Die Verfassungslehre Jean Bodins


Seminararbeit, 2000

16 Seiten, Note: 2 (gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie

3. Historischer Kontext

4. Souveränität
a) Vorgeschichte des Begriffs
b) Souveränität nach Bodin

5. Der Staat
a) Rechtsstaat
b) Aufbau des Staates
c) Ziel des Staates
d) Staatsformen

6. Befugnisse und Beschränkungen des Souverän
a) Die absolute Gewalt
b) Die höchste Gewalt
c) Moralische Unverbindlichkeiten

7. Resümee

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Thema dieser Arbeit ist die Verfassungslehre Jean Bodins.

Jean Bodin gilt als der Schöpfer des Souveränitätsbegriff moderner Prägung. Weiterhin ist er es, der dem Absolutismus seinen Namen gibt1, und dessen politisch-philosophisches Fundament erarbeitet. Seine Bedeutung für die Politikwissenschaft ist enorm, da er als der erste Verfasser einer wissenschaftlichen Verfassungstheorie gilt2.

Ziel dieser Arbeit ist es eine einführende Darstellung über Jean Bodins Hauptwerk Sechs Bücherüber den Staat zu geben. Inhaltlich befaßt sich diese Arbeit hauptsächlich mit dem ersten der sechs Bücher. Jenes handelt von dem Staatszweck, den Merkmalen der Souveränität und den Anforderungen an den Souverän. Besondere Beachtung wird der Frage nach der nahezu uneingeschränkten Herrschaftsgewalt einerseits, und den moralischen Anforderungen andererseits geschenkt.

Zu Anfang wird auf die Biographie und den historischen Hintergrund eingegangen. Der Begriff der Souveränität soll näher erläutert werden und die Anforderungen Bodins an den Souverän dargelegt werden. Neben dem fast ausschließlich darstellenden Hauptteil, soll in einem kritischen Resümee die Arbeit Bodins bewertet werden.

2. Biographie

Vorausschickend soll gesagt werden, dass 3 die Quellenlage zu Bodins Biographie eine denkbar ungünstige ist. Im Frankreich des 16. Jahrhunderts ist der Name Jean Bodin weit verbreitet4, der Zustand der Kirchenbücher schlecht. Durch diese Unsicherheiten ist eine endgültige Darstellung seiner Lebensgeschichte nicht möglich.

Jean Bodin wird 1529 (oder 1530) im westfranzösischen Angers als Sohn eines Schneidermeisters geboren. Er wird vom Bischof der Universitätsstadt Angers, Gabriel Bouvery, gefördert und tritt 1545 den Karmelitern bei. Der intelligente Junge wird aufgrund seiner Fähigkeit zum Studium nach Paris geschickt. Paris, ein Nabel der Wissenschaften zu Bodins Zeit, ist für die Bildung seines Weltbildes und seines Wissenshorizonts maßgebend. Hier kommt er mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in Berührung5.

Wahrscheinlich ist Bodin 1548 zusammen mit einigen Ordensgenossen in einen Häresieprozess verwickelt und entrinnt nur knapp, durch die Protektion Bouverys, dem Scheiterhaufen. Sicher ist, dass er 1549 von seinem Gelübde entbunden wird und aus dem Orden austritt. 1550 nimmt er in Toulouse zu seinen universellen Studien noch das Studium der Rechtswissenschaften auf. Nach dessen Abschluss arbeitet er kurzfristig als akademischer Lehrer, nimmt aber 1561 eine Stelle als Advokat im Pariser Parlament an.

Jean Bodin wollte die Aussagen über die beste Staatsform und die Regelungen des allgemeinen sozialen und politischen Lebens aus historischen Beispielen und Zusammenhängen ableiten. Er machte historische Verfassungs- und Rechtsvergleiche, um zu diesen Erkenntnissen zu gelangen und ging dabei mit der ihm ganz eigenen historisch-kritischen Methode vor6.

1566 veröffentlicht er das oftmals als Vorläufer zu den "Six Livres de la Republique" angesehenen Werk "Methodus ad facilem historiarum cognitionem".

