Feministische Sprachkritik


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

37 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Einleitung:

1 Entstehung der feministischen Sprachwissenschaft:

2 Sprachwandel und Sprachplanung:
2.1 Gesellschaft und Sprache - Sprache und Gesellschaft

3 Das generische Maskulinum:
3.1. Lösungsvorschläge für ein geschlechtergerechtes Deutsch:
3.1.1 Die Beidbenennung:
3.1.2 Die Neutralisation:
3.1.3 Das generische Femininum:

4 Sexistischer Sprachgebrauch:
4.1 Geschlechtsrollenstereotypen in Grammatiken, Wörter- und Schulbüchern:
4.2 Richtlinien und Empfehlungen zur sprachlichen Gleichbehandlung:
4.3 Sexistische Anredeformen im Sprachgebrauch:
4.3.1 Aus Fräulein wird Frau?
4.4 Attributive Geschlechtsspezifikation:

5 Feminine Berufsbezeichnungen:
5.1 Die Movierung auf –in:
5.1.1 Arzt im Praktikum:
5.2 Geschlechtsspezifikation durch Lexeme und Suffixe:
5.3 Neutrale Berufsbezeichnungen
5.4 Die Folgen des Paragraphen 611 b BGB für Stellenausschreibungen:

6 Personenbezogene Pronomen:
6.1 Jedermann - jederfrau:
6.2 Jemand - jefraud, niemand - niefraud:

7 Rechtssprache:
7.1 Berufs- und Funktionsbezeichnungen:
7.2 Juristische Personenbezeichnungen:

8 Gegenläufige Tendenzen:
8.1 Neutrale Oberbegriffe:

Schluß:

Literaturverzeichnis:

Einleitung:

Vor mehr als zwanzig Jahren entstand ein neues Forschungsgebiet innerhalb der Sprachwissenschaft: die feministische Linguistik beziehungsweise die feministische Sprachwissenschaft. Mit meiner vorliegenden Arbeit versuche ich herauszufinden, inwieweit die Forderungen der Feministinnen zu Änderungen in der Sprache geführt haben.

Die Arbeit behandelt die Themenbereiche, die in der Geschichte der feministischen Linguistik vorwiegend diskutiert worden sind.

Im folgenden Kapitel stelle ich zunächst komprimiert die Vorläufer und die Entstehung der feministischen Sprachwissenschaft dar und beginne dann, deutlich zu machen, wie eng die Sprache mit unserer Gesellschaft verbunden ist. Ferner zeige ich den Unterschied zwischen Sprachwandel und Sprachplanung auf und verdeutliche an Beispielen, wie sich ein Bedeutungswandel vollziehen kann. Diesen erwähne ich in meiner Hausarbeit an verschiedenen Ausführungen.

Im darauffolgenden Kapitel beschäftige ich mich mit dem generischen Maskulinum. Hierbei monieren die Feministinnen, es bestehe ein zu enger Zusammenhang zwischen dem Genus (grammatisches Geschlecht) und dem Sexus (biologisches Geschlecht). Ihrer Meinung nach leite sich die semantische Herkunft eindeutig aus dem Maskulinum ab. Die feministischen Sprachkritikerinnen fühlen sie benachteiligt und fordern ein symmetrisches Pendant oder zumindest eine Form, die Frauen deutlich mit einbezieht. So folgen Lösungsvorschläge für ein geschlechtergerechtes Deutsch.

Das vierte Kapitel erörtert den sexistischen Sprachgebrauch. Dabei stehen die Geschlechtsrollenstereotypen im Vordergrund, die vor allem in Grammatiken, Wörter- und Schulbüchern dazu beitragen, die einstigen typischen Rollen von Frauen und Männern zu tradieren. Weiterhin prangern die Feministinnen die fehlenden weiblichen Berufsbezeichnungen an. Es gäbe überwiegend maskuline Berufsbezeichnungen und äußerst wenig feminine Entsprechungen.

