Inhaltsverzeichnis
1 Zur Person Max Webers
2 Die Hinduismus-Studie
3 Krishna Prakash Gupta, Shmuel N. Eisenstadt: Die Einordnung von Quellen als Problem eines Kulturvergleichs
3.1 Der Vergleich des Hinduismus mit dem Christentum
3.2 Das Problem des Kulturvergleichs
4 Jakob Rösel: Quellenvergleich und die Einordnung in einen historisch-sozialen Kontext
4.1 Webers Quellen und ihre Einordnung in den historisch-sozialen Kontext
4.1.1 Die Literatur der Brahmanen
4.1.2 Berichte von Ethnologen, Orientalisten und Linguisten
4.1.3 Der Census
4.2 Die Auswirkungen der ideologischen Determinierung
4.3 Kritik an Rösels These
5 Detlef Kantowsky: Die Mißverständnisse bei der indischen Rezeption der Weber- Studie
5.1 Die Rezeption Webers durch die südostasiatische Soziologie
5.2 Die Bewertung der indischen Weber-Rezeption durch Kantowsky
Literatur
1 Zur Person Max Webers
Max Weber wird am 21. April 1864 in Erfurt als Sohn des Juristen Max Weber (sen.) und dessen Frau Helene geboren. Nach dem Abitur studiert er von 1882 bis 1886 in verschiedenen Städten Jura, Nationalökonomie, Philosophie und Geschichte. Drei Jahre später erfolgt seine Promotion als Jurist, der ebenfalls drei Jahre später in Berlin die Habilitation für Römisches Recht und Handelsrecht folgt. Seinen wissenschaftlichen Ruf begründet Weber mit der Studie ,,Die Verhältnisse der Landarbeiter im ostelbischen Deutschland", die er im Auftrag des Vereins für Sozialpolitik erstellt.
1893 heiratet er die spätere Frauenrechtlerin und Soziologin Marianne Schnitger.
1894 wird er an den Lehrstuhl für Nationalökonomie an der Universität Freiburg berufen. In seiner dortigen Antrittsvorlesung legt er den Grundstein für sein später entwickeltes Postulat der Werturteilsfreiheit der Wissenschaften. Bereits 1897 muss er allerdings, inzwischen hat er an den Lehrstuhl für Nationalökonomie an der Universität Heidelberg gewechselt, seine Lehrtätigkeit wieder aufgeben, da er psychisch schwer erkrankt. In den kommenden sieben Jahren kann er nur eingeschränkt arbeiten und unternimmt statt dessen mehrere Reisen durch die USA und Europa.
Seit 1904 ist Weber dann publizistisch tätig und veröffentlicht bedeutende Schriften wie "Die 'Objektivität' sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis" sowie "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus". Überdies gibt er das "Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" mit heraus. Damit trägt er zu Beginn des 20. Jahrhunderts maßgeblich zur Konstituierung der Soziologie als eigenständiger Disziplin bei und treibt ihre Professionalisierung als anerkannte Wissenschaft voran.
1911 datiert der Beginn seiner Arbeit an den ,,religionssoziologischen Studien", in denen er den Zusammenhang von Wirtschaftsform und religiöser Gesinnung untersucht. Weber hat aber meistens an mehreren Werken gleichzeitig gearbeitet, so z.B. ab 1913 an seinem soziologischen Hauptwerk "Wirtschaft und Gesellschaft" (erscheint 1922 postum), in dem er den Idealtypus als soziologischen Unterscheidungsbegriff einführt.
Während des Ersten Weltkriegs äussert er sich in einigen Aufsätzen und Veröffentlichungen in Zeitungen zunehmend zur Tagespolitik. So tritt er zwar für ein Durchstehen des Krieges ein, fordert aber gleichzeitig die Parlamentarisierung. 1919 wird er nach München berufen und ist dort unter anderem als Sachverständiger der deutschen Delegation bei der Konferenz zum Versailler Vertrag tätig. Im selben Jahr erscheinen die Werke "Wissenschaft als Beruf" und "Politik als Beruf".
Max Weber stirbt am 14. Juli 1920 in München
2 Die Hinduismus-Studie
Max Weber geht in seiner Hinduismus-Studie ebenso wie in den anderen religionssoziologischen Studien der Frage nach, ob und welchen Einfluß Religionen, in diesem Fall der Hinduismus, auf die Alltagsethik und das rationale Handeln innerhalb einer Gesellschaft nehmen. Dabei geht es nicht um eine theologische Innenansicht der jeweiligen Religion und der Frage nach ,,wahr" oder ,,falsch", sondern Weber richtet seinen Blick auf die Auswirkungen von Religion in historischen und sozialen Kontext. Nach der Kontroverse, die seine vergleichenden Thesen zum Katholizismus und Protestantismus bzw. zum Calvinismus und Luthertum auslösten, führte Weber seine Studien weiter und suchte auch in anderen Weltreligionen nach Bestätigung seiner Theorie der religiösen Rationalisierung, um diese zu untermauern.
