowie die Hervorhebung der Einzigartigkeit des Soloinstruments, die Mandoline, erfolgen. Unter Berücksichtigung des formellen und harmonischen Aufbaus des Stücks, werden Passagen untersucht, die besonders auffallend kurz erscheinen. Hierbei sind am Anfang des Arbeitsprozesses folgende Fragen entstanden, welches das Werk aufwerfen: Oft wird das zu untersuchende Konzert in Verbindung mit den „ Vier Jahreszeiten“ gebracht. Nicht ohne Grund wird es oft in Verbindung mit ihnen aufgeführt, denn sie sind beide in Opus 8 enthalten, welches im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher erläutert wird. Unter den besonderen Bedingungen der Bibliotheksschließung und dem begrenzten Zutritt auf aussagekräftige Quellen wurde sich in dieser Arbeit zunächst auf Online-Ressourcen bezogen, die universitätsintern zugänglich waren. Im Verlauf der Arbeit und mit der Auflockerung des Zugang der Uni- und Fachbibliothek der Musikwissenschaft wurde anschließend mit weiterer Literatur gearbeitet.

1.1 Fragestellung und Vorgehen

Zu allererst wirft es die Frage auf, ob es sich hierbei um eine Art Vorbereitungsstück für die „Vier Jahreszeiten“ handelt. Auch ist die extreme Kürze des dreisätzigen Konzertes auffallend. Mit einer Gesamtdauer von ca. 7 Min. wäre sie nicht nur passend für eine Einstimmung, sie lässt auch vermuten, dass der Grund an dem Soloinstrument liegen könnte. War und ist es allenfalls nicht möglich lange Spielpassagen für die Mandoline zu komponieren, da dies die Technik und die Gegebenheiten des Instruments nicht zulassen? Obwohl das Instrument einer großen Beliebtheit und Verbreitung oblag, fiel bei der Recherche zunehmend auf, dass es im Allgemeinen nur wenige klassische Solowerke für Mandoline komponiert wurden. Die Gründe hierbei mögen in der Geschichte des Instruments oder auch ihrer zu adaptierenden Stimmlage liegen. Allein in Vivaldis umfassendem Werksverzeichnis sind ausschließlich zwei Konzerte für Mandoline geschrieben worden. Also weshalb wurde das Nationalinstrument Italiens von klassischer Werksliteratur derart außen vor gelassen?

Unter Berücksichtigung der Kompositionstechniken Vivaldis wird der Ritornell Aufbau untersucht und vergleicht, ob Vivaldi sich hier besonders um „Ritornelle“ versucht. Es wird sowohl die Bibliografie und die zeitliche Einordnung des Stückes als auch die Anatomie des Instruments und die technischen Anforderungen der Aufführung berücksichtigt

2. Formanalyse

Vivaldi bevorzugte in seinem Solokonzerten fast ausschließlich die dreisätzige Kompositionsform1. Die meisten der über 450 komponierten Konzerte für Soloinstrument und Orchesterbegleitung besitzen die Tempofolge schnell - langsam - schnell (allegro - largo - allegro)2. Doch das Schaffen Vivaldis war keinesfalls von Eintönigkeit geprägt: Walter Kolneder führt in seinem Werk „Die Solokonzertform bei Vivaldi“ auf, dass es neben routinierten Kompositionstechniken durchaus „[…] großer Zahl [an] Lösungen [zu finden sind], die durch eine Fülle von Feinheiten überraschen und die reichen Variationsmöglichkeiten dieses scheinbar so starren Schemas zeigen.“3

