SYMBOLISMUS
Die Chronik des Symbolismus kann man nicht in einen bestimmten Zeitraum zwängen. Es gibt keine Epoche oder definierte Bewegung, denn Symbolismus ist zu jeder Zeit der Kunst möglich. In der Romantik z. B. bei Caspar David Friedrich, anders im Realismus, anders wieder bei Hans von Marees u. a. Im engeren Sinne jedoch meint Symbolismus in der Malerei eine Kunstströmung um die Jahrhundertwende. Dabei ist die Nähe zum Jugendstil und zum Vorexpressionismus unübersehbar und die Grenzen sind fließend, wie zum Beispiel bei Ferdinand Hodler und Edward Munch.
Die Chronik des Symbolismus kann man nicht in einen bestimmten Zeitraum zwängen. Es gibt keine Epoche oder definierte Bewegung, denn Symbolismus ist zu jeder Zeit der Kunst möglich. In der Romantik z. B. bei Caspar David Friedrich, anders im Realismus, anders wieder bei Hans von Marees u. a. Im engeren Sinne jedoch meint Symbolismus in der Malerei eine Kunstströmung um die Jahrhundertwende. Dabei ist die Nähe zum Jugendstil und zum Vorexpressionismus unübersehbar und die Grenzen sind fließend, wie zum Beispiel bei Ferdinand Hodler und Edward Munch.
Gegen Ende des 19. Jh. wird die Gesellschaft von verschiedenen Entwicklungen dieser Zeit bewegt und bestimmt. Zu dieser „Gründerzeit“ gibt es viele neue Erfindungen. Die Entdeckung des Phänomens der Radioaktivität, die Erfindung der Photographie, die rasche Entwicklung der Eisenbahn. Die Erfahrung der Großstadt, die schnell fortschreitende Industrialisierung wirkt bestärkend auf Probleme wie Isolation, Alkohol- und Drogensucht denn die Menschen haben Probleme, sich der neuen Zeit anzupassen. Die Politik zur Zeit Kaiser Wilhelm II. (1888-1918) wird stark von militärischen Aspekten bestimmt. Dem wissenschaftlichen Materialismus scheint im Bündnis mit liberaler und demokratischer Politik die Welt zu gehören. Darwin (1809-1882) veröffentlicht seine Theorie (Darwinismus) „Der Mensch ist von seiner Umwelt und seiner Vererbung determiniert. Er ist nicht mehr das Ebenbild Gottes.“ Friedrich Nietzsche (1844-1900) erklärt: „Es gäbe keine religiöse Bindung mehr und keinen übergeordneten Sinn. Man wertet alle Werte um.“ Die Theorie des Nihilismus findet viele Anhänger. Sigmund Freud (1865-1939) entdeckt im Rahmen der Psychoanalyse das Unbewußte, arbeitet an der Traumdeutung, veröffentlicht die Lehre von Ich, Es und Über-Ich, untersucht den Verlust der Identität.
In den Jahren nach der Vereinigung Deutschlands 1871 entwickelt sich ein neureiches, selbstzufriedenes Bürgertum. Die Väter der Intellektuellen und Künstler kommen meistens aus dem Bürgertum, und der Konflikt mit den Vätern wird ein wichtiges Motiv vor allem in der Literatur dieser Zeit. In der Kunst wiederum werden auch neue Tendenzen spürbar. Der Historismus wird als theatralisch immer mehr abgewertet und der Realismus verliert seine innovative Kraft. Der etablierte
Impressionismus wird als überfeinerte, sich in der Darstellung der reinen Oberfläche des Daseins erschöpfend Kunstrichtung, bereits von manchen abgelehnt.
Die Merksätze des Impressionismus: „Kunst ist nicht Natur, Kunst ist Bearbeitung der Natur durch den formenden Geist. Sie verwandelt mit Hilfe des Ordnungsgefüges der farbigen Formen, die dem Auge erscheinende Welt in eine in menschlichem Geist wirklich werdende Welt“ lassen eine Kunst als Harmonie parallel zur Natur entstehen, die in der Form von zwei Richtungen erscheint:
Seurat und Cézanne entwickeln exakt durchdachte bildbahnende Elemente. Das Bild als Ordnungsgefüge aus gesetzmäßig lagernden rhythmischen farbigen Formen. Gaugin und van Gogh dagegen verwandeln durch genaue Befragung der Mittel die linearen Elemente in Ausdrucksarabeske und die farbigen Elemente in Ausdrucksfarbe.