Weber kommt in seiner Hinduismus-Studie - kurz zusammengefaßt - zu dem Ergebnis, daß rationales Handeln im kapitalistischen Sinn unter den Bedingungenöstlicher Religiosität, vor allem in einer hinduistischen Gesellschaft mit einer starren Kastenstruktur, nicht möglich ist. Die Gründe dafür sieht er in der Transzendenz und Weltabgewandtheit des Hinduismus, wodurch sich die Gläubigen einerseits einem vorbestimmten Schicksal im jetzigen Leben und andererseits einer unabänderlichen Ungleichheit von Geburt an ausgesetzt sehen. Das gesamte Leben eines Hindus wird durch die Kastenstruktur und die Religion bestimmt, es gibt keine Möglichkeit, aus diesem ,,Karma" auszubrechen. Dadurch richtet sich das Streben auf eine Verbesserung des Schicksals im nächsten Leben, der nächsten Station auf dem Rad der Wiedergeburt, und nicht auf eine Veränderung in der Gegenwart.
Die Kritik, die von anderen Soziologen und Historikern später an Webers Thesen aufgestellt wurde, ist im wesentlichen eine Quellenkritik, die jedoch sehr unterschiedliche Schwerpunkte aufweist.
3 Krishna Prakash Gupta, Shmuel N. Eisenstadt: Die Einordnung von Quellen als Problem eines Kulturvergleichs
3.1 Der Vergleich des Hinduismus mit dem Christentum
Die zentrale Kritik dieser beiden Wissenschaftler an Webers Studie ist die Ansicht, daß Weber den Versuch des Vergleichs Christentum - Hinduismus anhand scheinbar universaler, aber dennoch westlich gefärbter und begrifflich besetzter Kategorien durchführt. Gupta schreibt dazu:
,,Max Weber behandelt den Hinduismus vom begrifflichen Standpunkt des Christentums aus. Die entscheidende Prüfung seiner These besteht darin, daßer zuerst auf analytischer Ebene eine funktionaleäquivalenz zwischen Hinduismus und Christentum als religiö sen Systemen behauptet und dann zeigt, daßdiese beiden Systeme in Wirklichkeit in ihrem jeweiligen historisch-kulturellen Kontext keineäquivalenten Funktionen erfüllen." 1
Weber geht bei seinen Betrachtungen davon aus, daß allen Kulturen bzw. Gesellschaften bestimmte Strukturen gemeinsam sind. Damit ordnet er auch den dazugehörigen Religionen immanent bestimmte Funktionen zu, da diese im Dienst der Gesellschaft einen Satz verschiedener Rollen zu erfüllen haben. Er versucht, dies anhand der Formulierung einer Folge von Entwicklungsstufen deutlich zu machen, anhand derer die verschiedenen Religionen einander zugeordnet und vergleichbar gemacht werden können. Dadurch, daß er davon ausgeht, daß diese Strukturen vergleichbar sind, besonders in Zusammenhang mit der ,,religiösen Rationalisierung", auf die er sein besonderes Augenmerk legt, wendet Weber allerdings unbewußt und unreflektiert westlich geprägte Kriterien und Voraussetzungen an. Dies ist der zentrale Kritikpunkt sowohl von Gupta als auch von Eisenstadt.
Weber stellt unter anderem die These auf, daß es eine Äquivalenz zwischen den rituellen Anforderungen des Christentums und den Kastenpflichten im Hinduismus gibt. Das Kastensystem entspricht also seiner Meinung nach in seiner strukturellen Funktionalität der christlichen Institution der Kirche. Der Widerspruch hierzu wird in der Differenzierung der Verknüpfung des Hinduismus mit der indischen Kastengesellschaft deutlich: Einerseits wird das Kastensystem unter religiöses Handeln subsumiert, danach ist die Kaste unabdingbar für die religiöse und damit auch soziale Identität des Individuums. Andererseits kann diese Kausalbeziehung auch umgekehrt werden: Das Kastensystem wurde vom Hinduismus hervorgebracht, damit ist die Religion eine soziale Macht, die (z.B. durch die Mitgliedschaft in einer Sekte) sogar der Kastengesellschaft trotzen kann. Bei der dritten Perspektive betrachtet man Kaste und Hinduismus als eigenständige soziale Subsysteme, das Kastensystem ist in diesem Fall nur noch Empfänger und Träger des religiösen Einflusses.
Weber gibt keinerlei Wertung bezüglich dieser drei Sichtweisen an. Allerdings wird in allen dreien deutlich, daß die Vergleichbarkeit sowohl von ,,Kastensystem" und ,,Hinduismus" als auch von ,,Kastensystem" und ,,christlicher Kirche" weder in sozialer noch in religiöser Hinsicht einfach so gegeben ist.
