Aktuelle Diskussion zum NPD-Parteienverbot


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

28 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A) Einführung

B) Hauptteil
I) Rechtsgrundlagen zum Parteienverbot
1) Art. 21 GG (Grundgesetz)
2) Das Verbotsverfahren
a) Antragsstellung
b) Vertretung
c) Vorverfahren
d) Parteienverbot
II) Verbotsantrag der Bundesregierung
1) Verfassungsfeindlichkeit der Ziele und
Aktivitäten der NPD
a) Angriffe der NPD gegen die freiheitliche
Grundordnung insgesamt
b)Äußerungen gegen einzelne Merkmale der freiheitlich
demokratischen Grundordnung
aa) Völkischer Kollektivismus 9 bb) Antisemitismus 9 cc) Rassismus/Fremdenfeindlichkeit
c) Abkehr vom Grundsatz der Völkerverständigung
d) Wesenverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus
2) Aktiv-kämpferische, aggressive
Grundhaltung der NPD
a) Strategische Konzepte
aa) Drei-Säulen-Konzept
bb) Befreite Zonen
b) Systematische Schulungen
c) Sprachliche Militanz
d) Einstellung zur Gewalt als Mittel im politischen Streit – Strafbares Verhalten von Mitgliedern/Anhängern
3) Verhältnismäßigkeit
a) Gefahr, die von der NPD ausgeht
b) Geeignetheit
c) Erforderlichkeit
d) Angemessenheit
e) Ergebnis

C) Schlussteil

A) Einführung

Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurde der Antrag auf ein Parteienverbot insgesamt viermal gestellt.

Parteienverbote wurden jedoch nur zweimal, nämlich durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.1952 gegen die Sozialistische Reichspartei(SRP)[1] und vom 17.08.1956 gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)[2] verhängt.

Die weiteren der vor dem Bundesverfassungsgericht ge­stellten Anträge scheiterten daran, dass es sich bei diesen Organisationen nicht um Parteien i.e.S. han­delte, sondern um Vereinigungen, die als Vereine von der Exekutive, d. h. dem Bundesminister des Inneren oder von den Landesinnenministern verboten werden können. „Am 12. September 2000 hat der Bundesminister des Innern (BMI) z. B. „Blood & Honour– Division Deutschland“ sowie ihre Jugendorganisation „White Youth“ verboten.“[3]

Noch bis Juli 2000 hatte es so ausgesehen, als ob im Jahresverlauf insgesamt mit einem Rückgang rechtsextremistischer Straftaten gerechnet werden könnte.[4]

Leider hat sich diese Prognose als falsch erwiesen. 2000 wurden 15.951 (1999: 10.037) Straftaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund erfasst, davon 998 Gewalttaten (1999: 746) und 14.953 sonstige Straftaten (1999: 9.291.[5] Da­mit stieg die Zahl der Straftaten im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 58,9 %, die der Gewalttaten um 33,8 %.

„Angesichts der Serie von Gewalttaten gegen Ausländer, Obdachlose und Bürger jüdischen Glaubens hat Bayerns Innenminister Günther Beckstein nach Rücksprache mit mehreren Länderkollegen bereits im August 2000 (Anm. d. Verf.) ein Verbot der NPD verlangt“.[6]

Nach der Bundesregierung, die ihren Verbotsantrag am 30.01.2001 gestellt hat[7] und dem Bundesrat hat nun auch der Bundestag seinen Antrag auf Verbot der rechtsextremistischen NPD am 28.03.2001 vorgelegt.[8]

Die Pannen in Zusammenhang mit den V-Männern(Verdeckten Ermittlern)haben zusätzliche Probleme verursacht, so dass bis zum Redaktionsschluss (06.10.2002) eine Entscheidung über den

Verbotsantrag noch nicht vorlag.