So tritt der Maler nach und nach in ein aktives Antwortverhältnis zu den Dingen. Er formt es nicht als Erscheinung ab, sondern schafft ein Bezug, sichtbar in Formen. Das ist die notwendige Folge des Lebensentwurfs, der den Kampf und Bewältigung dieser Menschen gegen die Welt beinhaltet. Natur wird als „etwas anderes“ empfunden und somit als Angriff verstanden.
Bereits Monét beginnt die Gegenstände in Farbe aufzulösen und erreicht einen hohen Auflösungsgrad des Dinglichen.
Symbolismus ist in den letzten 200 Jahren stets ein Mittel des Protestes gewesen. Seit der Romantik um 1800 richtet er sich gegen die Verendlichung der Welt. Nun wird er zu einer Art Filter einer geistigen Bewegung, in dem der aufgetauchte Widerspruch zwischen der sinnlichen und der geistigen Welt auf Lösung dringt. Courbet, ein Realist, lehrt: „Malerei ist zur Folge ihres Wesens eine konkrete Kunst und kann nur in der Wiedergabe wirklich existierender Dinge bestehen. Ein abstraktes nicht existierendes Objekt, gehört nicht der malerischen Domäne an.“ In Symbolismus aber beginnt man zu begreifen, daß gerade die Malerei „jene Kunst ist, die die Wege ebnen wird, in dem sie den Widerspruch zwischen der sinnlichen und geistigen Welt löst.“ ( Achilles Delaroche.)
Das abstrakte, nicht existierende Objekt tritt ein. Auch die symbolistische Dichtung setzt an als Protest gegen den naturalistischen Lebensentwurf und die Materialisierung und Mechanisierung des Daseins.
Im Reflex der Romantik ist der Traum vom Universum gewisser als jede Wirklichkeit.
Metaphorische Zeichen und das Spiel mit realen und imaginierten Sinneseindrücken verleihen der Kunst eine geheimnisvolle magisch-mystische Atmosphäre von großer Intensität. Die Schönheit für sich wird zum Ziel und Ideal der Kunst. Die Poesie soll von Bindung an Zweck, Belehrung, Moral und Realität befreit werden. Nicht die äußere Wirklichkeit sondern die innere Welt, die Ideen und Träume sind interessant. Motive der Visionen, mit religiöser Mystik bereichert, tauchen auf. Und auch Musik wird als schöpferische geistige Erleuchtung betrachtet, denn sie sei im Stande das Unfaßliche und nicht darstellbare Wesen der Welt wiederzugeben. „ Und da die Harmonie aus Dissonanzen zusammengesetzt wird, muß auch die Kunst Dissonanzen haben, um auf den Menschen zu wirken, da die Seele des Menschen gleichermaßen Dissonanzen aufweist.“ (Bergson)
Die Bilder basieren auf sensiblen assoziativen Verbindungen, sind voller Andeutungen. Sie verflechten die literarischen und musikalischen Erkenntnisse der gegenwärtigen Künstler in sich. Emotionale Darstellungen der Natur, die tragisch melancholische Stimmungen enthalten, die empfundene Natur, jedoch nicht expressiv, sondern melancholisch, morbide, geheimnisvoll und von einem Schicksal bestimmt, das sowohl als unaufwendbar, als auch ungeheuer mächtig gefühlt wird, das alles spiegelt die Atmosphäre des ausgehenden Jahrhunderts wieder.
Das Unsagbare, also die innere Wirklichkeit ist nur durch die Symbolkraft des schönen künstlerischen Ausdrucks vermittelbar, und der Gehalt dieser Schöpfung ist die Schönheit allein, sie hat nichts mit der realen äußeren Welt zu tun, erkennen die Symbolisten der Jahrhundertwende.