3.2 Das Problem des Kulturvergleichs
Weber wird besonders von Gupta immer wieder vorgeworfen, daß er die indische Gesellschaft und das Kastensystem mit den Augen eines Europäers betrachte und dabei ausschließlich westliche Wertmaßstäbe anwende. Allerdings stellt sich die Frage, ob ihm diese ,,gefärbte" Sichtweise wirklich als Versäumnis angekreidet werden kann. Natürlich hat Gupta als Inder und Hindu eine andere Sichtweise auf die Gesellschaft, in der er aufgewachsen ist und durch die er sozialisiert wurde, als der Deutsche Max Weber. Und sicherlich kann Gupta viele Dinge mehr von innen heraus und aufgrund eigener Erfahrungen und verinnerlichter Wertesysteme anders beurteilen als Weber. Aber dennoch sind Webers Einschätzungen in vielen Bereichen repräsentativ für die Art und Weise, wie die hinduistische Kultur im Westen wahrgenommen wird - eine Wahrnehmungsweise, die sicherlich für Gupta in Teilen ebenso fremdartig ist wie umgekehrt.
Auch ist sich Weber seiner Prägung ja durchaus bewußt. Dadurch, daß er versucht, für die verschiedensten Religionen und Kulturen zwar nicht einheitliche, aber immerhin vergleichbare Funktionalitäten auszumachen, wird dies deutlich. Seine Bewertungen sind nicht moralisch, sondern auf soziale Funktionen und Strukturen hin ausgerichtet, die er zwar seinen eigenen und besonders in der ,,Protestantischen Ethik" ausgearbeiteten Maßstäben entnimmt, die aber nichtsdestotrotz als Vergleichsmaßstab neutral und darum auf alle Kulturen anwendbar sind. Die Frage, die er nicht befriedigend beantwortet, ist diejenige nach der Anwendbarkeit der gezogenen Schlüsse in einer fremden Kultur - also, ob Strukturen, die auf den ersten Blick ähnlich erscheinen, auch wirklich ähnliche Funktionen erfüllen und in ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft vergleichbar sind. Diese Frage ist aber aus einem reinen Quellenstudium scheinbar nicht zu beantworten, ohne die inneren Feinheiten der betrachteten Kultur zu kennen und in gewisser Weise das ihr immanente Wertesystem verinnerlicht zu haben.
Gupta sagt dazu:
,,Er versucht sogar, den Hinduismus immanent, aus seinen Glaubens- und Handlungssystemen heraus, zu verstehen. Aber dabei identifiziert er mehr oder weniger willkürlich eine Anzahl von Elementen aus der historisch-sozialen Wirklichkeit Indiens als religiö s, nur weil sie in christlichen Augen so aussehen, und fügt sie zu einem fingierten Ganzen zusammen, das die hinduistische Religion sein soll." 2
Letztendlich ist dieses allgemeine Problem des Vergleichs von Kulturen, Religionen und Wertesystemen vermutlich von einem einzelnen Wissenschaftler gar nicht zu lösen, da er immer von einer bestimmten Lebensweise und Herkunft geprägt sein wird. Sollte er angesichts dessen versuchen, alle ,,gefärbten" Lebensbereiche aus seinen Betrachtungen herauszulassen, würden seine Ergebnisse und Aussagen wahrscheinlich so allgemein und banal, daß sie nichts essentielles mehr aussagen. Entgehen kann man diesem Dilemma letztendlich wohl nur durch einen Dialog und Austausch zwischen Wissenschaftlern mit gleicher, genormter wissenschaftlicher Vorgehensweise, aber aufgrund der Herkunft unterschiedlichem Zugang zu diesem Vergleich.
4 Jakob Rösel: Quellenvergleich und die Einordnung in einen historisch-sozialen Kontext
Jakob Rösel versucht in seiner Schrift, den Gedankengang Webers von innen heraus, über das Medium einer methodologischen Kritik an seinen Quellen aufzulösen. Dabei stellt er fest, daß Webers Quellen ausnahmslos aus der Zeit nach der Kolonialisierung Indiens durch die Engländer stammen und durch diesen sozialen und historischen Kontext geprägt sind. Weber geht deshalb seiner Meinung nach von einem romantisch-kolonialen Indienbild aus, das der Wirklichkeit nur sehr begrenzt entspricht, löst allerdings diese Determinierung in seiner Analyse nicht auf.
4.1 Webers Quellen und ihre Einordnung in den historisch-sozialen Kontext
4.1.1 Die Literatur der Brahmanen
Die brahmanische Rechtsliteratur, aus den Jahrhunderten vor der Kolonialisierung Indiens stammend, war ein Pfeiler des Führungsanspruchs der Brahmanen innerhalb des hinduistischen Kastenwesens. Diese Priester und Rechtsgelehrten innerhalb der indischen Gesellschaft schrieben allerdings keine wahrheitsgetreue Abbildung der sozialen Wirklichkeit, sondern verfassten ihre Schriften in Form von Legenden-Sammlungen, um ihren Führungsanspruch in deröffentlichkeit zu stärken. So wurde diese Literatur, wie z.B. die Schrift ,,Manusmrti", die Weber bei seinen Recherchen vorlag, auch in großen Teilen über Jahrhunderte hinweg unverändert tradiert. Diese Sammlungen sind also nicht als Chroniken der indischen Geschichte zu betrachten, sondern als Mittel der Brahmanen, die Interessen ihrer Kaste in deröffentlichkeit zu stärken und zu festigen.