2.1 Das Ritornell bei Vivaldi

Der erste Satz, der in dieser Arbeit ausschließlich untersucht werden soll, ist grob gefasst in einer typischen Ritornellform geschrieben. Auch wenn hier von einer für Vivaldi bezeichnenden Form gesprochen wird, wurde versucht unter möglichst kritischen Auge zu analysieren. In vereinfachter Form spricht man von einem Ritornell, wenn sich die Begleitung (im diesem Fall die Abschnitte für Streichinstrumente (archi) und Basso Continuo (weiterhin abgekürzt mit B.C.)) mit den Soloabschnitten abwechseln. Ebenso könnte, für eine bessere Verständlichkeit, statt Ritornell der Begriff „Orchestertutti“ verwendet werden4. Auch Kolneder bezeichnet das Ritornell als Tutti, zu beachten sei hierbei allerdings die totale Ordnung5. Wiederholt unterbricht das Orchester den Solisten, welches somit einen musikalischen Dialog zur Folge hat. Bei der Lektüre des Buches von Kolneder, stieß ich auf folgenden Satz den ich gerne vorab der Analyse aufführen möchte. „Vivaldische Ritornelle überraschen fast durchwegs durch die Reichhaltigkeit der Gedanken.“6. Die einzelnen Motivgruppen lassen sich bei Vivaldi in der Reihenfolge verändern, derartige Versuche seien laut Kolneder aber nicht etwa ästhetische Spielereien, sondern vielmehr Vivaldis Technik, „[…] das Ritornell in der Wiederkehr umzubilden.“7 Unter Berücksichtigung diesen Gedankens möchte ich im nächsten Teil der Arbeit zur Analyse übergehen.

2.2 Formelle Übersichtsanalyse des 1. Satzes

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Folgenden möchte ich für ein besseres Verständnis dem 1. Satz eine formelle Übersicht geben. Anhand der im folgenden aufgeführten Tabellen, sollen Rhythmik, Melodik, Harmonik und Systematik besser kommuniziert sein. Orientiert habe ich mich hierbei bei der Formanalyse von Felix Diergarten8 und an seine Tabelle auf Seite 213 und an Kolneders Formschema auf Seite 10.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3 Analyse

An der folgenden Übersicht ist zu sehen, dass der erste Satz in der Grundtonart beginnt und endet und sich an die verwandten Tonarten hält. Alle Teile stehen in Dur, lediglich Solo 3 ist in e-moll geschrieben.

Auffallend am Notenbild sind in diesem Konzert die Oktavsprünge in Form von 16-tel-Gruppen, meist in 4er oder 2er-Gruppen angeordnet. Auch ohne mithilfe eines Audiobeispiels lässt sich erkennen, dass der Satz eine strenge Aufbauform verfolgt. Wie viele seiner Werke, lässt auch hier Vivaldi das Motiv in eine Kadenz im Unisono abschließen (Takt 10). Laut Kolneder sollen solche Unisono-Phrasen besonders bei Komponisten, die viel geschrieben haben, eine Arbeitserleichterung gewesen sein9. In diesem Konzert sind die einzelnen Motivgruppen deutlich sichtbar und es ist leicht zu erkennen, wo diese beginnen und enden. So ist es ebenso leicht nachvollziehbar, dass Vivaldi in seinem Kompositionsprozess durchaus von einzelnen Teilen Gebrauch gemacht hat. Die Motivgruppen seien laut Kolneder durch Pausen getrennt und die Einschnitte nicht immer mit zusätzlichen Motiven übergeleitet10, so auch in diesem Werk in Takt 10, wo der Eröffnungsteil in den Soloteil übergeht.

„Die Einbeziehung des Soloinstruments in das Ritornell stellt nichts ungewöhnliches dar, wenn man berücksichtigt, daß der Solist damals alle Ritornelle mitzuspielen pflegte.“11 Grund dafür sei, dass damals der Solist zugleich die Funktion des Konzertmeisters und somit die Führung des Ensembles übernahm12. Technisch war dies möglich, da noch keine großen Konzerträume vorhanden waren und demnach die Besetzung auch dementsprechend klein gehalten wurde. So ist es nicht verwunderlich, dass gleichzeitig Mandoline und Orchester einsetzen bis in Takt 10 das Solo beginnt.