1568 folgt eine Untersuchung über die Ursachen der Inflation in Europa, die seinen Zeitgenossen noch völlig unverständlich geblieben ist7. Im Vorfeld der Bartholomäus-Nacht 1572 engagiert sich Bodin für die "Politiques"8 9,die den Staat von den Einflüssen der Kirche befreien wollen und somit Vorreiter moderner Trennung von Staat und Kirche sind. Bodin entrinnt in der Bartholomäus-Nacht nur knapp dem Tod.

Gesichert ist seine Teilnahme an dem Ständetag von Blois, als Vertreter des 3. Standes. Die Wahl zum Vertreter des 3. Standes geschieht ohne Wissen und Wollen Heinrichs III. Hierbei geht es um Bewilligung zusätzlicher Sondermittel für den als von der katholischen Liga abhängig geltenden König, womit dieser den Bürgerkrieg wieder aufnehmen wollte.

Bodin bringt die Versammlung zur Ablehnung des Antrages und trägt so zum interkonfessionellen Waffenstillstand bei und verliert dadurch die Gunst Heinrichs III.10

Die Konfession Bodins selbst ist unklar; ein möglicher Aufenthalt im calvinistischen Genf (um 1552) wäre ein Hinweis für seine Sympathie zum Calvinismus11.

Er kehrt in die Provinz zurück, nachdem er sein Hauptwerk "Les Six Livres de la Republique" 1576 veröffentlicht hat. Er wird Staatsanwalt am Gericht von Laon, wo er 1596 durch die Pest stirbt.

3. Historischer Kontext

Der historische Kontext ist für das Verstehen des Werks Bodins sehr wichtig. Bodin ist Franzose und seine Verfassungslehre bezieht sich direkt auf Frankreich12. Da eine ausführliche Betrachtung der zeitgeschichtlichen Hintergründe den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, wird an dieser Stelle nur sehr marginal darauf eingegangen.

Bodins Lehre von der Souveränität entwickelt sich vor dem Hintergrund des durch politische Krisen und Zerwürfnisse gezeichnete Frankreich. Bodin sieht, wie Frankreich in zwei religiöse Lager gespalten ist - in Calvinisten und Katholiken -, er wird Zeuge der grausamen Hugenottenkriege (1562 - 1598). Jene werden jeweils unterbrochen von königlichen Edikten, die die Toleranzfrage in ganz unterschiedlicher Weise regeln, aber das Problem nicht lösen13. Für Bodin ist maßgeblicher Auslöser der Konfessionskriege das Fehlen einer einheitlich einigenden, von einem Herrscher geleiteten Ordnung. Während dieser Zerwürfnisse tritt Bodin vehement für die Glaubensfreiheit und die gegenseitige Tolerierung der Religionen ein.

4. Souveränität

a) Vorgeschichte des Begriffs

Das Wort »sovrain« taucht schon im 13. Jahrhundert in Frankreich erstmalig auf. Es ist abgeleitet von dem lateinischen »superanus« (= über anderen stehend). Es bezeichnet folglich nicht wie bei Bodin ein »Zuhöchstsein«, vielmehr ein höher sein als andere. »Sovrain« waren Könige, Herzöge, Grafen, aber auch Grundherren. Das Wort wird auch nicht als Inbegriff einer Herrschaftsgewalt verstanden, sondern als eine Vielzahl von Rechten (»souvereinetes«). Den systematischen, umfassenden Begriff der Souveränität entwickelt erstmals Bodin in seinem Werk14 15.

b) Souveränität nach Bodin

»Unter der Souveränität ist die dem Staat eignende absolute und zeitlich unbegrenzte16 Gewalt zu verstehen, von den Lateinern majestas... genannt.«17.

Bodin verfaßt in seinem Buch Sechs Bücherüber den Staat nach Methodologie und Gelehrsamkeit die erste wissenschaftliche 1999.

Verfassungstheorie überhaupt18. Er hält es für notwendig, eine exakt umrissene Definition zu geben, da »...sich [bisher] noch nie ein Rechtsgelehrter oder ein Vertreter der politischen Philosophie dieser Mühe unterzogen hat.«19

Es sind drei Aspekte, die den Kern dieses Souveränitätsbegriff ausmachen: Der Herrscher hat die absolute Gewalt, diese Gewalt ist dauernd, und sie ist die höchste Gewalt im Staat20.

