Fachkompetenz vs. Handlungskompetenz im kindlichen Spiel. Ist "Machen" entscheidender als "Wissen"?


Dossier / Travail, 2019

23 Pages, Note: 1,5


Extrait


Inhalt

1. Einleitung

2. Fach- und Handlungskompetenz
2.1. Kompetenzbegriff
2.2. Allgemeines Kompetenz-Modell nach Fröhlich-Gildhoff
2.3. Professionelles Handeln - Handlungskompetenz

3. Das kindliche Spiel
3.1. Formen des kindlichen Spiels
Exploration und Wahrnehmungsspiele
Funktions- und Symbolspiel
Konstruktionsspiel und Als-ob-Spiel
Rollenspiel
3.2. Die Bedeutung des Spiels
3.3. Die Rolle der pädagogischen Fachkraft

4. Vergleich der Bedeutung der Fach- und Handlungskompetenz in Bezug auf die Förderung des kindlichen Spiels
4.1. Wie verhält sich Wissen ohne Handeln?
4.2. Kann ohne Wissen gehandelt werden?
4.3. Schränkt „zu viel“ Wissen das Handeln ein?
4.4. Kann Unwissen den Spieltrieb hemmen?
4.5. Sieht die Theorie wirklich „immer“ anders aus als die Praxis?

5. Fazit

Literatur

Abbildungen

1. Einleitung

Ist „Machen“ entscheidender als „Wissen“? Oder bleibt es bei dem berühmten Ausspruch von Francis Bacon 1613 „Wissen ist Macht.“? Schränkt „zu viel“ Wissen das Handeln ein? Kann ohne Wissen gehandelt werden? Oder anders gefragt, wenn nicht gehandelt wird, warum sollte dann Wissen bestehen? Ist das Handeln aus dem Bauch heraus, Handeln ohne Wissen? Sieht die Theorie wirklich „immer“ anders aus als die Praxis? Fragen über Fragen, die sich bei dem Thema „Vergleich der Bedeutung der Fach- und Handlungskompetenz in Bezug auf die Förderung des kindlichen Spiels“ ergeben.

Hierbei stellt sich die Frage, welche Rolle spielt wortwörtlich das kindliche Spiel im vorgestellten Vergleich? Welche Bedeutung hat das Spiel für ein Kind und welche Rolle übernimmt die pädagogische Fachkraft? Wie viel Handeln und Wissen sind für das kindliche Spiel von Nöten? Ist das kindliche Spiel „nur“ eine angenehme Nebentätigkeit, ein automatischer Zeitvertreib im Kindergartenalltag?

Wie sich die pädagogische Fach- und Handlungskompetenz zueinander verhalten und wie sie das kindliche Spiel in der Krippe beeinflussen, gilt es in den folgenden Seiten zu ergründen.

2. Fach- und Handlungskompetenz

2.1. Kompetenzbegriff

Damit die Begriffe Fach- und Handlungskompetenz mit Inhalt gefüllt werden können, ist es ratsam, vorerst dem Begriff Kompetenz auf den Grund zu gehen. Der Duden deutet Kompetenz als Sachverstand und Fähigkeiten und findet Synonyme wie Begabung, Fertigkeit, Können, Qualifikation und Talent. (vgl. Dudenredaktion, „Kompetenz“) Hier wird bereits deutlich, dass der Begriff Kompetenz eine vielschichtige Darstellung annimmt. Kompetenz umschließt kognitive, theoretische wie aber auch physiologische, praktische Eigenschaften.

Franz E. Weinert (2001) unterteilt Kompetenzen zum einen in verfügbare oder erlernte kognitive Fähig- und Fertigkeiten zum Lösen bestimmter Probleme und zum anderen die Bereitschaft und Fähigkeit, die initiierten Problemlösungen in unterschiedlichen Situationen verantwortungsvoll anwenden zu können. (vgl. Fröhlich-Gildhoff, Nentwig-Gesemann, Pietsch 2011, S.14) Bei dieser Darstellung wird der Begriff Kompetenz mit der Problemlösefähigkeit verbunden. Steht ein Problem im Raum, braucht es Kompetenz in zweierlei Hinsicht. Einerseits die Theorie, die kognitiven Herangehensweisen als variables, einsetzbares Fundament, um ein Problem anzugehen. Andererseits die Praxis, die fähige Bereitschaft, um eine Vielzahl von problembesetzten Begebenheiten mit Hilfe der Theorie situativ zu lösen.