Im Kapitel 5 gehe ich auf die personenbezogenen Pronomen ein. Nicht nur das Indefinitpronomen man, sondern auch andere Pronomen wie jedermann oder niemand unterliegen der feministischen Kritik. Die Rechtssprache dagegen fällt aus dem Rahmen des allgemeingültigen Sprachgebrauchs. Hier werden Vorschriftensprache und Amts- und Verwaltungssprache untersucht. Primär richtet sich mein Augenmerk auf die Berufs-, Amts- und Funktionsbezeichnungen in der Rechtssprache. Aber auch die Beanstandung, es sei nicht gerechtfertigt, juristischen Personen ausschließlich im Maskulinum anzuführen, untersuche ich unter Punkt 7.2.

Schließlich möchte ich auf die gegenläufigen Tendenzen hinweisen, die innerhalb der feministischen Linguistik laut geworden sind. Hiermit veranschauliche ich, daß es auch innerhalb der Gruppe der Feministinnen verschiedene Meinungen gibt. Eine Frau, die die Nicht-Sichtbarmachung des weiblichen Geschlechts nicht als Kritik bezeichnet, ist Frau Professor Vieth. Sie ist viel mehr der Ansicht, es solle mehr neutrale Oberbegriffe geben, die keines der beiden Geschlechter benachteilige.

Alle Ausführungen sind so angelegt, daß ich zunächst den Sachverhalt verdeutliche und die Kritik und die Forderungen seitens der Feministinnen darstelle. Schließlich zeige ich auf, wie sich diese Forderungen im Sprachgebrauch und/oder im Sprachsystem durchgesetzt haben.

Ferner ist es notwendig, auf die Unterscheidung der feministischen Kritik zwischen dem Sprachsystem und dem Sprachgebrauch hinzuweisen. Meistens bildet das Sprachsystem die Grundlage für den Sprachgebrauch. Trotzdem kann man keinem Menschen vorschreiben, welcher Wörter oder Redewendungen er sich bedient. Außerdem kann eine Änderung des Sprachsystems und des Sprachgebrauchs nicht kurzfristig von heute auf morgen erfolgen, sondern es ist ein langfristiger Prozeß, der oft auch nicht vorhersehbar ist. Dennoch versuche

ich an entsprechender Stelle in meinen Ausführungen deutlich zu machen, wann die feministische Sprachkritik das System Sprache und wann den Sprachgebrauch trifft.

Mir erscheint es wichtig zu erwähnen, daß ich als Verfasserin dieser Hausarbeit, keineswegs Anhängerin oder sogar praktizierende Feministin bin. Trotzdem interessieren mich die Forderungen der Feministinnen und vor allem die sprachlichen Änderungen, die sich mittels der feministischen Kritik im Sprachgebrauch und am Sprachsystem ergeben haben. Durch diesen Forschungszweig der Linguistik hat sich bereits ein Wandel in unserer Sprache und damit auch ein Bedeutungswandel vollzogen. Dieser Grund war Motivation genug, mich einmal näher mit dem Thema der feministischen Sprachwissenschaft zu beschäftigen.

1 Entstehung der feministischen Sprachwissenschaft:

Die Stellung der Frau im privaten und öffentlichen Leben wird schon seit langer Zeit immer wieder diskutiert. Dabei rückt die ungerechte und ungleiche Behandlung des weiblichen Geschlechts in das Zentrum. Seit 1789, dem Jahr der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in Frankreich begann die Geschichte des bürgerlichen Rechtstaats; ab diesem Zeitpunkt läßt sich auch die Bewegung des Frühfeminismus vermerken.