5. Der Staat

Das Buch Sechs Bücherüber den Staat beginnt mit einer Definition des Staates: »Unter dem Staat versteht man die am Recht orientierte, souveräne Regierungsgewalt über eine Vielzahl von Haushaltungen und das was ihnen gemeinsam ist.21 « Bodin beginnt sein Buch mit einer Abhandlung über den Zweck (s)eines Staates. Er wendet sich gegen utopische Vorstellungen eines »Idealstaates«, namentlich gegen die des Plato und des Thomas Morus. Er will lieber »...so eng wie möglich den Regeln der politischen Erfahrung folgen.«22

a) Rechtsstaat

Im folgenden beschreibt er den Zweck des wohlgeordneten Staates. An erster Stelle nennt er eine am Recht orientierte Regierung. Recht heißt - neben dem vom Souverän gesetzten Recht - für Bodin Orientierung an den Gesetzen der Natur und den Gesetzen Gottes. Was genau er mit dem Naturgesetz bzw. dem Naturrecht23 meint, wird nicht zusammenfassend erläutert.24 Es läßt sich aber teilweise aus seinem Weltbild erklären. Bodin geht von einem deistischen Weltbild aus, einem Schöpfergott, der nach Vollendung seines Werkes keinen direkten Einfluß mehr auf die Welt nimmt. Die menschliche Vernunft ist die einzige Möglichkeit an Gott zu partizipieren und muß somit Grundlage des Staates sein25 26. Als ein Naturrecht ist beispielsweise das Recht auf (Privat-) Eigentum der Untertanen genannt, welches der Fürst nicht antasten darf. Ein weiteres ist die Unantastbarkeit des Hauses, wo das Familienoberhaupt souverän herrscht und auch der Fürst nichts zu suchen hat27. Gemeint sind mit dem Begriff Naturgesetze also Gesetze, die mittels der Vernunft offensichtlich und einsehbar sind.

b) Aufbau des Staates

Bodin vergleicht den Aufbau eines rechtmäßigen Staates mit dem Aufbau einer Familie. An der Spitze steht das souverän herrschende Familienoberhaupt (pater familias). Jenes herrscht über die Gattin (als Gatte), über die Kinder (als Vater), über die Sklaven (als Herr) und über das Gesinde (als Meister). Und so selbstverständlich und unangreifbar wie der Vater in der Familie, soll auch der Souverän im Land herrschen28.

c) Ziel des Staates

In erster Linie ist das Ziel des Bodinschen Staates innere Sicherheit. Vor dem Hintergrund der Unruhen in Frankreich ist es das, was Bodin antreibt. Aber auch die Wohlfahrt seiner Bürger ist Staatszweck. Jedoch nicht die äußere Wohlfahrt und das Glück des einzelnen ist wichtig, vielmehr ist das Gemeinwohl das wahre Glück der einzelnen, und somit ist Gemeinwohl das Ziel29. Das Gemeinwohl liegt traditionsgemäß in der Erkenntnis Gottes, des Menschen, und der Natur und in der daraus resultierenden echten Gottesverehrung. Bodin sieht zwar einen universalen Schöpfergott, doch hält er eine innerweltliche, allgemeine Religion für unmöglich. So bleibt im Staate nur die Harmonie der Gegensätze, die Tolerierung der verschiedenen Bekenntnisse30 31.

d) Staatsformen

Bodin widmet sich ausführlich der Frage nach den verschiedenen Staatsformen und der besten Staatsform32. An dieser Stelle soll jedoch nur sehr kurz und zusammenfassend erläutert werden, was nach Bodin die beste ist. Grundsätzlich möglich sind alle klassischen Staatsformen, Monarchie, Aristokratie und Demokratie. Eine Monarchie bestehe dort, wo der Einzelne der Souverän ist, eine Aristokratie dort, wo eine Minderheit des Volkes (als Körperschaft) souverän ist, und eine Demokratie dort, wo die Mehrheit des Volkes (als Körperschaft) die Souveränität innehat.33

Mischverfassungen hält er für ausgeschlossen, da Bodin hier die Souveränität des/der Herrschenden in Gefahr sieht. Die beste der möglichen Staatsform ist jedoch die Monarchie, da hier der Fürst alles in seiner Hand hat. Eine echte Souveränität scheint für Bodin hier am besten durchführbar34. An anderer Stelle äußert er sich sogar dahingehend, dass nur diese Form praktikabel ist:

»Man mag sich zwar den Verband mehrerer Regierender oder eines [ganzen] Volkes als Inhaber der Souveränität vorstellen können. Ohne ein Oberhaupt mit souveräner Gewalt, das sie alle miteinander eint, ... gebricht es ihr jedoch an ihrem eigentlichen Inhalt und Träger.35 «

6. Befugnisse und Beschränkungen des Souverän

a) Die absolute Gewalt

Bodin wendet sich der Frage zu, was souveräne Macht bedeutet und wie man sie definieren kann. Die souveräne, absolute Macht hat laut Bodin der, der »die souveräne, zeitlich unbegrenzte Macht schlicht und einfach einem anderen übertragen [kann],... und schließlich [ganz] zu überlassen.36 « in der Lage ist. Er drückt damit aus, dass einem souveränen Herrscher die Macht so sehr »gehört«, dass er sie verschenken kann. Es hat also niemand daran irgendwelche Rechte außer der Fürst selbst.

Die souveräne Macht des Fürsten ist an keine weltlichen Bedingungen geknüpft. »Wer also souverän sein soll, darf in keiner Weise dem Befehl anderer unterworfen ... sein...37 «. D.h. in der Realität, dass der Souverän keinem Kaiser, Papst und keinen Ständen oder konfessionellen Parteien untergeordnet oder verpflichtet sein darf. Wäre er das, wäre seine Macht nicht souverän.

Die vornehmste und wichtigste Macht des Souverän ist es »...den Untertanen das Gesetz vorzuschreiben, unzweckmäßige Gesetze aufzuheben oder für ungültig zu erklären und durch neue zu ersetzen.38 « Dabei darf der Fürst niemals selbst den Gesetzen unterliegen. Denn jemand, der einem Gesetz unterliegt und sich damit selbst beschränkt, kann nicht die absolute Gewalt innehaben. Folglich darf der Fürst nicht an seine eigenen Gesetze gebunden sein. Auch wenn der Fürst schwört sich an seine Gesetze zu halten,

und dies nur seinen Untertanen gegenüber schwört, ist er nicht verpflichtet sich an den Schwur zu halten. Anders verhält es sich, wenn er anderen Souveränen gegenüber einen Schwur leistet, dann nämlich ist sein Schwur in der Regel verbindlich39.

Bodin unterscheidet Gesetze von Verträgen. »Ein Vertrag dagegen begründet wechselseitige Beziehungen zwischen dem Fürst und den Untertanen und bindet beide Parteien gegenseitig40.« Dies bedeutet, dass der Fürst immer an Verträge gebunden ist, die er abschließt. Denn Bodin ist der Meinung, dass es der natürlichen Gerechtigkeit entspräche, sich an geschlossene Verträge zu halten und er um seiner Glaubwürdigkeit Willen auch dazu verpflichtet sei. Bodin rät dem Fürsten, keine solche Verträge einzugehen, wenn es sich vermeiden läßt41.

Grundsätzlich aber gilt, Gesetze werden vom Fürsten erlassen, ohne ihn irgendwie zu binden.

Unter den Befugnissen des Fürsten subsummiert Bodin folgende Rechte:

» ...das Recht über Krieg und Frieden zu entscheiden, die Entscheidung in letzter Instanz über die Urteile aller Magistrate, das Recht zur Ernennung und Absetzung der höchsten Beamten, das Recht den Untertanen Steuern und Abgaben aufzuerlegen, oder sie davon zu befreien, das Recht von der Härte des Gesetzes durch Gnadenakte oder Dispense abzuweichen, die Befugnis über die Bezeichnung der Währung, Anhebung und Senkung des Geldwertes und des Münzfußes zu bestimmen und das Recht, von Untertanen und ligischen Vasallen verlangen zu können, dass sie demjenigen, dem sie den Treueid zu leisten haben, uneingeschränkte Treue halten.42 «

Der Fürst vereinigt Legislative, Exekutive und Judikative in sich. Er ist höchste Gewalt und Vernunft im weltlichen Staat.

b) Die höchste Gewalt

Es gibt neben den vielen Befugnissen, die ein souveräner Fürst hat, auch einige Beschränkungen, »...weil alle Fürsten der Erde den Gesetzen Gottes, dem Naturrecht und verschiedenen von den Menschen gemachten Gesetzen unterstehen, die allen Völkern gemeinsam sind.43 « Damit ist die Machtfülle des Fürsten umrissen. Es gibt drei Rechte, denen der Fürst untersteht: das göttliche Gesetz (ius divinum), die Naturrechte (ius naturale) und dem Gewohnheitsrecht (ius gentium)44.