Im deutschen Qualitätsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) wird Kompetenz als „die Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse undFertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2013, S. 45) definiert. Hierbei wird Kompetenz als umfassende Handlungskompetenz verstanden. (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2013, S. 45) Es wird deutlich, dass der Kompetenzbegriff mit der Zeit immer weitreichender definiert wurde. Im Hinblick auf die Frühpädagogik und einem professionellen Handeln ist es hilfreich das „allgemeine Kompetenz-Modell“ nach Fröhlich-Gildhoff in Augenschein zu nehmen.

2.2. Allgemeines Kompetenz-Modell nach Fröhlich-Gildhoff

Frühpädagogisches Handeln im Alltag beruht auf Situationen und Handlungsanforderungen, die oft komplex, mehrdeutig und schwer vorhersehbar sind, sodass eine Planung nur begrenzt möglich ist. Dabei ist die Zielsetzung einer pädagogischen Professionalität nur mit dem Erwerb von Kompetenzen erreichbar, die es der Fachkraft ermöglichen, situative Lösungsmöglichkeiten zu akquirieren und organisiert, kreativ und reflexiv zu handeln (vgl. Nentwig-Gesemann, Fröhlich-Gildhoff, Harms, Richter 2011, S.11f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Allgemeines Kompetenz-Modell nach Fröhlich-Gildhoff

Das allgemeine Kompetenz-Modell von Fröhlich-Gildhoff beschreibt den Kreislauf des professionellen Handelns. Dieser Kreislauf unterstellt sich zweigeteilt der Disposition, die hierbei die Voraussetzung für das Hervorbringen von bestimmten Handlungen darstellt, und der Performanz, die die Handlungsbereitschaft sowie die erbrachte Leistung verdeutlicht. (vgl. Nentwig-Gesemann et al. 2011, S.12)

Professionelle Handlungsfähigkeit ergibt sich aus einem wechselseitigen Zusammenspiel zwischen Theorie- und Erfahrungswissen und wird sowohl durch die Situationswahrnehmung und –analyse, als auch von der aktuellen Motivation des Handelnden beeinflusst (vgl. Nentwig-Gesemann et al. 2011, S.11ff).

Ein weiterer prägender Faktor des Denkens und Handelns von Menschen ist die Haltung, die „von den demokratischen Werten unserer Gesellschaft und der Unantastbarkeit der Würde eines jeden Menschen“ (Orientierungsplan 2014, S.56) gezeichnet ist. „Deshalb ist das pädagogische Handeln von Respekt, Achtung und Wertschätzung gegenüber dem Kind geleitet.“ (Orientierungsplan, 2014, S.56).

Die Haltung übt wesentlichen Einfluss auf „den Prozess der Umsetzung von Wissen und Orientierung in die Handlungspraxis“ (Nentwig-Gesemann et al. 2011, S.13) aus. „Diese Haltung hat ihren erfahrungs- und erlebnismäßigen Ursprung sowohl im jeweils spezifischen individuellen biografischen Verlauf als auch in dessen Einbettung in […] Lebenswelten und prägt […] die Handlungspraxis auf fundamentale Art und Weise.“ (Nentwig-Gesemann et al. 2011, S.13). Das bedeutet, dass die eigene Haltung auf biographischen Aspekten, Erfahrungen und gesellschaftlichen Umwelteinflüssen beruht und sich auf das pädagogische Handeln im Alltag auswirkt.

Die Handlungsplanung und -bereitschaft führen zum Ergebnis des konkreten Handelns in pädagogischen Situationen. Dieses Handeln wird in der Phase der Evaluation beurteilt und bewertet, um auf Wissen, Motivation und Handlungspotenziale zurückzuwirken. Dieser ganze Prozess wird von der Selbstreflexion gelenkt, die auf fachlicher und forschender Ebene verstanden werden sollte (vgl. Nentwig-Gesemann et al. 2011, S.13).