Durch die sozio-ökonomischen Bedingungen der Industrialisierung und das Gedankengut der Aufklärung wurden schließlich die Voraussetzungen für die erste Welle einer breiten organisierten Frauenbewegung, der sogenannten "Ersten Frauenbewegung" geschaffen. In dieser Phase, die den Zeitraum der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bis 1933 umfaßt, kämpften die Frauen primär um die Gleichstellung zum Mann im öffentlichen Bereich: "Die alte Frauenbewegung...wollte weibliche Vorstellungen und Werte neben die des männlichen stellen, sie plante keine Infragestellung des gesamten Systems, sollte wollte Mitherrschaft, nicht völlige Veränderung gesellschaftlicher Normen und Werte"[1]

Die zweite Phase der Frauenbewegung hat ihre Anfänge in der Studentenbewegung und der außerparlamentarischen Opposition (APO) 1967/68. Jetzt spricht man von der "Neuen Frauenbewegung", die bis heute anhält. Außerdem trugen Feministinnen aus den USA dazu bei, eine Entwicklung in Deutschland zu forcieren. In Amerika begannen nämlich die Forschungen zu "Sprache und Geschlecht" Anfang der siebziger Jahre. Das Ziel der Frauen dort ist die Abschaffung der Geschlechtsrollenzuweisung, weil aufgrunddessen die Abwertung des weiblichen Denkens, Handelns und Fühlens basiere. Weiterhin wird angeprangert, die Gesellschaft sei patriarchalisch geprägt, orientiert und von Männern bestimmt. Zu diesem Schluß kamen die Frauen auch in Deutschland, da sie systematisch bei der Mitbestimmung in Familie, Erziehung, Arbeitswelt, Politik und Kultur ausgeschlossen wurden. Männer dominierten die Frauen also nicht nur im öffentlichen Leben, sondern auch im privaten Bereich. Die Frauen der Neuen Frauenbewegung legten nun einen Schwerpunkt auf die Findung der weiblichen Identität. Dabei rückten Sprache und Sprechen in den Mittelpunkt . Jetzt dauerte es nicht mehr lange, und sie strebten eine Veränderung in der Sprache und im Sprechen an. Feministische Linguistik ist also nicht innerhalb der Sprachwissenschaften entstanden, sondern sie ist durch die Frauenbewegung ausgelöst worden. Begründerinnen waren in Deutschland hauptsächlich die beiden Professorinnen für Sprachwissenschaft Senta Trömel-Plötz und Luise F. Pusch, die als Privatdozentinnen an der Universität Konstanz die deutsche feministische Linguistik begründeten. Man beschäftigte sich vordergründig mit sexistischem Sprachgebrauch und geschlechtsspezifischem Sprechen.

2 Sprachwandel und Sprachplanung:

Eingangs möchte ich kurz den Unterschied zwischen Sprachwandel und Sprachplanung erläutern. Sprachwandel ist ein natürlicher Vorgang ohne eine direkte Steuerung durch den Menschen - Sprachplanung dagegen ist ein bewußtes Eingreifen in die Sprache, um sie zu kontrollieren oder zu lenken, d.h. man initiiert Entwicklungen oder versucht sie zu verhindern. Die Ursache für einen Sprachwandel oder eine Sprachplanung liegt vordergründig in der Veränderung der Wirklichkeit, die ihren Ausdruck zwangsläufig in der Sprache findet. Lebende Sprachen sind immer zugleich von Stabilität und Variabilität geprägt, d.h. Archaismen, allgemeingültiges Wortgut und Neologismen zeigen dieses Nebeneinander jener gegensätzlichen Strömungen. Für ein Wort gibt es häufig mehrere Synonyme, die oft lange Zeit parallel bestehen, bis sich ein Wort durchsetzt. Auch die verschiedenen Soziolekte sind von großer Bedeutung, da sie sich als Varianten und Neuerungen in den Standard ausbreiten können.