Das göttliche Gesetz und das Naturrecht sind eng miteinander verbundenen. Wenn man zunächst versucht die Inhalte des ius divinum zu ermitteln, fällt auf, dass Bodin keiner konkreten Religion folgt, er meint vielmehr Maximen, denen sich jede (große) Religion anschließen kann45. Eine grobe, aber nicht ausdrückliche, Orientierung an den zehn Geboten scheint dennoch gegeben. So geht vom ius divinum das Verbot aus, Unschuldige und Kinder zu töten, oder aber arme Leute zu berauben46. Das Naturrecht schreibt das gleiche vor und kann den göttlichen Gesetzen nie widersprechen. Es geht jedoch noch einen Schritt weiter und vereint in sich die Grundsätze von Gerechtigkeit und Vernunft, an die sich der Herrscher zu halten hat. Jene beiden Gesetze sind unantastbar47. Andererseits, bricht der Monarch diese Gesetze, muß er sich nur vor Gott verantworten. Keinesfalls verliert er den Status eines Souverän, er wird zwar zum Tyrann, darf aber nicht gestürzt werden. Hiermit wird auch das aktive Widerstandsrecht des Volkes geklärt: es hat keines. Nur andere souveräne Fürsten dürfen etwas gegen den Tyrannen unternehmen48.

Was Bodin mit dem ius gentium meint ist sehr schwierig zu fassen. Gemeint sind wohl Bräuche, deren »Geltungskraft erst ganz allmählich und nach langen Jahren dank einer von allen oder der Mehrheit geteilten Überzeugung49 « entstehen. Jene Gesetze entsprechen teilweise dem Naturrecht, müssen es aber nicht.

Es ist schwierig den Stellenwert dieses Gewohnheitsrecht für den Fürsten zu ermitteln. Äußert sich Bodin an einer Stelle dahingehend, dass dieses Recht dem Fürsten übersteht (s.o.), so sagt er an anderer Stelle, dass Gesetzesrecht, dass Recht des Fürsten, Gewohnheitsrecht im Zweifelsfall bricht50.

c) Moralische Unverbindlichkeiten

Wie schon dargelegt, kann der Souverän zum Tyrannen werden, ohne dass es eine weltliche Handhabe seitens der Untertanen gegen ihn gibt. Trotzdem sind von Bodin moralische Erwartungen an den Fürsten geknüpft.

Der gute Souverän, der den Gesetzen Gottes und der Natur folgt weil er vernünftig ist, sucht die Liebe seines Volkes. Er will Frömmigkeit, Gerechtigkeit, öffentliche Wohlfahrt, Frieden und Eintracht51. Er schätzt die maßvolle Kritik seiner Berater (freilich ohne an sie gebunden zu sein).

Bodin denkt wohl an die Hugenottenkriege, wenn er dem Fürsten empfiehlt sich keinen Parteiungen (z.B. religiösen Konfessionen) innerhalb des Volkes anzuschließen52. Wenn er dies nämlich tut, so begünstigt er Unruhen im Volk und gefährdet sich indirekt selbst.

7. Resümee

Bodins Bedeutung für die Politikwissenschaft - wie schon in der Einleitung angedeutet - liegt in seiner systematischen Entwicklung des Begriffs Souveränität. Vor dem Hintergrund der Unruhen in Frankreich versucht er eine Lösung zu finden, wie ein nach innen und außen stabiler Rechtsstaat geführt werden muss.

Besondere Bedeutung kommt seiner Proklamation von religiöser Toleranz zu, da er deren Wichtigkeit klarer gesehen und begründet hat als irgend ein anderer Denker seiner Epoche53. Dies konstituiert Bodins spezifischen Beitrag zur theoretischen Bewältigung des Bürgerkriegs und darüber hinaus auch zur Entwicklung der modernen Staatsidee.