Genauer kann hier auf die gesamte V-Mann-Problematik aus Platzgründen nicht eingegangen werden.[9]

Eine durch die Forschungsgruppe Wahlen vom 16.Oktober bis 19.Oktober 2000 durchgeführte Umfrage für das ZDF-Po­litbarometer ergab, dass sich auch die Mehrheit der Bevölkerung, nämlich 66 Prozent für ein Parteiverbot aussprechen; nur 28 Prozent sind dagegen.[10]

Ziel dieser Arbeit ist es zunächst die wesentlichen Rechtsgrundlagen zum Parteienverbot vorzustellen.

Der zweite Teil wird sich eingehend mit der Begründung des Verbotsantrags gegen die NPD auseinandersetzen, der am 8.November 2000 in sehr stark gekürzter Form via Internet veröffentlicht wurde.

B) Hauptteil

I) Rechtsgrundlagen zum Parteienverbot

1) Art. 21 GG (Grundgesetz)

Art. 21 GG regelt die verfassungsrechtliche Stellung der Parteien an zentraler Stelle, nämlich unmittelbar im Anschluss[11]

an die Staatsfundamentalnorm des Art. 20 GG.

„Das GG hat die Parteien als „verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkannt und in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben“(BVerfGE 41, 399/416).[12]

Der Begriff der Parteien in § 2 Abs. 1 S. 1 Parteiengesetz entspricht dem des Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG und wird näher definiert als „Vereinigungen von Bürgern die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag teil nehmen wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation , nach Zahl ihrer Mitglieder und nach Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten.“[13].

Voraussetzung für ein Parteienverbot gem. Art. 21 Abs. 2 GG ist, dass die Vereinigung als Partei „anerkannt“ ist.

Gem. Art. 21 Abs. 2 S.1 GG sind Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden verfassungswidrig.

Eine ausdrückliche Definition des Begriffes der „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ sucht man im Grundgesetz vergebens. Das Bundesverfassungsge­richt hat jedoch im SRP-Urteil[14] die freiheitlich demo­kratische Grundordnung grundlegend wie folgt umschrieben:

„Die freiheitlich demokratische Grundordnung lässt sich „als eine Ordnung bestimmen, die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechts-staatliche Herrschaftsordnung auf die Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition“.[15]

Einige dieser Aspekte finden sich auch in der Begründung des Verbotantrages der Bundesregierung wieder, auf die unter B) II) noch näher eingegangen wird.

Die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei besitzt gem. § 21 Abs. 2 S. 2 GG ausschließlich das Bundesverfassungsgericht. Man spricht daher auch vom Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts.[16]

Solange eine Entscheidung darüber nicht vorliegt, genießt die Partei als legitimierte Verfassungsinstitution(s.o.) „eine erhöhte Schutz- und Bestandsgarantie (sog. Parteienprivileg)“[17], d. h. sie kann bis zum endgültigen Verbot ihre Arbeit als politische Partei ungehindert fortsetzen.

2) Das Verbotsverfahren

Für das Verfahren über die Feststellung der Verfassungs-widrigkeit einer Partei vor dem Bundesverfassungsgericht gilt das Gesetz über das Bundesverfassungsgerichts, das Bundesver-fassungsgerichtsgesetz (=BVerfGG).[18]

Das Verbotsverfahren wird in den §§ 43 ff. BVerfGG ge­regelt.

a) Antragsstellung

Gem. § 43 BVerfGG kann der Antrag auf Entscheidung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, vom Bundestag, dem Bundesrat oder von der Bundesregierung gestellt werden.

Für die Einleitung des Verfahrens reicht also schon der Antrag eines Verfassungsorgans aus.

Dass im Falle des aktuellen NPD-Verbotes alle drei Verfassungsorgane einen (eigenen) Antrag gestellt ha­ben, könnte mehrere Gründe haben:

Zum einen soll Einigkeit aller drei Verfassungsor­gane demonstriert werden und zwar unabhängig von den in Bundestag und Bundesrat vertretenen Parteien und auch von der Bundesregierung.