Keiner kann verleugnen, daß Kommunikation in irgendeiner Form zweckgerichtet ist. Wenn Sprache einen Zweck nicht mehr erfüllen kann, weil außersprachliche Veränderungen, auch Bewußtseinsänderungen, nicht mehr verbalisiert werden können, dann wird Sprache den Kommunikationsbedürfnissen nicht mehr gerecht. Es entsteht ein Widerspruch zwischen Ausdrucksbedürfnis und Ausdrucksfähigkeit, der gelöst werden muß, um eine reibungslose Verständigung zu ermöglichen. Anfänglich kann es dabei zu innovativen Normverstößen und/oder gleichwertigen Alternativen kommen, bis sich eine andere Norm durchgesetzt hat. Auch die semantische Norm kann sich verändern. Wird ein Lexem wiederholt in einem Kontext gebraucht, in dem das Denotat mit dem ursprünglichen nicht übereinstimmt, dann kann die vorherige Bedeutung einer neuen weichen. Der Ausdruck Dirne beispielsweise, dessen erstmalige Bedeutung Jungfrau, Mädchen war, ist im hochsprachlichen Gebrauch durch Prostituierte verdrängt worden. Ein anderes Beispiel ist die Pille, dessen Plural zwar nach wie vor die Bedeutung eines Arzneimittels trägt, im Singular jedoch eine Bedeutungsverengung erfahren hat und heutzutage mit dem Denotat "Medikament für Frauen zur Schwangerschaftsverhütung" gebraucht wird.

Ein lexikalischer Wandel kann sich auf zwei Weisen vollziehen. Auf der einen Seite durch die Einführung eines neuen Lexems mittels Wortschöpfung, Wortbildung oder Entlehnung. Auf deren Seite kann sich ein lexikalischer Wandel durch die Verdrängung eines bestehenden Lexems im Zuge des Untergangs des Bezeichneten (z.B. eines passenden Berufs oder eines Arbeitsgerätes) oder durch das Entstehen eine neuen, passenderen Begriffs, vollziehen (z.B. weil der ältere Begriff eine Pejoration erfahren hat). Der semantische Wandel hat weitere Aspekte, die zu Bedeutungsänderungen führen können. Eine Bedeutungsverbesserung liegt vor, wenn ein negativ konnotiertes Wort eine Aufwertung erfährt. Die Bedeutungsverschlechterung dagegen bewirkt genau das Gegenteil, nämlich die Negativbelegung eines ursprünglich positiv konnotierten Wortes. Die Bedeutungserweiterung läßt zusätzliche Sinngehalte für einen Ausdruck zu. Bei der Bedeutungsübertragung kommt es zu einer Verdrängung einer bestehenden Bedeutung durch eine neue, wonach der Sinn der neuen Bedeutung aus dem früheren Zusammenhang entstanden ist, diese jedoch völlig in Vergessenheit geraten ist.

Für die allgemeine Akzeptanz einer sprachlichen Änderung müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen sind neue Zwecke notwendig, denen die Sprache gerecht werden muß. Diese sind dann gegeben, wenn sich die außersprachlichen gesellschaftlichen Verhältnisse gewandelt haben. Weiterhin ist eine Wandlung der Sprache erforderlich, um den reibungslosen Diskurs aufrechterhalten zu können. Zum anderen erfüllt die Existenz einer dominierenden Gruppe innerhalb einer Sprachgemeinschaft die Prämisse, eine Veränderung der Sprache zu tolerieren.