Innerhalb des Werks lassen sich aber auch Schwächen aufzeigen. Als grundlegendste sei hier aufgezeigt, dass ein Widerspruch zwischen der geforderten absoluten Souveränität und den moralischen Ansprüchen an den Fürsten besteht. Gewisse moralische Ansprüche seien auch für den Fürsten bindendes Gesetz Gottes oder der Natur. Allerdings gibt es keinerlei Sanktionierungsmöglichkeiten, wenn er sich nicht daran hält. Dies führt zu der Frage, ob diese Gesetze nicht doch nur eine Art moralischer Appell an den Fürsten sind, da jedwede prozessualen Konsequenzen ausgeschlossen sind. Das Problem für Bodin ist, dass er einerseits eine absolute Souveränität des Fürsten fordert, aber gleichzeitig den moralischen Ansprüchen seiner Zeit genügen will. Er darf in seiner Argumentation aber keine Sanktionierungen des Fürsten vorschreiben, da er dann seiner Definition von Souveränität offen widersprechen würde. Deshalb bleibt die Frage nach der moralischen Verbindlichkeit im Vagen und ist letztenendes dem Gutdünken des Fürsten überlassen.

8. Literaturverzeichnis

Primärliteratur:

Mayer - Tasch, P. C.( Hrsg.): Jean Bodin, Sechs Bücher über den Staat, 2. Bd., München 1981.

Sekundärliteratur:

Fenske, Hans u.a. (Hrsg.): Geschichte der politischen Ideen, Von Homer bis zur Gegenwart, Frankfurt/M 1994.

Lieber, Hans - Joachim (Hrsg.): Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Auflage, Bonn 1993.

Hegmann, Horst: Politischer Individualismus, Die Rekonstruktion einer Sozialtheorie unter Bezugnahme auf Machiavelli, Bodin und Hobbes, Berlin 1994.

Maier, Hans u.a. (Hrsg.): Klassiker des politischen Denkens, Von Plato bis Hobbes, Bd. 1, 6. Auflage, München 1986.

Quaritsch, Helmut: Staat und Souveränität, Die Grundlagen, Bd.1, Frankfurt 1970.

Der Brockhaus, multimedial 2000, CD - ROM, Mannheim 1999.

Website: http://www.geocities.com/Paris/6940/bodin.htm

[...]


1 Durch die Übersetzung der aus dem römischen Recht stammenden Formel princeps legibus solutus mit absolute Gewalt wird er zum begrifflichen Begründer des sog. Absolutismus ( Fenske, Ideen, S. 299.)

2 Ebenda, S. 297.

3 Diese Biographie stützt sich hauptsächlich auf : Denzer, Horst: Bodin, in: Maier/ Rausch/ Denzer (Hrsg.): Klassiker des politischen Denkens, Von Plato bis Hobbes, Bd. 1, 6. Auflage, München 1986. und auf die Website http://www.geocities.com/paris/6490/bodin.htm.

4 Denzer, Bodin, S. 245.

5 www.geocities.com/

6 Ebenda.

7 Ebenda.

8 Vgl. Fenske u.a. (Hrsg.): Geschichte der politischen Ideen, Von Homer bis zur Gegenwart, Frankfurt/M 1994, S. 296.

9 Die Bezeichnung derartiger primär politisch denkender Leute als politique hat eine ausgesprochen abwertenden Charakter; politiques bleibt bis ins 17. Jahrhundert ein Schimpfwort.

10 Vgl. Denzer, Bodin, S. 249.

11 Vgl. Denzer, Bodin, S. 247.

12 Vgl. Lieber, Hans- Joachim (Hrsg.): Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Auflage, Bonn 1993.

13 Vgl. Brockhaus, multimedial 2000 (CD-ROM), Stichwort: Hugenottenkriege, Mannheim

14 Vgl. Quaritsch, Helmut: Staat und Souveränität, Die Grundlagen, Bd. 1, Frankfurt 1970, S. 249.

15 Vgl. Bodin, Sechs Bücher, Vorwort, S. 27

16 Etwas später erläutert Bodin was er mit »zeitlich unbegrenzt« meint: » `Zeitlich unbegrenzt` ist daher zu verstehen im Sinne von `auf Lebenszeit des Trägers der Gewalt`.« ( Bodin, Sechs Bücher, Bd. 1, S. 209.)