Zum anderen hängt dies auch mit den unterschiedli­chen Anträgen und den dazugehörigen Beweismitteln zusammen, denn scheitert (wider Erwarten) einer der drei Anträge, so ist das Verfahren noch nicht beendet weil immer noch ein anderer Antrag „erfolgreich“ sein könnte.

„Der Antrag des deutschen Bundestags konzentriert sich im Gegensatz zur übergreifenden Klageschrift der Bundesregierung auf einen speziellen Aspekt, nämlich die Parallelen zwischen der NPD und Adolf Hitlers NSDAP.[19]

Alle drei Anträge zusammengenommen bedeuten ein Mehr an Beweisen, vor allem ist dabei an das regionalspezifische Beweismaterial aus den einzelnen Bundesländern zu denken.

Das könnte eine Beschleunigung des Verfahrens bedeuten nach dem Motto: „Je stärker die Beweise, umso schneller das Verfahren“.[20]

b) Vertretung

Gem. § 44 S. 1 BVerfGG bestimmt sich die Vertretung der Partei nach den gesetzlichen Vorschriften, hilfsweise nach ihrer Satzung.

Der Schriftsatz wurde von den drei Prozessbevollmächtigten der Antragssteller gemeinsam erarbeitet: für die Bundesregierung also von Professor Hans Peter Bull und Rechtsanwalt Karlheinz Quack (Berlin); für den Bundestag von den Professoren Wolfgang Löwer (Bonn) und Günter Frankenberg (Frankfurt); für den Bundesrat von Rechtsanwalt Dieter Sellner (Berlin).[21]

„Die NPD wird vor Gericht durch den ehemaligen RAF- und jetzigen Neonazi-Anwalt, Horst Mahler, vertreten“.[22]

[...]


[1] BVerfGE 2, S. 1 ff.

[2] BVerfGE 5, S. 85 ff.

[3] BMI 2001, S. 36

[4] BMI 2001, S. 23

[5] BMI 2001, S. 23

[6] Schlötzer 2000, S. 1

[7] Nelles 2001a, S.2

[8] vgl. Nelles 2001b, S. 2

[9] vgl. dazu Kerscher 2002a, S. 1 ;Kerscher 2002b, S. 2; Leyendecker 2002a, S. 2 ;Leyendecker 2002b, S. 2

Höll 2002. S. 2

[10] vgl. SZ-Redaktion 2000b S. 11

[11] sämtliche Gesetzesangaben sind zitiert nach Sartorius 1998

[12] Jarass/Pieroth 1992, S. 395

[13] BMI 2000, S. 13; Hömig/Seifert Art. 21 Rdn. 4 (S. 188)

[14] BVerfGE 2, S. 1 ff.

[15] vgl. BVerfGE 2, S. 1; 12/13

[16] vgl. Ipsen 1999 , S. 851 (Art. 21 Rd. 144);vgl. Zirn 1988, S. 132

[17] vgl. Zirn 1988, S. 131

[18] zit. nach Sartorius 1998, Nr. 40, S. 1 ff.

[19] Nelles 2001b, S. 2

[20] Prantl 2000, S. 4

[21] Prantl 2002, S, 2

[22] Prantl 2001, S.2

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Aktuelle Diskussion zum NPD-Parteienverbot
Hochschule
Universität Augsburg  (Lehrstuhl für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Hauptseminar: Rechtsradikalismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
28
Katalognummer
V9746
ISBN (eBook)
9783638163651
ISBN (Buch)
9783638691215
Dateigröße
578 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
NPD, Parteienverbot, Parteiverbot, NPD-Parteienverbot, Rechtsradikalismus, Rechtsextremismus
Arbeit zitieren
Frank F. Maier (Autor:in), 2002, Aktuelle Diskussion zum NPD-Parteienverbot, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9746

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