Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Studien und Erkenntnissen der Gehirn- und Hemisphärenforschung. Den Schwerpunkt bildet hierbei der Versuch, mögliche Einsichten für die Experimentelle Ästhetik zu gewinnen und aufzuzeigen, welche Vorgänge im Gehirn den Menschen in die Lage versetzen, ein ästhetisches Urteil zu fällen.
In den frühen sechziger Jahren machte Roger Sperry eine für die Hemisphärenforschung ausschlaggebende Entdeckung. Der spätere Nobelpreisträger untersuchte in Zusammenarbeit mit Kollegen und Studierenden ungewöhnliche Verhaltensmerkmale von Epilepsie-Patienten, bei denen mittels operativen Eingriffs der die beiden Gehirnhälften (Hemisphären) durch ca. 200 Millionen Nervenfasern verbindende Hirnbalken (corpus callosum) vollständig durchtrennt wurde. Diese Kommissurotomie genannte Operation wurde überwiegend mit großem medizinischen Erfolg durchgeführt, um die Intensität epileptischer Anfälle zu mindern. Infolge dieser Behandlung war bei den Kommissurotomie-Patienten jeglicher Informationsfluß zwischen linker und rechter Hemisphäre unterbrochen, woraus in alltäglichen Routinesituationen aber meist keine Beeinträchtigungen entstanden. Allerdings konnte nun interessanterweise Folgendes beobachtet werden: Die Operierten waren nicht in der Lage, einen Gegenstand, den man ihnen in die linke Hand (rechte Hemisphäre) gab, ohne daß sie ihn sehen konnten, verbal zu benennen oder auch nur zu beschreiben. Nichtsdestotrotz hatten sie eine Vorstellung davon, um was für ein Objekt es sich handelte, da sie problemlos ein Äquivalent für ihre Empfindung auf einer Bildertafel erkennen und darauf zeigen konnten. Andererseits waren die gleichen Probanden sehr wohl in der Lage, einen ihnen in gleicher Weise in die rechte Hand (linke Hemisphäre) gegeben Gegenstand zu benennen.1
Diese und weitere Untersuchungen der Split-brain-Forschung bestätigten zusammen mit Studien an Patienten mit einseitigen Hirnläsionen die Vorstellung, daß beide Hemisphären unabhängig voneinander fähig sind wahrzunehmen, zu denken und das Verhalten zu regulieren, wobei aber jede auf ihre eigene und besondere Weise funktioniert und auf bestimmten Gebieten der Informationsverarbeitung oder Problemlösung der jeweils anderen Gehirnhälfte überlegen ist.
Dies soll im Folgenden weiter ausgeführt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kurzer Überblick über Aufbau und Funktionsweise des Gehirns
- Ausgewählte Experimente zur zerebralen Lateralisierung
- „Spezialgebiete\" der Hemisphären
- Zusammenfassung und Bezug zur Experimentellen Ästhetik
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Ergebnisse der Gehirn- und Hemisphärenforschung, um mögliche Erkenntnisse für die Experimentelle Ästhetik zu gewinnen. Sie beleuchtet die neuronalen Prozesse, die es Menschen ermöglichen, ästhetische Urteile zu fällen.
- Die Rolle der zerebralen Lateralisierung für die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen
- Die Spezialisierung der beiden Hemisphären auf bestimmte Bereiche der kognitiven Verarbeitung
- Der Einfluss der Hemisphären auf die Entstehung ästhetischer Urteile
- Die Bedeutung der Hemisphärenforschung für das Verständnis von künstlerischen und ästhetischen Prozessen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und erläutert die Motivation, sich mit der zerebralen Lateralisierung und deren Bedeutung für die Experimentelle Ästhetik auseinanderzusetzen. Sie führt die bahnbrechende Entdeckung von Roger Sperry ein, die die Forschung auf dem Gebiet der Hemisphärenforschung entscheidend beeinflusst hat. Die Arbeit zielt darauf ab, die Erkenntnisse der Hemisphärenforschung in den Kontext der Experimentellen Ästhetik einzubinden.
Kurzer Überblick über Aufbau und Funktionsweise des Gehirns
Dieses Kapitel bietet einen grundlegenden Einblick in die Struktur und Funktion des menschlichen Gehirns, insbesondere der beiden Hemisphären. Es beschreibt die Aufgaben der Hemisphären in Bezug auf motorische Steuerung, Sinneswahrnehmung und Informationsverarbeitung. Der Fokus liegt auf der Kommunikation zwischen den Hemisphären über den Hirnbalken (corpus callosum) und der Bedeutung des Datenaustausches für die kognitive Funktion.
Ausgewählte Experimente zur zerebralen Lateralisierung
Dieses Kapitel präsentiert ausgewählte Experimente, die die unterschiedliche Verarbeitung von Informationen durch die beiden Hemisphären belegen. Die Untersuchungen mit dem Tachistoskop zeigen, wie die linke Hemisphäre vorwiegend für verbale Analyse und die rechte Hemisphäre für visuelle Wiedererkennung zuständig ist. Die Experimente veranschaulichen die Spezialisierung der Hemisphären in Bezug auf Sprache und visuelle Wahrnehmung.
Schlüsselwörter
Zerebrale Lateralisierung, Hemisphärenforschung, Experimentelle Ästhetik, Split-brain-Forschung, Tachistoskop, visuelle Wahrnehmung, verbale Verarbeitung, Sprachdominanz, Hirnbalken (corpus callosum), Kommissurotomie, ästhetisches Urteil, kognitive Prozesse.
- Arbeit zitieren
- M.A. Péter Szász (Autor:in), 1998, Zerebrale Lateralisierung und Hemisphärenforschung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9733