Allerdings wurde dieser Zusammenhang weder von den englischen Kolonialisten noch später von Max Weber erkannt. Mit der zunehmenden Kolonialisierung des indischen Subkontinents stellte sich den Engländern die Aufgabe, in dieser fremden Kultur eine funktionierende Verwaltung, Bürokratie und Justiz aufzubauen. Für dieses Vorhaben bot die brahmanische Rechtsliteratur einen brauchbaren Ansatzpunkt, da in dieser eine starre Gesellschaftsordnung, nämlich die Kastenstruktur, beschrieben wird. Die Anwendung relativ einfacher Dichotomien und Modelle innerhalb der Schriften sowie die Tradierung durch den anerkannterweise angesehensten Stand innerhalb der indischen Gesellschaft schien die Anwendbarkeit auf die überwiegend hinduistische Bevölkerung zu garantieren. Daß vor dieser Umsetzung des Kastenwesens in eine bürokratische Form die gesellschaftlichen Strukturen mitnichten so starr waren, wie z.B. im ,,Manusmrti" beschrieben, sondern daß es große regionale Unterschiede gab, Kasten in den meisten Fällen nicht starr und unüberwindbar waren und daß in der Regel kein fest kodiertes, sondern ein tolerantes Gewohnheitsrecht gesprochen wurde, konnten oder wollten die Kolonialisten nicht bemerken. Sie hielten die brahmanische Literatur für ein Abbild der indischen Wirklichkeit und wurden in dieser Einschätzung von den Brahmanen verständlicherweise auch unterstützt. Auch lag ihnen diese Literatur als einzige Quelle über die indische Sozialstruktur vor. So wurde nach Rösel durch die Verwaltungsübernahme durch die Engländer sowohl die traditionelle Rechtsliteratur als auch das starre System des Kastenwesens zum ersten Mal sozial verwirklicht und relevant.
4.1.2 Berichte von Ethnologen, Orientalisten und Linguisten
Als um 1500 die ersten Berichte von Forschungsreisenden nach Indien in Europa bekannt wurden (z.B. die erste Fahrt von Vasco da Gama nach Calicut 1498), wurde innerhalb der europäischen Länder nicht eine seriöse Berichterstattung über diese Reisen betrieben, sondern es griff eher eine Legendenbildung um sich, die durch die einander widersprechenden Einzelberichte noch gestärkt wurde. Indien wurde zu einem Land der Mythen und Sagen stilisiert, und alles indische wurde, fremdartig wie es den Einwohnern Portugals, Englands, Hollands und Frankreichs erschien, als ein Kuriosum und Exotikum betrachtet.
Mit der Zunahme des Handelsverkehrs zwischen Indien und Europa wurden die Berichte zwar detaillierter und häufiger, aber dennoch waren sie weiterhin alles andere als sachlich und von verschiedensten Interessenlagen gefärbt.
So kamen die diversen nationalen Handelsgesellschaften durch die Notwendigkeit der Schliessung von Verträgen vor allem mit dem herrschenden Teil der Bevölkerung, den moslemischen Moguln, in Kontakt. Die überwiegende hinduistische Gesellschaft unter der Oberfläche wurde dabei nicht gesehen.
Auch die vorwiegend jesuitischen Missionare hatten aufgrund ihres Glaubens und ihrer Aufgabe keinen unverfälschten und distanzierten Blick auf die indische Gesellschaft. Das sich ihnen bietende Bild des Kastenwesens, das die Ungleichheit des Menschen von Geburt an institutionalisiert, stellt den absoluten Widerspruch zum Christentum dar und konnte von ihnen nur als schlecht empfunden werden. Allerdings ist ihnen zugute zu halten, daß sie zum Zweck der Übersetzung der Bibel die ersten linguistischen Grundlagenwerke und Wörterbücher erstellt haben.
Eine weitere Form der Berichterstattung über Indien wurde durch die ersten Orientalisten, Indologen und Ethnologen verbreitet. Diese hatten ihre Wurzeln meistens in der vergleichenden Linguistik und in der geistigen Strömung der Romantik, die durch Naturbegeisterung, eine allgemeine ästhetisierende Harmonielehre und die Vorstellung vom Herrschersupremat der Philosophie charakterisiert werden kann. Diese Forscher legten besonderen Wert auf die Konvergenz westlicher und asiatischer Philosophie und leiteten daraus einen ,,paradiesischen Urzustand" für die indische Gesellschaft ab - eine typisch westliche, eher gönnerhaft anmutende Betrachtungsweise für fremde und exotische Völker und Gesellschaften, die in ihren Grundzügen und Zusammenhängen von der Warte westlicher Werte und Rationalität nicht begreifbar sind.
Die wissenschaftliche Basis dieser ersten westlichen Wissenschaftler in Indien waren die einheimischen Schriften und Quellen. Da diese meistens in Sanskrit verfaßt waren, das als ,,Muttersprache" und Ursprung fast aller europäischen Sprachen gilt, sollte dies für den Wahrheitsgehalt der betrachteten Werke bürgen. Da die meiste der zur Verfügung stehenden Literatur auch in diesem Fall die brahmanische Rechtsliteratur war, wurde auch auf diesem Weg das darin beschriebene idealisierte Abbild der indischen Gesellschaft nicht als ideologisch gefärbte Legitimationsgrundlage für die herrschende Kaste gesehen, sondern zur objektiven indischen Geschichte ,,umgefälscht". Die darin vorherrschende Darstellung eines statischen, unveränderlichen zyklischen Systems sozialer Gesetzmäßigkeiten wurde als soziale Wahrheit verstanden und verbreitet.