Der allgemeine Sprachgebrauch wird durch die Anpassung an den der statushöheren Gruppe verändert. Das Funktionieren der Kommunikation ist jedoch auch ohne diese Anpassung gewährleistet. Genießt eine Reihe von Leuten ein hohes Ansehen in einer Gesellschaft, dann besitzt auch ihre Sprachvariante , ihr Soziolekt, ein hohes Prestige und wird dementsprechend von andern Menschen der Sprachgemeinschaft zu sprechen angestrebt. Aus diesem Grund ist es wichtig, von welcher gesellschaftlichen Gruppe Änderungen ausgehen; aber auch, von welchen Gruppen sie zuerst aufgenommen wird. Die sprachliche Toleranz kann durch die Massenmedien und Bildungsanstalten massiv gefördert werden. Diese Unterstützung beispielsweise ist wesentlich für die Bekämpfung sexistischen Sprachgebrauchs – nur wenn er in der Öffentlichkeit gemieden wird, kann eine allmähliche Entfernung des sexistischen Sprachgebrauchs aus dem allgemeinen Sprachgebrauch erreicht werden. Außerdem hat die Gruppe, die sexistischen Sprachgebrauch propagiert, wenig Sozialprestige, da sie sich hauptsächlich aus Frauen zusammenstellt und Frauen in unserer Gesellschaft immer noch weniger Geltung zuteil wird, als Männern. Neben den Medien und den Schulen haben die Gesetze und Richtlinien ebenfalls eine tragende Rolle in der Entwicklung sprachlicher Veränderungen. Der Staat z.B. könnte nichtsexistischen Sprachgebrauch für mündliche Werbetexte vorschreiben. Selbstverständlich ist der Staat nicht in der Lage, auch den privaten Sprachgebrauch vorzuschreiben; trotzdem bin ich der Meinung, die Medien besitzen eine so gewichtige Vorbildfunktion, daß sie die breite Bevölkerung sensibilisieren und motivieren könnte.

Abschließend möchte ich kurz die Gründe nennen, die eine Änderung des Sprachverhaltens herbeiführen können. Nicht nur die Befolgung einer Vorschrift, sondern auch eine Pseudo-Solidarität, bei der die Sprache einer diskriminierenden Gruppe aus politischer oder wirtschaftlicher Angewiesenheit nachgekommen wird, können zu einer Modifikation im Sprachgebrauch führen. Daneben handeln aber auch Personen aus echter Solidarität, indem sie das Ansinnen der Betroffenen rechtfertigen. Schließlich ist die eigene Betroffenheit oder Einsicht ein Grund, daß Sprache ein Teil der sozialen Diskriminierung ist und somit zum Sprachwandel führen kann.

2.1 Gesellschaft und Sprache - Sprache und Gesellschaft

Gesellschaft und Sprache sind untrennbar – ohne Sprache gäbe es keine Gesellschaft und umgekehrt. Die Sprache ermöglicht uns erst, über unsere Existenz und über unser Dasein zu reflektieren und nachzudenken. Eine wichtige Funktion der Sprache ist, das menschliche Zusammenleben zu strukturieren und zu organisieren. Sprache ordnet die Gesellschaft und ist die Grundlage der menschlichen Entwicklung und der Entstehung von Kultur (Normen und Werte). Diese wiederum bezeichnet die typischen Lebensformen und geistigen Aktivitäten größerer Gruppen; d.h., Kultur spiegelt die gesellschaftlichen Verhältnisse wider. Zum einen ermöglicht Sprache jegliche Form der Kultur und zum anderen trägt sie dazu bei, sie zu bewahren und zu tradieren. Ferner kann Sprache unser Bewußtsein und dadurch Verhalten beeinflussen, indem sie uns eine neue Wirklichkeit zeigt. Sprache hat daher die potentielle Möglichkeit, die Gesellschaftsstruktur und die gesellschaftlichen Werteinstellungen zu verändern, genauso wie wir umgekehrt unsere Sprache ändern, wenn sie unserer Wirklichkeit nicht (mehr) entspricht. „Es ist klar, daß Sprachwandel allein nicht sozialen Wandel schaffen kann, doch kann er einen Wandel im sozialen Verhalten beeinflussen.“[2]

Ähnlich wie Sprache und Gesellschaft zusammen gehören, bilden auch Sprache, Wirklichkeit und Denken eine Einheit. In der Wirklichkeit geschehen Dinge, die alle Tatsachen umfassen, ungeachtet unseres Wollens. Sprache dient als Hilfsmittel, unsere Wirklichkeit gedanklich zu ordnen und faßbar zu machen. Weiterhin unterstützt sie uns, unsere Gedanken auszutauschen.

