Die Konstantinische Dynastie - Die Reichsnachbarn


Ausarbeitung, 1999

14 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

I. Die Zeit Diocletians
1) Einleitende Worte
2) Der Limes im Westen
3) Die Franken unter Diocletian
4) Die Perser unter Diocletian

II. Constantin
1) Die Lage unter Constantin

III. Die Söhne Constantins
1) Der Westen
2) Der Osten

IV. Anhang
1) Ammianus Marcellinus

V. Literatuliste
1) Quellen
2) Sekundärliteratur

I. Diocletian

I.1 Einleitende Worte

Diocletian hatte das Reich wieder stabilisiert. Durch sein System der Tetrarchie gelang es ihm sowohl die inneren als auch die äußeren Verhältnisse zu festigen. Aber es zeigte sich, daß man vor allem we- gen zweier Gegner des Reiches auf der Hut sein mußte: das waren im Westen die Germanen, und hier vor allem die Franken und die Alamannen, deren Bedrohung immer drückender wurde, und im Osten das neupersische Reich der Sassaniden, die in der Folge zum stärksten und gefährlichsten Gegner des Reiches werden sollten. Diesen zwei Völkern möchte ich im besonderen mein Interesse widmen.

I.2 Der Limes im Westen

Als sichere Grenze zu den Germanen war der obergermanisch - rätische Limes errichtet worden, der aber ab dem 1. Jahrhundert nach Christus von Rhein und Donau aus mehrmals nach Norden bezie- hungsweise Osten vorgeschoben wurde. Um die Wende zum 2. Jahrhundert etwa hatte der Limes schon die Ausdehnung erreicht, die er bis zu seiner Zerstörung haben sollte.

Die Beschaffenheit der Limesanlagen erfuhr jedoch im Laufe der Zeit eine ständige Verbesserung. Anfänglich war die Grenze ein Weg mit einer Kette von Kastellen, die in unregelmäßigen Abständen und Entfernung zur Grenze errichtet wurden, und Holztürmen. Erst unter Hadrian (117 - 138) entstand eine durchgehende Palisade, in der Mitte des 2. Jahrhunderts kamen an Stelle der hölzernen Türme die stärker befestigten Steintürme. Zu dieser Zeit wurde auch die Grenze im mittleren Bereich ausgedehnt: Die Odenwald - Neckar Linie wurde durch die schnurgerade Grenzziehung von Lorch zum Main er- setzt.

Ein Vergleich zwischen dem Limes in Britannien und dem in Deutschland zeigt aber eine große Dis- krepanz. Während der Limes in England schon sehr früh zu einem festen Bollwerk gegen Picten und Scoten ausgebaut worden war und durchschnittlich 300 Mann Besatzung auf einen Kilometer Grenzbe- festigung kamen, kann der „Limes in Deutschland lediglich als eine Demarkationslinie bezeichnet wer- den“.1 Nicht zu Unrecht läßt sich daraus schließen, daß den beiden Grenzwällen jeweils eine differen- te Funktion zugeschrieben wurde. Während der Grenzwall in Britannien (der an einer schmalen Stelle die Insel in zwei Teile teilte) eindeutig dazu bestimmt war, die ständig angreifenden Picten und Scoten abzuwehren, hatte der uneinheitliche obergermanisch - rätische Limes wohl eher eine symbolische Funktion. Die Römer lebten zu dieser Zeit (um 200) vorwiegend in Frieden neben den germanischen Stämmen. Der Limes diente vielmehr dazu, die Verkehrswege zu kontrollieren. „Völlig zu Recht wird nämlich immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß der Limes alte Verkehrswege gesperrt ha- be“.2 Dieses Absperren hatte den Sinn, den Waren- und Personenverkehr kontrollieren zu können. Um die Wende zum dritten Jahrhundert wurden die Anlagen ein letztes Mal verbessert: in Obergerma- nien durch Wall und Graben zusätzlich zur Palisade, in Rätien durch eine Steinmauer an Stelle der Pali- saden. In der Mitte dieses Jahrhunderts fiel aber der Grenzwall. Im Jahr 253 stürmten die Germanen den ungenügend geschützten obergermanischen - rätischen Limes und drangen bis an den Rhein vor, für die Römer war das rechtsrheinsche Gebiet somit für immer verloren gegangen.3 Neue, natürliche Grenze waren ab diesem Zeitpunkt die Flüsse Rhein und Donau.