4.1.3 Der Census
1870 war der Beginn des ersten ,,Census of India", einer großangelegten Volkszählung mit dem Ziel, nicht nur die Bevölkerungszahl, sondern auch aussagekräftige Daten über die Sozialstruktur der indischen Bevölkerung einerseits für die Administration und andererseits für die in Indien tätigen Anthropologen und Ethnologen zu erhalten. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt die englische, aber auf der tradierten Rechtsliteratur der Brahmanen beruhende Verwaltung längst installiert, und so wurde diese Verwaltungs- und Sozialstruktur auch für die Fragestellungen des Census als Grundlage genommen. Sie spiegelte die kastensystematische Ansicht Indiens durch die Verwaltungsbeamten und Wissenschaftler wieder. Besonders letztere hatten großes Interesse an der Kasteneinheit an sich, da sie sich dadurch Aufschlüsse über die Entstehung der Zivilisation erhofften.
Dennoch konnte die Bevölkerung mit dieser kastenfixierten Fragestellung in vielen Fällen nicht viel anfangen. So wurden z.B. bei der Frage nach der Kastenzugehörigkeit Beruf, Herkunftsort oder die Sektenzugehörigkeit angegeben, nur nicht die durch die Verwaltung festgelegten und namentliche benannten Kasten. Allerdings wurden die Angaben von den Zensusbeamten entweder nachträglich umgedeutet und neu zugeordnet, so daß sie letztendlich in das vorgegebene Schema passten, oder aber als Einzelfälle abgetan. Auf diese Art konnten die statistischen Arbeiten aus diesen Volkszählungen nachträglich die ,,koloniale Sanskritisierung", wie Rösel es nennt, also die Installation des starren Kastenwesens durch die Engländer, verifizieren. Eine Falsifizierung der vorgegebenen Annahmen war schon aufgrund der einseitigen Fragestellung gar nicht möglich.
4.2 Die Auswirkungen der ideologischen Determinierung
Mit der Einführung der starren Rechtsprechung und des kastenbezogenen Census wurde eine Konkurrenzsituation bezüglich Einkünfte, Bestrafungen und juristischer Behandlung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen geschaffen, die es vor der Kolonialisierung in dieser Form nicht gegeben hatte. Diese Auswirkungen waren, wenn schon nicht explizit gewollt, so doch für die Kolonialherren von Vorteil, da es zu einem politischen Verhalten führte, das kalkulierbar und lenkbar war. Außerdem konnten durch dieses Konkurrenzmodell interne Konflikte innerhalb der einheimischen Bevölkerung in diese Gruppen zurückgelenkt werden und richteten sich damit nicht gegen die Vorherrschaft der Engländer.
Rösel sagt dazu:
,,Die direkte der Folge der Kastenpolitik der englischen Regierung war also: Die indische Bevö lkerung wurde in gegeneinander konkurrierende Gruppen gespalten, wobei die Kriterien der Gruppenbildung ebenso von der Kolonialmacht vermittelt waren wie die Anreize solchen Konkurrenzinteresses." 3
Rösel spricht in Hinblick auf diese Betrachtung der einheimischen indischen Literatur und die daraufhin stattfindende soziale Umsetzung und Verifizierung durch europäischen Forscher und die Censusbeamten von der ,,Herausbildung einer kastenstrukturierten Gesellschaft als ,self-fulfilling prophecy`".