Das Ziel im Kreislauf des professionellen Handelns liegt darin, sich seiner Kompetenzen unter Berücksichtigung der eigenen Haltung bewusst zu werden, um diese situativ, reflektiert im pädagogischen Alltag einzusetzen und zu erweitern. Voraussetzung dafür ist eine sogenannte „fachliche Kompetenz“ (Flad, Schneider, Treptow, 2008, S.23), die Bereitschaft zur persönlichen Entwicklung, der Wille und die Akzeptanz seine Fähig- und Fertigkeiten zu reflektieren und zu stärken. Wie Handlungskompetenz sich für die pädagogische Fachkraft gestaltet, wird im nächsten Abschnitt näher erläutert.

2.3. Professionelles Handeln - Handlungskompetenz

Handlungskompetenz stellt ein Zusammenwirken von Wissen, Fähigkeiten und Haltungen dar, um „typische berufliche Anforderungen zu erkennen, zu bewältigen, sowie zukünftige Herausforderungen an fachliches Handeln einschätzen und entsprechende Vorbereitungen treffen zu können“ (Flad et al. 2008, S.18). Die folgende Definition von Haltung beschreibt die Basis für kompetentes Handeln und bestimmt im weitesten Sinne die Qualität institutioneller Betreuung, Erziehung und Bildung (vgl. Neuß, 2014, S.249). „Die professionelle Haltung ergibt sich aus einem Zusammenspiel von erlerntem Professionswissen – als einer Verbindung von fachlich-theoretischen Wissen, handlungspraktischen und erfahrungsgesättigten Fertigkeiten und Methoden, sozialen und personalen Kompetenzen sowie den subjektiven Erfahrungen im Lebenslauf – und den verinnerlichten Welt- und Menschenbildern der einzelnen Person.“ (Neuß, 2014, S.249)

Neben und unter Einflussnahme der Professionalität in Haltung und im Handeln sind Anforderungen an die pädagogische Fachkraft gestellt, die weitreichende Kompetenzen erforderlich machen. Diese werden in einem lebens- und berufsbiografischen Bildungsprozess erworben. (vgl. Flad et al. 2008, S.21) „Darin nimmt der Wissenserwerb durch Aus-, Fort- und Weiterbildung einen ebenso wichtigen Stellenwert ein wie die Entwicklung persönlicher Haltungen und solcher Interessensrichtungen, die über den engeren Rahmen beruflichen Handelns und der formellen Wissensvermittlung hinausreichen.“ (Flad et al. 2008, S.21)

Folgend sind einige Kompetenzen, die das pädagogische sowie das professionelle Handeln in der Frühpädagogik darstellen, hervorzuheben. So beschreiben Empathie- und Beziehungsfähigkeit eine fundamentale Anforderung an die Fachkraft unter der Beachtung der professionellen Distanz1. Dazu gehört, dass das Kind in seiner Individualität wahrgenommen wird und es die Möglichkeit hat, eine Bindung zu seiner Erzieherin oder seinem Erzieher aufzubauen. Begriffe wie Einfühlsamkeit, liebevoller Umgang, Anerkennung und Zuwendung sowie Authentizität und Verlässlichkeit stellen die Basis dieser Kompetenz dar und schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre (vgl. Weber 2009, S.36f).

Eine forschende Haltung erlaubt es der Fachkraft, Situationen in ihrer Vielschichtigkeit zu erkennen und zu verstehen sowie diese dokumentarisch festzuhalten und auszuwerten (vgl. Neuß 2014, S.253). Darauf aufbauend kann sie die Entwicklung des Kindes angemessen und wertschätzend begleiten und unterstützen. Ein Kerngedanke der Entwicklungsbegleitung liegt darin, die Engagiertheit des Kindes zuzulassen. Das bedeutet, dass die Fachkraft die Aktivität, die Selbstbestimmtheit und die intrinsische Motivation des Kindes erkennt sowie anerkennt. Durch eine zurückhaltende Haltung und ein gezieltes kommunikatives und impulssetzendes Auftreten der Fachkraft unterstützt diese die Engagiertheit, die Voraussetzung für Bildungsprozesse und die individuelle Entwicklung ist (vgl. Neuß, 2014, S.56f). Ausgangspunkt dafür liegt darin, sich auf die Welt des Kindes einzulassen, was bedeutet, „das einzelne Kind mit seinen individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten in den Blick zu nehmen und dabei die eigenen Ziele und Deutungen zurück zu stellen.“ (Neuß, 2014, S.57). Dies erfordert Neugierde, Lernbereitschaft und eine fragende Haltung seitens der pädagogischen Fachkraft.