I.3 Die Franken unter Diocletian

Unter „Franken“ versteht man eine Vielzahl von Völkern: so vor allem die Salier, die Chamaven, die Chattuarier, die Brukterer, Amsivarier oder Usipier.4 Der Ausbreitungstrieb der Franken (vor allem der Salier) erwachte um das Jahr 280. Franken und sächsische Seeräuber suchten Britannien heim. Salier versuchten das Bataverland zu besetzen und verwüsteten Teile Galliens.

Daraufhin entschloß sich Kaiser Maximianus zu einem Gegenschlag. Er stellte durch den Bau einer festen Brücke bei Köln eine Verbindung mit dem rechten Rheinufer her. Die römischen Städte und die ohnehin schon leidende Bevölkerung, die durch die ständigen Einfälle der Franken viel zu leiden hatte, sollten verschont werden. So drang er in germanisches Territorium vor und zwang die Germanen zum Frieden, 288 wird dieser mit dem Frankenkönig Gennoboudes geschlossen. Doch schon 294 drangen Franken erneut in das Bataverland ein, von wo sie aber bald durch den Caesaren Constantius vertrie- ben wurden. Kurze Zeit später ließ Constantius die Kastellkette an den Grenzflüssen Rhein und Donau erneuern.

Darauf verfaßte Eumenius einen Lobrede, zu Ehren der Augusti und Caesaren :

„Warum soll ich all die Lager der Reitereien und der Kohorten aufzählen, die an den Grenzen am Rhein, an der Donau und am Euphrat wiederhergestellt wurden? Wie viele Bäume, von Menschenhand gepflanzt, wachsen fest im milden Klima des Frühling oder Herbst, wie viele Getreidehalme, die durch den Regen niedergedrückt wurden, richten sich in der Hitze des Sommers wieder auf, wie die Mauern - die Spuren ihrer alten Grundmauern gerade noch sichtbar - die überall errichtet werden!“5

Fränkische Wehrbauern (laeti) wurden bereits seit dem Friedensvertrag an der Mosel und in Burgund angesiedelt. Seit dem Fall des Limes war das Decumatland in alamannischer Hand. Von dort aus ver- unsicherten sie die gallisch - rätischen Provinzen. Auch stifteten Goten, Sarmaten und Marcomannen Unruhe.

I.4 Die Perser unter Diocletian

An der Ostgrenze kam es nach Jahren des Kampfes zum Friedensschluß (288) zwischen Diocletian und dem Perserkönig. Zu Gute kamen den Römern dabei die inneren dynastischen Wirren. Und so wurde der Euphrat als Grenze anerkannt und, wie Rhein und Donau, durch Kastelle verstärkt. Als aber der Perserkönig Narses an die Macht kam und in Armenien einfiel, gelang es dem Caesaren Gallerius die Grenze sogar bis zum Tigris auszuweiten. Im Jahre 298 wurde der Friede von Nisibis geschlossen, der für 40 Jahre halten sollte. Die Stadt Nisibis, die an die Römer gefallen war, wurde zum Mittelpunkt des Handels zwischen den beiden Völkern bestimmt. Armenien war stets Zankapfel zwischen den Sassaniden und den Römern. Jeder der beiden versuchte seinen Einflußbereich auszubauen. So setzte Galerius nach dem Friedensschluß den von den Persern vertriebenen König Tiridates wieder ein. Die- ser brachte das Christentum aus der Verbannung mit. Armenien stand nun in einem Klientelverhältnis zu Rom.

Der Vollständigkeit halber seien noch die Aufstände in Ägypten und Afrika erwähnt, die aber nicht das Ausmaß der Auseinandersetzung der Römer mit den Franken oder Sassaniden hatte.