17 Bodin, Jean: Sechs Bücher über den Staat, Buch I - III, Bd. 1, hrsg. Von P.C. Mayer - Tasch, München 1981, S. 205.

18 Fenske, Ideen, S. 297.

19 Bodin, Sechs Bücher, Bd. 1, S. 205.

20 Vgl. hierzu die lateinische Formulierung: »Majestas est summa in cives ac subditos legibusque soluta potestas.« ( entnommen aus: Fenske, Klassiker, S. 299. )

21 Bodin, Sechs Bücher, Bd. 1, S. 98.

22 Ebenda, S. 101.

23 Bodin nimmt keine systematische Unterscheidung der beiden Begriffe - Naturgesetze und Naturrecht - vor. Auch in der Sekundärliteratur werden beide Begriffe verwandt

24 Vgl. Fenske,Ideen, S. 298.

25 Ebenda, S. 297

26 Vgl. Denzer, Bodin, S. 251 f.

27 Vgl. Fenske, Ideen, S. 298.

28 Bodin, Sechs Bücher, S. 107 ff.

29 Ebenda, S. 101 f.

30 Denzer, Bodin, S. 252.

31 Fenske, Ideen, S. 298.

32 Bodin, Sechs Bücher, Buch 2 und Buch 6.

33 Ebenda, Vorwort, S. 30.

34 Vgl. Hegmann, Horst: Politischer Individualismus, Die Rekonstruktion einer Sozialtheorie unter Bezugnahme auf Machiavelli, Bodin und Hobbes, Berlin 1994.

35 Bodin, Sechs Bücher, Bd. 2, S. 414.

36 Bodin, Sechs Bücher, Bd. 1, S. 210.

37 Ebenda, S. 213.

38 Ebenda, S. 213.

39 Ebenda, S. 215.

40 Ebenda, S. 216.

41 Ebenda, S. 216.

42 Ebenda, S. 294.

43 Ebenda, S. 213.

44 Lateinische Bezeichnungen entnommen aus: www.geocities.com/

45 Vgl. Quaritsch, Staat und Souveränität, S. 384.

46 Ebenda, S. 385.

47 Bodin formuliert sehr scharf: » Den Gesetzen Gottes und der Natur dagegen sind alle Fürsten der Erde unterworfen und es steht nicht in ihrer Macht, sich über sie hinwegzusetzen, ohne sich eines Majestätsverbrechen an Gott schuldig zu machen und damit offen Gott den Krieg zu erklären...« (Bodin, Sechs Bücher, S. 214. )

48 Vgl. Quaritsch, S. 387 ff.

49 Bodin, Sechs Bücher, S. 293.

50 Ebenda, S. 293.

51 Vgl. Lieber, Klassiker, S.

52 Bodin, Sechs Bücher, Bd. 2, S. 136 ff.

53 Bodin, Sechs Bücher, Vorwort, S. 26.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Verfassungslehre Jean Bodins
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Note
2 (gut)
Autor
Jahr
2000
Seiten
16
Katalognummer
V97196
ISBN (eBook)
9783638098717
Dateigröße
360 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine einführende Arbeit in das Leben und Werk Jean Bodins
Schlagworte
Verfassungslehre, Jean, Bodins
Arbeit zitieren
Kim Blichmann (Autor:in), 2000, Die Verfassungslehre Jean Bodins, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97196

Kommentare

  • Gast am 20.8.2001

    Wer bist Du?.

    Hallo Kim,

    bin gerade bei der Such nach mir selbst ;-) auf Deine Arbeit gestoßen und frage mich: wer bist Du? Soviele "Blichmänner" gibt es ja nicht, ich finde es immer etwas unheimlich, wenn ich noch von einem lese...
    Also ich wohne in Berlin..

    Gruß Jörg

  • Gast am 6.11.2000

    Verfassungslehre J.B.s von "hausarbeiten.de".

    Hy Kim,

    Dein Beitrag hat mir ziemlich gut gefallen. Ich bin Schüler der 13zehnten und komme aus Berlin. War das noch eine Schulaufgabe oder schon Uniniveau ?? Wenn Du Lust hast antworte doch bitte!

    Ansonsten vielen Dank

    Matthias

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Titel: Die Verfassungslehre Jean Bodins



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