Umstritten ist allerdings, inwieweit Sprache die Wirklichkeit determiniert oder reflektiert. Schafft Sprache die Unterdrückung der Frau oder spiegelt sie diese nur wider? Bei genauerer Betrachtung muß man beiden Aussagen zustimmen, da Sprache die beiden geschlechtsspezifischen Rollennormen abbildet und gleichzeitig zu deren Bestehen beiträgt. Somit kommt der Sprache eine Doppelrolle zu.

Das Kind wird in eine Gemeinschaft hineingeboren und während seines Lebens mittels der Sprache sozialisiert. Es kann sich also nicht gegen die Sprache oder die in seiner Gesellschaft üblichen Normen wehren. Somit übernimmt das Kind zunächst die gesellschaftlichen Normen unreflektiert und internalisiert diese. Es lernt geschlechtsspezifische Eigennamen, Personenbezeichnungen und Pronomen, sowie deren richtige Anwendung, woraus sich wiederum die Geschlechtsstereotypen entwickeln.

Ferner paßt sich die Sprache den realen gesellschaftlichen Gegebenheiten an, indem neue Erfindungen, Entdeckungen und Erkenntnisse neuer Bezeichnungen bedürfen. In den Bereichen Technik, Wissenschaft und Wirtschaft paßt sich die Sprache sehr schnell der Realität an, sie zieht sie nach. Bezüglich des zwischenmenschlichen Bereichs ist Sprache dagegen konservativer, wenn sich beispielsweise Rollenklischees tradieren, obwohl sich einiges im Gegensatz zu den typischen Rollenvorstellungen geändert hat.

3 Das generische Maskulinum:

Im Deutschen unterscheidet man zwischen dem Genus, der formalgrammmatischen Kategorie (Maskulinum, Femininum, Neutrum) und der außersprachlichen Gruppe Sexus, die auf das biologische Geschlecht hinweist. Ein Zusammenhang zwischen Genus und Sexus wird heute als willkürlich angenommen – ein Zusammenhang besteht nur bei Tierbezeichnungen, Berufsbezeichnungen und Personenbezeichnungen. Frauen und Männer können aber auch mit neutralen Wörtern bezeichnet werden, die einem der drei Genera angehören. Weiterhin existieren noch andere Gruppen von Personenbezeichnungen, bei denen das grammatische Geschlecht nicht mit dem natürlichen kongruiert; das natürliche Geschlecht aber ist lexeminhärent festgelegt. In diesem Bereich zeigen sich bezüglich der Genera auffällige Asymmetrien, die außer der femininen und maskulinen Form gelten. Erwachsene Männer werden kaum mit sächlichem Genus benannt und auch selten mit weiblichem – hauptsächlich bezeichnet man sie mit maskulinen Substantiven. Zu den wenigen Ausdrücken, die Männer neutral betiteln, gehören z.B. Mannsbild oder Mannsstück. Feminine Wörter, die Männer meinen sind z.B. Memme, Tunte, Schwuchtel etc.. Für erwachsene Frauen hingegen gibt es auch nur vereinzelt maskuline Nomen, die sie bezeichnen. Dagegen existieren auffallend viele sächliche Benennungen für Frauen, z.B. Weibsbild, Weibsstück, Frauenzimmer etc..

[...]


[1] Schmölzer 1991:450

[2] Lakoff, Robin 1973: 76

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Feministische Sprachkritik
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Germanistische Sprachwissenschaft)
Veranstaltung
Bedeutungswandel
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
37
Katalognummer
V969
ISBN (eBook)
9783638105996
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Feminismus, Sprachkritik, Bedeutungswandel, generisches Maskulinum
Arbeit zitieren
Sarah Gastreich (Autor:in), 2000, Feministische Sprachkritik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/969

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Titel: Feministische Sprachkritik



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