Er definiert diese wie folgt:
,,Es bestehen bestimmte Handlungssituationen, in denen der Handelnde, von einer falschen Interpretation der Handlungssituation ausgehend, durch seine Aktionen erst die Tatsachen schafft, auf die er zu reagieren glaubt." 4
Im Folgenden führt Rösel den Nachweis, daß auch Max Webers Studie nur eine intellektuelle Reduplikation des oben beschrieben sozialen Prozesses, der genannten ,,self-fulfilling prophecy" ist. Neben der Tatsache, daß Weber keine genauen Angaben darüber macht, welche Schriften und Arbeiten genau die Grundlage für seine Studie bilden, kritisiert er vor allem das völlige Fehlen von Überlegungen zur eventuellen Interessengebundenheit der benutzten Schriften. Weber hat alle drei oben beschriebenen Textgruppen benutzt, äussert sich allerdings nicht dazu, welche von diesen ihm am wesentlichsten erscheint - und daß, obwohl sie sich gegenseitig den Wahrheitsgehalt des brahmanischen Grundmodells beweisen. Die Folgerung daraus ist, daß ihm offensichtlich alle gleichermaßen widerspruchsfrei und objektiv erschienen sind, und daß, obwohl ihm bekannt gewesen sein sollte, daß es durchaus widersprüchliche Auslegungen zumindest der Grundlagen, nämlich der brahmanischen Rechtsliteratur gibt. So hat bereits 1903 der Indologe Hermann Oldenberg das Folgende ausgeführt:
,, Das eigentliche Recht stellten allerdings diese Texte durchaus flüchtig und in jeder Weise unzureichend dar. Auch handelte es sich offenbar viel weniger um die Befriedigung eines wirklichen praktischen Bedürfnisses nachö ffentlicher Feststellung der Rechtsordnungen, als vielmehr darum, einerseits das Licht brahmanischer Schulgelehrsamkeit auch auf diesem Gebiet leuchten zu lassen, anderereseits vor allem für die extravaganten Ansprüche, die der geistliche Stand in jeder Lebensbeziehung erhob, die mö glichst nachdrückliche Formulierung zu finden." 5
Weber übernimmt allerdings die Aussagen der indischen Literatur kritiklos und ungeprüft, ebensowenig wie er z.B. einen Vergleich anstellt zwischen der brahmanischen Rechtsliteratur und dem europäischen kanonischen Kirchenrecht. Dies ist ein weiterer Kritikpunkt Rösels in Hinblick auf die zentrale Fragestellung Webers, die sich ja mit dem Vergleich von Religionen, ihren sozialen Funktionen und den jeweiligen Auswirkungen auf die Entwicklung einerökonomischen Rationalität innerhalb der jeweiligen Gesellschaften beschäftigt.
4.3 Kritik an Rösels These
Auffällig bei Rösels Beweisführung ist, daß der Unterschied zwischen brahmanischem Recht und dem dazugehörigen Mythenschleier und der indischen Wirklichkeit vor der Kolonialisierung zwar angenommen und postuliert, aber nicht explizit belegt wird. So gibt er z.B. kein Beispiel für originär-indische Quellen vor der Zeit der Kolonialisierung an, durch die seine Behauptung belegt werden könnte, daß die Struktur der indischen Gesellschaft tatsächlich nicht mit dem brahmanischen Kastenmodell übereinstimmte, also sich z.B. in einem indifferenten variablen Ständesystem oder einem unkodierten Gewohnheitsrecht manifestiert. Ebensowenig läßt er sich über das tatsächliche Verhältnis der Kasten zueinander und die Möglichkeiten, diese durch eigene Aktivität zu verlassen, aus.
5 Detlef Kantowsky: Die Mißverständnisse bei der indischen Rezeption der Weber- Studie
Detlef Kantowsky beschäftigt sich in seinem Text mit der Rezeption der Weber-Studie in Asien, vor allem in Indien selbst. Die Soziologie als Disziplin ist in Indien noch sehr jung, nämlich erst nach der Unabhängigkeit von Großbritannien entstanden, und stark geprägt von englischen und US-amerikanischen Vorbildern. Kantowsky beschäftigt sich mit Werken einheimischer Wissenschaftler aus Südostasien, die sich mit der Hinduismus-Studie Webers auseinandergesetzt haben, und versucht, Gemeinsamkeiten in deren Bewertung sowie Unterschiede zur westlich-europäischen Beurteilung zu finden.
5.1 Die Rezeption Webers durch die südostasiatische Soziologie
Die Auseinandersetzung mit Weber wurde und wird in Indien zumeist von einer bürgerlichen Intellektuellenschicht geführt, die westlich erzogen ist, eine englische oder amerikanische Universitätsbildung genossen hat und eine Politik der Modernisierung Indiens nach okzidentalem Vorbild verfolgt. Auf dieser Grundlage wird die These Webers, daß in einer hinduistisch geprägten Gesellschaft keine Rationalisierung im westlichen Sinne möglich ist, verständlicherweise nur mit Widerspruch aufgenommen. Allerdings wird andererseits auch in der soziologischen Forschung, westlich geprägt, wie sie nunmal ist, die Frage danach, welche alternativen Wegen der Modernisierung und Rationalisierung ausser der im europäischen, kapitalistischen Sinne möglich und für eine Gesellschaft wie die indische gangbar wären, gar nicht gestellt. Auch wenn Webers Blickwinkel und seine Bewertungskategorien der westlichen Tradition entstammen, gibt er doch in seiner Studie, ebenso wie auch in denen über den Buddhismus und Taoismus, wertvolle Hinweise auf essentielle Unterschiede zwischen diesen Kulturen.
Weber wird von indischen Soziologen unter anderem vorgeworfen, die indische Gesellschaft nur in Extremen wahrgenommen und analysiert zu haben, z.B. was die Kastenstruktur angeht, deren viele feine Abstufungen und die damit durchaus vorhandene soziale Flexibilität er nicht erkannt habe. Damit einher gehe eine Fehlinterpretation des hinduistischen Wertesystems, das eben nicht nur weltabgewandt und transzendent sei, sondern durch die in der Geschichte immer wieder stattgefundene Auseinandersetzung mit anderen Religionen gerade in Indien seien eine Vielzahl von fremden Einflüssen integriert worden, die durchaus nach außen gewandt seien und die indische Gesellschaft auch beeinflußt haben. Auch werde der Einfluß der europäischen Handelspartner und englischen Kolonialherren von Weber nicht adäquat berücksichtigt.