II. Constantin

II.1 Die Lage unter Constantin

Unter Constantin ist die Lage zu den Nachbarn relativ ruhig. Constantin reformierte aber das römische Verteidigungssystem grundlegend: Das Heer wurde in eine Grenz- (ripenses) und eine mobile Feldar- mee (comitatenses) aufgeteilt. Die comitatenses waren eine Art bewegliches Einstzkommando, das im Hinterland nahe der Grenze stationiert war und bei Gefahr unverzüglich eingesetzt werden konnte. Auch ermöglichte diese Armee eine neue Art der Verteidung, in der Forschung als Abschreckungspoli- tik bezeichnet: „Man macht über die Grenzen hinweg Einfälle in Feindesland, um den Gegner die eigene Macht zu demonstrieren, sie zu Verträge zu zwingen und gelegentlich auch Stammesführer gefangen zu nehmen“.6 Diese Reformen fanden aber nicht uneingeschränkte Zustimmung, vor allem Zosimos äußerte sich hierzu sehr kritisch:

„Constantinus traf aber noch weiter Maßnahmen, die es den Barbaren erlaubt, in das den Römern untertänige Land einzudringen. Dank der Fürsorge Diocletians war nämlich das Römerreich an all seinen Fronten auf die von mir bereits erwähnte Art und Weise mit Städten, Verteidigungsanlagen und Türmen versehen worden und hatte das gesamte Heer dortzulande seine Garnisonen. So war es den Barbaren eine Unmöglichkeit einzudringen, da ihnen überall eine Streitmacht entgegentreten konnte, stark genug, die Angreifer zurückzuschlagen. Auch dieser Sicherung setzte Constantinus ein Ende, indem er den Großteil der Soldaten aus den Grenzgebieten abzog und in die Städte verlegte, die einer Hilfe nicht bedurften. Dadurch beraubte er die von den Barbaren bedrohte Bevölke- rung der nötigen Unterstützung und lastete den friedlichen Städten all die Unordnung auf, wie sie eben vom Mili- tär ausgeht. Die Folge ist, daß nunmehr zahllose Orte verödet daliegen. Bei den Soldaten hingegen, welche sich jetzt dem Besuch von Schaustücken und dem Wohlleben hingaben, sorgte er für Verweichlichung...“.7

Ähnlich wie Diocletian gegen die Perser gelang Constantin ein großer Erfolg gegen die Goten, die mit den Römern einen foedus, einen Frieden (322) schlossen. Für 40 Jahre war auch wirklich Friede an der Donaugrenze. Constantin versuchte aber die neuen Verbündeten, sowohl die Goten als auch die Franken, in die römische Gesellschaft einzuführen: Er wollte sie in das römische Reich integrieren. Nur wenige Zeugnisse berichten davon, - wie Jonathan Barlow in seinem Aufsatz schreibt - daß Franken oder Germanen in höhere Ämter aufgestiegen sind, aber er meint: „... when a reliable source like Am- mianus records that Constantine was accused of being the first Augustus to raise barbarians to the consulship, we must take him at his word, even though the extant consular list for his reign exhibits only Roman names“.8 Als Grund dafür, daß keine germanischen Namen in den Konsullisten dieser Zeit aufscheinen, nennt Barlow die Tatsache, daß „... Germans had long adopted Roman names“.9 (Als Beispiele seien hier die beiden Ursupatoren Flavius Magnus Magnentius und Silvanus angeführt). In Persien kommt 309 der noch minderjährige Schapur II. (auch Sapor) an die Macht. Sowohl arabi- sche Stämme, die die Sassaniden vom Süden her angreifen, als auch das jugendliche Alter des Herr- schers schränken die Handlungsfähigkeit der Perser ein. Im Jahre 324 wird zusätzlich noch ein Freund- schaftsvertrag zwischen Constantin und Schapur geschlossen. Ab 334 aber versuchte Schapur den Vertrag von Nisibis gewaltsam zu revidieren. Vor allem in Armenien wollte er wieder einen Sassaniden als Herrscher. Constantin wollte aber seinerseits seinen Neffen Hannibalianus als Herrscher einsetzen. Inmitten der Vorbereitungen zu dem Persienfeldzug starb Constantin (22. 5. 337).

Um die Nachfolge des Kaisers trat vor allem nach der Ermordung aller potentieller Thronprinzen in Konstantinopel Streit aus.