3. Die Mandoline als Instrument

Die Mandoline [von italien. mandolino, wohl Diminutiv von mandola] ein in mehreren Arten existierendes Zupfinstrument des Lautentypus13. Sie besitzt einen ausgewölbten Korpus, im Vergleich zur Laute jedoch in ihrer Größe kleiner. Die zwei wohl bekanntesten Arten sind die sogenannte lombardische und neapolitanische Mandoline, die es womöglich vereinzelt bereits ab dem 15. Jahrhundert gab. In der heute ähnlichen Art jedoch entstand sie erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts, wo sie sich im 18. Jahrhundert zum italienischen Nationalinstrument entwickelte und und in den übrigen Teilen Europas Verbreitung fand. Interessant ist die Bauweise der Mandoline, denn sie soll uns in der Analyse und Interpretation des Mandolinenkonzerts zu Hilfe kommen. Sie ist wie bei einer Violine in Quinten (g-d-a-e) gestimmt und kann sowohl mit bloßen Fingern gezupft als auch mit einem Plektron angerissen werden. Ebenso wie bei einer Gitarre ist das Spielen mit einem Plektron präziser und aphoristischer Klang und ermöglicht den für die Mandoline typischen Tremoloklang hervor. So ist es mittlerweile geläufiger mit einem Plektron zu „zupfen“. Mit einer insgesamten Mensur von ca. 30 bis 40cm und dementsprechend kleinem Griffbrett ist die Mandoline ein Instrument, welches für schnelle, feine Artikulationen geeignet ist. (Fußnote, ich habe es selbst ausprobiert) Die Herausforderung liegt hierbei in der Präzision und Schnelligkeit der Bewegungen aus dem Handgelenk, ohne zu Verkrampfen oder ungenau zu werden. Wie bei allen Zupfinstrumenten mag auch eine weitere Herausforderung die Artikulation sein. Je nachdem wie man das Plektron an die Saite anlegt verändert sich der Klang, doch mag dies bei einem schnellen Stück wie dem Mandolinenkonzert viel Übung erfordern. -bwohl es bereits ca. 2300 v. Chr. Spuren in Mesopotamien und Westasien von Instrumenten mit einem runden Korpus und einem langen Hals aufzuspüren war, ist es einerseits wegen ihrer großen Bandbreite an Arten und andererseits ihrer Nachweislichkeit erst sinnvoll, die Zeitgrenze für die Untersuchung erst im Mittelalter zu setzen14. In den folgenden Abschnitten soll versucht werden, der Fülle an Bezeichnungen und ihrer historischen Einordnung ein wenig Klarheit zu verschaffen.

Bis vor Kurzem war die Bezeichnung „Mandore“ in der Musikwissenschaft geläufig. Didier Le Roux und Jean-Paul Bazin erläutern in ihrem Vortrag, welches im Rahmen des „Mandolinen-Symposium“ 1988 veranstaltet von der „Bundesakademie für musikalische Jugendbildung“ abgehalten wurde, dass diese Bezeichnung jedoch bis 1580 sehr selten in der Dokumentation zu finden war. Vielmehr sprach man von „Quintern“ (franz. guiterne, engl. gittern, span. guitarra, ital. chitarra), was im Mittelalter als mandolinenähnliches Instrument entsprach und große Verbreitung fand. Die Behauptung liegt nahe, dass das Mittelalter die Blütezeit von „Quintern“ entsprach. Es gab jedoch gleichzeitig ein Instrument, welches der Gitarre ähnelte und „Citole“ bezeichnet wurde15. Deutlich unterschied man ebenso von der Laute, denn anhand von Quellen wird ersichtlich, dass diese deutlich größer war und nicht die Mandolinen typische Sichelform besaß. Le Roux und Bazin betonen hier, dass es sich bei Quintern nicht um eine Weiterbildung der Laute handelt sondern vielmehr um ihre „Schwester“16. Das einzige heute noch existierende Instrument seiner Art wird heute in der Wartburg (Eisenach) aufbewahrt, welches ca. 1450 von Hans Oth in Nürnberg gebaut wurde17.