So schreibt z.B. bereits 1979 der Soziologe G.R. Madan:
,,The factors for the development of modern capitalism in the West and major difficulties
which India has to face in bringing it about, as pointed out by Weber, are partly correct and partly wrong. The factors enumerated for the development of modern capitalism in the West, as pointed out by Weber, are mostly correct, except that of colonization. The major hindrance in the development of modern capitalism in India which Weber totally ignores, was its political subservience. Had India been politically independent at that period it would have developed industrially as did Japan, though not at the same rate. [...] This ist proved by the fact that after Independence, with a base prepared during the previous century, India has now made rapid progress in modern capitalism." 6
Weiterhin wird Weber eine Fehleinschätzung der Möglichkeiten rationalenökonomischen Handelns unter den Bedingungenöstlicher Religiosität vorgeworfen. Dies wird unter anderem an indischen und japanischen Beispielen belegt. So wird z.B. von Ch.P. Loomis die Person Mahatma Gandhis als charismatischer Führer und ,,hart arbeitender Asket"7 im Sinne Webers` protestantischer Ethik dargestellt. Gandhi habe ausserdem auf der Grundlage der hinduistischen Ethik eine politische Universalethik geschaffen, die ebenfalls, adäquat zum Christentum, der Menschenwürde Rechnung trage.
5.2 Die Bewertung der indischen Weber-Rezeption durch Kantowsky
Kantowsky kritisiert insbesondere die US-amerikanische und indische Weber-Rezeption der sechziger und siebziger Jahre als Fehlanalyse und wirft den entsprechenden Autoren vor, Webers Hintergründe nicht zu kennen und ihn teilweise sogar schlicht falsch zu verstehen.
Er führt allerdings für diese Versäumnisse auch Gründe an:
Zum Einen war den meisten indischen Soziologen, die sich mit Weber beschäftigt haben, entweder nur die Hinduismus/Buddhismus-Studie oder nur die ,,Protestantische Ethik" bekannt, während der Gesamtkontext der religionssoziologischen Schriften in den meisten Fällen nicht berücksichtigt wurde. Ausserdem stellt Kantowsky den skizzenhaften Charakter des asiatischen Teils von Webers Schriften heraus, der in Indien ebenfalls nicht bekannt war.
Zum Zweiten, und dies ist für Kantowsky der Hauptgrund für das Fehlverständnis, war die erste englische Übersetzung der Hinduismus-Studie, die 1958 von dem deutschstämmigen Hans H. Gerth und dem US-Amerikaner Don Martindale herausgegeben wurde, eine von Webers deutschem Verlag nicht lizensierte ,,Raubkopie", die nicht nur vor grammatikalischen, sondern vor allem vor inhaltlichen Fehlern nur so wimmelte. Unter anderem fehlten dort wichtige kontextuelle Teile wie die Vor- und die Zwischenbemerkungen, es werden keinerlei Angaben zu Quellen gemacht, und an vielen Stellen ist unverständlich und sinnverfälschend falsch übersetzt worden. Diese Ausgabe, die den Eindruck einer Erstveröffentlichung erweckte, war dennoch lange Zeit die Grundlage der englischsprachigen Arbeiten über Weber.
Literatur
_ Heestermann, Jan C.: Kaste und Karma. Max Webers Analyse der indischen Sozialstruktur; in: Wolfgang Schluchter (Hrsg.): Max Webers Studie über Hinduismus und Buddhismus: Interpretation und Kritik; Frankfurt/Main 1984
_ Krishna Prakash Gupta: Probleme der Bestimmung des Hinduismus in Max Webers
Indienstudie; in: Wolfgang Schluchter (Hrsg.): Max Webers Studie über Hinduismus und Buddhismus: Interpretation und Kritik; Frankfurt/Main 1984
_ Shmuel N. Eisenstadt: Die Paradoxie von Zivilisationen mit außerweltlichen
Orientierungen. Überlegungen zu Max Webers Studie über Hinduismus und Buddhismus; in: Wolfgang Schluchter (Hrsg.): Max Webers Studie über Hinduismus und Buddhismus: Interpretation und Kritik; Frankfurt/Main 1984
_ Jakob Rösel: Die Hinduismusthese Max Webers. Folgen eines kolonialen Indienbildes in einem religionssoziologischen Gedankengang; Materialien zu Entwicklung und Politik Nr. 22; München, Köln, London 1982
_ Detlef Kantowsky: Die Rezeption der Hinduismus/Buddhismus-Studie Max Webers in Südasien: Ein Mißverständnis?; A.E.S. 1982
_ Detlef Kantowsky: Die Fehlrezeption von Max Webers Studie über ,,Hinduismus und
Buddhismus" in Indien: Ursachen und Folgen; in: Zeitschrift für Soziologie Jg. 14, Heft 6, S. 466-474; Stuttgart 1985
_ http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/WeberMax/
[...]