III. Die Söhne Constantins

III.1 Der Westen

Constantinus II. drang 340 wegen Streitigkeiten mit seinem Bruder in den Reichsteil des Constans ein und kam bei Aquileia ums Leben. Constans übernahm daraufhin die alleinige Herrschaft im Westen, im Osten regiert sein Bruder Constantius. Im Gefolge der Kämpfe zwischen Constantius und Constans drangen Franken über den Rhein vor. Sie begannen allmählich an der westlichen Seite des Rheins Fuß zu fassen und siedelten im Gebiet von Nijmengen. Da aber Constans bei der Bevölkerung verhaßt war, wurde der von barbarischen Eltern abstammende Flavius Magnus Magnentius in Gallien zum Augustus ausgerufen (350). Constans wollte daraufhin nach Spanien fliehen, wurde aber auf der Flucht ermor- det.

Jedoch erst während der Ursupation des Magnentius, als er die Grenze von seinen besten Streitkräften entblößte und gegen Constantius zog, drangen Allamannen am Oberrhein in Gallien ein und Franken und Sachsen am Niederrhein. Der gesamte Grenzschutz wurde zerstört und Gallien von umherstreifenden Germanen verwüstet.

Im Jahre 351 kommt es zwischen den Heerscharen des Magnentius und des Constantius zur Entschei- dungsschlacht bei Mursa, „die als die verlustreichste des Jahrhunderts gilt; über 50 000 Mann sollen gefallen sein“.10 Magnentius wurde geschlagen, konnte sich aber bis zu seinem Selbstmord 353 in Gal- lien halten. 354 ließ Constantius den von ihm im Osten eingesetzten Gallus wegen dessen Willkürre- giment hinrichten.

Ein Jahr später kam es in Gallien erneut zur Ursupation eines Franken, nämlich des Silvanus. Dieser wurde aber bald von bestochenen Truppen ermordet. Aus Angst vor weiteren Ursupationen ernannte Constantius Julianus, den Bruder des Gallus und letzten, außer Constantius noch lebenden Nachkommen der constantinischen Dynastie, zum Caesaren im Westen.

Constantius hatte die Ordnung nicht wieder herstellen können. Erst Julian gelang es, die Alamannen hinter den Rhein zurückzudrängen, nachdem er sie 357 in der Schlacht bei Straßburg entscheidend geschlagen hatte. Er unternahm auch Strafexpeditionen (358 und 359) in alamannisches Land und schloß Verträge ab. Die Grenzsicherungen wurden wieder aufgebaut, denn der Limes war für das 4. Jahrhundert mehrheitlich die Grenze zwischen Römern und Barbaren, die es zu sichern galt. Mit der Instandsetzung und Sicherung des Limes erfüllte Julian somit eine wichtige Aufgabe zum Schutz des Reiches. Ebenso ließ Julian Städte, die in den Jahren zuvor von Alamannen und Saliern zerstört worden waren, wiederaufbauen, er besserte die Straßen aus und kümmerte sich um die Rechtspflege. Ammian fand dafür Worte der Anerkennung:

„ Obwohl Julian so eifrig um die Ordnung der zivilen Angelegenheiten bemüht war, vernachlässigte er doch das Militärwesen nicht. Den Truppen gab er langerprobte Befehlshaber. Ja, sogar alle Städte in Thrakien und die ent- legensten Festungen ließ er wieder instand setzen und achtete aufmerksam darauf, daß weder Waffen und Beklei- dung noch Löhnung und Verpflegung den Soldaten fehlten, die an den Ufern der Donau stationiert waren und den Einfällen der Barbaren Widerstand leisteten und, wie er sich berichten ließ, dabei wachsam und tatkräftig zu Werke gingen.“11

Auch gegen die frankischen Salier, die sich am linksrheinischen Ufer in einem Gebiet namens To xandria niedergelassen hatten, ging Julian mit Erfolg vor: Die Salier unterwarfen sich „ cum opibus liberisque12, durften aber ihr Gebiet behalten. Somit wurde das fränkische Siedlungsgebiet auf römischen Boden nach Nijmengen erweitert.