Diese Kompetenzvorstellungen obliegen der „selbstorganisierten Reflexivität“ (Flad et al. 2008, S.231), die Selbststrukturierungsfähigkeiten, Entscheidungsvermögen sowie die Reflexion im pädagogischen Handeln umfasst. (vgl. Flad et al. 2008, S.231)

3. Das kindliche Spiel

Beim kindlichen Spiel stellt sich die Frage, wann spielt ein Kind? Mietzel findet dazu folgende, treffende Aussage: „Wenn ein Kind eine Beschäftigung spontan aufnimmt, damit kein körperliches Bedürfnis wie Hunger oder Durst befriedigt, sein Vergnügen offensichtlich im Tun selbst findet und sich keiner von außen auferlegten Regel unterwirft, sprechen Laien in hoher Übereinstimmung mit Entwicklungspsychologen vom Spielen.“ (Mietzel 2002, S.156)

„Das Spiel ist Quelle kindlicher Entwicklung – darüber ist man sich in Theorie und Praxis einig.“ (Heller 2013, S.10) Der Orientierungsplan beschreibt, dass Spielen und Lernen nicht getrennt zu betrachten sind. Beim Spielen lernt das Kind, sich mit seiner Umwelt, seinen Erfahrungen und Fragen auseinanderzusetzen. Dabei kommt es oft nicht auf das Spielzeug an sich an, sondern auf das Zeug zum Spielen. Beispielsweise kann die Verpackung eines Spielzeugautos eher die Aufmerksamkeit des Kindes erwecken als das Spielzeugauto selbst. (vgl. Orientierungsplan 2014, S.36ff) „Wenn Kinder sich engagieren, gehen sie von sich aus an ihre Grenzen und entwickeln dadurch ihr Wissen, ihre Fähigkeiten, Bereitschaften und Einstellungen schneller, leichter und besser als auf jede andere Art und Weise.“ (Strätz 2019, S.12) Engagieren bedeutet in diesem Kontext, dass Kinder in ihrer frei gewählten Tätigkeit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Konzentration und Freude aufbringen und sich in ihre eigenständigen Handlungen vertiefen können.

3.1. Formen des kindlichen Spiels

In der Theorie gibt es verschiedene Formen des kindlichen Spiels, die im Zusammenhang mit der kindlichen Entwicklung einhergehen. „Im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes entwickeln und verändern sich auch seine Spiele.“ (Heller 2013, S.11) Über die verschiedenen Spielformen werden beim Spiel mit Erwachsenen, mit anderen Kindern oder mit sich selbst, Bildungsprozesse sowie Aneignungstätigkeiten erlebt. (vgl. Lukaschek 2019, S.14)

In der Literatur lässt sich keine einheitliche Klassifizierung der Spielformen finden, daher werden in den folgenden Absätzen die meist genannten Formen aufgegriffen.

[...]


1 Definition Professionelle Distanz: „Das Verhältnis von Nähe und Distanz wird – ausgehend von den Bedürfnissen der Kinder – in altersgerechten pädagogischen Situationen bzw. mit spezifischen pädagogischen Methoden für den Krippenbereich angemessen gestaltet.“ (Nentwig-Gesemann 2011, S.37).

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Fachkompetenz vs. Handlungskompetenz im kindlichen Spiel. Ist "Machen" entscheidender als "Wissen"?
Université
University of Applied Sciences North Hesse; Bad Sooden-Allendorf
Note
1,5
Auteur
Année
2019
Pages
23
N° de catalogue
V973921
ISBN (ebook)
9783346321275
ISBN (Livre)
9783346321282
Langue
allemand
Mots clés
Handlungskompetenz, Fachkompetenz, Kindliches Spiel, Kompetenzbegriff, Professionelles Handeln
Citation du texte
Kathleen Lienig (Auteur), 2019, Fachkompetenz vs. Handlungskompetenz im kindlichen Spiel. Ist "Machen" entscheidender als "Wissen"?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/973921

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