1 Gupta S. 149
2 Gupta 1984, S. 151
3 Rösel 1982, S. 17
4 Rösel 1982, S. 18
5 Rösel 1982, S. 24
6 Kantowsky 1985, S. 329
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Inhalt des Textes über Max Webers Hinduismus-Studie?
Der Text ist eine umfassende Analyse der Hinduismus-Studie von Max Weber. Er enthält ein Inhaltsverzeichnis, das einen Überblick über die behandelten Themen gibt. Der Text befasst sich mit der Person Max Webers, seiner Hinduismus-Studie und der Einordnung von Quellen im Kulturvergleich. Weiterhin wird auf die Kritik an Webers Thesen, insbesondere von Krishna Prakash Gupta, Shmuel N. Eisenstadt und Jakob Rösel, eingegangen. Abschliessend behandelt der Text die Rezeption der Weber-Studie in Indien und die damit verbundenen Missverständnisse, wie sie von Detlef Kantowsky dargestellt werden. Eine Literaturliste rundet den Text ab.
Wer war Max Weber?
Max Weber (1864-1920) war ein deutscher Soziologe, Ökonom, Jurist und Religionswissenschaftler. Er gilt als einer der wichtigsten Klassiker der Soziologie. Der Text beschreibt seinen Lebensweg, seine akademische Karriere und seine bedeutenden Veröffentlichungen, darunter "Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus" und seine religionssoziologischen Studien.
Was ist die Hinduismus-Studie von Max Weber?
In seiner Hinduismus-Studie untersucht Weber den Einfluss des Hinduismus auf die Alltagsethik und das rationale Handeln in der indischen Gesellschaft. Er kommt zu dem Schluss, dass rationales Handeln im kapitalistischen Sinne unter den Bedingungen des Hinduismus und der Kastenstruktur nicht möglich ist. Der Text fasst Webers Hauptthese zusammen und verweist auf spätere Kritik daran.
Welche Kritik wird an Webers Hinduismus-Studie geübt?
Die Kritik an Webers Studie konzentriert sich hauptsächlich auf die Quellen, die er verwendet hat, und die Art und Weise, wie er den Hinduismus mit westlichen Kategorien vergleicht. Kritiker wie Krishna Prakash Gupta und Shmuel N. Eisenstadt argumentieren, dass Weber westlich geprägte Kriterien anwendet und die Komplexität des Hinduismus nicht vollständig erfasst. Jakob Rösel kritisiert Webers Quellen aus der Zeit nach der Kolonialisierung Indiens und argumentiert, dass Weber von einem romantisch-kolonialen Indienbild ausgeht.
Was ist die Bedeutung von Krishna Prakash Gupta und Shmuel N. Eisenstadt im Zusammenhang mit Webers Hinduismus-Studie?
Krishna Prakash Gupta und Shmuel N. Eisenstadt kritisieren, dass Weber den Hinduismus mit dem Christentum vergleicht und dabei westliche Kategorien anwendet. Sie argumentieren, dass Weber keine funktionale Äquivalenz zwischen Hinduismus und Christentum nachweisen kann und dass seine Analyse westlich geprägt ist.
Welche Rolle spielt Jakob Rösel in der Kritik an Webers Hinduismus-Studie?
Jakob Rösel kritisiert Webers Quellen und argumentiert, dass sie aus der Zeit nach der Kolonialisierung Indiens stammen und daher ein verzerrtes Bild der indischen Gesellschaft vermitteln. Er behauptet, dass Weber von einem romantisch-kolonialen Indienbild ausgeht und die Interessengebundenheit seiner Quellen nicht berücksichtigt.
Wie wurde die Weber-Studie in Indien rezipiert?
Die Rezeption der Weber-Studie in Indien ist von Kontroversen geprägt. Indische Intellektuelle, die westlich ausgebildet sind, widersprechen Webers These, dass in einer hinduistisch geprägten Gesellschaft keine Rationalisierung im westlichen Sinne möglich ist. Detlef Kantowsky untersucht die Missverständnisse bei der indischen Rezeption der Weber-Studie und argumentiert, dass Webers Hintergründe oft nicht bekannt sind und seine Werke teilweise falsch verstanden werden.
Wer ist Detlef Kantowsky und welche Rolle spielt er im Text?
Detlef Kantowsky analysiert die Rezeption der Weber-Studie in Südasien, insbesondere in Indien. Er untersucht, wie indische Wissenschaftler Webers Thesen interpretieren und welche Missverständnisse dabei auftreten. Kantowsky kritisiert insbesondere die US-amerikanische und indische Weber-Rezeption der sechziger und siebziger Jahre und wirft den Autoren vor, Webers Hintergründe nicht zu kennen und ihn teilweise sogar schlicht falsch zu verstehen.
Welche Literatur wird im Text erwähnt?
Der Text enthält eine Literaturliste mit Werken von Jan C. Heestermann, Krishna Prakash Gupta, Shmuel N. Eisenstadt, Jakob Rösel und Detlef Kantowsky. Diese Autoren haben sich kritisch mit Max Webers Hinduismus-Studie auseinandergesetzt.
- Arbeit zitieren
- Nantke Griess (Autor:in), 2000, Die Kritik an der Hinduismus-Studie Max Webers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97436