In der Mitte des 4. Jahrhunderts warb Julian viele Franken, die westlich des Rheins lebten, für sein Heer. Er mußte ihnen aber dafür das Versprechen geben, daß sie niemals zum Kriegseinsatz jenseits der Alpen geschickt werden würden.13 Constantius hatte aber an der Perserfront empfindliche Truppenverluste hinnehmen müssen und so forderte er von Julianus die besten Truppenkontigente an :

„ ... er [Constantius] sandte den Tribun und Sekretär Decentius, um von Julian Hilfstruppen zu nehmen, nament- lich die Aerulier und Batavier ..., so wie weiters 300 ausgewählte Männer von jeder der anderen Divisionen der Armee“.14

Als aber daraufhin die Soldaten revoltierten, sprach Julian zu ihnen. Er „begründete gegenüber den Soldaten die Forderung Constantius` mit dessen Augustuswürde. Daraufhin riefen die Truppen Julian selbst zum Augustus aus. Im Februar oder März 360 wurde Julian nach germanischem Ritual auf den Schild gehoben und erhielt einen keltischen Wendelring (torques) als Diadem aufs Haupt gedrückt.“15

In der Folge wurden die Spannungen zwischen Julianus und Constantius ständig größer, und so rüsteten beide zum Kampf. Julian brach im Jahr 361 zum Bürgerkrieg in den Osten auf. Als er in Dakien stand und nicht weiter vorzurücken wagte, erschienen zwei gotische Reitergeneräle des Constantius mit der Nachricht, daß ihr Herr gestorben sei (3. 11. 361) und daß er Julian zum Nachfolger bestimmt hatte.

III.2 Im Osten

Für das Verständnis der folgenden Ereignisse ist es notwendig, die grundsätzlichen Unterschiede zwi- schen der Grenze im Westen und der im Osten zu sehen. Gab es im Westen den Limes, der eine klare Linie zu den Germanen bildete, so waren die Verhältnisse im Osten anders. Die Grenze der Römer zu den Sassaniden war ein lose Kette von Kastellen, die weder in regelmäßigen Abständen noch in einem ersehbaren System erbaut worden waren. Ihnen war aber gemeinsam, daß sie mit einem Netz von Straßen verbunden waren. Jeweils im Zentrum mehrere Kastelle war eine größere Stadt, von der aus die Kastelle versorgt wurden. Den Mittelpunkt dieser Städte bildete Nisibis, die von Diocletian zum Zentrum des Handels zwischen Perser und Römer worden war. Unter diesem Aspekt muß man die zahlreichen, aber erfolglosen Versuche Schapurs sehen, Nisibis einzunehmen. Mit der Eroberung der Stadt hätte er somit das gesamte Umland, sprich Städte und Kastelle, von der Versorgung durch Nah- rung und Truppen abgeschnitten.

Nach Constantins Tod ging Schapur 338 in die Offensive und belagerte mehrmals erfolglos Nisibis. Es kam in den folgenden Jahren zu wechselseitigen Raubzügen ins Feindesland, das gebrandschatzt wur- de. Weder Constantius noch Schapur konnten die entscheidende Wende herbeiführen. 339 begann Schapur mit einer jahrzehntelangen Christenverfolgung, vermutlich weil das Christentum als römische Religion gefährlich erschien.

346 belagerte Schapur zum zweiten Mal die Stadt Nisibis, diesmal zwar drei Monate lang, doch wieder ohne Erfolg. Hierauf schlug er einen Waffenstillstand vor. Als er aber im folgenden Jahr benachbarte Völker unterwarf oder sich durch Verhandlungen ihrer Heerfolge gegen die Römer versicherte, wagte er erneut einen Angriff. Noch dazu fühlten sich die Römer durch den Waffenstillstand sicher. Schapur mobilisierte alle verfügbaren Truppen, selbst Knaben wurden ausgehoben. Mit diesem Heer zog er über den Tigris und errichtet ein stark befestigtes Lager, 20 Kilometer weiter schlug Constantius sein Lager auf. Eine List des Schapur mißlang und so kam es zu einem unentschiedenen Ausgang der Schlacht, die die größte Schlacht des Perserkrieges war (348). Schapurs Sohn wurde dabei von den römischen Truppen gefangengenommen, gemartert und ermordet.16

350 belagert Schapur erneut Nisibis. Grund dafür war die Ursupation des Magnentius, die Constantius` Truppen banden. Doch der Einfall feindlicher Völker zwang Schapur abermals aufzugeben. Im Jahre 360 gelang es aber Schapur die Grenzstadt Amida und zwei weitere Kastelle einzunehmen (Ammianus war Zeuge bei der Eroberung Amidas und konnte nur mit knapper Not entfliehen). Con- stantius konnte nicht reagieren: Julian verweigerte ihm die notwendigen germanischen Truppen. Das fand Constantius unerhört und so bereitete sich er darauf vor, gegen Julian ins Feld zu ziehen, verstarb aber bald darauf.