„ Die Versenkung in die Dinge, das Bild, das sich aus den Träumen löst, die Dinge hervorrufen, das ist dichterischer Gesang. Ein Ding direkt benennen, heißt dreiviertel vom Wert des Gedichtes unterdrücken, das in dem Glück besteht, nach und nach in die Tiefe zu ahnen. Andeuten, nahelegen, da liegt der Traum. Das ist der vollkommene Gebrauch dieses Geheimnisses, daß das Symbol bildet. Ein Ding nach und nach heraufrufen, um einen seelischen Zustand zu zeigen oder umgekehrt, ein Ding wählen und daraus durch eine Reihe von Entzifferungen einen seelischen Zustand ablösen,“ erklärt Stephane Mallarmé, der als Meister der Zeit gilt, an seine Schüler.
Die Symbolisten glauben, in der Kunst durch ein Mittel intuitiv das göttliche Geheimnis zu ergründen. Sie streben von der sichtbaren Realität zum Zeitlosen, zum ideellen Wesen der Welt und ihrer transzendentalen Schönheit zu gelangen. Unter dem Schlagwort „L’art pour L’art“ treffen sich Literaten und bildende Künstler zu einem neuen bewußten Kunstwollen. Ganz allgemein erwartet man in einer sehr dem Materiellen anhängenden Zeit eine Erneuerung des geistigen Lebens durch die Kunst. Die Ideen der deutsch-klassischen Romantik und deutschen Idealismus brechen ein. Die neue Einsicht das Universum sei aus unseren Ideen gebildet, wird zum philosophischen Hintergrund. „Die Welt ist meine Vorstellung.“ (Schopenhauer). Die Traumlyrik von Edgar Allen Poe, die Empfindsamkeit von Shelley beeindrucken die Symbolisten.
Man wendet sich auch den Präraphaelliten zu und lernt ihre Darstellungsweise zu schätzen. Die Malerei der Präraph. entwickelt sich in Großbritannien Mitte des 19. Jh. Eine Mischung von realistischen und idealisierenden Tendenzen bleibt eine spezifisch englische Sonderform. Da vielen jungen Malern die Lehrmethoden und Maßstäbe der Akademien einengend erscheinen, suchen sie ihre Vorbilder in der von Ihnen als unverdorben eingeschätzten Kunst vor Raphael, bei den italienischen Quattrocentisten, da sie glauben in der archaischen Aufrichtigkeit der alten Meister liege der Schlüssel zur Wiederbelebung der zeitgenössischen Kunst. Diese Einstellung findet ihren Ausdruck vor allem in der Vorliebe für christliche und nicht zeitgenössische Themen wie z. B. der Historie, Literatur und Sagen entsprungen. Die Bevorzugung der alten Kunst ist als Suche nach einer neuen Position zu betrachten, dennoch wirkten die alten Meister noch in einer weiteren Hinsicht auf ihre Art von Malerei: Durch Abnahme des total vergilbten Firnisses auf einigen Bildern des 15. Jh. wurde erstmals wieder deren überraschende Farbigkeit entdeckt. Obgleich viele Zeitgenossen diesen Eingriff als Entstellung empfinden, da man den dunklen gewohnten Galerieton für authentisch hielt, greifen die Präraphaelliten die neuen Erkenntnisse auf und geben ihren Bildern eine leuchtend bunte Farbigkeit.
Darüber hinaus weist ihre Malerei eine überscharfe Detailgenauigkeit auf, die sich auf Sorgfältiges recherchieren von Einzelheiten und intensives Naturstudium gründet.
Das Neue an den Werken der Maler des Symbolismus ist also, daß sie nicht wie zuletzt die Impressionisten die Wiedergabe der äußeren Erscheinungen und ihrer atmosphärischen Ausstrahlung anstreben, sondern das Dargestellte symbolhaft auffassen und verstanden wissen wollen. Sie bedienen sich bei der Gestaltung des Symbolischen einer reichen Verkleidung mit dekorativen Formen. Was ist ein Symbol? Das griechische Wort „symbolen“ bedeutet Zeichen, Sinnbild. Symbolistische Kunst soll also Zeichen oder Gegenstände finden, die über das Dargestellte hinaus auf einen tieferen Sinn weisen, daher gewinnen Phantasie, Traum, Halluzination, Vision eine neue Bedeutung. Auf das Durchscheinen des Anderen, Größeren, Umfassenderen durch das an der Oberfläche Dargestellte wird viel Wert gelegt. Die Bildwelt des Symbolismus‘ ist wiederum sehr vielfältig. Landschaften, Kultbilder und Kulträume, Kosmisches, Eros, Träume, Masken, Tiere, Blumen und vieles andere können symbolisch aufgeladen sein.