Auch wenn zu erwarten ist, dass die Mandoline in Italien ihren Ursprung fand, verläuft die Geschichte des Instrument weiter über Spanien nach Frankreich. Zwischen Mittelalter und Spätrenaissance existierte in Spanien die Bandurria, ein dreisaitiges Instrument in Quart-Quint-Stimmung, was als „Vorläufer der Mandore“ vermutet wird18. In der im Jahr 1585 verfassten „Anleitung zur Mandore“ (Instruction pour la Mandore), das älteste existierenden Dokument zur Beschreibung der Mandoline, schrieb Adrien Le Roy (Fußnote: um 1520 in Montreuil; † 1598 in Paris), war ein französischer Lautenist, Musikverleger und Komponist.), dass der Ursprung der „Mandore“ bei spanischen Schäfern zu finden sei. Dabei handelt es sich ebenso um ein Instrument mit vier Saiten und neun Bünden19. In Frankreich im 17. Jahrhundert entsteht Literatur, die sich der Mandoline widmen. So erscheinen Werke wie das „Syntagma Musicum“ (1619) von Michael Praetorius (Fußnote:) oder Marin Mersenne (Fußnote: ) „Harmonie Universelle“, wo die „Mandore luthee“ ausführlich in seinem Bau beschrieben wird. Die damaligen französischen Tabulaturen für Mandoline besäßen im Gegensatz zu Lautentabulaturen andere Aufschlagbezeichnungen. Auch in England und Deutschland entstanden zwischen 1625 bis 1680 Sammelbände, die sich der „Mandore“ widmeten20. Sie orientierten sich mehr an das französische System als dem italienischen. Die Diagnostik wird ab Ende des 17. Jahrhunderts schleierhaft: Die Autoren beschreiben, dass ab diesem Zeitraum „[…] die Bezeichnung „Mandore“ sehr willkürlich gebraucht worden zu sein [scheint, denn] vor allem wurde damit eine kleine Laute bezeichnet.“21 Die „Mandore“ schien um 1670 in Frankreich, Deutschland und England nicht mehr großen Anklang zu finden, der Begriff jedoch wurde in Deutschland bis Anfang des 19. Jahrhunderts verwendet, um „[…] eine Art Gitarre mit Lautenkörper […]“ zu beschreiben22.

[...]


1 Kolneder, Walter: Die Solokonzertform bei Vivaldi (Sammlung musikwissenschaftlicher Abhandlungen), Strasbourg/Baden-Baden 1961, S.27

2 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.27

3 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.27

4 Diergarten, Felix: Musikalische Analyse: Begriffe, Geschichte, Methoden (Grundlagen der Musik 8), Lilienthal 2014, S.212

5 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.7

6 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.29

7 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.29

8 Vgl. Diergarten, F. (2014), S.213

9 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.32

10 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.29

11 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.48

12 Vgl. Kolneder, W. (1961), S.48

13 Ruf, Wolfgang (Hrsg.): Lexikon Musikinstrumente, Mannheim/Wien/Zürich 1991, S.304 Sp.1

14 Fritsch, Rolf: Bundesakademie für musikalische Jugendbildung, Mandolinen Symposium 1988 Dokumentation, Trossingen 1988, S.13

15 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.13

16 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.14

17 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.13

18 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.14

19 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.14

20 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.15

21 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.15

22 Vgl. Fritsch, R. (1988), S.15

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Konzert für Mandoline in C-Dur RV 425 von Antonio Vivaldi. Ein Vorbereitungsstück für die "Vier Jahreszeiten"?
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Proseminar zur Musikgeschichte des 15. bis 17. Jahrhunderts: Antonio Vivaldi
Note
1,0
Jahr
2020
Seiten
13
Katalognummer
V966167
ISBN (eBook)
9783346316806
ISBN (Buch)
9783346316813
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antonio Vivaldi, Mandoline, Konzert für Mandoline, Klassik, Musikwissenschaft, historische Musikwissenschaft, Geschichte der Mandoline, Venedig, Ritornell
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Konzert für Mandoline in C-Dur RV 425 von Antonio Vivaldi. Ein Vorbereitungsstück für die "Vier Jahreszeiten"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/966167

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