In natürlichsprachlicher Kommunikation zwischen einem Menschen und einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage könnte sich folgender Dialog ergeben:
U(ser): Wieviele Studenten haben 1996 in der Abschlußklausur Latein die Note "unbefriedigend" erhalten ?
S(ystem): Null.
U: Ist irgendjemand 1996 in der Abschlußklausur Latein durchgefallen ?
S: Nein.
U: Wieviele Studenten haben 1996 die Abschlußklausur Latein bestanden ?
S: Null.
U: Wurde 1996 eine Abschlußklausur Latein geschrieben ?
S: Nein.
Es liegt offensichtlich ein Problem oder Fehler vor. Die Antworten, die das System (S) dem fragenden Benutzer (U) gibt, sind formal durchaus korrekt. Doch auch wenn die Interaktion auf wörtlicher Ebene erfolgreich abgelaufen ist, wurden Us kommunikative Bedürfnisse nach Information erst nach mehrmaligem Nachhaken befriedigt. Denn U präsupponiert einen unrichtigen Sachverhalt ("1996 wurde eine Abschlußklausur Latein geschrieben."), den ein kooperativer Dialogpartner zu korrigieren hätte, um gemäß Grice eine möglichst effektive Kommunikation herbeizuführen. Eine Korrektur wurde jedoch nicht durchgeführt, da eine pragmatische Analyse ausblieb. Man nennt ein solches Verhalten "stonewalling".
Kooperative Dialogsysteme sollen dem Benutzer entgegenkommen, indem sie ihn in seinen Bemühungen unterstützen, d.h., die Anstrengungen, die er unternehmen muß, um das gewünschte Ziel zu erreichen, minimieren helfen. Kurz: sie müssen kooperativ agieren. Effekte wie das "Stonewalling" wirken gegenteilig. "′No matter how sophisticated [the] archival or reasoning capabilities [of future knowledge base systems], without development of their communicative powers, these systems will be less than fully useful.′"
Im obigen Beispiel manifestiert sich einer der Problemtypen, die bei der Programmierung kooperativer Dialogsysteme auftreten. Hier eine knappe Übersicht möglicher Problemtypen:
1) Kommunizieren ausschließlich auf Basis der wörtlichen Bedeutung führt zu Verletzungen der Griceschen Quantitätsmaxime (s.o.). Möglicher Unter- oder Überinformativität wird von Gal/Minker 1990 entgegenzuwirken versucht. Diese Arbeit befaßt sich mit der Auswahl der für eine kooperative Antwort wichtigen Informationen.
Oft beinhaltet der wörtliche Ausdruck auch eine tiefere, zu inferierende Bedeutung. Wird diese Bedeutung, das eigentlich Gemeinte, übersehen, ergeben sich ebenfalls mißverständliche und problematische Situationen (z.B. Metaphernerkennung).
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Probleme bei der Programmierung kooperativer Dialogsysteme
- Der Ansatz von McCoy
- Behandlung von Objektfehlern
- Klassifizierung von Objektfehlern; Auswahl einer Antwortstrategie
- Berechnung von Ähnlichkeitsbeziehungen
- Die aktive Perspektive
- Die Formel von Tversky
- Anwendung an einem Beispiel
- Die alte Dame und das Fahrrad
- Kritik
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Behandlung von Objektfehlern in kooperativen Dialogsystemen. Sie analysiert den Ansatz von Kathleen McCoy, der mit dem Dialogsystem ROMPER eine Methode zur Korrektur fehlerhafter Annahmen des Benutzers entwickelt hat.
- Klassifizierung von Objektfehlern
- Auswahl einer Antwortstrategie
- Berechnung von Ähnlichkeitsbeziehungen
- Die aktive Perspektive
- Anwendung des Ansatzes an einem Beispiel
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema der kooperativen Dialogsysteme und die Probleme ein, die bei deren Programmierung auftreten können. Insbesondere wird das Problem des "Stonewalling" beleuchtet, bei dem das System fehlerhafte Annahmen des Benutzers nicht korrigiert. Die Arbeit stellt den Ansatz von Kathleen McCoy zur Behandlung von Objektfehlern vor, der den Schwerpunkt auf die Korrektur von Fehlinformationen des Benutzers über Objekte legt.
Behandlung von Objektfehlern
Dieses Kapitel erläutert McCoys Ansatz zur Behandlung von Objektfehlern. Es werden zwei Arten von Fehlern unterschieden: "misclassifications" und "misattributions". ROMPER, das Dialogsystem von McCoy, verwendet verschiedene Strategien, um diese Fehler zu erkennen und zu korrigieren.
Anwendung an einem Beispiel
Dieses Kapitel präsentiert ein Beispiel, um den Ansatz von McCoy zu veranschaulichen. Das Beispiel zeigt, wie das System mit der "alten Dame und dem Fahrrad" auf eine fehlerhafte Annahme des Benutzers reagieren kann.
Schlüsselwörter
Kooperative Dialogsysteme, Objektfehler, "misclassifications", "misattributions", ROMPER, Kathleen McCoy, Ähnlichkeitsbeziehungen, aktive Perspektive, Benutzermodell, pragmatische Analyse, Grice'sches Kooperationsprinzip.
- Arbeit zitieren
- Berthold Metz (Autor:in), 2005, Kooperative Dialogsysteme - Die Behandlung von Objektfehlern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97476