„Das symbolisierte Motiv erscheint stets in neuen Zusammenhängen. Zunächst in einem bald rationalen, bald irrationalen Gedankenzusammenhang. Dann in einer teils bewußten teils unbewußten Ideenassoziation. Schließlich in verschiedenen persönlichen Erlebniszusammenhängen, die der gleichen objektiven Erfahrung einen jeweils verschiedenen Sinn geben. Das gleiche Symbol mag für den Autor etwas anderes bedeuten als für den Betrachter. Und für den einen Betrachter etwas anderes als für den anderen (...) Es muß vielmehr überdeterminiert sein und zum Teil Ursprünge haben derer sich weder der Künstler noch das jeweilige Publikum voll bewußt sind.“ ( Arnold Hauser 1958.)
In diesen Zusammenhängen wird die Beschäftigung mit Okkultem und Forschung des Unbekannten sowohl zu einer verbreiteten Modeerscheinung als auch zu einer ernstzunehmenden Bewegung. Es sind die Blütenjahre von Mystizismus, Okkultismus und religiösem Dilletantismus.
In der Zeit sehen viele Künstler den Okkultismus und die neusten Wissenschaften als gleichwertige Wege auf Ihrer Suche nach bislang unsichtbaren Realitäten. Die beiden Richtungen werden nicht mehr genau unterschieden. „ Die Behauptung, die Grenzen unsres Wissens und unserer Beobachtung bestimmen die Grenzen der Realität, ist unwissenschaftlich,“ schreibt Camille Flamm-Marion, Astronom und Okkultist. Die Vorstellung von vierdimensionalem Raum aus n-dimensionalen Geometrien gelangt Ende 19.Jhd. in das Bewußtsein der breiten Öffentlichkeit. Die vierte Dimension wird mit der idealistischen Philosophie als möglicher Ort von Platus‘ „Welt der Ideen“ und Kants „Ding an sich“ in Verbindung gebracht und sowohl in wissenschaftlichen als auch okkulten Zusammenhängen diskutiert. (Generell muß man jedoch an die Existenz der vier Dimensionen einfach glauben.)
In theoretischen Schriften in nahezu allen Bewegungen der Kunst spielt sie eine wichtige Rolle. „ Die Kunst befindet sich außerhalb jeglicher Logik, außerhalb der dreidimensionalen Sphäre, sie bringt dem Menschen die geheimnisvolle vierdimensionale Welt näher... Die Kunst ist wie alles was aus der Emotion entsteht dem Wesen nach unlogisch.“ (Uspenski)
Die Idee der gegenseitigen Abhängigkeit alles Bestehenden in irdischen und kosmischen Maßstäben, und die Vielschichtigkeit der Welten leiten die Künstler zum Ziel, den Reichtum unbewußter Empfindungen des Künstlers darzustellen. In diesem Umfeld entsteht auch die Theosophische Bewegung, die für viele Künstler eine große Bedeutung annimmt und die ihre Lebensphilosophien und kreative Motivfindungen beeinflußt und leitet.
1874 trifft Colonel Henry Steel Oclott Helena Blawatsky, und ein Kreis von Wissenschaftlern, Anwälten, Ärzten, Predigern, Spiritisten und Journalisten versammelten sich um sie zu einer okkulten Vereinigung. Von Blawatsky eigentlich als Erneuerung der Maisonnerie, der Verbindung der Freimaurer gedacht, übernimmt die theosophische Gesellschaft bald ähnliche Verhaltensweisen und Regeln, wie Beschluß der Geheimhaltung, Erkennungszeichen und Teilung der Gesellschaft in drei „Kasten“ - Meister, die Wissenden und die Einzuführenden.