Als aber Julian an die alleinige Macht kam, bereitete er alles für einen Feldzug in Persien vor, wie ihn Constantius plante. Zugute kam ihm dabei, daß er vorher im Westen klare Verhältnisse geschaffen hatte. Am 5. 3. 363 brach Julian mit 80 000 - 90 000 Mann nach Persien auf.17 Er überschritt den Euphrat und zog am linken Ufer stromabwärts. Julian konzentrierte sich auch in Persien auf Vorstöße ins Feindesland, ähnlich wie gegen die Franken und Allamannen. Er zog samt seinem Heer und seiner Flotte, die den Nachschub mittransportierte, gegen die Hauptstadt des Feindes. Je näher er ihr kam, desto erbitterter wurde der Widerstand. Unter den Mauern von Ktesiphon kam es zur Schlacht, die Perser wurden besiegt. Vor einer Belagerung aber scheute Julian zurück. Daraufhin zog er den Tigris stromaufwärts. Die Flotte, die daraufhin gezogen hätte werden müssen, ließ er verbrennen. Somit wur- de die Nahrungsmittelversorgung zum Problem. Ebenso bereiteten die ständigen Angriffe persischer Reitereien Schwierigkeiten. Bei einer dieser Scharmützel wurde Julian von einem Speer tödlich getrof- fen (26. 6. 363).18 „...Unklar ist dabei bis heute, ob der Kaiser absichtlich durch ein Geschoß seiner eigenen Leute getroffen oder durch Feindeshand verwundet wurde.“19 Julian war nämlich ein entschie- dener Gegner des Christentums, der eine Restauration der heidnischen Kulte versuchte. Dies trug ihm auch den Namen „ apostata “ (=Abtrüniger) ein. Deshalb gibt es auch Vermutungen, daß ein Speer eines christlichen Soldaten Julian tötete.20 Er starb im Alter von 32 Jahren.

Der von den Soldaten zum Nachfolger bestimmte Flavius Jovianus schloß darauf einen nachteiligen Frieden, um sich und sein Heer zu retten. Wichtige Städte, die unter Diocletian gewonnen worden wa- ren, mußten aufgegeben werden. Ebenso mußte der Freundschaftsvertrag mit Armenien aufgekündigt werden.

IV. Anhang

IV.1 Ammianus Marcellinus

Ammianus wurde etwa um 330 nach Christus zu Antiochia geboren und stammte aus gutsituiertem griechischen Hause. Er diente in einer Elitetruppe, bis er 353 dem Stabe des Ursicinus zugeteilt wurde. Ursicinus war zu diesem Zeitpunkt magister equitum und diente in Nisibis. 355 wurde er aber gegen den Ursupator Silvanus nach Köln geschickt. In seinem Gefolge kam Ammianus nach Gallien, wo er das Wirken Julians bis 357 beobachten konnte. Danach ging es wieder zurück nach Mesopotamien. Dort machte er die große Persische Offensive mit. Die Belagerung der Stadt Amida erlebte Ammianus selbst mit. Er hat der Nachwelt einen sehr detaillierten und eindrucksvollen Bericht hinterlassen:

„Beim Anbruch des dritten Tages erfüllten, soweit das Menschenauge nach allen Seiten hin reichte, blinkende Reiterscharen das ganze Land, und langsamen Schrittes rückten die Abteilungen in die ihnen durch Los bestimm- ten Aufmarschräume ein ... Als wir die unzähligen Völker vor uns sahen, die lange schon dazu ausgesucht waren, den römischen Erdkreis in Brand zu stecken, und sich nun zu unserem Untergang vereint hatten, da zweifelten wir an unserer Rettung ... Und so standen von Sonnenaufgang bis zum späten Abend die Reihen unbeweglich da, wie festgewurzelt und kein Fuß rührte sich ... Die Nacht war fast zu Ende, als sie, Trompetenbläser an der Spitze, die Stadt mit einem furchtbaren Ring, so als stünde ihr Untergang nahe bevor, von allen Seiten umzingelten. Da warf Grumbates nach heidnischem Brauch ... eine blutige Lanze, und gleich darauf schlug das Heer die Waffen aneinander und stürmte auf die Mauern los ... So war des Mordens kein Ende, und das Gemetzel währte bis zum letzten Tageslicht, ja selbst die abendliche Dunkelheit ließ das grausige Geschehen nicht abklingen, vielmehr wurde mit unverminderter Hartnäckigkeit auf beiden Seiten gerungen.“21

Nach 73 Tagen der Belagerung fiel Amida. Ammianus war auf Schleichwegen aus der Stadt gekom- men.

360 wurde Ursicinus abgesetzt und für drei Jahre war es still um Ammianus. Im Zuge des Perserfeldzuges Julians kam Ammianus wieder nach Antiochia. Danach besuchte er Ägypten und Griechenland. 378 kam er über Trakien nach Rom, das bis zur Hungersnot 383 seine Heimat wurde. Das Todesjahr wird um 395 vermutet.22

Ammianus verfaßte eine res gestae in 31 Büchern, die die Geschichte Roms von Nerva bis zum Tode Valentinians I. (375) und des Valens (378) behandelte. Er verstand sich zeitlich und in der Tradition der Geschichtsschreibung als Nachfolger Tacitus`. Wie dieser fühlte sich Ammianus der Wahrheit ver- pflichtet und als unparteiischer Schreiber. Von dieser res gestae sind nur die Bücher 14 - 31 erhalten, die den Zeitraum von 353 - 378 behandeln. Nach der Gewichtung des Stoffes dürfte der verlorenge- gangene Teil, der zweieinhalb Jahrhunderte umfaßt, in groben Zügen, vierzehn Kapiteln, abgehandelt werden. Für ihn benutzte Ammianus wahrscheinlich literarische Quellen, „vor allem wohl Herodian“.23 Der zeitgeschichtliche Teil beruht dagegen auf eigenen Kenntnissen oder auf Zeugenberichten, die der Verfasser, nach eigenen Angaben, sorgfältig geprüft hat. Er bringt auch zahlreiche Exkurse, häufig auch geographische, zu Beginn eines Kapitel. So zum Beispiel auch über die Perser:

„Unter diesen Völkern verschiedener Sprachen und Arten gibt es bei den Menschen ebenso große Unterschiede wie bei den Landschaften ... Am nächsten von allen ist uns Assyrien, ein an Bevölkerung, Größe und vielfältigen Bodenerzeugnissen reiches Land. Diese Provinz erstreckte sich früher über weite und reiche Völker und Gaue und faßte sie alle unter einem Namen zusammen. Jetzt wird sie als ganzes Assyrien genannt. Hier entsteht mitten unter dem Reichtum an Obst und üblichen Feldfrüchten das Erdpech in der Nähe des Sees Sosingites ... Hier tritt auch das Naphtha zutage, das zäh wie Pech ist und dem Erdpech ähnelt. Wenn sich auch nur ein kleiner Vogel darauf niederläßt, verliert er das Flugvermögen, sinkt unter und verschwindet gänzlich. Fängt diese flüssige Masse an zu brennen, so findet der menschliche Verstand kein anderes Mittel, den Brand zu löschen, als Sand.“24

„Die res gestae des Ammianus sind das letzte große Geschichtswerk der Antike, eingegeben von dem Glauben an die unvergängliche Größe Roms, den selbst die Katastrophe von Adrianopel nicht zu erschüttern vermochte.“25