Die Zielsetzungen der Theosophen werden 1888 festgesetzt. Sie lauten:
- Bildung eines Kerns der allgemeinen Bruderschaft der Menschen (Rasse, Glaube, Farbe, Geschlecht, gesellschaftliche Stellung sind unwichtig)
- Propagandierung des vergleichenden Studiums von Religion, Philosophie und Wissenschaft
- Erforschung ungeklärter Naturgesetze und verborgener Kräfte im Menschen.
Da die Theosophie allen Religionen der Welt ein zu Grunde liegendes System von Wahrheiten hat, verkündet sie Lehren, die in allen Religionen vorkommen oder vorkamen. Auch lenkt sie ihre Blicke auf Heilige Schriften Indiens und der Kaballa.
Dieser tolerante Standpunkt jeder Religion und Lebensphilosophie gegenüber vereinigt somit alle Lehren in ihrem Lehrsystem und erlaubt folglich jedem Theosophen eine eigene Methode zum Erwerb des Wissens vom Höheren auszuwählen, durch das Kombinieren oder Auswählen aus verschiedenen Religionen und anderen Glaubensrichtungen. Der Theosoph selbst sieht Theosophie nicht als Religion sondern als die Wahrheit, die hinter allen Religionen steht. Die Kombination aus Philosophie, Religion und Wissenschaft sollen Methoden zur Beschleunigung der Entwicklung des Körpers und Seele zu Vollkommenheit, also Loslösung von Materiellem weisen. Durch die Meister, die ihren Jüngern ihr Wissen weitergeben, sowie auch durch besondere bestimmte Übungen, durch die verborgenen Fähigkeiten entwickelt werden sollen, wird der Mensch selbst und die Menschheit allgemein zu einem höheren Niveau der geistigen Entwicklung aufsteigen, bis die ganze Menschheit die göttliche Stufe erreicht und in ihrem Ursprung aufgeht.
Die künstlerische Umsetzung theosophischer Denkweisen nimmt ab 1895 ganz unterschiedliche Züge an. Übergeordnete Denkweise als Leitmotiv erlaubt eine individuelle Gestaltungsweise der jeweiligen Kunstwerke, visuelle und konstruktive Elemente variieren also in ihrer Art und Bedeutung.
Im Jahre 1888 findet sich in Paris unter geistiger Führung von Paul Serusier und Maurice Denise, beide Theosophen, die Künstlergruppe der Nabis ( Hebräisch: die Erleuchteten) zusammen. Serusier doziert über esoterische und idealistische Philosophie und Literatur, Plautin und Pythagoras, Proportion und goldenen Schnitt. „ Kunst ist eine universelle Sprache, die sich durch Symbole ausdrückt“ Er verlangt erste, auf religiöse Ideen gegründete Kunst, von fester einfacher Zeichnung und einem expressivem Dekor der Farbe. Auch inhaltlich wollen sie die Kunst zu der Einfalt ihrer frühen Anfängen zurückführen, als ihre dekorative Bestimmung zu Schmuck und Anrufung eines Heiligen noch unbestritten war.
Synthetismus ( zusammenziehende Formvereinfachung um prägnantesten Ausdruck zu erreichen), Japonismus, Ideismus und Neotraditionismus von Maurice Denis führen zu Zusammenhängen mit ältesten Traditionen. Das Ägyptische, das Frühgriechische, das Gotische, die Traditionsströme der Volkskunst geben neue Impulse für Ideen und Gestaltung der Bilder der Nabis. „Nicht die Seelenzustände durch ein dargestelltes Thema ausrufen, sondern das Bildgefüge ist es selbst, das die
Ergriffenheit vor einer anfänglichen Wahrnehmung übermittelt und ihr Dauer verleiht.“ (Maurice Denis) Der Gruppe gehören Pierre Bonnard, Roussel Vuillard, Vallotton und Maillol an.
Während die älteren Maler des Symbolistenkreises - Puvis, Redon, Moreau mehr aus dichterischen Argumenten leben und ihre innere Erregung durch vorgeformte Formen ausdrücken, gebrauchen die Nabis mehr das Dekor des Bildes, die gesteigerte Harmonie der farbigen Formen und schwungvolle Arabesken, um den Ausdruck zu vermitteln, erklären sich weniger durch Thema und Sujet. Sie benötigen kein klares Motiv mehr, sie nehmen es nur als Anlaß, um eine blühende Komposition und klangvollen Dekor zu verwirklichen. Senkrechte und Waagerechte verspannen das Muster in dem die Arabeske spielt, und Strenge im Bildaufbau bleibt erhalten.
So verbleiben die Symbolisten als keine einheitliche, lokalisierbare zusammenhängende Bewegung und der Symbolismus eines Moreau unterscheidet sich stark von dem Symbolismus eines Redon, der wiederum große Unterschiede zu dem von Böcklin aufweist. Sie alle jedoch verbindet ihre Zeit und die in ihren Bildern gefangene Atmosphäre, die bis heute ihre magische Wirkung nicht verloren hat.
Nataly Savina
ARNOLD BÖCKLIN
Der „Deutschrömer“ Arnold Böcklin ( 1827-1901) stammte aus Basel. Studienreisen führten Ihn in verschiedene europäische Städte, bevor er sich 23jährig in Rom niederließ. Ihn zog es nicht in die Kunstmetropole Paris, die immer mehr an Bedeutung gewann, sondern in die „ewige Stadt“ nach Rom. Diese Verlagerung des Lebensmittelpunktes in eine Stadt mit kultureller Tradition eines fremdes Landes deutete bereits darauf hin, daß es ihm nicht um eine Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Erscheinungen oder gar aktuellen Problemen ging, sondern, daß er seine geistige Heimat in einer kulturellen Tradition suchte, die von Idealen bestimmt war, an denen er sich orientierte.
Schwer krank kam er nach Jahren des Mißerfolges nach München und stellte ein Bild aus. Da man glaubte der Künstler sei bereits gestorben hängte man einen Kranz unter das Gemälde. Der bayrische König kaufte es für seine Pinakothek, und Böcklin wurde berühmt.
Die beste akademische Maltradition fortführend entwickelt er dennoch eine lebensvolle, farbige, fast volkstümliche Bildersprache. Die Wahl seiner Motive aus der griechischen Mythologie, Märchen und Sagen des Altertums verhilft ihm im Sinne der Klassik menschliche Themen von zeitloser Gültigkeit darzustellen. Der Reichtum seiner Kunst, die eine sinnvolle Interpretation aus unterschiedlichsten Blickwinkeln auf verschiedenen Ebenen zuläßt, hängt auch damit zusammen, daß er seine Motive auch aus anderen musischen Gebieten schöpft, wie der Literatur und Musik. Das Aufnehmen und Verarbeiten künstlerisch vorgeformter Motive zählt zum Gebiet der wichtigsten Quelle Böcklins, zur „geschauten Wahrheit“, denn er möchte nicht illustrieren sondern darstellen. Ein Aufgreifen von Bildmotiven, die dem eigenen Thema jene Bildhaftigkeit leihen, die auf das Verständnis von Menschen rechnen darf, welche nicht primär aus Farbe und Form erleben können und doch eine Veranschaulichung von nicht leicht in Worten Faßbarem brauchen. Die Mythologien werden als eine Art Rahmenhandlung verwendet innerhalb derer sie psychosoziale Strukturen der Zeit transportieren. Ein vom Bildungsbürgertum allgemein verstandener Code der klassischen Mythologie wird zum Ausdrucksträger gesellschaftlicher Grundkonstellationen in einem bestimmten historischen Zeitzusammenhang. Seine eindringlichsten Bilderfindungen resultieren aus seinem intuitiven Zugang zum Bereich des menschlichen Unbewußten, lange vor der Entwicklung der Psychoanalyse.
Böcklin macht selten Skizzen von seinen Ideen, lehrt auch seine Schüler direkt an der Staffelei zu arbeiten, damit die Vorstellung der Realität sich vor Arbeitsbeginn an einem Bilde vollkommen gefestigt hat. Die Geschaute, selbterlebte Wirklichkeit ist für ihn sehr wichtig, da der Reflexion voraus immer die Wahrnehmung, Seherfahrung und seelisches Erleben vorausgeht.