V. Literaturliste

V.1 Quellen

1. Ammianus Marcellinus
2. Panegyrici Latini
3. Zosimos

V.2 Sekundärliteratur

1. Der römische Limes in Deutschland, hrsg. von der Römisch - Germanischen Komission des Deut- schen Archäologischen Instituts (Stuttgart 1992).
2. J. Barlow, Kinship, Identity and Fourth - Century Franks, in: Historia. Zeitschrift für Alte Geschic h- te 45 (1996) S. 223 - 239.
3. A. Demandt, Die Spätantike: römische Geschichte von Diocletian bis Justinian (München 1989).
4. W. Enßlin, Zur Geschichtsschreibung und Weltanschauung des Ammianus Marcellinus (Leipzig 1923).
5. M. Fuhrmann, Ammianus Marcellinus, KlP I (1964) S. 302 - 304.
6. J. Martin, Spätantike und Völkerwanderung (München 1990).
7. K. Schippmann, Grundzüge der Geschichte des sasanidischen Reiches (Darmstadt 1990).
8. L. Schmidt, Geschichte deutscher Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung, II (Berlin 1911).
9. O. Seeck, Sapor (II.), RE I A2 (1920) 2334 - 2354.
10. J. Szidat, Historischer Kommentar zu Ammianus Marcellinus Buch (XX - XXI). Teil I: Die Erhe- bung Julians (Wiesbaden 1977).

[...]


1 ) Der römische Limes in Deutschland, hrsg. von der Römisch - Germanischen Komission des Deutschen Archäologischen Instituts (Stuttgart 1992) S. 72.

2 ) Der Limes, hrsg. v. d. Komission S. 72

3 ) vgl. Der Limes, hrsg v. d. Kommission S.29f. und 71f.

4 ) vgl. L. Schmidt, Geschichte der deutschen Stämme bis zum Ausgang der Völkerwanderung, II (Berlin 1911) S. 433 f.

5 ) Paneg. IX 18, 4

6 ) J. Martin, Spätantike und Völkerwanderung (München 1990) S.32.

7 ) Zos. II, 34.

8 ) J. Barlow, Kinship, Identity and Fourth - Century Franks, in: Historia 45 (1996) S. 226.

9 ) Barlow, Kinship S. 225. Barlow bezieht sich hier auf eine Stelle bei Amm. XXI 10,8.

10 ) Martin, Spätantike S.31.

11 ) Amm. XXII 7, 7

12 ) Amm. XVII 8, 4

13 ) vgl. Amm. XX 4, 4

14 ) Amm. XX 4, 2

15 ) A. Demandt, Die Spätantike: römische Geschichte von Diocletian bis Justinian (München 1989) S. 98. Demandt bezieht sich hier auf Amm. XX 4, 16 - 18.

16 ) vgl. O. Seeck, Sapor (II.), RE I A2 (1920) 2335 - 2338.

17 ) Die Meinung über die wahre Stärke des Heeres differenziert. Schon in den antiken Quellen schwanken die Angaben zwischen 83 000 - 95 000 Mann. Die Zahlen hier vgl. K. Schippmann, Grundzüge der Geschichte des sasanidischen Reiches (Darmstadt 1990) S. 35.

18 ) vgl. Demandt, Spätantike S. 105.

19 ) Schippmann, Grundzüge S. 35.

20 ) Diese These unterstützt auch Otto Seeck: „doch bei einem dieser Kämpfe am 26. Juni fiel Kaiser Iulian wahr- scheinlich durch den Wurfspeer eines Christen, der in seinem eigenen Heere diente...“ (Seeck, Sapor (II.), RE I A2 2349).

21 ) Amm. XIX

22 ) Angaben zu Ammianus Marcellinus aus: M. Fuhrmann, Ammianus Marcellinus, KlP I (1964) 302 - 304. und W. Enßlin, Zur Geschichtsschreibung des Ammianus Marcellinus (Leipzig 1923).

23 ) Fuhrmann, Ammianus, KlP I 303.

24 ) Amm. XXIII 6

25 ) Fuhrmann, Ammianus, KlP I 303.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Konstantinische Dynastie - Die Reichsnachbarn
Note
1
Autor
Jahr
1999
Seiten
14
Katalognummer
V97305
ISBN (eBook)
9783638099806
Dateigröße
358 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konstantinische, Dynastie, Reichsnachbarn
Arbeit zitieren
Günter Katzler (Autor:in), 1999, Die Konstantinische Dynastie - Die Reichsnachbarn, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97305

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