„ Naturbeobachtung und Naturerlebnis bewahren vor dem Ausgleiten ins Konventionelle Fabulieren und führen zum Lohn für die selbstgeübte Zucht zu sicher tragender künstlerischer Formfindung.“( A. Böcklin)
Die enge Verflechtung zwischen realistischer Natursicht, starker Sensibilität, naiver fast bedenkenloser Wahl der Motive und dem Einsatz unkonventioneller Darstellungsmittel ( bei Farbe, Zeichnung, Komposition) schafft gekonntes Heraufbeschwören der Stimmungen und Spannungen zwischen Naturalismus und Idealität. Montagen von Realitätsteilen, die eine Überwirklichkeit erzeugen, verwischen die Barrieren zwischen Erlebnis und optischer Erfahrung, sind gefühlsgeladen und ausdrucksstark. „ Man soll nicht ein Stück Natur zu einem Bild verarbeiten, sondern man soll etwas erfinden und die Natur zu Rate ziehen.“ Böcklins Absicht ist es die Phantasie des Betrachters selbst mit seinem Bildbestand weiterarbeiten zu lassen. Seine arkadischen Landschaften wirken als real betretbar. Die Inszenierung geht in die Tiefe. Farben, Kontraste haben raumklärende Funktion. Häuser, Bäume, Menschen sind Masseneinheit. Es gibt auch Elemente und Prinzipien, die immer wieder kehren: Ausblick aufs Meer, Zypressen, Felsen, stille Wiesen, suggestive bedrohliche Bewölkung, dramatische Lichtgebung, betonte Senkrechte als Ausdruck feierlich verhaltenen Ernstes. Häufige Wiederaufnahmen von Motiven zeigen die Suche nach gechlossenerer Fassung, nach präziser Vereinfachung, damit Detail und Gesamtentwurf zu klarer Übereinstimmung gelangen, um den Bildgedanken zu klären, bis der geistigen Thematik ein vollkommener Ausdruck verliehen ist. Seine mythische Kraft beruht weniger auf seinen Motiven, sondern vielmehr auf seiner Fähigkeit geschaute und erfundene Natur in solcher
Eindringlichkeit wiederzugeben, daß das Resultat die Kraft und Dichte von Traumbildern besitzt. Böcklin sucht nach einer Ganzheit im Gesamtwerk, malt Zyklen mit sich ergänzenden und kontrastierenden Motiven (Toteninsel - Lebensinsel). Thematisch und formal akzentuiert Böcklin durch Kontraste, in dem das Gegensätzliche zu Ganzheit führt. Immer wieder setzt sich Böcklin in seinem Werk auch mit dem Thema Tod auseinander. Im Selbstbildnis von 1872 malt er sich mit dem fiedelten Tod, der ihm über die Schulter schaut. Auch privat wird Böcklin zu oft mit dem Tod konfrontiert: Seine erste Verlobte stirbt 14 Tage nach der Verlobung, 8 von seinen 14 Kindern sterben. Oft erhält er Aufträge Portraits von verstorbenen Kindern auszuführen. Die blutig niedergeschlagene Arbeiterrevolution im Juni in Paris erlebt Böcklin ganz nah, und die Grausamkeit des Vorfalls berührt ihn zutiefst. Kampf, Krieg, Bedrohung und Tod sind fortan Themen, die aus seinem Werk nicht mehr bald verschwinden.
Die Toteninsel inspirierte Rachmaninov und Reger zu gleichnamigen Tondichtungen. Richard Wagner versuchte Böcklin fürs Theater zu gewinnen. Und auch viele andere Dichter und Musiker wurden von Böcklins Werk inspiriert und begeistert. Die Technik der Collage und Verfremdung, absurder Montage haben Surrealisten und Dadaisten aufgenommen und fortgeführt. Auch de Chirico und Max Ernst berufen sich dabei ausdrücklich auf Böcklin.
Zum Teil ist die Darstellung der Traumbilder auch eine Wirklichkeitsbewältigung, Befreiung von Zwängen des gründerzeitlichen Existenzkampfes, vom Druck der politischen Verhältnisse, letztendlich auch die Lösung der menschlichen Psyche aus Konvention und Moral. Allerdings weisen zahlreiche Reproduktionen nicht auf Verdrängnisprozeß verschiedener Bevölkerungsschichten sondern auch auf die allgemeine emotionale Gültigkeit Böcklins Bilder.
Nataly Savina
Quellen:
Werner Haftmann, „ Malerei im 20. Jahrhundert“
Robert L. Delevoy, „ Der Symbolismus in Wort und Bild“ „A. Böcklin, Basel Katalog 1977“
„Böcklin, Katalog Darmstadt 1977“
Häufig gestellte Fragen zu Symbolismus
Was ist Symbolismus in der Kunst?
Symbolismus ist keine auf einen bestimmten Zeitraum beschränkte Epoche oder Bewegung, sondern eine Möglichkeit der künstlerischen Ausdrucksweise, die zu jeder Zeit in der Kunst auftreten kann. Im engeren Sinne bezieht sich Symbolismus in der Malerei auf eine Kunstströmung um die Jahrhundertwende, die eine Nähe zum Jugendstil und zum Vorexpressionismus aufweist.
Welche gesellschaftlichen Einflüsse prägten den Symbolismus?
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Gesellschaft von Entwicklungen wie neuen Erfindungen, der Erfahrung der Großstadt und der Industrialisierung beeinflusst. Dies führte zu Problemen wie Isolation und Sucht. Wissenschaftliche Theorien, wie der Darwinismus und der Nihilismus, sowie die Psychoanalyse von Sigmund Freud, beeinflussten das Denken der Zeit.
Wie unterschied sich der Symbolismus vom Impressionismus?
Der Impressionismus wurde als oberflächlich wahrgenommen, während der Symbolismus tiefergehende Bedeutung suchte. Symbolisten strebten nicht nach der reinen Wiedergabe der äußeren Erscheinung, sondern nach der symbolhaften Darstellung und Interpretation der Welt.
Was sind die Merkmale der symbolistischen Kunst?
Symbolistische Kunst bedient sich Zeichen und Gegenstände, die über das Dargestellte hinaus auf einen tieferen Sinn verweisen. Phantasie, Traum, Halluzination und Vision gewinnen eine neue Bedeutung. Metaphorische Zeichen, das Spiel mit Sinneseindrücken und eine geheimnisvolle Atmosphäre sind kennzeichnend.
Welche Rolle spielte der Okkultismus im Symbolismus?
Die Beschäftigung mit Okkultem und die Forschung des Unbekannten waren sowohl Modeerscheinung als auch ernstzunehmende Bewegung. Künstler sahen Okkultismus und Wissenschaft als gleichwertige Wege zur Erforschung unsichtbarer Realitäten. Die Theosophie spielte für viele Künstler eine wichtige Rolle.
Was war die Künstlergruppe der Nabis?
Die Nabis (hebräisch: die Erleuchteten) waren eine Künstlergruppe, die sich 1888 in Paris unter der Führung von Paul Serusier und Maurice Denis zusammenfand. Sie strebten nach einer auf religiösen Ideen gegründeten Kunst mit einfacher Zeichnung und expressivem Farbdekor.
Wer war Arnold Böcklin und was zeichnete seine Kunst aus?
Arnold Böcklin (1827-1901) war ein Schweizer Maler, der als "Deutschrömer" bekannt war. Er entwickelte eine lebensvolle und farbige Bildersprache. Seine Motive aus der griechischen Mythologie, Märchen und Sagen des Altertums dienten dazu, menschliche Themen von zeitloser Gültigkeit darzustellen. Er griff die Technik der Collage und Verfremdung auf. Kampf, Krieg, Bedrohung und Tod sind wiederkehrende Themen in seinem Werk.
Welche Bedeutung hat Böcklins Toteninsel?
Die "Toteninsel" ist eines der bekanntesten Werke Böcklins und hat viele Künstler inspiriert, darunter Rachmaninow und Reger. Das Motiv zeigt die Auseinandersetzung mit dem Tod und der Vergänglichkeit des Lebens.
Welche Quellen werden im Text genannt?
Im Text werden folgende Quellen genannt: Werner Haftmann, „Malerei im 20. Jahrhundert“, Robert L. Delevoy, „Der Symbolismus in Wort und Bild“, „A. Böcklin, Basel Katalog 1977“, „Böcklin, Katalog Darmstadt 1977“ und Kammerlohr, Epochen der Kunst Band 4.
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- Nataly Savina (Autor:in), 2000, Einführung zur Epoche des Symbolismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96814